Wolfram Hannemann
Filmkritiker / Freelance Journalist / Filmemacher

Wolfram Hannemann | Talstr. 11 | D-70825 Korntal | Germany | Phone: +49 (0) 711 838 06 49 | Fax: +49 (0) 711 8 38 05 18
e-mail: info (at) wolframhannemann.de

Home      Referenzen      Filmblog      Videoproduktion    Jugendschutzbeauftragter      Impressum
Filmblog Aktuell           Filmblog-Archiv           Filmtitel-Index     

Ab sofort auf DVD und Blu-ray Disc erhältlich!
KULTOURHELDEN

Alle Infos gibt es hier



ALTE SEEGRASSPINNEREI
Ökologisches, soziales und kulturelles Zentrum


Ein Dokumentarfilm von Wolfram Hannemann.
Alle Infos gibt es hier




In eigener Sache:
Als regelmäßigem Besucher meines Filmblogs ist Ihnen bestimmt schon aufgefallen, dass in letzter Zeit einige Filme nicht rezensiert werden. Das hat seinen Grund. Als ich vor 10 Jahren mit diesem Filmblog begann, bestand die Absicht darin, möglichst alle Filme zu besprechen, denen ein offizieller Start in deutschen Kinos zuteil wurde. Da zur damaligen Zeit praktisch alle Filmverleiher ihre Filme in Stuttgart mit Pressevorführungen bedachten, war dieses hehre Ziel - mit wenigen Ausnahmen - tatsächlich zu erreichen. In den letzten Jahren jedoch verabschiedeten sich immer mehr Filmverleiher aus Stuttgart, d.h. diese Verleiher führen in Stuttgart keine Pressevorführungen mehr durch. Dazu zählen u.a. Warner Brothers, Sony Pictures, Concorde, oder inzwischen auch Disney. All jene Filme, die in Stuttgart keine Pressevorführung erhielten, in regulären Vorführungen "nachzusitzen", ist mir leider momentan aus Zeitgründen nicht möglich; das klappt nur hin und wieder. Die Devise lautet: Mut zur Lücke.

Wolfram Hannemann, im März 2018

LOB IST SCHWERER ALS TADEL
Alle Infos gibt es hier


DER DRITTE BRUDER
Im Gespräch mit Kathrin Jahrreiß und Walther Jahrreiß

IM HAUS MEINER ELTERN
Im Gespräch mit Tim Ellrich

MEIN WEG - 780 KM ZU MIR (THE WAY, MY WAY)
In Conversation with Bill Bennett & Jennifer Cluff

MIT DER FAUST IN DIE WELT SCHLAGEN
Im Gespräch mit Constanze Klaue

ICH WILL ALLES. HILDEGARD KNEF
Im Gespräch mit Luzia Schmid & Ulli Pfau

STELIOS
In Conversation with Yorgos Tsemberopoulos

BONHOEFFER
A Conversation with Todd Komarnicki

DER PRANK - APRIL, APRIL!
Im Gespräch mit Benjamin Heisenberg

NONKONFORM
Im Gespräch mit Arne Körner

TRAUMNOVELLE
Im Gespräch mit Florian Frerichs

TRAUMNOVELLE
Im Gespräch mit Bruno Eyron

TRAUMNOVELLE
Im Gespräch mit Nikolai Kinski

TRAUMNOVELLE
Im Gespräch mit Nora Islei

TRACING LIGHT - DIE MAGIE DES LICHTS
Im Gespräch mit Thomas Riedelsheimer

ÜBER UNS VON UNS
Im Gespräch mit Kameramann Marco Müller

ES GEHT UM LUIS
Im Gespräch mit Lucia Chiarla, Natalia Rudziewicz & Max Riemelt

NO DOGS ALLOWED
Im Gespräch mit Steve Bache

POL POT DANCING
Im Gespräch mit Enrique Sánchez Lansch

VENA
Im Gespräch mit Chiara Fleischhacker

TANDEM - IN WELCHER SPRACHE TRÄUMST DU?
In Conversation with Claire Burger

RIEFENSTAHL
Im Gespräch mit Andres Veiel

HAGEN - IM TAL DER NIBELUNGEN
Im Gespräch mit Cyrill Boss und Philipp Stennert

ARCHITECTON
In Conversation with Victor Kossakovsky

PETRA KELLY - ACT NOW!
Im Gespräch mit Doris Metz

SAMIA
Im Gespräch mit Yasemin Samdereli

ELLBOGEN
Im Gespräch mit Asli Özarslan und Melia Kara

ÜBEN ÜBEN ÜBEN
Im Gespräch mit Laurens Pérol

SOUND BITS: MARTIN KWOK - THE BEATLES: GET BACK
In Conversation with Supervising Sound Editor Martin Kwok

SOUND BITS: MARTIN KWOK
In Conversation with DUNE: PART TWO's Supervising Dialgue Editor Martin Kwok

PRODUCER'S CUT: CHRIS DEFARIA
In Conversation with Hollywood producer Chris deFaria

VFX WIZARDS: MICHAEL FINK
In Conversation with VFX Supervisor Michael Fink

DIE BLUME DER HAUSFRAU
Wiederaufführung zum 25jährigen Jubiläum

VFX WIZARDS: PAUL FRANKLIN & ALEKS PEJIC
In Conversation with VFX Supervisors Paul Franklin & Aleks Pejic

VFX WIZARDS: CHARLEY HENLEY
In Conversation with VFX Supervisor Charley Henley

UNION - DIE BESTEN ALLER TAGE
Im Gespräch mit Annekatrin Hendel

MARIA MONTESSORI
Im Gespräch mit Léa Todorov

SCHLEIMKEIM - OTZE UND DIE DDR VON UNTEN
Im Gespräch mit Jan Heck

STELLA. EIN LEBEN
Im Gespräch mit Kilian Riedhof

JOHNNY & ME
Im Gespräch mit Katrin Rothe

ROXY
In Conversation with Dito Tsintsadze

Dolby Cinema @ Traumpalast Esslingen
Im Gespräch mit Fritz Deininger & Marius Lochmann

LIVING BACH
Im Gespräch mit Regisseurin Anna Schmidt

DIE THEORIE VON ALLEM
Im Gespräch mit Timm Kröger, David Bennent und Viktoria Stolpe

DER SOMMER, ALS ICH FLIEGEN LERNTE
In Conversation with Klara Hrvanovic & Radivoje Andric

DER FUCHS
Im Gespräch mit Adrian Goiginger & Simon Morzé

MEINE CHAOSFEE & ICH
Im Gespräch mit Jella Haase & Caroline Origer

MITTAGSSTUNDE
Im Gespräch mit Lars Jessen

ALLES IN BESTER ORDNUNG
Im Gespräch mit Natja Brunckhorst

SUZI Q
Rock-Ikone Suzi Quatro spricht über den Dokumentarfilm SUZI Q

FOCUS ON
Jana und Sophia Münster (HANNI & NANNI)

Alle meine Video-Produktionen finden Sie auf meinem YouTube-Kanal!
Hier klicken


Montag, 28. April 2025
Rebellinnen
Der heutige Dokumentarfilm führte mich tief in den kolumbianischen Dschungel

PROVISORIUM (1:1.78, 5.1)
Verleih: Rotzfrech Cinema
Land/Jahr: Deutschland 2024
Regie: Markus Lenz
Kinostart: 01.05.2025

Über 50 Jahre lang herrschte in Kolumbien Bürgerkrieg – zwischen der kolumbianische Regierung, der FARC, rechten Paramilitärs und Drogenkartellen. Der Krieg fordert über 220.000 Opfer und über sieben Millionen Binnenflüchtlinge. 2016 ist es aber soweit: ein Friedensvertrag wird geschlossen. Regisseur und Kameramann Markus Lenz begleitet in seiem Dokumentarfilm zwei FARC-Rebellinnen, die jetzt nach dem Friedensvertrag wieder in ein bürgerliches Leben überführt werden sollen. Für die beiden jungen Frauen beginnt ein extrem schwieriger Prozess, denn der alte bewaffnete Konflikt ist noch längst nicht vorbei. Die rechtsgerichtete Regierung sabotiert Teile des Friedensvertrages, es kommt zu Morden an den Guerillas und die versprochenen neuen Unterkünfte für die ehemaligen FARC-Rebellen werden nicht fertiggestellt. Lenz’ Langzeitstudie beobachtet die langsame und gefährliche Transformation der jungen Kämpferinnen von außen und kommt ihnen denoch sehr nahe. Werden sie dabei siegen oder scheitern – es ist ein schmaler Grat, auf dem sie sich bewegen. Und ein spannender Dokumentarfilm über einen Krieg, der im Westen kaum erwähnt wird.
Dienstag, 22. April 2025
Auf Spurensuche
Meine nachösterliche Doku

DER DRITTE BRUDER (1:1.78, 5.1)
Verleih: Real Fiction Filmverleih
Land/Jahr: Deutschland 2024
Regie: Kathrin Jahrreiß
Kinostart: 01.05.2025

In ihrem Langfilmdebüt nimmt Filmemacherin Kathrin Jahrreiß ihr Publikum mit auf eine sehr persönliche Spurensuche. Diese betrifft drei Brüder, von denen einer ihr Großvater ist, also der Vater ihres Vaters. Kennnegelernt hat sie weder ihren Großvater noch deren beide Brüder. In vielen Gesprächen mit ihrem Vater und anderen Verwandten rekapituliert sie die Lebensgeschichte der drei sehr unterschiedlichen Brüder, deren Schicksale insbesondere vom Zweiten Weltkrieg und dem Naziregime geprägt wurden. Besonders hart traf es Otto, ihren Großvater, der mit einer Jüdin verheiratet war und die das Naziregime nach Auschwitz deportierte. Dass ausgerechnet sein Bruder Hermann, der während des Naziregimes Karriere machte, bei den Nürnberger Prozessen als Verteidiger der Angeklagten auftrat, war für Otto natürlich wie ein Schlag ins Gesicht und eines der Puzzle-Teile, aus denen sich sein Schicksal zusammensetzt. Mit Hilfe von Briefen und alten Fotografien versucht Jahrreiß, Licht ins dunkle Kapitel ihrer Familiengeschichte zu bringen. Ein sehr schwieriges Unterfangen, da ja auch die noch lebenden Zeitzeugen inzwischen schon sehr alt sind und sich nicht mehr an allzu viele Details erinnern können. Jahrreiß’ Film ist teilweise sehr bewegend, da alte Wunden vor laufender Kamera wieder aufgerissen werden, und bildet eine Art Blaupause für die Schicksale anderer deutsch-jüdischer Familien.
Freitag, 18. April 2025
Höllisch gut
Was macht man an Karfreitag? Man sündigt im Kino. Was auch sonst.

BLOOD & SINNERS (1:2.76 & 1:1.43, 5.1 + 7.1 + Atmos)
OT: Sinners
Verleih: Warner Bros. Pictures Germany
Land/Jahr: USA 2025
Regie: Ryan Coogler
Darsteller: Michael B. Jordan, Hailee Steinfeld, Jack O´Connell, Wunmi Moskau, Jayme Lawson, Omar Miller, Delroy Lindo
Kinostart: 17.04.2025

Nach vielen Jahren in Chicago kehren die farbigen Zwillingsbrüder Smoke und Stack 1932 wieder in ihre alte Heimat zurück. Ihr Plan: eine leerstehende Scheune in einen Musikschuppen nur für Schwarze umzuwandeln. Im Zentrum der Musik: Cousin Sammie, der sich wie kein Anderer auf die Gitarre versteht. Doch als er auch noch seine Stimme findet und der Laden richtig zu kochen beginnt, steht plötzlich ein Rudel Weißer vor der Tür und begehrt Einlass... Es dauert ein ganzes Weilchen, doch dann wird klar, welcher Film by Ryan Cooglers Werk Pate stand: Robert Rodriguez’ FROM DUSK TILL DAWN. Auch wenn Cooglers Film 1932 spielt und Rodriguez’ Kultwerk in der Gegenwart, so gibt es frappierende Ähnlichkeiten. Man möchte fast sagen – um im Kontext von Cooglers Film zu bleiben – es handele sich um Zwillingsfilme. Und das ist keinesfalls abwertend gemeint. Denn Cooglers Film ist großartig! Und noch großartiger in der richtigen IMAX-Fassung. Coogler ließ es sich nicht nehmen Schlüsselsequenzen im vollen 1:1.43 IMAX-Format drehen zu lassen. Und Kamerafrau Autumn Durald Arkapaw weiß mit dem gigantischen Format umzugehen. Ihre Kusnt wird spätestens in jener Sequenz voll ersichtlich, in der die ganze Scheune tanzt und musiziert und die Kamera förmlich durch den Raum schwebt. Alleine dieser Sequenz wegen lohnt der Aufwand sich den Film in einem richtigem IMAX-Kino anzuschauen. Hierzulande sind das nur Sinsheim und Karlsruhe. Was die ”normalen” Sequenzen betrifft, ließ Coogler auf Ultra Panavsion 70 drehen, was ein Seitenverhältnis von 1:2.76 zur Folge hat. Wie Christopher Nolan, so springt auch Coogler in der IMAX-Fassung zwischen den Formaten hin und her. Manchmal passt das ganz gut, manchmal wirkt es gar nicht. Der Filmemacher wäre hier gut beraten gewesen, den ganzen Film in IMAX aufnehmen zu lassen. Aber lassen wir die technischen Details mal beiseite, denn Cooglers Film unterhält großartig. Man muss das natürlich mögen, denn gewisse Härten und auch die oft obszöne Sprache machen den Film nicht für jedermann konsumierbar. Worauf der Film abzielt, wohin er sich bewegt, bleibt lange Zeit um Unklaren. Genau das macht seinen Reiz aus. Eben wie schon bei Rodriguez. SINNERS (wie der Film im Original heißt) ist sozusagen die schwarze Antwort auf FROM DUSK TILL DAWN. Und die sitzt.
Freitag, 11. April 2025
So weit die Füße tragen
Einmal mehr liefert der Camino de Santiago den Stoff für einen Film

MEIN WEG – 780 KM ZU MIR (1:2.35, 5.1)
OT: The Way, My Way
Verleih: Happy Entertainment
Land/Jahr: Australien 2024
Regie: Bill Bennett
Darsteller: Chris Haywood, Jennifer Cluff, Pia Thunderbolt, Laura Lakshmi
Kinostart: 24.04.2025

Als Bill Bennett, australischer Filmproduzent, Drehbuchautor und Regisseur, bei einem Spanien-Aufenthalt eine Gruppe von Pilgern trifft, die den Jakobsweg beschreiten, entwickelt er eine wahrhaftige Obsession für den Camino. Zurück in seiner Heimat fasst er den Entschluss selbst einer der Pilger zu werden. Und das trotz Knieproblemen. Er verabschiedet sich von seiner Frau und tritt die Reise seines Lebens an. Ohne zu wissen warum. Zunächst... Dokumentarfilme über den ”Camino” gab es in den letzten Jahren mehr als genug. Da ist Bill Bennetts Verfilmung seines eigenen Bestsellers als Spielfilm doch eine willkommene Abwechslung. Allerdings spielt er sich darin nicht selber, sondern überträgt diese Aufgabe dem Schauspieler Chris Haywood. Der spielt den australischen Filmregisseur zwar als schwierigen, doch genau dadurch auch als liebenswerten alten Grantler. Aus dem Off lässt er ihn selbstironisch erzählen. Seine Begegnungen mit sehr unterschiedlichen Menschen entlang des Camino wirken sehr echt, gerade so als hätte Haywood alias Bennett diese Menschen tatsächlich gerade getroffen und einfach die Kamera mitlaufen lassen. Das muss nicht weiter wundern, hat Bennett doch tatsächlich die Pilger vor die Kamera geholt, die er damals auf seinem Weg getroffen hat. Dass diese Menschen aus aller Herren Länder stammen und daher nur gebrochen Englisch reden, funktioniert dabei sogar in der deutschen Synchronisation des Films. Jede sener Begegnungen hat ihre ganz eigenen Gründe die Strapazen des Camino auf sich zu nehmen. Die Aussagen der Pilger liefern nette Denkanstöße zum mit nach Hause nehmen. Die grandiose Landschaft, durch die der Camino führt, erhält in Bennetts Verfilmung selbstverständlich auch eine zentrale Rolle. Aber Vorsicht: da kann leicht Fernweh aufkommen!
Donnerstag, 10. April 2025
Wie ein Profi
Hat sich die Stippvisite im Dolby Cinema gelohnt?

THE AMATEUR (1:2.35, 5.1 + 7.1 + Atmos)
OT: The Amateur
Verleih: The Walt Disney Company Germany
Land/Jahr: USA 2025
Regie: James Hawes
Darsteller: Rami Malek, Laurence Fishburne, Rachel Brosnahan, Caitríona Balfe, Jon Bernthal, Michael Stuhlbarg, Holt McCallany, Julianne Nicholson, Adrian Martinez, Danny Sapani
Kinostart: 10.04.2025

Charlie Heller ist glücklich verheiratet, arbeitet als Dekodierer beim amerikanischen Geheimdienst und freut sich seines Lebens. Alles ändert sich, als seine Frau bei einem Terroranschlag in London getötert wird. Er bittet seine Vorgesetzten, ihn in einem Crashkurs zum Agenten ausbilden zu lassen, damit er auf eigene Faust den Mörder seiner Frau stellen kann... Was an Charlie Hellers privatem Rachefeldzug besonders stört ist nicht etwa die Unglaubwürdigkeit der ganzen Geschichte, sondern mehr noch dass sein Ansinnen moralisch nicht hinterfragt wird. Denn was Charlie da an Kollateralschäden in Kauf nimmt ist allerhand: Unschuldige müssen sterben, nur um seinen Blutdurst zu stillen. Eine zweifelhafte Botschaft, die der von James Hawes in Szene gesetzte Actionfilm da in die Welt setzt. Abgesehen davon ist die Story hanebüchen, die gezeigte Technik überzogen und die Hauptfigur offenbar ein Naturtalent, das man ihm als Zuschauer überhaupt nicht abkauft. Zudem wird Charlies Liebe zu seiner Frau emotional viel zu wenig unterfüttert: man leidet überhaupt nicht mit ihm, wenn seine Frau zum Opfer eines Terroranschlags wird. THE AMATEUR ist insgesamt ein wenig spannender, dafür umso ärgerlicher Actioner, der – wenn es ganz schlimm kommt – möglicherweise noch eine Fortsetzung bekommen könnte. Was die technischen Werte des Films angeht, so bleiben die leider unter den Erwartungen. Weder das in Dolby Vision gegradete Bild noch der in Dolby Atmos abgemischte Ton erreichen Topwerte. Schade.

IM HAUS MEINER ELTERN (1:1.56, 5.1)
Verleih: Port au Prince
Land/Jahr: Deutschland 2025
Regie: Tim Ellrich
Darsteller: Jenny Schily, Ursula Werner, Manfred Zapatka, Jens Brock
Kinostart: 10.04.2025

Seit Jahrzehnten lebt Holles Bruder Sven in stiller Isolation im Haus ihrer Eltern. Die Behandlung der damals diagnostizierten Schizophrenie lezhnte er konsequent ab. Eltern und Geschwister haben sich mit der Situation arrangiert, ignorieren ihn und schauen weg. Nur Holle, seit Kurzem als Geistheilerin tätig, möchte nicht wegschauen. Zumal sich Svens Zustand stetig verschlimmert. Als die Mutter ins Krankenhaus kommt, springt Holle ein. Sie will ihrem Bruder entgegen seiner Sturheit und dem Widerwillen ihrer Eltern helfen... Tim Ellrichs Diplom-Film an der Filmakademie Baden-Württemberg nimmt uns mit in eine dysfunktionale Familie irgendwo in Deutschland. Er thematisiert die Hilflosigkeit von Angehörigen, die mit einem psychisch erkrankten Familienmitglied umgehen müssen. Wie die Geschwister mit ihrem kranken Bruder umgehen, nämlich ihn und damit das Problem einfach zu ignorieren, spiegelt sich in den Bildern wider: Sven taucht über weite Strecken des Films nur als Fragment auf. Mal hört man ihn nur schwer atmen, mal sehen wir nur winzige Teile seines massigen Körpers. Perfekt unterstreicht das gewählte schmale Bildformat die Enge des Elternhauses. Die Kamera bewegt sich nicht, bleibt statisch und spielt bewusst mit Unschärfen. Das Schwarzweiß verstärkt die beklemmende, immer weiter eskalierende häusliche Situation. Der Verzicht auf Filmmusik überlässt den Zuschauenden eine eigene Bewertung der Frage, wie man mit einem solchen Problem umgehen kann bzw. soll. Ellrich, der auch das Drehbuch geschrieben hat, bietet hier keine Lösung an, sondern bietet mit seinem Film nur ein Plattform an, um über die komplexen Probleme einer solchen Situation miteinander sprechen zu können.
Mittwoch, 02. April 2025
Ohne Perspektive
Unbequemes deutsches Kino stand heute auf der Tagesordnung

MIT DER FAUST IN DIE WELT SCHLAGEN (1:2.35, 5.1)
Verleih: Across Nations Filmverleih GmbH
Land/Jahr: Deutschland 2025
Regie: Constanze Klaue
Darsteller: Anton Franke, Camille Moltzen, Anja Schneider, Christian Näthe, Katrin Röver, Hannes Wegener
Kinostart: 03.04.2025

Der 12jährige Philipp und sein drei Jahre jüngerer Bruder Tobias wachsen in der ostdeutschen Provinz auf. Der Alltag ist von Perspektivlosigkeit geprägt. Der Vater verliert seinen Job an einen polnischen Arbeiter, der günstiger ist. Die Mutter schiebt eine Schicht um die andere im Krankenhaus. Eigentlich möchte Tobias aufs Gymnasium, doch es fehlt an einem Bus, der ihn dort hinbringt. Um endlich etwas zu erleben, wendet sich Philipp an den älteren Ramon und seine Kumpels. Der nimmt ihn mit auf Tour im tiefergelegten VW. Sie ärgern Türken und sprengen Telefonzellen... Constanze Klaues frei auf dem gleichnamigen Roman von Lukas Rietzscher basierender Film führt zurück ins Jahr 2006. In fragmentarisch geschnittenen Bildern schildert sie den Alltag der Menschen in der ostdeutschen Provinz 20 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung. Tristesse und Perspektivlosigkeit sind die beherrschenden Elemente, die sich auch in den meist entsättigten CinemaScope-Bildern von Kameramann Florian Brückner widerspiegeln. Da wundert es nicht, dass sich Jugendliche aus lauter Langeweile vom Rechtsradikalismus angezogen fühlen. Der Film wirkt extrem authentisch, was insbesondere dem sehr sorgsam ausgewählten Cast zu verdanken ist. MIT DER FAUST IN DIE WELT SCHLAGEN ist zwar ein unbequemer Film, aber ein wichtiger.

© 2009-2025 Wolfram Hannemann
Datenschutzerklärung
All displayed Logos and Product Names may be ©, TM or ® by their respective rights holding companies.
No infringement intended.