Wolfram Hannemann
Filmkritiker / Freelance Journalist / Filmemacher

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Montag, 28. Februar 2011
Der gute Böse
Zum Auftakt der neuen Pressewoche war Action angesagt...

THE MECHANIC (1:2.35, DD 5.1)
OT: The Mechanic
Verleih: Kinowelt
Land/Jahr: USA 2010
Regie: Simon West
Darsteller: Jason Statham, Ben Foster, Donald Sutherland
Kinostart: 07.04.2011

Eiskalt und mit hoher Präzision plant Arthur Bishop seine Geschäfte und führt sie auch so aus. Bishop ist ein Auftragskiller. Seine Auftraggeber kennt er nicht, nur seine Opfer. Als er eines Tages den Auftrag erhält, seinen Ex-Kollegen und einzigen Freund Harry auszuschalten, plagen ihn zunächst Gewissensbisse. Als sein Auftraggeber ihm jedoch Informationen liefert, die Harry als Maulwurf entlarven, führt er die Tat aus. Kurze Zeit darauf wendet sich Harrys Sohn Steve an Bishop und bittet, ihm bei der Suche nach dem Mörder seines Vaters zu helfen. Bishop weiht Steve in seine Welt ein. Steve wird zum begabten Schüler... Mit THE MECHANIC treten die Söhne des berühmten Produzententeams Winkler/Chartoff in die Fußstapfen ihrer Väter. Denn der unter Regie von Simon West entstandene Action-Thriller ist nichts Anderes als ein Remake des Charles Bronson Thrillers KALTER HAUCH, den die Herren Väter im Jahre 1972 produzierten. Dieses Mal übernimmt der auf knallharte Action abonnierte Jason Statham die Bronson-Rolle des kaltblütigen Auftragskillers. Und das war’s dann eigentlich auch schon. Denn der gesamte Rest mutet an wie ein Film der siebziger Jahre, wären da nicht ab und zu neuzeitliche Notebooks zu sehen. Die Handlung des Films ist von Anfang an klar und erfordert alles andere als ein Mitdenken des Zuschauers. Der wird vermutlich den ganzen Film über damit beschäftigt sein, die Handlung vorherzusagen und sich ständig darüber zu freuen, Recht zu behalten. Sei es nun sein Wissen, dass Bishops Schallplattensammlung mitsamt des teuren Equipments zu Bruch gehen wird oder dass sich sein Schüler Steve gegen ihn wenden wird. Man weiss es einfach. Derlei Wissen könnte sich allerdings alsbald in Langeweile umschlagen. Die Hoffnung auf eine Überraschung bleibt bestehen. Aber wie heisst es so schön: die Hoffnung stirbt zuletzt. Immerhin präsentiert Statham gewohnt gute Action, wenn auch ohne jegliches Augenzwinkern – hier geht es knallhart zur Sache. Wer sich darauf einlassen kann und auch nicht mehr erwartet, der wird zufrieden den Kinosaal verlassen.
Freitag, 25. Februar 2011
Zwei ungleiche Brüder
Zum Wochenausklang und als Einstimmung auf die Oscar-Verleihung am Sonntag gab es heute noch einen weiteren Anwärter in der Kategorie “Bester Film des Jahres”.

THE FIGHTER (1:2.35, DD 5.1)
OT: The Fighter
Verleih: Senator
Land/Jahr: USA 2010
Regie: David O. Russell
Darsteller: Mark Wahlberg, Christian Bale, Amy Adams
Kinostart: 07.04.2011

Der junge Micky und sein älterer Halbbruder Dicky stammen aus einer vielköpfigen Arbeiterfamilie in Lowell, einem kleinen Städtchen in den USA. Die beiden Brüder sind beide leidenschaftliche Boxer. Doch seit Dicky vor langer Zeit einen Sieg errungen hat, geht es mit ihm immer weiter bergab. Dicky ist zum Crack-Junkie mutiert und soll jetzt seinen kleinen Bruder für Preiskämpfe trainieren, die von der gemeinsamen Mutter mehr schlecht als recht an Land gezogen werden. Als sich Micky in das Barmädchen Charlene verliebt, kommt es zum Konflikt mit der Familie. Denn Charlene öffnet Micky endlich die Augen: wenn er sich nicht von seiner Familie löst, wird es für immer mit seiner Karriere vorbei sein... Die wahre und gleichzeitig packende Geschichte des Boxweltmeisters Micky Ward lieferte die Story für David O. Russells Boxer-Film. Es ist die Geschichte zweier sehr unterschiedlicher Brüder, deren Leben immer schon durch die Familie bestimmt wurde. Nur die außenstehende Charlene kann erkennen, dass ein Weiterkommen nur durch den Bruch mit der Familie und zwischen den Brüdern möglich wird. Am Ende der Geschichte steht jedoch auch die Erkenntnis, dass man nicht nur im Ring, sondern auch im Leben am selben Strang ziehen muss um unschlagbar zu sein. Mark Wahlberg als Micky und Christian Bale als Dicky werden in ihren Rollen nicht nur psychisch, sondern auch physisch gefordert. Und beide meistern diesen Spagat mit Bravour. Sie liefern mit ihren Charakteren jede Menge Identifikationsmöglichkeiten für den Zuschauer und machen die Geschichte dadurch für jeden erlebbar. Aber nicht nur in den Hauptrollen ist der Film gut besetzt – auch die Nebenrollen brillieren durch starke Charaktere. Die Kampfsequenzen entwickeln durch Kameraführung, Schnitttechnik und Sounddesign eine große Dynamik und ziehen den Zuschauer unweigerlich in ihren Bann. Wer Boxerfilme mag und auch vor einer menschlichen Geschichte nicht zurückschreckt, dem wird THE FIGHTER gefallen.
Donnerstag, 24. Februar 2011
Ein Chamäleon im Wilden Westen
Juhuu! Heute gab es nach langer Zeit endlich mal wieder ein Triple Feature!

MÜTTER UND TÖCHTER (1:2.35, DD 5.1)
OT: Mother And Child
Verleih: Universum (Filmagentinnen)
Land/Jahr: USA, Spanien 2009
Regie: Rodrigo García
Darsteller: Alexandria M. Salling, Connor Kramme, Annette Bening, Naomi Watts, Samuel L. Jackson
Kinostart: 28.04.2011

Woher kommen wir? Wo sind unsere Wurzeln? Anhand von drei parallel laufenden Geschichten mit Kreuzungspunkten versucht sich Regisseur Rodrigo Garcia an einer Aufarbeitung dieser wichtigen Fragen. Da gibt es Karen, die im Alter von 14 Jahren schwanger wurde und ihr Baby zur Adoption freigegeben hat. Jetzt pflegt sie ihre bettlägerige Mutter und tut sich schwer mit Freundschaften. Sie ahnt nicht, dass ihre Tochter Elizabeth in derselben Stadt lebt und eine Karriere als Anwältin beginnt und sich mit ihrem Arbeitgeber einlässt. Und dann sind da noch Lucy und ihr Mann Joseph, die keine Kinder bekommen können und deshalb ein Baby adoptieren möchten. Kunstvoll verwebt Garcia diese Geschichten ineinander und schließt am Ende seines Films den ewigen Kreislauf. Das tut er mit viel Gefühl – vielleicht manchmal sogar etwas zuviel Gefühl, denn die Tränendrüsen bleiben nicht trocken. Die allesamt guten Darsteller werden leider durch eine sterile deutsche Synchronfassung herabgewürdigt.

UNTER DIR DIE STADT (1:2.35, DD 5.1)
Verleih: Piffl
Land/Jahr: Deutschland 2010
Regie: Christoph Hochhäusler
Darsteller: Nicolette Krebitz, Robert Hunger-Bühler, Mark Waschke
Kinostart: 31.03.2011

Sie agieren in ihren Glasbunkern in schwindelerregender Höhe über der Stadt: die Banker. Einer von ihnen ist Roland Cordes, ein Mann mittleren Alters, verheiratet. Ausgerechnet er wirft ein Auge auf Svenja, der lasziven Frau seines Angestellten Oliver Steve. Um sie für sich ganz alleine zu haben, sorgt er dafür, dass Oliver für seine Bank nach Indonesien reisen muss. Die Affäre kann beginnen... Wenn am Ende des Films Svenja aus dem Fenster schaut und eine aufgebrachte Menschenmenge sieht, sagt sie “Jetzt fängt es an!” Glücklicherweise war der Film just an dieser Stelle zu Ende, denn mehr hätte man wohl nicht mehr ertragen. Da waren die abgelaufenen 100 Minuten des Films schon eine Zumutung. Blutleere Charaktere, die aus dem Nachlass eines Herbert Reineckers stammen könnten, vollkommen zusammenhangslose Handlungsfragmente und eine selbstverliebte, aufgesetzt wirkende Kameraarbeit machen noch lange keinen Film. Dass es dafür Fördermittel gibt ist der Gipfel des Hohns. Ein Werk das es zu meiden gilt.

RANGO (1:2.35, DD 5.1)
OT: Rango
Verleih: Paramount
Land/Jahr: USA 2011
Regie: Gore Verbinski
Kinostart: 03.03.2011

Weil das Auto, auf dem sich sein Terrarium befindet, in einen Unfall verwickelt wird, wird ein Chamäleon mit schauspielerischen Ambitionen in die Wüste geschleudert und dort zurückgelassen. Seine Suche nach Wasser führt es schon bald in ein kleines Westerndorf. Die Einwohner dort haben nicht nur Probleme mit den Wasservorräten, sondern brauchen darüber hinaus auch noch einen Sheriff. Das Chamäleon packt die Chance beim Schopfe und wird zu “Rango”, dem furchtlosen Helden. Doch damit beginnen die richtigen Probleme... Haben eben noch die Coen-Brüder mit TRUE GRIT den Western aus der Versenkung geholt, so legt hier Gore Verbinski mit einem technisch atemberaubenden computeranimierten Western nach! RANGO mit seinen unglaublich skurrilen Charakteren, deren Palette von Echsen über Klapperschlangen bis hin zu Greifvögeln reicht, entpuppt sich als eine äußerst liebevolle Hommage an die Glanzzeit des Italo-Western. Alle gängigen Klischees dieses Filmgenres werden heraufbeschworen und amüsant verfremdet. Großen Anteil daran hat die Filmmusik von Hans Zimmer, der endlich einmal ganz legal aus dem Vollen schöpfen darf und immer wieder Altmeister Ennio Morricone zitiert – natürlich ohne jemals direkt zu kopieren. Aber auch sonst ist Verbinskis Film voller Filmzitate. Da trifft Rango beispielsweise auf Johnny Depp, der in FEAR AND LOATHING IN LAS VEGAS zu sehen ist und an dessen Windschutzscheibe er kleben bleibt. Auffallend auch die Ähnlichkeit zwischen dem betrügerischen Bürgermeister des Örtchens (in Form einer Schildkröte) und dem Charakter, den John Huston in Roman Polanskis CHINATOWN mimt. RANGO ist ein Ohren- und Augenschmaus – und das nicht nur für Filmfans! Und er beweist zudem, dass ein computeranimierter Film wahrhaftig kein 3D benötigt um gut zu sein. Bravo!
Dienstag, 22. Februar 2011
Dramatische Stunden
Endlich war mir mal wieder ein Double Feature vergönnt – bin ja in den letzten Wochen richtig aus der Übung gekommen!

WER WENN NICHT WIR (1:2.35, DD 5.1)
Verleih: Senator
Land/Jahr: Deutschland 2011
Regie: Andres Veiel
Darsteller: August Diehl, Lena Lauzemis, Alexander Fehling
Kinostart: 10.03.2011

Deutschland Anfang der sechziger Jahre. Bei seinem Studium an der Universität Tübingen unter Walter Jens lernt der junge Bernward Vesper seine Kommilitonin Gudrun Ensslin kennen. Der Sohn des NS-Schriftstellers Will Vesper, der getreu dem Motto “Ich schreibe so, wie wenn man mit der Faust der Gesellschaft in die Fresse haut!” Dichter werden möchte, gründet zusammen mit Gudrun einen Verlag und veröffentlichen nicht nur eine Anthologie gegen den Atomtod, sondern auch die völkischen Werke seines Vaters. Das ist erst der Beginn einer langen und extremen Liebe. Die Liebe zweier verwandter Seelen, die stets nach der Wahrheit hinter den Lügen suchen... Andres Veiels Film ist sozusagen der Prolog zum BAADER MEINHOF KOMPLEX. Er schildert sowohl das häusliche wie auch politische Umfeld, in dem Vesper und Ensslin aufwachsen und zu dem werden was sie wurden. Auch wenn sich Veiels Film etwas in die Länge zieht, so vermag er dennoch viele Zusammenhänge und Hintergründe auf interessante Weise zu vermitteln. Immer wieder wird die Spielhandlung durch authentisches Filmmaterial unterbrochen, das kurz und präzise die politische Grundstimmung zu jener Zeit einfängt. August Diehl überzeugt als Bernward Vesper, der an der Beziehung zu Gudrun Ensslin zu zerbrechen droht. Lena Lauzemis gibt sich in der Rolle der Gudrun Ensslin sehr freizügig, aber auch ängstlich, bis hin zu ihrer zunehmenden Radikalisierung unter den Fittichen von Andreas Baader. In der Ausstattung ist der Film sichtlich um Authentizität bemüht und die Bildgestaltung durch Judith Kaufmann liefert ein solides, nichts beschönigendes Fundament.

DAS HAUSMÄDCHEN (1:2.35, DD 5.1)
OT: Hanyo / The Housemaid
Verleih: Alamode (Filmagentinnen)
Land/Jahr: Südkorea 2010
Regie: Im Sang-soo
Darsteller: Jeon Do-yeon, Lee Jung-jae, Seo Woo
Kinostart: 21.04.2011

Die junge und hübsche Eun-yi tritt eine Stelle als Hausmädchen bei einer sehr reichen Familie an. Die lebt ganz abgeschieden von der Außenwelt in einer imposanten Villa. Da die Dame des Hauses mit Zwillingen schwanger ist, soll sich Eun-yi um die kleine Tochter kümmern und der älteren Haushälterin Byung-sik helfen. Hoon, der Herr des Hauses und begeisterter Pianist, findet schnell Gefallen an Eun-yi und beginnt eine leidenschaftliche Affäre mit der kindlich-naiven Frau. Als sie plötzlich schwanger wird, schwebt nicht nur das Leben ihres ungeborenen Kindes, sondern auch ihr eigenes in höchster Gefahr... Regisseur Im Sang-soo wagt sich an ein Remake des größten Filmklassikers seines Heimatlandes Südkorea: HANYO aus dem Jahre 1960. In opulenten CinemaScope-Bildern schildert er in seinem sinnlich-erotischen Thriller einen nicht zu bremsenden Sog, in den alle handelnden Personen durch die Ankunft des neuen Hausmädchens hineingezogen werden. Für europäischen Geschmack vielleicht etwas langatmig inszeniert erinnert der Film sehr stark an die feinsinnige Gesellschaftskritik eines Claude Chabrol. Eingerahmt wird das Drama durch einen Prolog und einen Epilog, der dem Zuschauer rätselhaft erscheinen mag, da beide nicht direkt in die Handlung passen. Prolog und Epilog schildern zwei vollkommen entgegengesetzte Welten – die Armen und die Reichen. Zwei Gemeinschaften also, die im gleichen Land leben ohne sich jemals zu begegnen. Und Eun-yi ist ihr gemeinsamer Schnittpunkt. Aus der Welt der Armen kommend erlebt sie eine Welt des absoluten Luxus, in der sie zum Spielball der Reichen wird.
Montag, 21. Februar 2011
Düstere Bilderwelten
Ein Thriller im besten Film Noir Stil eröffnete die neue und ereignisreiche Filmwoche.

BRIGHTON ROCK (1:2.35, DD 5.1)
OT: Brighton Rock
Verleih: Kinowelt
Land/Jahr: Großbritannien 2010
Regie: Rowan Joffe
Darsteller: Sam Riley, Andrea Riseborough, John Hurt, Helen Mirren
Kinostart: 21.04.2011

Brighton, England, 1964. Das traditionsreiche Seebad an der Südküste Großbritanniens wird mehr und mehr zum Schmelztiegel für Gewalt. Nicht nur prügeln sich hier sogenannte “Mods” mit “Altrockern”. Auch Bandenkriege im Gangstermilieu beherrschen die Szene. Als eines der Mitglieder in Pinkie Browns Gang getötet wird, setzt dies eine Spirale der Gewalt in Bewegung. Der junge aufstrebende Pinkie will den Tod seines Freundes rächen. Durch einen dummen Zufall wird ein Foto gemacht, das als Beweismittel gegen Pinkies Gang dienen könnte. Um an das Foto heranzukommen, muss sich Pinkie an die naive Rose heranmachen, die als Serviererin jobt. Rose weiß nicht auf was sie sich einlässt und schwebt schon bald in höchster Gefahr... Für seinen Debütfilm adaptierte Regisseur Rowan Joffe einen Roman von Graham Greene und transportierte die Handlung aus den vierziger Jahren in das England der sechziger Jahre. Entstanden ist ein Film Noir wie er düsterer nicht sein könnte. Zu verdanken hat Joffe dies der exzellenten Kameraarbeit von John Mathieson, der mit seinen Bilderwelten und oft ungewöhnlichen Perspektiven die brutale und depressive Grundstimmung schafft. In sie hinein wirft Joffe sein bestens besetztes Ensemble. Sam Riley verkörpert den Jungspund Pinkie, der sein böses Spiel mit Rose treibt, ihr vormacht, dass er sie liebt und sie schließlich ehelicht, damit sie nicht gegen ihn aussagen kann. In der Rolle der Rose ist Nachwuchstalent Andrea Riseborough zu sehen, die ihrer Figur die perfekte Naivität und Gläubigkeit gibt. Man nimmt ihr wirklich ab, dass sie sich in ihrer Verzweiflung an Pinkie klammert, um endlich aus den Klauen ihres extrem launischen Vaters zu entfliehen. In Nebenrollen agieren zwei der bedeutendsten britischen Schauspieler der Gegenwart: Helen Mirren als resolute Restaurantbesitzerin Ida und John Hurt als Geschäftsmann und heimlicher Schwarm von Ida. Störend hingegen und den Film fast aus dem Gleichgewicht bringend ist die Filmmusik von Martin Phipps. Die ist zwar für sich alleine betrachtet musikalisch höchst bemerkenswert, doch der bombastische Score mit großem Orchester und sakralem Chor ist ein bisschen zuviel des Guten. Manchmal ist weniger mehr.
Freitag, 18. Februar 2011
Im Ruhrpott wird getanzt
Der letzte Presse-Film in dieser Woche. Ab Montag wird sich die Frequenz wieder erhöhen, da dann endlich die Berlinale zu Ende ist.

PINA (1:1.85, 3D, DD 5.1)
Verleih: NFP (Warner)
Land/Jahr: Deutschland, Frankreich 2011
Regie: Wim Wenders
Darsteller: Pina Bausch
Kinostart: 24.02.2011

Eigentlich hätte es ein Film über Pina Bausch und ihr Wuppertaler Tanztheater werden sollen. Doch ihr plötzlicher Tod im Sommer 2009 machte Wim Wenders einen traurigen Strich durch die Rechnung. Und so wurde Wenders Projekt jetzt ein Film für Pina Bausch. Viele der Tänzer und Tänzerinnen, die zu Pina Bauschs Ensemble gehörten, sind aus dem Off zu hören. Jede und jeder von ihnen hat seine ganz eigene Sichtweise auf die einzigartige Frau, die nichts als arbeiten konnte. Im Film zu sehen sind einige der bekanntesten Choreographien, die Wenders einerseits vor Publikum mitfilmte, andererseits aber auch in freier Natur in um um Wuppertal herum neu inszenierte. Man muss schon modernen Ausdruckstanz mögen, um Wenders Hommage an seine Pina richtig genießen zu können. Allerdings haben mich einige, wenn auch nur wenige, Teile der Körperprache mittels dem Tanz beeindruckt. Wem sich Tanz in keiner Art und Weise erschließt, dem bleibt noch die Musik – und die ist wirklich imposant. Wenders inszenierte seinen Film in digitaler 3D-Technik und erschließt damit für Arthaus-Filme Neuland. Ob ihm die 3D-Technik gelungen ist, kann ich aufgrund eines Augenfehlers leider nicht beurteilen, verlasse mich dabei aber gerne auf die Aussagen meiner Pressekollegen, die von der Räumlichkeit sehr angetan waren.
Donnerstag, 17. Februar 2011
Western 2.0
Vielleicht habe ich heute die Wiedergeburt eines längst verloren geglaubten Filmgenres miterleben dürfen...

TRUE GRIT (1:2.35, DD 5.1)
OT: True Grit
Verleih: Paramount
Land/Jahr: USA 2010
Regie: Ethan Coen, Joel Coen
Darsteller: Jeff Bridges, Matt Damon, Hailee Steinfeld
Kinostart: 24.02.2011

Als ihr Vater von einem üblen Halunken erschossen wird, beschließt die 14jährige Mattie ihn zu rächen. Ihre Suche nach einem geeigneten US Marshal führt sie zu Rooster Cogburn, einen einäugigen Saufbold. Widerwillig geht er auf ihr Angebot ein ihr bei der Suche nach dem Mörder ihres Vaters zu helfen. Doch er zieht es vor mit dem etwas arroganten Texas Ranger LaBoeuf alleine loszuziehen. Aber Cogburn hat nicht mit Matties Beharrlichkeit gerechnet. Denn so leicht lässt sich die junge Dame nicht abschütteln... Mit der Rolle des alten Haudegen Rooster Cogburn steigt Jeff Bridges in die Fußstapfen von John Wayne, der diese Rolle in der Erstverfilmung des Stoffes (deutscher Verleihtitel: DER MARSHAL) im Jahre 1969 bereits spielte. Wayne hatte seine imposante Darstellung 1970 immerhin einen Oscar beschert. Jeff Bridges steht seinem großen Vorgänger in nichts nach und ist einer der Kandidaten für den diesjährigen Oscar in der Kategorie “Beste männliche Hauptrolle”. Und das ist durchaus verständlich wenn man Bridges mit seiner rauhen Stimme und seinen lakonischen Bemerkungen in der Originalfassung der Neuverfilmung erleben kann. Keine Geringeren als die Gebrüder Coen haben sich des 1969er Western angenommen und ihm eine Rundumerneuerung verpasst. Lange nicht mehr hat der Wilde Westen so nostalgisch ausgesehen wie bei den Coens: Roger Deakins einzigartiger Farbstil und sein hervorragender Umgang mit der CinemaScope-Bildgestaltung machen die Kameraarbeit zum heimlichen Star dieses Western, bei dem nicht zimperlich miteinander umgegangen wird. In der Rolle der 14jährigen Mattie Ross brilliert die junge Hailee Steinfeld. Mit ihrer Interpretation der resoluten Mattie, die kein Blatt vor den Mund nimmt und unerschrocken jede Hürde nimmt, hat sie sich ihre Oscar-Nominierung in der Kategorie “Beste weibliche Nebenrolle” wahrhaftig verdient. Überhaupt könnte TRUE GRIT bei der diesjährigen Oscar-Verleihung einer der großen Abräumer werden – verdientermaßen. Nicht verwunderlich wäre es indes, wenn die Coens mit ihrem Werk ein längst verschollenes Genre wieder neu beleben würden: den Western. Einen großen Anteil zum Gelingen ihres Projekts trägt übrigens die Filmmusik von Carter Burwell bei, die ich persönlich für eine seiner besten Arbeiten halte. Schade dass ihm dafür keine Oscar-Nominierung zuteil wurde. TRUE GRIT ist atemberaubendes Kino, das man sich unbedingt auf einer großen Bildwand anschauen sollte.
Mittwoch, 16. Februar 2011
Alles ist vorherbestimmt
Die erste von wieder nur drei Pressevorführungen in dieser Woche hat mich angenehm überrascht.

DER PLAN (1:1.85, DD 5.1)
OT: The Adjustment Bureau
Verleih: Universal
Land/Jahr: USA 2011
Regie: George Nolfi
Darsteller: Emily Blunt, Matt Damon, Anthony Mackie
Kinostart: 10.03.2011

David Norris hat es fast geschafft. Ein Platz im US-Senat ist zum Greifen nah und würde den charismatischen Politiker zum jüngsten Senator machen. Doch ein Jahre zurückliegender Skandal entscheidet die Wahl zugunsten seines Kontrahenten. Gerade als David die Rede zu seiner Niederlage auf der Herrentoilette des Waldorf Astoria einstudiert, lernt er die hübsche Elise kennen und verliebt sich Hals über Kopf in die Balletttänzerin. Doch das Glück dauert nur einen Moment und Elise muss vor ihren Häschern fliehen, weil sie eine Hochzeit zum Platzen brachte. Nur durch Zufall trifft er Elise in einem Bus wieder. Doch das bevorstehende Date der beiden wird sabotiert: geheimnisvolle, mit Anzug und Hut bekleidete Männer, die in einer Parallelwelt leben, entführen ihn. Ihm wird eröffnet, dass er den für ihn vorgesehenen “Plan” durcheinanderbringt. Er darf Elise nie wieder sehen. Doch David kann sie nicht vergessen... Mit der Adaptation einer Geschichte von Philip K. Dick gelingt Regisseur George Nolfi eine überzeugende Mischung aus Fantasy, Thriller und Romantik. Dabei repräsentieren die Herren aus jener Parallelwelt das, was von den Menschen gemeinhin als Schicksal bezeichnet wird. Dieses scheint bis ins kleinste Detail vorgezeichnet zu sein. Doch vor Zufällen ist selbst dieses nicht gefeit, weshalb “Der Vorsitzende” (eine Anspielung auf Gott) eine spezielle Abteilung zur Korrektur solcher Abweichungen eingerichtet hat. Mit verblüffenden visuellen Effekten vor grandioser New Yorker Kulisse entfaltet sich ein Film, der ebenso romantisch wie auch phantastisch ist. Können sich David und Elise aus dem für sie vorbestimmten Schicksal befreien und zueinander finden oder nicht? Kino der großen Gefühle, das nicht nur der Musik von Thomas Newman zu verdanken ist, sondern auch den sympathischen Darstellern.
Donnerstag, 10. Februar 2011
Wenn Twilight auf Predator trifft
Mit der letzten Pressevorführung in dieser Woche sollten einmal wieder meine Science-Fiction-Nerven gekitzelt werden...

ICH BIN NUMMER 4 (1:1.85, DD 5.1)
OT: I Am Number Four
Verleih: Walt Disney
Land/Jahr: USA 2011
Regie: D.J. Caruso
Darsteller: Alex Pettyfer, Teresa Palmer, Timothy Olyphant
Kinostart: 17.03.2011

Einst mussten sie von ihrem Heimatplaneten fliehen um zu überleben. Doch jene menschengleiche Aliens, die vor den feindlichen Invasoren Unterschlupf auf der Erde gefunden haben, schweben in großer Gefahr. Denn die Invasoren folgen ihnen auf Schritt und Tritt, um sie auszulöschen. Einer von den Flüchtlingen ist Nummer 4. Als John Smith getarnt versteckt sich der Teenager in einer Schule. Bald schon verliebt er sich in eine Mitschülerin und läuft Gefahr, seine Tarnung zu verlieren... Co-Produzent dieses extrem langweiligen Science-Fiction-Actioner ist kein Geringerer als Michael Bay, der damit offensichtlich auf die TWILIGHT-Welle aufspringen möchte. Teenager Nummer 4 entwickelt im Verlaufe des Films Superkräfte, von denen er bislang nichts geahnt hatte, und sein Liebesinteresse Sarah steht dem Fremdling dabei zur Seite. Wie romantisch! Damit ein wenig Bewegung in die Geschichte kommt gibt es die ultrabösen Aliens, unschwer an tätowierten Skinheads und wallenden schwarzen Mänteln zu erkennen. Die liefern sich dann im letzten Drittel des Films ein effektüberzogenes Duell mit Nummer 4 und seinen Anhängern, zu welchem sich dann noch Nummer 6 in Form einer schwarzgekleideten Amazone mit Motorrad gesellt. Beides – Effekte und Action – sind hier nur Standardware und selbst die Schauspieler wirken wie aus der Retorte. Dazu gibt es dann ein vollkommen unterbelichtetes Bild, das speziell zu Anfang des Films ziemlich nervt, da man nichts erkennen kann. Aber das ist ja vielleicht auch ganz gut so. Wer jetzt glaubt, alles bereits überstanden zu haben, der sei vorgewarnt: der Film riecht verdammt nach weiteren Fortsetzungen!
Mittwoch, 09. Februar 2011
Schneehaserl
Zur Einstimmung auf einen gemütlichen Mittwoch sollte mich ein Snowboarder-Film unterhalten. Hat er’s getan?

POWDER GIRL (1:1.85, DD 5.1)
OT: Chalet Girl
Verleih: Paramount
Land/Jahr: Großbritannien, Deutschland, Österreich 2010
Regie: Philip Traill
Darsteller: Felicity Jones, Ed Westwick, Tamsin Egerton, Bill Nighy, Brooke Shields
Kinostart: 17.03.2011

Einst hatte sie der Unfalltod ihrer Mutter aus ihrer Skateboarderin-Karriere gerissen und traumatisiert. Seither hält die 19jährige Kim sich und ihren Vater mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Ein solcher Job lockt sie in die österreichischen Alpen, wo sie als Catering-Mädchen im Chalet einer reichen Bankiersfamilie aushelfen soll. Bald wird sie nicht nur vom Snowboard auf die Piste gelockt, sondern beginnt auch noch eine Affäre mit dem Sohnemann des Bankers... Es gibt kaum ein Klischee, was dieser Film nicht erfüllt. Dass das Mädel am Ende nicht nur die hoch dotierte Snowboard-Competition gewinnt, sondern auch noch das Herz des reichen Jungspundes, steht eigentlich von Anfang an fest. Die große Herausforderung für die Filmemacher hätte darin bestanden, die Zeit bis dorthin mit interessanten, witzigen oder gar spannenden Episoden aufzufüllen. Fehlanzeige. Nicht einmal die gezeigten Snowboarding-Stunts sind spektakulär, sondern gehören allenfalls in die Amateurliga. Ist man nicht gerade zwischen 10 und 13, dürfte einen dieser Film ziemlich langweilen. Aber ich sollte hier den Pluspunkt nicht unter den Tisch kehren: die Heldin ist ausnahmsweise nicht blond!
Dienstag, 08. Februar 2011
Frauen an die Macht
Eine sehr dünne Pressewoche begann – es gibt nur drei Vorführungen. Man merkt, dass die Berlinale unmittelbar bevorsteht...

DAS SCHMUCKSTÜCK (1:1.85, DD 5.1)
OT: Potiche
Verleih: Concorde
Land/Jahr: Frankreich 2010
Regie: François Ozon
Darsteller: Catherine Deneuve, Gérard Depardieu, Fabrice Luchini
Kinostart: 24.03.2011

1977 in einer kleinen französischen Stadt. Suzanne ist schon ewig mit Robert verheiratet, einem Patriarchen wie er im Buche steht. Mit eiserner Hand regiert er in der vom Schwiegervater aufgebauten Regenschirmfabrik und zuhause duldet er nicht, wenn seine Frau eine eigene Meinung vertritt. Kein Wunder also, dass sich Suzanne wie ein Schmuckstück vorkommt. Doch das ändert sich alles, als Robert während eines Streiks seiner Arbeiter aus gesundheitlichen Gründen eine Auszeit nehmen muss: jetzt übernimmt Suzanne die Firmenleitung und verändert alles zum Besseren... Mit seinem 13. Film versucht Regisseur François Ozon an seinen Erfolg 8 FRAUEN anzuknüpfen. Wie schon dort so lehnt er sich stilistisch an die französischen Musicalfilme von Jacques Demy an, der in den sechziger Jahren DIE MÄDCHEN VON ROCHEFORT und DIE REGENSCHIRME VON CHERBOURG inszenierte. Und so darf Catherine Deneuve, die in der Rolle der Suzanne komödiantisch brilliert, hin und wieder auch singen. Abkehr vom Patriarchat – zurück zum Matriarchat. So der Tenor dieser hübschen Komödie, in der auch Gérard Depardieu auftritt. Er mimt den Ex-Lover von Suzanne, den örtlichen Abgeordneten der kommunistischen Partei, und verleiht seiner Figur eine gewisse Melancholie und Tragik, die ihn überaus sympathisch macht. Witzige, spritzige und scharfe Dialoge und das spielfreudige Ensemble garantieren köstliche Unterhaltung mit Tiefgang.
Freitag, 04. Februar 2011
Von einem Elektriker und einer Bäckerstochter
Der letzte Arbeitstag der Woche hatte für mich einmal wieder zwei sehr unterschiedliche Filme im Gepäck.

DER DIEB DES LICHTS (1:1.85, DD 5.1)
OT: Svet-Ake
Verleih: Neue Visionen
Land/Jahr: Deutschland, Frankreich, Kirgisien 2010
Regie: Aktan Abdykalykow
Darsteller: Aktan Abdykalykov, Taalaikan Abazova, Askat Sulaimanov
Kinostart: 14.04.2011

Im Dorf nennen ihn alle nur den “Lichtmann”. Denn Svet-Ake, glücklich verheiratet und Vater von vier Töchtern, ist Elektriker. Und er hat stets ein offenes Ohr für alle großen und kleinen Wehwehchen seiner Mitmenschen. Da kommt es dann schon einmal vor, dass er einen Stromzähler rückwärtslaufend anschließt, damit sich die armen Leute überhaupt noch Strom leisten können. Das kostet ihn aber bald seinen Job... Inmitten der grandiosen kirgisischen Landschaft angesiedelt erzählt Regisseur und Hauptdarsteller Aktan Abdykalykow auf teils vergnügliche, teils melancholische Weise über ein Land, das mitten im Umbruch steckt. Der große Traum des Lichtmanns ist ein riesiger Windpark, der das ganze Dorf mit Strom versorgen könnte. Um dieses zu realisieren, muss sich der gutherzige Held mit einem windigen Investor arrangieren, der das ganze Land aufkaufen will. Ein schön erzählter Film, der es allerdings bei seiner Kinoauswertung schwer haben dürfte.

EINE FAMILIE (1:2.35, DD 5.1)
OT: En Familie
Verleih: Tobis
Land/Jahr: Dänemark 2010
Regie: Pernille Fischer Christensen
Darsteller: Jesper Christensen, Lene Maria Christensen, Pilou Asbæk
Kinostart: 03.03.2011

Für Ditte läuft es richtig gut. Nicht nur dass die Galerie der ältesten Tochter einer traditionsreichen Kopenhagener Bäckersfamilie sehr erfolgreich ist, jetzt ruft auch noch New York nach ihr. Gemeinsam mit ihrem Freund, einem Künstler, will sie dort ein aufregendes Leben beginnen. Doch da erkrankt plötzlich ihr Vater. Und er hat nicht mehr lange zu leben. Ditte muss sich zwischen Familie und Karriere entscheiden... Stilistisch erinnert Pernille Fischer Christensens Film sehr stark an die Filme von Susanne Bier. Auch sie rückt ihren Protagonisten mit ihrer Kamera extrem dicht auf die Pelle und verweilt auf deren Gesichtern sehr lange. Und es sind Gesichter, die eine Geschichte erzählen können, ohne viele Worte zu verlieren. Denn Blicke vermögen oft mehr über den Gefühlszustand der Personen zu verraten als lange Monologe. Christensens Film ist ein sehr intensiver Film über Eltern und Kinder, über Leben und Tod. Wir alle werden in etwas hineingeboren, das bereits existiert: eine Familie. Wir nehmen dies wie ein Geschenk an, doch es wird uns auch aufgezwungen. So muss sich Ditte entscheiden zwischen dem Wunsch ihres sterbenskranken Vaters, den Bäckereibetrieb zu übernehmen, oder ihrem eigenen Glück nachzugehen. Schauspielerisch überzeugend besetztes Drama, das zum Ende hin fast erdrückend wirkt.
Donnerstag, 03. Februar 2011
Der Staatsfeind und der Riese
Das heutige Doppel konnte mich leider nicht so ganz zufrieden stellen. Bin ich zu anspruchsvoll geworden?

ENGEL DES BÖSEN – DIE GESCHICHTE EINES STAATSFEINDES (1:2.35, DD 5.1)
OT: Vallanzasca - Gli Angeli Del Male
Verleih: Fox
Land/Jahr: Italien, Frankreich, Rumänien 2010
Regie: Michele Placido
Darsteller: Kim Rossi Stuart, Filippo Timi, Moritz Bleibtreu
Kinostart: 24.02.2011

Fast scheint es so, als ob jedes Land dieser Welt derzeit das Leben seiner prominenten Gangster auf die Leinwand bannen will. Angefangen hat alles mit dem sensationell guten PUBLIC ENEMY NO. 1 aus Frankreich, der den Werdegang von Jacques Mesrine schildert. Weiter ging es mit DER BAADER-MEINHOF-KOMPLEX, der den Terrorjahren in Deutschland nachging. Zuletzt dann die Lebensgeschichte des Terroristen CARLOS. Und jetzt ein Italiener: Renato Vallanzasca, der in den siebziger Jahren mit spektakulären Raubüberfällen und Morden von sich Reden machte. Doch leider gelingt es Michele Placido in seinem Film nicht, das Publikum mit seinem Film voll einzunehmen. Ganz im Gegenteil: sein Film plätschert über lange Zeit recht unspektakulär vor sich hin. Das liegt zum großen Teil an seinem Hauptdarsteller, der seiner Figur nicht das notwendige Charisma verleihen kann, um ihn trotz seiner Verbrechen für die Zuschauer sympathisch erscheinen zu lassen. Erst im letzten Drittel gewinnt der Film inszenatorisch an Fahrt, doch ist es dann einfach schon zu spät. Jetzt zündet nichts mehr.

GULLIVERS REISEN – DA KOMMT WAS GROSSES AUF UNS ZU (1:2.35, 3D, PCM 5.1)
OT: Gulliver’s Travels
Verleih: Fox
Land/Jahr: USA 2010
Regie: Rob Letterman
Darsteller: Jack Black, Jason Segel, Emily Blunt
Kinostart: 10.02.2011

Gulliver arbeitet in der Postabteilung einer großen Zeitung und hat schon seit Jahren ein Auge auf die hübsche Reisejournalistin Darcy geworfen. Doch er ist zu schüchtern es ihr zu gestehen. Stattdessen lässt er sich von Darcy auf eine Reise ins Bermuda-Dreieck schicken, um sich selbst als Reisejournalist zu beweisen. So passiert es, dass Gulliver mit seinem kleinen Boot in einen mystischen Sturm gerät und sich plötzlich im Lande Lilliput befindet. Dort gilt Gulliver als Riese und wird erst einmal von den winzigen Einwohnern gefangen genommen... Der Fantasy-Klassiker von Jonathan Swift wurde fürs neuzeitliche Publikum aufpoliert. Jack Black darf den ganz großen Macker mimen – im wahrsten Sinne des Wortes. Wenngleich der Film sehr seicht geworden ist, so kann er trotzdem mit ein paar netten Lachern punkten. So beispielsweise wenn die Lilliputaner ihm zu Ehren jene Geschichten auf der Bühne aufführen, die Gulliver den kleinen Menschen als seine Lebensgeschichten verkauft hat: STAR WARS, TITANIC oder gar (G)AVATAR. Natürlich kann es sich ein für jugendliches Publikum zugeschnittener und mit Effekten überladener Film nicht verkneifen, auch zum Fäkalhumor zu greifen. Wenn es im kleinen Königspalast plötzlich lichterloh brennt, passt es prima, wenn Gulliver mal müssen muss. Die Zielgruppe, für die Jack Black hier spielt, wird es ihm vermutlich mit viel Applaus danken. Die Vorstellung daran ist schon erschreckend genug.
Dienstag, 01. Februar 2011
Vorbereitung auf den Tod
Ganz langsam setzt sich die Pressevorführungsmaschinerie wieder in Gang: am heutigen Dienstag gab es nur eine einzigen Film.

BIUTIFUL (1:1.85 & 1:2.35, DD 5.1)
OT: Biutiful
Verleih: Prokino (Fox)
Land/Jahr: Spanien, Mexiko 2010
Regie: Alejandro González Iñárritu
Darsteller: Javier Bardem, Maricel Álvarez, Hanna Bouchab
Kinostart: 10.03.2011

Barcelona heute. Mitvierziger Uxbal hält sich mit nicht ganz legalen Deals über Wasser. Nebenbei verdient er sich noch ein Taschengeld mit einer seltenen Gabe: er kann Verstorbenen helfen loszulassen. Sein ganzer Stolz aber sind seine beiden Kinder, die nach der Trennung von seiner Frau bei ihm leben. Seine Kinder sind es, die ihm Kraft geben, weiterzuleben. Er würde alles für sie tun. Eines Tages stellt sein Arzt eine niederschmetternde Diagnose: Uxbal hat nur noch ein paar Monate zu leben... Fast scheint es, als ob Regisseur Alejandro González Iñárritu die Rolle des Uxbal seinem Hauptdarsteller Javier Bardem auf den Leib geschrieben hat. Bardem bringt hier eine unglaubliche Präsenz auf die Leinwand, die einen vergessen lässt, dass es sich um einen Schauspieler handelt. Aber auch alle anderen Rollen sind sehr authentisch besetzt, teilweise sogar mit Laiendarstellern. Sie alle passen hervorragend in die Armenviertel Barcelonas, in denen der Film spielt. BIUTIFUL ist nach Aussage des Regisseurs eine “Reflexion, die unserer kurzen Anwesenheit in diesem Leben nicht unähnlich ist. Unsere Existenz...offenbart uns ihre unbeschreibliche Kürze erst, wenn wir dem Tode nahe sind”. Um dem Zuschauer dieses zu vermitteln, greift Iñárritu zu ungewöhnlichen Stilmitteln. So füllen nur die Eröffnungs- und Schlusssequenz des Films, die letztendlich Uxbals Todesvisionen darstellen, die volle CinemaScope-Breite aus. Alles andere (das Leben) ist auf das 1:1.85-Format reduziert. Und auch auf der Tonebene gibt es Ungewöhnliches. Offensichtlich hat der Regisseur seine Darsteller teilweise mit winzigen Körpermikrofonen bestückt, die überdimensional laut die Geräusche einer Umarmung mitsamt den Herztönen einfangen. So war das zumindest in der Originalfassung des Films wahrnehmbar. Ob die deutsche Synchronfassung dies so übernimmt, bleibt abzuwarten. Ungewöhnliches, aber leider überlanges Werk, das für den Auslands-Oscar nominiert wurde. Passend dazu mein Leitgedanke: “Denke immer daran: morgen ist der erste Tag vom Rest Deines Lebens!”

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