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Donnerstag, 29. März 2018 Bücher sind ihr Leben Die letzte Pressevorführung vor Ostern hatte eine berührende Geschichte im Körbchen DER BUCHLADEN DER FLORENCE GREEN (1:1.85, 5.1) OT: The Bookshop Verleih: Capelight (Central) Land/Jahr: Spanien, Großbritannien, Deutschland 2017 Regie: Isabel Coixet Darsteller: Emily Mortimer, Bill Nighy, Patricia Clarkson Kinostart: 10.05.2018
Niemand liebt Bücher so sehr wie Florence Green. Kein Wunder also, dass sie sich ihren Traum vom eigenen Buchladen
erfüllen möchte und sich das seit vielen Jahren leerstehende alte Haus an der Hauptstrasse des kleinen Hafenstädtchens
Hardborough dafür ausgesucht hat. So steckt sie ihr gesamtes Vermögen in das Projekt, nicht ahnend, dass dies nicht
allen Einwohnern des Ortes genehm ist. Allen voran Violet Gamart, die als alteingesessene, wohlhabende und vor allem
tonangebende Bürgerin einen Kontrollverlust befürchtet... Mit einer wohltuenden Ruhe erzählt Regisseurin Isabel Coixet
die Geschichte von Florence und ihrem “Old House Bookshop”. Die Story erinnert ein wenig an CHOCOLAT, ist aber
von ganz anderer Couleur. Hier geht es um Bücher und die Menschen, die Bücher lieben. Mit perfekt eingeschnittenen
Stimmungsbildern – mal ein vom Wind bewegtes Kornfeld, mal sachte auf Land treffende Wellen - bringt uns Coixet
Florences Charakter näher. Die von Emily Mortimer dargestellte sensible junge Witwe liebt nicht nur ihre Bücher,
sondern auch die Natur mit ihrer gesamten Schönheit. Und sie ist mutig, lässt sich nicht gleich von den ersten
Schwierigkeiten unterkriegen. Eigentlich möchte sie nur an das Gute im Menschen glauben und in Harmonie mit ihnen
leben. Doch einzig mit der bei ihr arbeitenden Schülerin Christine sowie mit dem zurückgezogen lebenden Eigenbrötler
Edmund Brundish (superb gespielt von Bill Nighy) gelingt ihr dies. Der in herbstlichen Farben gehaltene Film erschafft
trotz aller Widrigkeiten ein wahres Idyll, dessen Zentrum der gemütliche Buchladen bildet. Es gibt keine überflüssigen
Dialoge, kein Stimmenwirrwarr, keine Handys (es sind die 1950er Jahre!). Alfonso de Vilallonga steuert einen
altmodischen und deswegen exzellent passenden Score zum Film bei. Isabel Coixets Film richtet sich zwar vor allem an
ein reiferes Publikum, dürfte aber auch jungen Menschen mit einer Sehnsucht nach Ruhe und Geborgenheit gefallen.
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Dienstag, 27. März 2018 Die Großfamilie und die Einzelkämpferin Komödie und Action. Kino eben. WOHNE LIEBER UNGEWÖHNLICH (1:2.35, 5.1) OT: C'est Quoi Cette Famille?! Verleih: Neue Visionen Land/Jahr: Frankreich 2016 Regie: Gabriel Julien-Laferrière Darsteller: Julie Gayet, Thierry Neuvic, Julie Dépardieu Kinostart: 17.05.2018
Der kleine Gulliver hat genug. Mit sage und schreibe sechs Halbschwestern und –brüdern und noch mehr
Erziehungsberechtigten fehlt ihm ein richtiges Zuhause. Stattdessen ist er ein kleines Rädchen im Mikrokosmos einer
Patchworkfamilie und wird – wie die anderen auch – ständig herumgereicht. Der pfiffige Gulliver beschließt deshalb,
den Spieß umzudrehen. Gemeinsam mit den anderen Kindern des Patchwork-Universums siedelt er sich in die riesige
Wohnung einer verstorbenen Großmutter ein und entwickelt einen genialen “Betreuungsplan”, damit die Erwachsenen
ihnen nicht auf die Schliche kommen... Was französische Komödien angeht, ist man inzwischen ja schon recht
abgestumpft, zumal deutsche Kinos von solchen Komödien geradezu überschwemmt werden. Und schnell trennt sich
das der Spreu vom Weizen. Mit dem Ergebnis, dass es in letzter Zeit immer häufiger genau diesen Spreu zu sehen gab.
Ganz anders ist das bei Gabriel Julien-Laferrières Familienkomödie. Denn die ist dank eines guten Drehbuchs und einer
richtig flotten Inszenierung wahrhaft herzerfrischend und beweist, dass es das gute Wohlfühlkino tatsächlich noch gibt!
Mit großem Einfallsreichtum, pointiertem Witz und eines spielbegeisterten Ensembles, bei dem sich allen voran
besonders die Kinder in die Herzen der Zuschauer spielen. Da bekommt man schon alleine vom Hinsehen große Lust
auf Großfamilie! Der Film versteht sich bestens darauf, die grundlegenden Probleme von sogenannten
Patchworkfamilien in amüsante Geschichten zu verpacken, ohne erhobenen Zeigefinger und – das ist das schöne daran –
aus der Sicht der Kinder. Denn sie sind es, die am meisten unter dem Patchworkgebilde leiden. Fazit: es ist schön, wenn
man das Kino auch mal wohlgelaunt mit einem Liedchen auf den Lippen verlassen kann!
TOMB RAIDER (1:2.35, DD 5.1 + 7.1 + Atmos) OT: Tomb Raider Verleih: Warner Land/Jahr: USA 2018 Regie: Roar Uthaug Darsteller: Alicia Vikander, Walton Goggins, Daniel Wu, Kristin Scott Thomas, Dominic West, Nick Frost Kinostart: 15.03.2018
Lara Croft, Sprössling eines millionenschweren Abenteurer und Unternehmers, macht sich auf die Suche nach ihrem vor
sieben Jahren verschollenen Vaters. Diese führt sie direkt in ein tödliches Abenteuer hinein... Der Reboot des Lara Croft
Franchise lässt sich mit einem Satz beschreiben: “Indiana Jones mit Möpsen”. Die Handlung läuft hier nach
altbewährtem Muster ab und es ist ganz offensichtlich, dass hier Spielbergs Indiana Jones Filme als Inspiration dienten.
Dadurch wirkt leider alles so, als hätte man es schon irgendwo anders in irgendeiner Art und Weise gesehen. Wenig
originell erscheint auch die Filmmusik von Tom Holkenborg, die eigentlich nur zeitgenössische Hörgewohnheiten
bedient. Sprich: dem Action-Blockbuster mangelt es insgesamt an Originalität. Gewiss ist das Ganze atemberaubend in
Szene gesetzt und die hübsche Hauptdarstellerin zeigt, dass sie auch mit einer körperlich extrem fordernden Rolle
umgehen kann: Alicia Vikander hat fast alle Stunts selbst gemacht. Dass am Ende des Films schon gleich eine
Fortsetzung in Aussicht gestellt wird, ist alles andere als überraschend. In tontechnischer Hinsicht enttäuscht der Film
etwas: die Dolby Atmos Mischung ist nur durchschnittlich und kann weniger als Präsentierstück für das
dreidimensionale Tonverfahren herhalten.
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Montag, 26. März 2018 Hamam Hardrock Die maue Pressewoche eröffnete eine Komödie aus deutschen Landen VERPISS DICH, SCHNEEWITTCHEN! (1:2.35, 5.1) Verleih: Constantin Land/Jahr: Deutschland 2018 Regie: Cüneyt Kaya Darsteller: Bülent Ceylan, Josefine Preuß, Paul Faßnacht Kinostart: 29.03.2018
Eigentlich jobbt und schrubbt Deutschtürke Sammy im Hamam seines Bruders. Doch träumen tut er von einer geilen
Karriere als Rockstar. Da kommt ihm der Casting-Aufruf eines Fernsehsenders gerade recht. Einziger Haken: die suchen
eine Band und keinen Solo-Musiker wie Sammy. Doch Sammy hat eine Idee: zusammen mit seiner sexy Schwester Jessi
und dem alten Aushilfsmasseur Wolle gründet er die “Hamam Hardrock”-Band – samt dem fettleibigem Mahmut als
Trommel. Und prompt flattert die Einladung zur Castingshow ins Haus... An der Inszenierung liegt es eher nicht, dass
echter Humor hier auf der Strecke bleibt. Denn Regisseur Cüneyt Kaya (bekannt für den wunderbaren Thriller
UMMAH – UNTER FREUNDEN) zieht wirklich alle Register, die mit modernen Filmwerkzeugen bewerkstelligt
werden können. Das reicht bis zur Split Screen Technik, die das Scope-Bild in kleinere Bilder unterteilen und so flotten
Musikvideolook erzeugen. Dass vom Humor nichts im Zuschauerraum ankommt, dürfte damit am Drehbuch liegen. Es
hilft halt nicht, sich nur auf Marken wie Bület Ceylan oder Olaf Schubert zu verlassen in der Hoffnung, dass sie alleine
durch ihre bloße Anwesenheit lacher generieren. Das funktioniert in großen Hallen als Stand Up Comedy sicherlich
ganz gut, doch für eine Filmkomödie bedarf es eines intelligenteren Drehbuchs – oder ein paar Flaschen Bier vor dem
Kinobesuch. Zumindest mich hat der Film schon nach gut 30 Minuten extrem gelangweilt. Eine glatte Verschwendung
von Talenten wie Kida Khodr Ramadan oder Burak Yigit, die in kleinen Nebenrollen zu sehen sind und deren
wirkliches Potenzial erst gar nicht genutzt wird. Der Film stürzt sich auf sämtliche Klischees der Deutschtürken und ist
damit leider alles andere als originell. Fast störend im Kontext der Komödie ist die Thematisierung der
Ausländerfeindlichkeit. Trotzdem ist zu hoffen, dass der Film seine Zielgruppe begeistern wird und Geld in die Kassen
spült, damit sich Cüneyt Kaya wieder an ambitioniertere Projekte wagt.
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Sonntag, 25. März 2018 Von Nachhaltigkeit und Kulturwandel Zwei aktuelle Dokus bestimmten meinen sonntäglichen Alltag DIE STILLE REVOLUTION (1:1.78, 5.1) Verleih: mindjazz Land/Jahr: Deutschland 2018 Regie: Kristian Gründling Kinostart: 22.03.2018
Jahrzehntelang galt sie als das Maß aller Dinge: die Pyramide, jene Form in Unternehmen, die sich streng hierarchisch
aufstellen und den Mitarbeiter als fast schon lästigen Kostenfaktor führten. Doch jetzt ist ein Wandel im Gange. Da ist
nicht mehr von Ressourcenausnutzung die Rede, sondern von Potenzialentfaltung. Am Beispiel von Upstalsboom zeigt
Filmemacher Kristian Gründling, wie es auch anders gehen kann, wie der Umstieg von Unternehmensführung hin zu
Menschenführung gelingt und welche Möglichkeiten sich dadurch für jeden einzelnen Mitarbeiter und in Konsequenz
auch für das Unternehmen ergeben. Ausgangspunkt des Films ist dabei der Hotelunternehmer Bodo Janssen, der bei
einer Mitarbeiterbefragung als ziemlich unbeliebt abgestempelt wurde und sich daraufhin eineinhalb Jahre lang immer
wieder in ein Benediktinerkloster zurückzog, um von Pater Anselm Grün in neue Sichtweisen eingeführt zu werden und
parallel dazu Erkenntnisse aus der positiven Psychologie sowie der Neurobiologie anzuwenden, um so einen
Kulturwandel in seinem Unternehmen herbeizuführen. Leider gibt Gründlings Film nur ganz bedingt Antworten auf die
brennenden Fragen und lässt schlussendlich eigentlich keinen Zweifel daran, dass es sich um einen Imagefilm für Bodo
Janssen und sein Unternehmen handelt. So heisst es in der Vermarktung des Films auch konsequent “Ein Film von
Kristian Gründling nach der Vision von Bodo Janssen”. Hier werden Interviewfragmente mit allerlei
Upstalboom-Mitarbeitern, Psychologen, Professoren usw. mit teils suggestiven Bildern unterfüttert, die Janssen mal
wortlos vor einem Baum stehend oder einsam auf einer Yacht schippernd zeigen. Frei nach dem Motto: wenn der Mann
mal nicht gerade im Büro sitzt, reflektiert und meditiert er über das Wohl seiner Mitarbeiter. Passend dazu gibt es
emotional angehauchte Filmmusik von Philip Fabian Kölmel, die sich um Tränen beim Zuschauer bemüht. Geht es den
Menschen im Unternehmen jetzt tatsächlich besser oder werden sie jetzt auf eine wesentlich subtilere Methode an den
Rand ihrer Leistung getrieben? Wie schon eingangs erwähnt: Antworten liefert Gründlings Film fast gar nicht, sondern
fügt stattdessen knackige Statements und One-Liner von Machern wie Götz Werner ein. Die für einen Dokumentarfilm
notwendige kritische Distanz gibt es hier nicht. Im Presseheft wird der Filmemacher wie folgt zitiert: “Leuchtkraft ist
das, was ein Unternehmen wirklich erfolgreich macht. Jedes Unternehmen hütet einen Schatz, und wir bringen ihn durch
unsere Filmprojekte
ans Licht. Wir unterstützen Organisationen dabei, dieses Potenzial zu entfalten und dadurch echt und besonders wertvoll
zu werden.”
DIE GRÜNE LÜGE (1:1.85, 5.1) Verleih: Little Dream (24 Bilder) Land/Jahr: Österreich 2017 Regie: Werner Boote Kinostart: 22.03.2018
Ist grün wirklich grün? Halten die auf Produkten aufgedruckten Nachhaltigkeitslabel das, was sie versprechen?
Filmemacher Werner Boote will es ganz genau wissen und geht mit einer Greenwashing-Expertin auf Erkundungstour,
auf der er unter anderem viel über das Palmöl-Problem oder das Erdöl-Problem im Golf von Mexiko lernt. Eine
ernüchternde und gleichzeitig erschreckende Bilanz folgt... Wie schon in PLASTIC PLANET, so wählt Filmemacher
Werner Boote auch dieses Mal wieder einen sehr persönlichen Ansatz, um sein Anliegen zum Publikum zu
transportieren. So geht er gemeinsam mit Greewashing-Expertin Kathrin Hartmann auf eine Reise um die Welt, während
der sich die beiden Investigativreporter immer wieder in Dialog treten und das Thema Nachhaltigkeit erörtern. Dabei
nimmt Boote selber die Position des Unbedarften ein und stellt genau die Fragen, die man sich als Zuschauer auch
stellen würde. Damit bleibt Bootes Film stets auf Augenhöhe mit seinem Publikum. Kathrin Hartmann gibt ihm
entsprechende Antworten, die Denkanstöße vermitteln. Zum Paar Boote/Hartmann baut man als Zuschauer dabei fast
vom Fleck weg eine hohe Sympathie auf, was bestehende Barrieren und Vorbehalte gegenüber dem Thema
verschwinden lässt. Bootes Film hat trotz des heiklen Themas hohen Unterhaltungswert, was durch einen flotten Schnitt,
interessante Bilder und eine ambitionierte Filmmusik unterstützt wird. Gleichzeitig mach sein Film auch betroffen,
rüttelt auf und fordert dazu auf, sich eigene Gedanken zu machen.
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Donnerstag, 22. März 2018 Holzhammer und Tradition Heute noch zwei Pressevorführungen und dann ist Wochenende WER HAT EIGENTLICH DIE LIEBE ERFUNDEN? (1:2.35, 5.1) Verleih: Alamode (Filmagentinnen) Land/Jahr: Deutschland, Schweiz 2017 Regie: Kerstin Polte Darsteller: Corinna Harfouch, Meret Becker, Sabine Timoteo Kinostart: 03.05.2018
Während Gott seine depressive Phase durchlebt, stellt Charlotte ihre Ehe mit Paul, der eben pensioniert wurde, auf den
Prüfstand. Und Tochter Alex treibt ihre eigene Tochter aus dem Haus. Alles ist im Umbruch, ein Jeder ist auf der Suche.
Doch wonach? - In ihrer Dramödie präsentiert Regisseurin Kerstin Polte zwar interessante philosophische Ansätze zum
Thema Liebe, doch versucht sie diese Ansätze mit der Holzhammermethode immer und immer wieder zu verkaufen.
Schätzt sie ihr Publikum tatsächlich als so dumm ein, dass es ständigem Wiederholen bedarf, bis die Zuschauer endlich
die Metaebene des Films entschlüsselt haben? Dabei hat WER HAT EIGENTLICH DIE LIEBE ERFUNDEN?
durchaus ein paar hübsche Einfälle zu bieten. Allerdings wirklich neu ist das alles nicht und man tut sich schwer damit,
eine Zielgruppe zu finden, die sich daran noch richtig erfreuen kann.
WAS WERDEN DIE LEUTE SAGEN (1:2.35, 5.1) OT: Hva Vil Folk Si Verleih: Pandora Land/Jahr: Norwegen, Deutschland, Schweden 2017 Regie: Iram Haq Darsteller: Maria Mozhdah, Adil Hussain Kinostart: 10.05.2018
Die 15jährige Nisha hat zwei Gesichter. Das eine ist für ihre pakistanischen Eltern bestimmt, das andere für ihre
Freunde in der norwegischen Heimat. Als ihr streng an Traditionen festhaltender Vater sie mit einem Jungen erwischt,
will er ein Exempel statuieren, um andere pakistanische Mädchen in Norwegen vom selben Fehler abzuhalten: er
verschleppt die eigene Tochter in seine pakistanische Heimat... Iram Haqs Drama macht in gleichem Maße wütend wie
traurig, stellt er doch stellvertretend für viele junge Pakistani-Frauen das Schicksal der 15jährigen Nisha in den
Mittelpunkt. Ein Schicksal, an dem deutlich wird, was es bedeutet, zwar in einem westlichen Land aufzuwachsen, jedoch
nach wie vor in der familiären Tradition gefangen zu sein. So wird Nishas Versuch, sich der westlichen Lebensart zu
öffnen, mit brachialer Härte bestraft – und das von ihren eigenen Eltern, die in der westlichen Gesellschaft leben. Dort
sind sie zwar integriert, doch halten sie weiterhin an ihren pakistanischen Traditionen fest. Schließlich kommt es ja
einzig darauf an, was andere Pakistani in dieser fremden Welt von ihnen denken. Maria Mozhdah spielt die junge Nisha
mit solcher Hingabe, dass die Zuschauer sofort in ihren Bann schlagen und ihr Schicksal auch lange nach Filmende noch
nachhallen wird..
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Mittwoch, 21. März 2018 Schokoladenchaos Zur Wochenmitte mal wieder ein Film für junge Zuschauer PAPA MOLL UND DIE ENTFÜHRUNG DES FLIEGENDEN HUNDES (1:2.35, 5.1) Verleih: Polyband (24 Bilder) Land/Jahr: Schweiz 2017 Regie: Manuel Flurin Hendry Darsteller: Stefan Kurt, Isabella Schmid, Martin Rapold Kinostart: 12.04.2018
Ausgerechnet die beiden bösen Kinder seines Chefs soll Papa Moll zusammen mit seinen eigenen drei Sprösslingen mit
in den Zirkus nehmen. Das gefällt den Molls natürlich gar nicht, werden sie von den beiden Chef-Bratzen ständig
drangsaliert. Als Papa Moll schließlich auch noch eilends in die Fabrik gerufen wird, weil dort eine Fehlfunktion
vorliegt, eskaliert die Situation ziemlich schnell... Mit seiner 60er-Jahre Optik sowie der verspielten Ausstattung erinnert
Manuel Flurin Hendrys Realverfilmung des Schweizer Kult-Comics an die beiden DOKTOR PROKTOR Filme. Über
der gesamten Inszenierung schwebt auch hier etwas Surreales, speziell auszumachen an der Schokoladenfabrik, die auf
einem Berg hoch über dem Dorf wie eine Bastion steht. Leicht unwirklich auch die Charaktere im Film, angefangen vom
trotteligen Polizisten Grimm bis hin zum flegelhaften Fabrikchef Stuss. Für kleinere sowie sensiblere Kinder könnte das
alles recht furchteinflößend wirken – was es in der heutigen Pressevorführung auch tat. Die Kleinen in der Reihe hinter
mir fragten ihre Mama ganz ängstlich, ob denn der Film gut ausgehen würde. Ältere und etwas aufgeklärtere Kinder
werden aber ihren Spaß haben mit Familie Moll und ihren actionreichen Abenteuern. Hübsch aufwändig die Filmmusik
von Fabian Römer, die aus dem Vollen schöpft und mit großem Orchester antritt. Ebenso die Tonmischung, die mit viel
Getöse auch die Surroundkanäle bedient. Natürlich ist auch noch Platz für etwas Pädagogik. Da geht es darum, dass
Eltern auch mal ihren Kindern zuhören sollten und nicht nur umgekehrt.
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Dienstag, 20. März 2018 Feuersbrunst und Fiebertraum Das erste Pressedoppel der Woche rückte wieder einmal zwei wahre Geschichten in den Fokus NO WAY OUT – GEGEN DIE FLAMMEN (1:2.35, DD 5.1 + 7.1 + Atmos) OT: No Way Out Verleih: Studiocanal Land/Jahr: USA 2017 Regie: Joseph Kosinski Darsteller: Josh Brolin, Miles Teller, Jennifer Connelly, Jeff Bridges, Taylor Kitsch, Andie MacDowell Kinostart: 03.05.2018
An vorderster Front gegen die Flammen zu kämpfen war schon immer der Traum von Eric Marsh. Dem passionierten
Feuerwehrmann ist daher viel daran gelegen, sein 19köpfiges Team in ein “Hotshot”-Elite-Team zu verwandeln. Auch
gefallenen Individuen wie Brandon McDonough, der seinem Drogenproblem entsagen möchte, gibt Marsh eine Chance
in seinem Team. Tatsächlich avanciert sein Trupp in die “Hotshot”-Riege. Als ein Blitzschlag einen Waldbrand auf dem
Yarnell Hill in Arizona auslöst, sieht es für Marsh und seine eingeschworene Truppe zunächst wie ein Routineeinsatz
aus. Doch als sich der Wind dreht, dreht sich auch das Schicksal der Männer... Joseph Kosinkis Blockbuster-Film ist ein
Helden-Epos par excellence. Basierend auf einem wahren Ereignis erzählt er von mutigen Amerikanern, die sich als eine
Art schneller Einsatztrupp für Brandbekämpfung, die “Granite Mountain Hotshots”, in einem von vielen Waldbränden
heimgesuchten Landstrich der USA etablierten und am 28. Juni 2013 ihren Tod in den Flammen fanden. Mit der sehr
effektvollen CinemaScope-Kameraarbeit von Claudio Miranda, die gekonnt die außergewöhnlichen
Landschaftspanoramen einbezieht, bleibt man als Zuschauer hautnah am Geschehen und kann sich sehr gut vorstellen, in
welch gefährliche Situationen sich die zumeist jungen Männer begeben. Unterstützt wird dies durch eine überzeugende
Tricktechnik, die dieses Mal nicht Aliens oder Transformers auf die Leinwand zaubert, sondern ein ganzes
Flammenmeer, das sich mit unsäglicher Geschwindigkeit seine Bahn bricht. Die behutsam eingeführten Charaktere
bieten reichlich Identifikationspotenzial, so dass ihr Schicksal niemandem im Kinosaal kalt lassen wird. Bild- und
tontechnisch dürfte der Film sein gesamtes Potenzial erst richtig in IMAX-Kinos oder in Sälen mit Dolby-Atmos-Sound
entfalten.
THE HAPPY PRINCE (1:2.35, 5.1) OT: The Happy Prince Verleih: Concorde Land/Jahr: Deutschland, Belgien, Italien, Großbritannien 2018 Regie: Rupert Everett Darsteller: Rupert Everett, Colin Firth, Edwin Thomas, Emily Watson, Tom Wilkinson, Miranda Richardson, Béatrice Dalle, John Standing, Edward Fox Kinostart: 24.05.2018
Nach zwei Jahren Gefängnis und Zwangsarbeit wird der wegen seiner Homosexualität verurteilte Oscar Wilde entlassen.
Mittellos setzt er sich nach Frankreich unter fremdem Namen ab, trifft sich mit seinen Liebschaften und versucht sein
ausschweifendes Leben wieder aufzunehmen. Doch seine Tage sind bereits gezählt... Der von Rupert Everett mit sich
selbst in der Hauptrolle inszenierte Film konzentriert sich auf die Zeit nach Oscar Wildes Entlassung aus dem
Gefängnis, die ihn als gebrochenen und an Syphilis leidenden Mann zeigt. Erinnerung und Gegenwart vermischen sich,
während Wilde versucht, die ihm noch verbleibende Zeit mit den drei wichtigsten Liebhabern in seinem Leben zu
verbringen. Als roter Faden durch den Film dient die von Wilde häppchenweise erzählte Geschichte vom glücklichen
Prinz und der Schwalbe. Der etwas konfus geratene Film ist von depressiver Grundstimmung und hat weniger mit dem
von Oscar Wilde gewohnten sarkastischen Blick auf die damalige Gesellschaft zu tun, was eingefleischte Fans des
Bühnenautors enttäuschen könnte. Schauspielerisch zumindest bis in kleinste Nebenrollen perfekt besetzt.
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Donnerstag, 15. März 2018 David gegen Goliath Wenn für mich bereits am Donnerstag schon Freitag ist, kann das nur eines bedeuten: es war die letzte Pressevorführung in dieser Woche ELEANOR & COLETTE (1:2.35, 5.1) OT: 55 Steps Verleih: Warner Land/Jahr: USA, Deutschland, Belgien 2017 Regie: Bille August Darsteller: Helena Bonham Carter, Hilary Swank, Jeffrey Tambor Kinostart: 03.05.2018
San Francisco 1985. Die Anwältin Colette Hughes, spezialisiert auf Patientenrechte, wird von Eleanor Riese angeheuert,
die psychiatrische Klinik zu verklagen, in der ihr ohne ihre Zustimmung Medikamente verabreicht wurden und dies
zudem in überhöhter Dosis. Schon bald muss Colette erkennen, dass es hier um einen Kampf David gegen Goliath geht.
Eine Herausforderung, die sie an die Grenzen ihrer Belastbarkeit bringen und mit der sie Geschichte schreiben wird...
Bille August erzählt in seinem neuesten Film die wahre Geschichte der Eleanor Riese, die mit Hilfe ihrer Anwältin
Colette Hughes in den 1980er Jahren in den USA Rechte für Patienten in psychiatrischen Kliniken erkämpfte. Es ist
gleichzeitig auch die Geschichte einer Freundschaft und ein Appell an die heutige Gesellschaft, psychisch labile
Menschen nicht einfach zu ignorieren oder sie der Einfachheit halber einfach ruhig zu stellen, sondern ihnen
unvoreingenommen zu begegnen. Denn nur so hat man die Chance, den Menschen in ihnen zu erkennen. August
inszeniert seinen Film eher bieder und fast ohne Pathos, was sich auch in Annette Focks‘ zurückhaltender Musik
widerspiegelt. Von den beiden Hauptdarstellerinnen gut gespielt, enttäuscht wie so oft alleine die deutsche
Synchronisation, die auch in technischer Hinsicht nicht zu überzeugen vermag.
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Montag, 12. März 2018 Einer entführt sich selbst Die sehr übersichtliche Pressewoche wurde heute von einer Action-Komödie eingeläutet GRINGO (1:2.35, 5.1) OT: Gringo Verleih: Tobis Land/Jahr: USA 2018 Regie: Nash Edgerton Darsteller: David Oyelowo, Charlize Theron, Joel Edgerton, Amanda Seyfried Kinostart: 05.04.2018
Harold Soyinka ist ein lieber Kerl, der nichts Böses im Schilde führt und an das Gute im Menschen glaubt. So auch an
seinen Freund und Boss Richard. Für den steht Harold aber auf der Abschussliste bei der im Geheimen geplanten Fusion
mit einer anderen Firma. Zudem geht Richard mit Harolds Frau fremd. Als der Ahnungslose merkt, wie übel ihm
mitgespielt wird, setzt er bei einer Dienstreise nach Mexiko alles auf eine Karte: er inszeniert seine eigene Entführung,
um so an eine Millionensumme aus Richards Vermögen zu gelangen. Doch als Pechvogel, der er nun mal ist, führt das
zu ein paar ungewollten Nebenwirkungen... Filme wie Nash Edgertons Action-Komödie gibt es inzwischen haufenweise.
Allerdings liegt bei den anderen Filmen stets der Fokus auf der Komödie. Im vorliegenden Film verschiebt sich dieser
Fokus leider in Richtung Drama. Gerne möchte man über Pechvogel Harold lachen oder auch über die Handlanger des
mexikanischen Drogenkartells, aber es gelingt nicht sonderlich gut. Charlize Theron (Mitproduzentin des Films) in der
Rolle der Elaine, eine Bitch wie sie im Buche steht, ist leider auch gar nicht lustig, auch wenn sie es noch so gern wäre.
Sie gibt sich viel zu ordinär. Amanda Seyfried wirkt im Film komplett unterfordert. Die hübsche junge Dame kann
wesentlich mehr als in die Kamera zu lächeln! Mit einer Spielzeit von knapp zwei Stunden wird der Film irgendwann
langweilig und man verliert die Lust, sich um das Schicksal von Harold Sorgen zu machen. Immerhin: David Oyelowo
spielt ihn wirklich überzeugend. GRINGO ist nicht mehr als ein Film “zwischendurch”, den man nach kurzer Zeit auch
schon wieder vergessen hat. Vollkommen unnötig: ein paar explizite Gewaltspitzen.
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Freitag, 09. März 2018 Ein Vögelchen wird flügge Wunderschönes Independent-Kino zum Wochenausklang LADY BIRD (1:1.85, 5.1) OT: Lady Bird Verleih: Universal Land/Jahr: USA 2017 Regie: Greta Gerwig Darsteller: Saoirse Ronan, Laurie Metcalf, Lucas Hedges Kinostart: 19.04.2018
Eigentlich heisst sie Christine, doch warum den Namen annehmen, der einem von den Eltern aufgedrückt wurde? Also
nennt sich die 17jährige ab sofort “Lady Bird”. Lady Bird wohnt mit ihren Eltern und Bruder samt Verlobter im weniger
angesagten Stadtteil Sacramentos, jenem jenseits der Bahngleise. Dort gehört man definitiv nicht zur Upper Class, zu der
man aber gerne gehören möchte. Lady Bird hat das alles genauso satt wie die ständigen Diskussionen mit ihrer Mutter,
die es dem Teenager nicht gerade einfach macht, flügge zu werden... Greta Gerwigs Regiedebüt ist eine Liebeserklärung
an ihre Heimat Sacramento und eine Ode an die wunderbare Zeit des Erwachsenwerdens – auch wenn man das zu
diesem Zeitpunkt gar nicht so empfindet. Diese Erkenntnis hat man meist erst im reiferen Alter. Gerwig rast mit einem
Wahnsinnstempo durch diese letzten Jahre des Highschool-Daseins, zeigt Manches gar nur in ganz kurzen
Einstellungen, verlangsamt bei besonderen Episoden. Viele Schnittbilder erinnern beim Zuschauen an die eigene
Schulzeit und das ganze Drumherum mit erster Liebe und so. Ein melancholisch wehmütiger Flair zieht sich durch den
ganzen Film, in dem ganz besonders Saoirse Ronan in der Rolle von Lady Bird zur Hochform aufläuft. Tolle Dialoge,
mal heiter, mal ernst, prägen den Film. Independent-Kino vom Feinsten.
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Donnerstag, 08. März 2018 Von Zweien, die sich nicht unterkriegen lassen Wahre Geschichten gab es heute gleich im Doppelpack SOLANGE ICH ATME (1:2.76, 5.1) OT: Breathe Verleih: SquareOne/Universum (Fox) Land/Jahr: Großbritannien 2017 Regie: Andy Serkis Darsteller: Andrew Garfield, Claire Foy, Diana Rigg Kinostart: 19.04.2018
Die späten 1950er Jahre. Für Robin Cavendish könnte das Leben nicht schöner sein. Als Teeeinkäufer arbeitet der
Engländer in Afrika, ist mit der wundervollen Diana verheiratet und wird bald schon Vater. Doch da schlägt das
Schicksal unerwartet brutal zu: Robin erkrankt an Polio und ist fortan vom Hals abwärts gelähmt, Atmen kann er nur
noch mittels einer Maschine... Warum Andy Serkis, eigentlich bekannt für seine revolutionären Motion Capture
Performances in Filmen wie der HERR DER RINGE Trilogie oder den neuen PLANET DER AFFEN
Inszenierungen, sein Regiedebüt im Ultra Panavision Aspect Ratio von 1:2.76 in die Kinos bringt, bleibt ein Rätsel.
Einen großen Gefallen tut er sich nicht damit, wird sein Film auf allen digitale Leinwänden dadurch mit reduzierter
Bildgröße gezeigt. Vermutlich hat ihm aber genau dieser Aspekt bei Tarantinos HATEFUL 8 gefallen. Eines Tages
werden wir vielleicht erfahren, was die künstlerische Entscheidung dahinter war. Zum Film selbst: der basiert auf einer
wahren Geschichte, nämlich die des vom Hals abwärts gelähmten Robin Cavendish, der sich selbst schon komplett
aufgegeben hatte, sich aber durch die Unterstützung und Fürsorge seiner Frau Diana nicht hat unterkriegen lassen.
Seinem starken Lebenswillen ist es zu verdanken, dass mobile Beatmungsgeräte für Schwerstbehinderte überhaupt erst
entwickelt wurden. Andrew Garfield mimt den Mann im Rollstuhl und künstlicher Beatmung, der trotz seiner Misere
immer noch einen witzigen Spruch auf Lager hat. Claire Foy in der Rolle seiner Frau präsentiert sich nach dem gestern
gesehenen UNSANE wieder als willensstarke Frau, wenn auch mit einer ganz anderen Aura. Serkis wechselt zwischen
humorvollen Einlagen (wie beispielsweise die Reise nach Spanien, bei der mitten in der Landschaft das Beatmungsgerät
kaputt geht und sich das ganze zu einer Fiesta entwickelt) und ergreifenden Momenten und zeigt damit, dass auch
Schwerstbehinderte die gesamte Spannbreite an Gefühlen für sich in Anspruch nehmen dürfen. Allerdings drückt der
Film am Ende dann doch zu sehr auf die Tränendrüse, statt den Schlusspunkt zu einem etwas früheren Zeitpunkt zu
setzen. Wohl dem der Taschentücher zur Hand hat.
STRONGER (1:2.35, DD 5.1) OT: Stronger Verleih: Studiocanal Land/Jahr: USA 2017 Regie: David Gordon Green Darsteller: Jake Gyllenhaal, Tatiana Maslany, Miranda Richardson Kinostart: 19.04.2018
Jeff ist ein einfach gestrickter Typ, ein netter Kerl, aber alles andere als pünktlich und zuverlässig. Das ist der Grund,
warum sich seine Freundin Erin mal wieder von ihm getrennt hat. Als Erin sich dazu entschließt, beim Boston Marathon
mitzulaufen, wittert Jeff seine Chance auf Versöhnung: mit einem großen Transparent erwartet er sie an der Ziellinie. Da
geschieht das Unvorstellbare: ein Terroranschlag kostet Jeff beide Beine... Alle Achtung, was Jake Gyllenhaal hier
leistet: als Anschlagsopfer Jeff Bauman liefert er eine Oscar-würdige Rolle ab! Das Auf und Ab während seiner
Rehabilitation zeigt er auf eindringliche Weise und zieht den Zuschauer damit in seinen Bann. Dass es sich hierbei um
eine wahre Geschichte handelt, macht die Sache gleich noch viel ergreifender. David Gordon Green hat ein kleines
Heldenepos geschaffen, an dessen Ende die Hoffnung siegt und damit nicht nur Leidensgenossen Mut macht, sondern
allen Menschen gleichermaßen. Kleiner Tipp: Taschentuch nicht vergessen.
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Mittwoch, 07. März 2018 Der Stalker und sein Opfer Thrillerstunde zur Wochenmitte – habe ich gerne genommen UNSANE – AUSGELIEFERT (1:1.56, 5.1) OT: Unsane Verleih: Fox Land/Jahr: USA 2018 Regie: Steven Soderbergh Darsteller: Claire Foy, Joshua Leonard, Jay Pharoah, Juno Temple Kinostart: 29.03.2018
Wegen eines höchst unangenehmen Stalkers musste die hübsche Sawyer Valentini nicht nur ihren Job, sondern auch
ihren Wohnort wechseln. Trotzdem lassen sie die Gedanken an den Stalker nicht mehr los. Als sie psychische Hilfe in
einer darauf spezialisierten Klinik sucht, landet sie unfreiwillig in der geschlossenen Anstalt. Zu allem Übel muss sie
feststellen, dass ihr Stalker dort zum Personal gehört... Man kann sich des Eindruckes nicht erwehren, dass Steven
Soderbergh seit seiner Ankündigung, sich aus dem Filmgeschäft zurückzuziehen, mehr Filme realisiert als je zuvor.
Aber das ist auch gut so, erweist sich UNSANE – AUSGELIEFERT einmal mehr als ein wirklich gelungener
Psychothriller mit extrem reizvoller Optik. Die Bilder, mit einem iPhone 7 Plus in bestem 4K eingefangen, weisen trotz
reduzierter Bildbreite stets einen Weitwinkellook auf, der suggeriert, dass es sich um Aufnahmen von Überwachungs-
oder Spionagekameras handelt. Damit wird das ständige Gefühl der Bedrohung, der Soderberghs Protagonistin
ausgesetzt ist, visuell perfekt untermauert. Soderbergh spielt zumindest anfangs mit dem Zuschauer, lässt er ihn doch im
Unklaren darüber, ob die Protagonistin (hervorragend: Claire Foy) unter Wahnvorstellungen leidet oder ob ihre
Bedrohung tatsächlich real ist. Dadurch übernimmt der Zuschauer zumindest eine Zeitlang die Sicht des Klinikpersonals
auf ihre Patientin und macht gleichzeitig deutlich, wie leicht man als hilfesuchende Person in einer geschlossenen
Anstalt landen kann. UNSANE ist klaustrophobisch albtraumhaftes Kino, das gegen Ende sogar noch unerwartete
Härten zeigt. Ein Film der nachwirkt.
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Dienstag, 06. März 2018 Langeweile, Spannung und viele Lacher Ein bunt gemischtes Presse-Triple hatte für jede Gefühlslage etwas im Körbchen DIE PARISERIN – AUFTRAG BASKENLAND (1:2.35, 5.1) OT: Mission Pays Basque Verleih: X Verleih (Warner) Land/Jahr: Frankreich 2017 Regie: Ludovic Bernard Darsteller: Elodie Fontan, Florent Peyre, Daniel Prévost Kinostart: 19.04.2018
Im Auftrag ihrer Firma, einer Lebensmittelsupermarktkette, soll die attraktive Pariserin Sibylle im Baskenland neue
Verkaufsräume aquirieren. Als sie deswegen einen alteingesessenen Familienbetrieb zu einem Dumpingpreis aufkaufen
möchte, machen ihr die widerspenstigen Dorfbewohner einen Strich durch die Rechnung. Insbesondere Ramuntxo, der
örtliche Espadrilles-Hersteller, durchschaut die Schöne und ihre Pläne und nutzt sie für die Interessen des Dorfes aus –
und macht der Schönen schöne Augen... Was für eine Schlaftablette von einem Film! Eine vollkommen uninteressante
Geschichte, die zudem nur mäßig witzig ist. Dass dann auch noch Ramun von seiner ETA-Vergangenheit eingeholt
wird, will so ganz und gar nicht in das Gesamtpaket passen, da viel zu ernst geraten. Da bleiben dann nur noch Elodie
Fontan und Florent Peyre, die ein wirklich hübsches Paar abgeben und sich am Ende – natürlich – finden. Ludovic
Bernards Film wirkt extrem bemüht in seiner Absicht, die kulturellen Unterschiede zwischen den Franzosen und den
Basken humoristisch aufzuarbeiten, mit der er letztlich scheitert. Ein Film, der nicht wehtut, aber für den der Gang ins
Kino ganz sicher nicht lohnt.
STEIG.NICHT.AUS! (1:2.35, 5.1) Verleih: NFP (Filmwelt) Land/Jahr: Deutschland 2018 Regie: Christian Alvart Darsteller: Wotan Wilke Möhring, Hannah Herzsprung, Christiane Paul Kinostart: 12.04.2018
Der Berliner Bauunternehmer Karl Brendt erhält auf der Fahrt zur Arbeit einen Anruf von einem Unbekannten. Der
droht damit, dass er das Auto samt den beiden Kindern auf dem Rücksitz in die Luft jagt, wenn er nicht so schnell wie
möglich Brendts gesamtes Barvermögen auf sein Off-Shore-Konto überwiesen bekommt. Ein Wettlauf mit der Zeit
beginnt... Genre-Kino aus deutschen Landen – das ist selten genug. Dass das aber durchaus realisierbar ist, stellt
Christian Alvart mit seinem Thriller unter Beweis. Basierend auf dem spanischen Thriller ANRUFER UNBEKANNT
zieht Alvart alle Register des Action-Thrillers, um das Publikum spannend zu unterhalten. Dass sich hier und da ein paar
Ungereimtheiten einschleichen, gehört fast schon zum Konzept einer solchen Produktion. Dafür zeigt Alvart ein sicheres
Gespür für Timing, mit dem er die Spannungsschraube kontinuierlich bis zum Ende anzieht. Angereichert wird das
Werk durch einige verblüffende Plansequenzen, die mit entfesselter Kamera eingefangen werden und so ohne Schnitt
den Zuschauer in ihren Bann ziehen.
EARLY MAN – STEINZEIT BEREIT (1:1.85, DD 5.1 + 7.1 + Atmos) OT: Early Man Verleih: Studiocanal Land/Jahr: Großbritannien, Frankreich 2018 Regie: Nick Park Kinostart: 26.04.2018
Als ein kleines Volk von Steinzeitmenschen durch ein ihnen überlegenes Volk aus der Bronzezeit aus ihrem geliebten
Tal vertrieben wird, wollen sich die Steinzeitler ihr Tal wieder zurückholen: durch ein Fußballspiel gegen die
Bronzemannschaft. Dumm nur, dass die Steinzeitler bislang keine Ahnung von Fußball haben... Schon gleich zu Beginn
machen die WALLACE & GROMIT Schöpfer klar, dass sie mit ihrer neuesten Produktion wieder herrlich
anarchischen Witz abliefern: während sich in der Steinzeit Urweltgiganten bekämpfen und Neandertaler gegenseitig mit
der Keule bearbeiten, während im Hintergrund Vulkane ihr Feuer speien, erscheint die Titeleinblendung “In der Nähe
von Manchester”. In liebevoller “Claymation”-Handarbeit lässt Nick Park und sein Team dann eine herrlich skurrile und
witzige Persiflage auf den Fussball vom Stapel. Es gibt viel zu lachen und zu Schmunzeln, wenn die Steinzeitmenschen
und die Bronzezeitmenschen sich beim Fussball-Derby gegenüberstehen. Da gibt es beispielsweise das Replay nach
einem Tor – bewerkstelligt durch zweidimensionales Papierfigurentheater! Oder die zwei königlichen Kommentatoren,
die das Spiel mit amüsanten Wortspielen begleiten. Ganz zu schweigen vom Nachrichtenvogel, mit dem die Bronzeianer
Kommunikation machen. Dass zur Mannschaft der Steinzeitmenschen auch ein sehr engagiertes Wildschwein gehört, ist
einer der vielen weiteren extrem witzigen Bausteine eines gekneteten Puppentrickfilms, der sich nicht ausschließlich an
Kinder richtet, sondern insbesondere auch Erwachsenen einen gelungen Kinobesuch garantiert
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Montag, 05. März 2018 Architektur und Familienchronik Zum Wochenstart wenig Erbauliches VOM BAUEN DER ZUKUNFT – 100 JAHRE BAUHAUS (1:2.35, 5.1) Verleih: Neue Visionen Land/Jahr: Deutschland 2018 Regie: Niels Bolbrinker, Thomas Tielsch Kinostart: 26.04.2018
Das Bauhaus feiert runden Geburtstag. Deshalb gehen die Regisseure Niels Bolbrinker und Thomas Tielsch der rage
nach, welche Bedeutung der Bauhaus-Gedanke in unserer heutigen Welt noch spielt und lassen dafür auch die
Vergangenheit Revue passieren. Mit unterstützenden Animationen veranschaulichen sie dabei auch das Prinzip des
Bauhauses, das eine Symbiose aus Technik und Kunst darstellt. Die Dokumentation ist speziell für
Architekturbegeisterte zu empfehlen.
ZWEI HERREN IM ANZUG (1:1.85, 5.1) Verleih: X Verleih (Warner) Land/Jahr: Deutschland 2018 Regie: Josef Bierbichler Darsteller: Josef Bierbichler, Martina Gedeck, Simon Donatz Kinostart: 22.03.2018
Nach der Beerdigung seiner Mutter kommt es zur längst überfälligen Aussprache zwischen Semi und seinem Vater, dem
Wirt und Bauern Pankraz, in dessen Verlauf die gesamte Chronik der Familie Revue passiert... Die von Josef
Bierbichler nach seinem eigene Roman “Mittelreich” inszenierte epische Familienchronik spielt gleich auf mehreren
Zeitebenen, die durch die Farbdramaturgie (von Schwarzweiß über Sepia bis hin zu voller Farbe) voneinander
unterschieden werden. Allerdings ist das Werk mehr als verwirrend und teils extrem grotesk. Bierbichler dominiert den
Film und spielt wie immer brillant urbayerisch. Hier und da würde man sich deshalb eine hochdeutsche Untertitelung
wünschen.
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Freitag, 02. März 2018 Ein grantiger Schotte und noch mehr Flüchtlinge Das Ende einer vollen Pressewoche kam gleich im Doppelpack DAS ETRUSKISCHE LÄCHELN (1:2.35, 5.1) OT: The Etruscan Smile Verleih: Constantin Land/Jahr: USA 2017 Regie: Oded Binnun, Mihal Brezis Darsteller: Brian Cox, JJ Feild, Thora Birch, Rosanna Arquette Kinostart: 12.04.2018
Seit 15 Jahren hat der grantige Schotte Rory seinen Sohn nicht mehr gesehen geschweige denn sein Enkelkind in
Augenschein genommen. Denn der lebt inzwischen in San Francisco, während Rory nach wie vor in seinem
Steinhäuschen auf den Hebriden haust. Doch ein gesundheitliches Problem zwingt Rory dazu, einen Spezialisten in den
USA aufzusuchen und so packt er widerwillig die Gelegenheit beim Schopfe, bei Sohnemann und Familie
vorbeizuschauen. Einst im Streit auseinandergegangen, ist das Vater-Sohn-Verhältnis nach wie vor frostig. Doch sein
kleiner Enkel bringt langsam aber sicher das Herz des Opas zum Erweichen... Gewiss gab es in der Vergangenheit
immer wieder Filme wie den von Oded Binnun und Mihal Brezis, in der ein zerrüttetes Familienverhältnis durch ein
neugeborenes Baby quasi gekittet wird. Doch solche Stoffe sind immer wieder schön anzuschauen, weil sie uns zu
Tränen rühren. Auch wenn im vorliegenden Fall vieles schon ziemlich schnell vorhersehbar ist, kann man nicht anders
als den Film zu mögen. Das liegt insbesondere an dem großartigen Brian Cox, der den Großvater mit gälischem
Einschlag absolut überzeugend mimt. Hier sei dringend geraten, sich den Film im englischen Original (und deutschen
Untertiteln!) anzuschauen – es lohnt alleine des schottischen Dialekts wegen. Und Schottland-Fans - aufgepasst: seit
LOCAL HERO gab es wohl keine idyllischeren Bilder von dem faszinierenden Land zu bestaunen. DAS
ETRUSKISCHE LÄCHELN ist wunderbares Wohlfühlkino mit viel Witz und noch mehr Emotionen.
ELDORADO (1:1.85, 5.1) Verleih: Majestic (Fox) Land/Jahr: Schweiz, Deutschland, Österreich 2018 Regie: Markus Imhoof Kinostart: 26.04.2018
Sinnbildlich erscheint während des Titelvorspanns zu Markus Imhoofs bedrückender Dokumentation ein golden
glänzende Fläche, die sich wie Wellen auf dem Wasser bewegt. Das also könnte das Eldorado des Filmtitels sein, jenen
Zufluchtsort, den Flüchtlinge vermutlich als das Paradies bezeichnen würden. Wenig später im Film wird jedoch klar,
um was es sich bei diesem goldenen Vlies handelt: es sind die Iso-Decken, die die in Italien ankommenden Flüchtlinge
zum Schutz gegen die Kälte umgelegt bekommen. Und da sind wir dann auch schon mittendrin in Imhoofs Film, der die
aktuelle Flüchtlingskrise mit einer sehr persönlichen Flüchtlingserfahrung des Regisseurs kongenial verknüpft. Als er
noch ein kleiner Junge war, nahm seine in der Schweiz lebende Familie ein Flüchtlingskind aus Italien auf. Das war
zwar schon während des Zweiten Weltkriegs, doch sind die Fragen, die sich an solch ein Schicksal knüpfen, nach wie
vor dieselben. Aus dem Off hören wir die Stimmen von Imhoof und seiner italienischen Flüchtlingsfreundin, die
tiefschürfende Gedanken über Flüchtlingsschicksale austauschen. Das alleine schon ist sehr bewegend in Szene gesetzt,
doch wird es noch weit übertroffen von den Bildern, die Imhoof von der aktuellen Flüchtlingskrise vor der Küste Italiens
einfängt. Als Beobachter auf einem der Auffangschiffe lässt er den Zuschauer hautnah teilhaben an der menschlichen
Tragödie, deren Ausmaß über alles Vorstellbare hinausgeht. Er zeigt auch Bilder von den Ghettos, die sich in Süditalien
etabliert haben. Dort leben die Flüchtlinge aus Afrika unter menschenunwürdigen Zuständen in der Illegalität und
geraten in mafiöse Strukturen, in der die Arbeitskraft der Afrikaner schamlos ausgenutzt wird. ELDORADO macht
betroffen, weil Imhoof Schicksale nicht nur anonym präsentiert, sondern ihnen auch ganz konkrete Namen und
Gesichter gibt. Keine einfache Doku, aber eine immens wichtige.
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