Wolfram Hannemann
Filmkritiker / Freelance Journalist / Filmemacher

Wolfram Hannemann | Talstr. 11 | D-70825 Korntal | Germany | Phone: +49 (0) 711 838 06 49 | Fax: +49 (0) 711 8 38 05 18
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Ein Dokumentarfilm von Wolfram Hannemann.
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In eigener Sache:
Als regelmäßigem Besucher meines Filmblogs ist Ihnen bestimmt schon aufgefallen, dass in letzter Zeit einige Filme nicht rezensiert werden. Das hat seinen Grund. Als ich vor 10 Jahren mit diesem Filmblog begann, bestand die Absicht darin, möglichst alle Filme zu besprechen, denen ein offizieller Start in deutschen Kinos zuteil wurde. Da zur damaligen Zeit praktisch alle Filmverleiher ihre Filme in Stuttgart mit Pressevorführungen bedachten, war dieses hehre Ziel - mit wenigen Ausnahmen - tatsächlich zu erreichen. In den letzten Jahren jedoch verabschiedeten sich immer mehr Filmverleiher aus Stuttgart, d.h. diese Verleiher führen in Stuttgart keine Pressevorführungen mehr durch. Dazu zählen u.a. Warner Brothers, Sony Pictures, Concorde, oder inzwischen auch Disney. All jene Filme, die in Stuttgart keine Pressevorführung erhielten, in regulären Vorführungen "nachzusitzen", ist mir leider momentan aus Zeitgründen nicht möglich; das klappt nur hin und wieder. Die Devise lautet: Mut zur Lücke.

Wolfram Hannemann, im März 2018

LOB IST SCHWERER ALS TADEL
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POL POT DANCING
Im Gespräch mit Enrique Sánchez Lansch

VENA
Im Gespräch mit Chiara Fleischhacker

TANDEM - IN WELCHER SPRACHE TRÄUMST DU?
In Conversation with Claire Burger

RIEFENSTAHL
Im Gespräch mit Andres Veiel

HAGEN - IM TAL DER NIBELUNGEN
Im Gespräch mit Cyrill Boss und Philipp Stennert

ARCHITECTON
In Conversation with Victor Kossakovsky

PETRA KELLY - ACT NOW!
Im Gespräch mit Doris Metz

SAMIA
Im Gespräch mit Yasemin Samdereli

ELLBOGEN
Im Gespräch mit Asli Özarslan und Melia Kara

ÜBEN ÜBEN ÜBEN
Im Gespräch mit Laurens Pérol

SOUND BITS: MARTIN KWOK - THE BEATLES: GET BACK
In Conversation with Supervising Sound Editor Martin Kwok

SOUND BITS: MARTIN KWOK
In Conversation with DUNE: PART TWO's Supervising Dialgue Editor Martin Kwok

PRODUCER'S CUT: CHRIS DEFARIA
In Conversation with Hollywood producer Chris deFaria

VFX WIZARDS: MICHAEL FINK
In Conversation with VFX Supervisor Michael Fink

DIE BLUME DER HAUSFRAU
Wiederaufführung zum 25jährigen Jubiläum

VFX WIZARDS: PAUL FRANKLIN & ALEKS PEJIC
In Conversation with VFX Supervisors Paul Franklin & Aleks Pejic

VFX WIZARDS: CHARLEY HENLEY
In Conversation with VFX Supervisor Charley Henley

UNION - DIE BESTEN ALLER TAGE
Im Gespräch mit Annekatrin Hendel

MARIA MONTESSORI
Im Gespräch mit Léa Todorov

SCHLEIMKEIM - OTZE UND DIE DDR VON UNTEN
Im Gespräch mit Jan Heck

STELLA. EIN LEBEN
Im Gespräch mit Kilian Riedhof

JOHNNY & ME
Im Gespräch mit Katrin Rothe

ROXY
In Conversation with Dito Tsintsadze

Dolby Cinema @ Traumpalast Esslingen
Im Gespräch mit Fritz Deininger & Marius Lochmann

KASH KASH
Im Gespräch mit Lea Najjar & Matthias Drescher

LIVING BACH
Im Gespräch mit Regisseurin Anna Schmidt

DIE THEORIE VON ALLEM
Im Gespräch mit Timm Kröger, David Bennent und Viktoria Stolpe

DER SOMMER, ALS ICH FLIEGEN LERNTE
In Conversation with Klara Hrvanovic & Radivoje Andric

SIEBEN WINTER IN TEHERAN
Im Gespräch mit Steffi Niederzoll

FOCUS ON ANIMATION: NATHAN FARISS
Der Set Supervisor bei Pixar spricht über seine Arbeit

FOCUS ON VISUAL EFFECTS: AARON WEINTRAUB
Der VFX Supervisor spricht über seine Arbeit

FOCUS ON VISUAL EFFECTS: TIM WEBBER
Der Oscar-Gewinner spricht über seine Arbeit als VFX Supervisor

DER FUCHS
Im Gespräch mit Adrian Goiginger & Simon Morzé

WANN KOMMST DU MEINE WUNDEN KÜSSEN
Im Gespräch mit Hanna Doose und Bibiana Beglau

SHARAF
Im Gespräch mit Samir Nasr und Ahmed Al Munirawi

SEASIDE SPECIAL
Im Gespräch mit Jens Meurer

MEINE CHAOSFEE & ICH
Im Gespräch mit Jella Haase & Caroline Origer

MITTAGSSTUNDE
Im Gespräch mit Lars Jessen

ALLES IN BESTER ORDNUNG
Im Gespräch mit Natja Brunckhorst

THE DYING SWANS PROJECT
Im Gespräch mit Eric Gauthier

THE OTHER SIDE OF THE RIVER
Im Gespräch mit Antonia Kilian

SUZI Q
Rock-Ikone Suzi Quatro spricht über den Dokumentarfilm SUZI Q

FOCUS ON
Jana und Sophia Münster (HANNI & NANNI)

Alle meine Video-Produktionen finden Sie auf meinem YouTube-Kanal!
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Dienstag, 26. November 2024
Es wird getanzt!
Mein Double Feature an einem trüben Dienstag

POL POT DANCING (1:2.35, 5.1)
Verleih: jip film & verleih
Land/Jahr: Deutschland, Norwegen 2023
Regie: Enrique Sánchez Lansch
Darsteller: Pierre Niney, Bastien Bouillon, Anaïs Demoustier
Kinostart: 05.12.2024

In der Zeit von 1975 bis 1979 wird durch die Roten Khmer unter Führung von Diktator Pol Pot fast ein Viertel der kambodschanischen Bevölkerung ermordet, darunter besonders viele Kulturschaffende. Startänzerin Chea Samy, einst am Königshof beschäftigt, um den Bruder ihres Mannes zu erziehen und im traditionellen kambodschanischen Tanz zu unterrichten, kann sich zwar unerkannt retten, wird jedoch zur Zwangarbeit auf den Feldern gezwungen. Als sie eines Tages feststellen muss, dass es sich bei Pol Pot um niemand anderen als ihren Ziehsohn handelt, bricht für sie eine Welt zusammen. Diese Geschichte ist die Ausgangssituation für Enrique Sánchez Lanschs Dokumentarfilm. Lansch zeigt, wie Sophiline Cheam Shapiro, die noch von Chea Samy prsönlich unterrichtet wurde, gemeinsam mit Tänzer:innen die grausame Vergangenheit ihres Landes tänzerisch einstudiert. Chea Samy ist es zu verdanken, dass der traditionelle kambodschanische Tanz überlebt hat. Eine Tanzkultur, die inzwischen zum UNESCO Weltkulturerbe gehört. Zwischen den Tanzdarbietungen, die Lansch im breiten CinemaScope-Format von Kameramann Marcus Winterbauer einfangen lässt und die vom Komponistenduo Christoph M. Kaiser und Julian Maas mit viel Percussion untermalt werden, wird noch nie veröffentlichtes Archivmaterial montiert. Darin kommen unter anderem Chea Samy und sogar Pol Pot zu Wort. Dadurch wird klar, unter welchem Trauma Kambodscha bis zum heutigen Tag zu leiden hat. Lansch dokumentiert am Beispiel von Sophiline Cheam Shapiro, wie die Menschen versuchen, sich ihrer Vergangenheit zu nähern.

BETTER MAN – DIE ROBBIE WILLIAMS STORY (1:2.35, 5.1 + 7.1 + Atmos)
OT: Better Man
Verleih: Tobis Film
Land/Jahr: USA, Großbritannien 2024
Regie: Michael Gracey
Darsteller: Jonno Davies, Steve Pemberton, Damon Herriman, Alison Steadman, Kate Mulvany
Kinostart: 02.01.2025

Der kleine Robert wächst als Underdog in einem ärmlichen Elternhaus auf und verehrt besonders seinen Vater, der gerne Entertainer wäre. Als der die Familie auf Nimmerwiedersehen verlässt, nimmt Robert sein Leben selbst in die Hand und landet schließlich als einer von Fünfen in der Boygroup ”Take That”. Doch Robert möchte nicht immer nur in der zweiten Reihe stehen, sondern ganz vorne ins Rampenlicht. Was ihm tatsächlich gelingt. Als Robbie Williams schafft er es bis ganz nach oben. Doch sein Leben auf der Überholspur hat auch seine Schattenseiten: extreme Selbstzweifel, Depressionen und Drogen sind seine ständigen Begleiter... Bereits zum zweiten Mal widmet sich Regisseur Michael Gracey dem Biopic eines Künstlers, der noch unter uns weilt. War es 2019 in ROCKETMAN Elton Johns Lebensgeschichte, so kommt in BETTER MAN nun also die Lebensgeschicbte von Robbie Williams auf die große Leinwand. Extrem ungewöhnlich dabei: Williams ist immer nur als Affe zu sehen – und das ist wörtlich gemeint. Ob Rückblicke in seine Kindheit oder der große Auftritt in der Royal Albert Hall – stets sieht man einen Schimpansen in Menschengestalt. Offenbar ist das die Sicht, die Williams auf sich selbst hat: einer, der sich zum Affen macht und damit Millionen verdient. Spätestens seit Graceys THE GREATEST SHOWMAN wissen wir, welch grandioses inszenatorisches Potenzial in den Regisseur steckt. Auch in BETTER MAN inszeniert Gracey speziall die Musikeinlagen extrem souverän! Eine der Song & Dance Nummern ist dabei so virtuos als Plansequenz ausgearbeitet, dass einem beim Zuschauen fast die Spucke wegbleibt. Alleine für diese Szene lohnt sich der Film, der übrigens trotz 134 Minuten kaum Langeweile aufkommen lässt. Man muss wirklich kein Robbie Williams Fan sein, um diesen Film zu mögen. Einen Film der zeigt, wie aus dem Superstar ein besserer Mensch wurde.
Mittwoch, 20. November 2024
Ein Kapitän sinnt auf Rache
Literaturverfilmung am Mittwochmorgen

DER GRAF VON MONTE CHRISTO (1:2.35, 5.1)
OT: Le Comte De Monte-Christo
Verleih: capelight pictures
Land/Jahr: Frankreich, Belgien 2024
Regie: Matthieu Delaporte, Alexandre de La Patellière
Darsteller: Pierre Niney, Bastien Bouillon, Anaïs Demoustier
Kinostart: 23.01.2025

Marseille im Jahre 1815. Neid und Missgunst sorgen dafür, dass der frisch ernannte Kapitän Edmond Dantès direkt vom Traualtar in den Kerker eines Inselgefängnisses verfrachtet wird. Ohne ein Gerichtsverfahren. Nach über 10 Jahren im Kerker gelingt Edmond die Flucht. Das Geheimnis, das ihm ein Mitgefangener vor seiner Flucht anvertraut hat, führt ihn zu einem unermesslichen Schatz auf der Insel Monte Christo. In Freiheit und zu großem Reichtum gekommen macht sich Edmond daran, seinen perfiden Racheplan in die Tat umzusetzen... Was die Regisseure Matthieu Delaporte und Alexandre de La Patellière hier auftischen, hat mit dem Originalwerk von Alexandre Dumas nicht mehr viel zu tun. Freilich wurde der grobe Handlungsstrang aus Dumas’ Werk beibehalten, doch haben die Regisseure, die gleichzeitig auch das Drehbuch lieferten, dem Ganzen einen Frischenanstrich verpasst. Und der erinnert mehr an die MISSION: IMPOSSIBLE Filme als an den Romanklassiker. Doch schlimm ist das keinesfalls, denn Delaporte und de La Patellière liefern einen derart fulminant inszenierten Rachefeldzug, der Langeweile erst gar nicht aufkommen lässt. Atemlos jagen sie ihren Protagonisten durch knapp drei Stunden Spielzeit, entfesseln die CinemaScope-Kamera (Nicolas Bolduc) und lassen alles von einem passenden Orchester-Score (Jérôme Rebotier) lautstark untermalen. Das ”Who is Who” im Film verwirrt ab und zu zwar, doch kann man dem komplizierten Handlungsstrang trotzdem folgen. Am Ende siegt freilich die Moral und lässt uns wissen, dass Vergeben weitaus mehr bewirken kann als pure Rache. Es würde mich nicht wundern, wenn es irgendwann eine Fortsetzung oder gar eine TV-Serie geben würde. Wer sich gut unterhalten lassen möchte, ist bei diesem Epos sehr gut aufgehoben.
Freitag, 15. November 2024
Sharkiator II
Ab und zu muss man sich auch einmal dem Mainstream widmen

GLADIATOR II (1:2.35, 5.1 + 7.1 + Atmos)
OT: Gladiator II
Verleih: Paramount Pictures Germany
Land/Jahr: Großbritannien, USA 2024
Regie: Ridley Scott
Darsteller: Paul Mescal, Pedro Pascal, Joseph Quinn, Fred Hechinger, Lior Raz, Derek Jacobi, Connie Nielsen, Denzel Washington
Kinostart: 14.11.2024

Lucius, Sohn des legendären Gladiators Maximus, wird von den Römern gefangen genommen und muss als Gladiator Kämpfe in derrömischen Arena bestreiten, um zwei wahnsinnige Kaiser zu unterhalten. Lucius hofft, dass er sich dadurch an dem Mann rächen kann, der seine Frau zu getötet hat. Und der ist ausgerechnet mit Lucius’ Mutter verheiratet... Die Optik von Ridley Scotts langerwarteter Fortsetzung zu GLADIATOR erinnert in der ersten haben Stunde an jene von Zack Snyders 300. Und Scotts Film gibt sich ebenso martialisch wie Snyders Werk. Da werden mit scharfer Klinge Köpfe und Gliedmaßen abgehackt, Körper mit Schwertern oder Pfeilen durchbohrt, Gladiatoren im Kolosseum von Haien (!) verspeist. Alles freigegeben ab 16 Jahren. Wie sich doch die Zeiten geändert haben! In GLADIATOR II weicht die Handlung einer gigantischen Bilderflut, die man sich am besten in einem Dolby Cinema anschaut. Der dazugehörende Dolby Atmos Sound gibt sich lautstark und glasklar. Die digitalen Effekte haben sich seit dem ersten GLADIATOR weiterentwickelt, so dass jetzt Vieles glaubhaft erscheint. Mit Ausnahme der Haie, die sich superschnell durch das geflutete Kolosseum bewegen, während auf dem Wasser eine Seeschlacht inszeniert wird. Sehr hoher Trashfaktor an dieser Stelle. Leider. Scott liefert hier eine Fortsetzung, die es nicht gebraucht hätte. Und schon gar nicht auf zweieinhalb Stunden gestreckt.
Montag, 11. November 2024
Die schwangere Jenny und der Filmvorführer
Mein Montagsdoppel, von dem mir insbesondere der zweite Film gut gefallen hat

VENA (1:1.66, 5.1)
Verleih: Weltkino
Land/Jahr: Deutschland 2024
Regie: Chiara Fleischhacker
Darsteller: Emma Nova, Friederike Becht, Paul Wollin, Barbara Philipp, Edith Stehfest
Kinostart: 28.11.2024

Das Timing ist alles andere als ideal. Denn Jenny ist schwanger. Und drogensüchtig. Und sie soll in Kürze ihre Haftstrafe antreten. Ihr Freund Bolle, bei dem sie in der Hochhaussiedlung lebt, ist zwar berufstätig, aber auch drogenabhängig. Erst als die Hebamme Marla in Jennys Leben tritt beginnt sie für sich und ihr Baby Verantwortung zu übernehmen... Chiara Fleischhackers Debütfilm glänzt insbesondere mit einer Hauptdarstellerin (Emma Nova), die unglaublich authentisch wirkt. Authentizität spiegelt sich auch in ihren Bildern wider: keine geschönte Kulisse, sondern nüchterne Wohnsilos und beengende Amtsstuben dominieren die auf 1.66 kadrierte Optik des Films. Auch der Verzicht auf Filmmusik verleiht Fleischhackers Sozio-Drama Realismus. VENA nimmt die Zuschauer mit auf eine Achterbahnfahrt der Gefühle, während der man viel Sympathie für die Hauptfigur entwickelt. Man bleibt bis zum Schluss dran, will wissen, wie es Jenny gelingen könnte, ihr Leben wieder in ordentliche Bahnen zu lenken.

DIE RÜCKKEHR DES FILMVORFÜHRERS (1:2.35, 5.1)
OT: The Return Of The Projectionist
Verleih: déjà-vu film UG
Land/Jahr: Frankreich, Deutschland 2024
Regie: Orkhan Aghazadeh
Darsteller: Samid Idrisov, Ayaz Khaligov
Kinostart: 31.10.2024

Ein kleines Dorf irgendwo in Aserbaidschan. Der plötzliche Tod seines Sohnes hat den alten Samid vollkommen aus der Bahn geworfen. Nach einem Jahr der Trauer will Samid einen Neuanfang wagen. Zu Sowjet-Zeiten war er als Filmvorführer tätig. Jetzt will er das Kino wieder in sein Heimatdorf bringen. Zwei alte Projektoren aus Sowjet-Bestand hat er noch. Doch es fehlt an Projektionslampen. Die müsen aufwändig in Litauen bestellt werden. Und das ist bei weitem nicht das einzige Problem. – In seinem dokumentarischen Film erzählt der aus Aserbaidschan stammende Orkhan Aghazadeh die Geschichte des aserbaidschanischen ”Cinema Paradiso”, wenn man so will. Aghazadeh begleitet seinen Protagonisten bei seiner Suche nach Lösungen für die Probleme, die eine Filmvorführung im Dorf mit sich bringt. Ein nicht verfügbares Mobilfunknetz, Plakate, die nach einem Regenguss ausgewaschen sind, eine fehlende Filmrolle – Samid muss gegen Windmühlen kämpfen. An seiner Seite aber weiß er seinen Enkel Ayaz, der mit seinem Smartphone eigene Filme macht. Aghazadeh beobachtet die beiden beim Aufnehmen von Geräuschen für Ayaz’ Film und auch beim Dreh, bei dem beide als Darsteller fungieren. Samid findet einen Neuanfang, kann den Schmerz um den verunglückten Sohn endlich loslassen. In grandiose Bilder packt Orkhan Aghazadeh seinen Dokumentarfilm, der sich gar nicht wie ein Dokumentarfilm anfühlt. Ohne Filmmusik, dafür mit überwältigenden Close-Ups und mit großer Liebe zum Kino.
Donnerstag, 07. November 2024
Familie im Dauerstreit
Sönke Wortmann hat den dritten Teil seiner ”Namen”-Trilogie abgeliefert

DER SPITZNAME (1:2.35, 5.1 + Atmos)
Verleih: Constantin Film
Land/Jahr: Deutschland 2024
Regie: Sönke Wortmann
Darsteller: Iris Berben, Christoph Maria Herbst, Florian David Fitz, Caroline Peters, Justus von Dohnányi, Janina Uhse, Kya-Celina Barucki, Jona Volkmann
Kinostart: 19.12.2024

Aufgrund einer Sperrfristvereinbarung gibt es die Kurzkritik zu diesem Film erst ab 16.12.2024 an dieser Stelle

Mittwoch, 06. November 2024
Ein Hohelied auf die Freundschaft
Zur Wochenmitte gab es deutsche Filmkost

FESTE & FREUNDE (1:2.35, 5.1)
Verleih: Leonine Studios
Land/Jahr: Deutschland 2024
Regie: David Dietl
Darsteller: Laura Tonke, Jasmin Shakeri, Annette Frier, Nicholas Ofczarek, Henning Flüsloh, Trystan Pütter, Ronald Zehrfeld, Katia Fellin, Pegah Ferydoni, Antje Traue, Marlene Tanczik
Kinostart: 02.01.2025

Aufgrund einer Sperrfristvereinbarung gibt es die Kurzkritik zu diesem Film erst ab 18.12.2024 an dieser Stelle

Dienstag, 05. November 2024
Von Musikern und Ketzern
Das Dienstagsdoppel war bunt gemischt

DIE LEISEN UND DIE GROSSEN TÖNE (1:2.35, 5.1)
OT: En Fanfare
Verleih: Neue Visionen
Land/Jahr: Frankreich 2024
Regie: Emmanuel Courcol
Darsteller: Benjamin Lavernhe, Pierre Lottin, Sarah Suco
Kinostart: 26.12.2024

Erst als Star-Dirigent Thibaut dringend einen Knochemarkspender braucht, erfährt er, dass er in Wirklichkeit adoptiert wurde und seine Schwester gar nicht seine Schwester ist. Er erfährt auch, dass er noch einen Bruder hat, der ebenfalls adoptiert wurde, jedoch von einer anderen Familie. Thibaut macht ihn ausfindig. Jimmy arbeitet in einer Schulkantine und spielt Posaune in der örtlichen Bergarbeiterkapelle. Weil Jimmy seinem Bruder das dringend benötigte Knochenmark spendet, möchte sich Thibaut revanchieren und ihm ein besseres Leben ermöglichen... Einer dieser Filme, der die Erwartungen in die Höhe treibt, sie am Ende aber leider nicht bedinenn kann. Was übrig bleibt ist die Erinnerung an zwei großartige Darsteller, die in die Rollen der beiden Brüder schlüpfen: Benjamin Lavernhe (bekannt aus BIRNENKUCHEN MIT LAVENDEL) mimt den großen Dirigenten, der es zu Weltruhm gebracht hat, Pierre Lottin gibt den Posaunisten, der nie wirklih sein Leben angepackt hast. Letzerer ist der eigentliche Star des Ensembles, weil es ihm gelingt unglaublich perfekt den Underdog zu mimen – in Gestik und Sprache. Emmanuel Courcols Film ist kein Meisterwerk, aber auch kein Film der vollkommen enttäuscht. Man wird ihn schon kurz nach dem Sehen wieder vergessen haben.

HERETIC (1:2.35, 5.1)
OT: Heretic
Verleih: Plaion Pictures
Land/Jahr: USA 2024
Regie: Bryan Woods, Scott Beck
Darsteller: Hugh Grant, Sophie Thatcher, Chloe East
Kinostart: 26.12.2024

Im Auftrag ihrer Kirche gehen zwei junge Frauen auf die Jagd nach neuen Mitgliedern, die gewillt sind, sich taufen zu lassen. Ihr Weg führt sie auch zum abgelegenen Haus von Mr. Reed, der sie sehr neugierig und wissbegierig in seinem alten Haus empfängt. Während seine Frau angeblich für die Überraschungsgäste Blaubeerkuchen backt, beginnt Reed den Glauben der Mädchen zu hinterfragen und auf die Probe zu stellen. Ganz allmählich wird den Mädchen das Spiel zu unheimlich. Gibt es tatsächlich eine Frau im Haus? Und warum lässt sich die Haustür plötzlich nicht mehr öffnen? - Mit ihrem perfiden, kammerspielartigem Katz- und Mausspiel bringen Bryan Woods und Scott Beck frischen Wind ins Horror-Genre. Nicht nur dass es ihnen gelungen ist, Hugh Grant für die Rolle des Bösen zu gewinnen, sie liefern auch noch ein intelligentes Drehbuch, das Fragen nach Religion und Glauben stellt – wo hört das eine auf, wo fängt das andere an? Im Dialog (oder eher Monolog?) mit seinen Opfern zerpflückt Hugh Grant sämtliche Religionen dieser Welt (auf die drei wichtigsten reduziert), indem er ihre (gemeinsamen) Thesen ad absurdum führt. Mit einer überzeugenden Kameraführung (Chung-Hoon Chung), die sich trotz Kammerspiel an CinemaScope wagt und dem ebenso überzeugenden Sounddesign, das auch Stille extrem gut nutzt, lassen die Regisseure ihren handverlesenen Cast auf ein Spiel auf Leben und Tod ein und steigern souverän die Spannung. Leider kippt der Film in der letzten halben Stunde, in der Spannung durch Splatter ersetzt wird. Und das vollkommen unnötigerweise. Nichtsdestotrotz empfiehlt sich der düstere Thriller einem Publikum, das etwas mehr als nur Blutlachen von einem Horrorfilm erwartet.
Montag, 04. November 2024
Eine Revolution frisst ihre Kinder
Mit Deutschlands Oscar-Beitrag bin ich in die neue Woche gestartet

DIE SAAT DES HEILIGEN FEIGENBAUMS (1:2.35, 5.1)
OT: Dane-ye Anjir-e Ma’abed
Verleih: Alamode Film
Land/Jahr: Iran, Frankreich, Deutschland 2024
Regie: Mohammad Rasoulof
Darsteller: Misagh Zareh, Mahsa Rostami, Setareh Maleki, Soheila Golestani
Kinostart: 26.12.2024

Iman ist überglücklich: endlich wurde er zum Untersuchungsrichter am Revolutionsgericht in Teheran befördert. Zum Schutz überreicht man ihm eine Pistole. Als Massenproteste das Land überschatten, greift das Regime zu immer härteren Maßnahmen, die Iman in psychische Probleme stürzen. Doch er tut, was man von ihm verlangt. Seine beiden Töchter verfolgen die Protestwelle wie elektrisiert und gehen auf Konfrontation zu ihrem Vater. Als die Töchter einer verletzten Studentin helfen und plötzlich auch noch seine Waffe verschwunden ist, gerät das gesamte Familienidyll ins Wanken... Unter schwierigsten Bedingungen sowie strengster Geheimhaltung im Iran gedreht, nimmt Regisseur Mohammad Rasoulofs Film die Zuschauenden in eine Familie auf, die durch die jüngsten Ereignisse im Iran aus den Fugen gerät. Gleich zu Beginn gibt Rasoulof, der sein Heimatland inzwischen verlassen hat, mit folgendem Text einen verschlüsselten Hinweis darauf, was sich in de folgende 167 Minuten abspielen wird: ”Ficus Religiosa ist ein Baum mit einem ungewöhnlichen Lebenszyklus. Seine Samen, die in Vogelkot enthalten sind, fallen auf andere Bäume. Luftwurzeln bilden sich und wachsen bis zum Boden. Dann wickeln sich die Zweige um den Wirtsbaum und erdrosseln ihn. Schließlich steht die heilige Feige von allein.” – Es ist wohl dieses verschlüsselte Wissen um das Ende der Geschichte, das dafür sorgt, dass man dem Film seine Länge verzeiht. Denn je länger er dauert, desto später wird man mit dem harten Ende konfrontiert. Geschickt montiert der Regisseur echte Handy-Videos von den brutal niedergeschlagenen Demonstrationen gegen das autoritäre Regime in seinen Film, während Imans Töchter allmählich beginnen, sich gegen ihren Vater, in dem sie einen Handlangr des Regimes sehen, aufzulehnen. Die äußere Revolution trifft auf die innere Revolution oder umgekehrt. Rasoulof hat mit seinen Besetzung einen Glücksgriff getan: man nimmt allen ihre Rollen ab – ob Haupt- oder Nebenbestzung. Auch Kameraarbeit, Sounddesign und Filmmusik überzeugen in diesem Film, der Deutschland im Rennen um den Auslands-Oscar vertreten wird.

TANDEM – ICH WELCHER SPRACHE TRÄUMST DU? (1:1.66, 5.1)
OT: Langue Étrangère
Verleih: Port-au-Prince
Land/Jahr: Frankreich, Deutschland, Belgien 2024
Regie: Claire Burger
Darsteller: Lilith Grasmug, Josefa Heinsius, Nina Hoss, Chiara Mastroianni, Jalal Altawil
Kinostart: 24.10.2024

Die schüchterne 17jährige Fanny aus Straßburg kommt als Austauschschülerin nach Leipzig. Dort lebt sie bei der gleichaltrigen und sehr selbstbewussten Lena und ihrer Mutter. Um mehr Aufmerksamkeit von Lena zu erhalten, erfindet Fanny ein spannendes Leben. Die beien Mädchen kommen sich näher, doch verstrickt sich Fanny immer weiter in kleines Lügenkonstrukt... Mit zwei wunderbar aufspielenden Nachwuchsdarstellerinnen erzählt Regisseurin Claire Burger die Geschichte zweier Mädchen, die sich selbst und einander finden müssen. In der politisch aufgeheizten Welt um sie herum beginnt ganz langsam eine Liebe zu keimen, der sich die Mädchen schließlich stellen müssen. Dabei bleibt die Kamera immer ganz nah bei den Protagonistinnen und verliert ich nicht in optischen Spielereien. Burgers Film wird dadurch Authentizität verliehen und die Geschichte wirkt glaubhaft.

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