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Freitag, 30. April 2010 Die Tanzgruppe und das Dienstmädchen Die einstige Üppigkeit der Pressevorführungen in Stuttgart scheint vorbei zu sein: es gab nur zwei Screenings in dieser Woche. Ob sich die Filmverleiher nicht mehr nach Stuttgart trauen, weil hier Filme noch objektiv begutachtet werden? STREETDANCE 3D (1:1.85, 2k Digital, 3D, PCM 5.1) OT: StreetDance 3D Verleih: Universum Land/Jahr: Großbritannien 2010 Regie: Max Giwa, Dania Pasquini Darsteller: Nichola Burley, Richard Winsor, George Sampson Kinostart: 03.06.2010 Als ihr Hauptakteur die Gruppe verlässt, übernimmt Carly die junge Streetdance-Gruppe, mit der sie zusammen bei einem Wettbewerb in London antreten will. Durch Zufall erhält sie das Angebot, ein paar Ballettschülerinnen und –schüler mitmachen zu lassen. Es kommt zu Rivalitäten... Ein Tanzfilmchen, das es maximal in die B- oder C-Kategorie schaffen wird. Die farblosen, eindimensionalen Charaktere und die dünne Handlung reichen leider für eine gute Bewertung nicht aus. Nicht einmal die Streetdance-Sequenzen sind gut in Szene gesetzt. Durch die vielen Schnitte und ungewöhnlichen Perspektiven lassen sich die interessanten Choreographien nicht erfassen. Immerhin wurde dem Film ein passabler 5.1-Mix gegönnt. (Anmerkung: der Film wurde in der Pressevorführung leider im falschen Bildformat präsentiert: 1:2.35 statt 1:1.85. So fehlten die oberen und unteren Bildteile und zerstörten die Cadrage!) LA NANA – DIE PERLE (1:1.85, DD 5.1) OT: La Nana Verleih: Arsenal (Filmagentinnen) Land/Jahr: Chile, Mexiko 2009 Regie: Sebastián Silva Darsteller: Catalina Saavedra, Claudia Celedón, Alejandro Goic Kinostart: 17.06.2010 Seit nunmehr zwanzig Jahren arbeitet Raquel als Dienstmädchen bei ein und derselben Familie. Fast schon gehört sie zur Familie – aber nur fast. Tagtäglich wird sie von Migräneanfällen geplagt. Die Enge ihres kleinen Zimmers, in der sie fast wie eine Nonne lebt, drückt aufs Gemüt. Eines Tages stellt die Hausherrin ein zweites Dienstmädchen ein, um Raquel zu entlasten. Doch Raquel macht der Neuen das Leben zur Hölle... Durch den Verzicht auf Filmmusik und der Verwendung einer digitalen Kamera entwickelt Sebastián Silvas autobiographisch geprägter Film ein dokumentarisches Feeling. Die sorgfältig ausgewählte Besetzung tut ein Übriges, um diese Stimmung zu verstärken. Aber der Film leidet ein wenig an seiner Länge. Denn trotz seiner Spielzeit von nur knapp 100 Minuten fühlt er sich wie ein ganzes Leben an. Daher wird sich LA NANA nur einem ganz speziellen Publikum erschließen können. |
Donnerstag, 22. April 2010 Wenn die Hölle losbricht Die letzte Pressevorführung der Woche bot Apokalypse pur... THE CRAZIES (1:2.35, DD 5.1) OT: The Crazies Verleih: Kinowelt Land/Jahr: USA 2010 Regie: Breck Eisner Darsteller: Timothy Olyphant, Radha Mitchell, Joe Anderson Kinostart: 27.05.2010 In einer kleinen amerikanischen Gemeinde auf dem freien Land spielen die Einwohner plötzlich verrückt: ein Mann erscheint auf dem Baseballfeld mit geladenem Gewehr, ein anderer zündet das eigene Häuschen an mitsamt Frau und Kind. Der Sheriff und sein Deputy sind in Alarmbereitschaft. Die Situation eskaliert, als plötzlich die Armee auftaucht und die ganze Stadt evakuiert... Breck Eisners Film ist eine Neuauflage von George Romeros Klassiker aus dem Jahre 1973. Heute wie damals ist es ein Experiment, das aus dem Ruder gelaufen ist und die Bewohner einer Kleinstadt unmerklich verseucht und sie zu rasenden Bestien werden lässt. Anders als Romeros eigene Filme neueren Datums versteht sich Regisseur Eisner hervorragend darauf, seinen Film als durchaus spannenden Horrorthriller zu inszenieren. Eine Szene, in der die Protagonisten auf der Flucht vor dem Militär mit ihrem Auto in eine verlassene Autowaschanlage geraten, zeugt deutlich vom souveränen Umgang Eisners mit Ton und Schnitt und dürfte der grandiose Höhepunkt des Films sein. Für Genrekenner bietet dieses Remake natürlich nicht sonderlich viel Überraschungen, doch die Spannung bleibt trotzdem nicht auf der Strecke. Als kleines Zugeständnis an alle Gore-Fans und vermutlich als Verbeugung vor Horror-Altmeister Romero gibt es natürlich auch ein paar deftige Splattereinlagen. So wird die zweckentfremdete Mistgabel sicherlich für eine Freigabe erst ab 18 Jahren führen. Und das ist auch gut so. |
Dienstag, 20. April 2010 Symbole und Metaphern Eine sehr ausgeprägte Bildsprache vermittelte die erste von nur zwei Pressevorführungen in dieser Woche. WOMEN WITHOUT MEN (1:2.35, DD 5.1) OT: Zanan-e Bedun-e Mardan Verleih: NFP (Filmwelt) Land/Jahr: Deutschland, Österreich, Frankreich 2009 Regie: Shirin Neshat Darsteller: Orsolya Tóth, Fatemeh Motamed-Aria, Mitra Ghamsari Kinostart: 01.07.2010 Teheran 1953: ein geheimnisvoller Obstgarten bildet den Treffpunkt für vier Frauen, die ihren Problemen entfliehen wollen. Fakhri, eine Frau mittleren Alters, lässt ihren untreuen Gatten zurück. Zarin entflieht ihrem Leben als Prostituierte. Munis, in der eine politische Aktivistin schlummert, flieht vor ihrem patriarchaischen Bruder. Und Faezeh, die nichts lieber täte als Munis‘ Bruder zu ehelichen. Politische Unruhe liegt in der Luft... Der erste Spielfilm der Videokünstlerin Shirin Neshat besticht durch seine betörend schönen, mystischen Bilder, unterlegt mit der atmosphärischen Musik von Ryuichi Sakamoto und fasziniert in der ersten Hälfte. Doch je weiter der Film fortschreitet, desto surrealer und symbolbeladener entgleiten die Geschichte und ihre Bilder. Die vielen Metaphern drohen den Zuschauer zu überfordern. Weniger ist manchmal mehr – das gilt auch im Kino. |
Freitag, 16. April 2010 Darf’s ein bisschen schwanger sein? Die einzige der beiden Pressevorführungen, die ich in dieser Woche besucht habe, stellte sich leider als Flopp heraus... PLAN B FÜR DIE LIEBE (1:2.35, DD 5.1) OT: The Back-Up Plan Verleih: Concorde Land/Jahr: USA 2010 Regie: Alan Poul Darsteller: Jennifer Lopez, Alex O'Loughlin, Eric Christian Olsen Kinostart: 13.05.2010 Just in dem Moment, als sich Single-Frau Zoe nach reiflicher Überlegung künstlich befruchten lässt, lernt sie per Zufall ihren Traummann kennen. Nach den handelsüblichen Anlaufschwierigkeiten werden die beiden ein glückliches Paar – allerdings nur bis Zoes künstliche Befruchtung Früchte trägt und sie ihm die Wahrheit sagen muss... Müssen amerikanische Komödien eigentlich immer so dümmlich sein? Von der weltfremden Selbsthilfegruppe für schwangere Singles über anzügliche Dialoge (das Wort “Vagina” muss in einem amerikanischen Film als anzüglich bewertet werden!) bis hin zu derbem Fäkalhumor wird wieder einmal die ganze Palette unwitziger Karten gezückt in der Hoffnung auf ein Millionenpublikum. Dass Humor (ich weiß wovon ich spreche!) dabei auf der Strecke bleibt und die stattdessen praktizierte Langeweile zu einem langsamen Einschläfern des Publikums führt, scheint dabei Nebensache zu sein. Zu befürchten ist, dass das Konzept der Filmemacher wieder einmal aufgehen wird und schon alleine Jennifer Lopez als Umsatzgarant genügt, um die Kassen klingeln zu lassen. Mein Tipp daher: man greife zu Plan B und gehe in einen besseren Film. |
Mittwoch, 07. April 2010 Altbacken und nochmal aufgekocht Es gab nur zwei Pressevorführungen in dieser Woche. Und beide waren nicht der Hit! COP OUT – GELADEN UND ENTSICHERT! (1:2.35, DD 5.1) OT: Cop Out Verleih: Warner Land/Jahr: USA 2009 Regie: Kevin Smith Darsteller: Bruce Willis, Tracy Morgan, Juan Carlos Hernandez Kinostart: 15.04.2010 Zwei Cops, von denen jeder in privaten Schwierigkeiten steckt, ermitteln auf eigene Faust in einem Raubüberfallsdelikt, bei dem einem der beiden ein wertvolles Baseball-Sammelbild entwendet wurde... Es ist schon erstaunlich, dass derartige Filme auch heute noch produziert werden. Gemeint sind damit Cop-Komödien im Stile von BEVERLY HILLS COP. Und das waren die 80er-Jahre! Dass COP OUT recht altbacken wirkt, liegt insbesondere an der synthetischen Musik aus der Feder von Harold Faltermeyer, der bereits für BEVERLY HILLS COP den Score schrieb. Man würde sich auch gar nicht wundern, wenn in jedem Moment Axel Foley alias Eddie Murphy den Tatort betreten und ein paar coole Sprüche ablassen würde. Nur schade, dass das nicht passiert. Denn das Gespann Willis/Morgan hat es einfach nicht drauf. Und genau das dürfte auch dem Publikum nicht verborgen bleiben. BAARIA – EINE ITALIENISCHE FAMILIENGESCHICHTE (1:2.35, DD 5.1) OT: Baaria - La Porta Del Vento Verleih: Tobis Land/Jahr: Italien 2009 Regie: Giuseppe Tornatore Darsteller: Francesco Scianna, Margareth Madè, Nicole Grimaudo Kinostart: 29.04.2010 Mit opulenten Bildern ausgestattete Chronik einer sizilianischen Familie, die sich von den 1930er Jahren bis in die 1980er Jahre erstreckt. Politische Ereignisse fließen in die Geschichte ebenso ein wie persönliche Schicksalsschläge, Kindheitserinnerungen, die erste Liebe und natürlich die große Liebe zum Kino. Fast scheint es so, als ob Regisseur Giuseppe Tornatore, der mit CINEMA PARADISO die wohl schönste Liebeserklärung an das Kino selbst geschaffen hat, sein eigenes (Film)Leben auf der großen Leinwand ausbreitet. Denn die vielen kleinen Episoden, die liebevoll gezeichneten Charaktere und die Magie der Piazza kennt man schon hinlänglich aus seinen früheren Werken. Vieles wirkt so, als ob die 150 Minuten nicht ausgereicht hätten, um alles zu erzählen und so würde es mich nicht wundern, wenn es eine längere Fassung des Films gäbe. Insgesamt ein eher enttäuschender Film, der einzig davon zeugt, dass sich sein Regisseur keinen Zentimeter weiter entwickelt hat. Auch Ennio Morricones Musik hilft nicht weiter, könnte es sich bei der Partitur doch wahrhaftig um bislang nicht verwendetes Material des Meisterkomponisten handeln. |
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