Wolfram Hannemann
Filmkritiker / Freelance Journalist / Filmemacher

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Donnerstag, 31. März 2011
Angst vorm Fliegen
Nach einem vollen Wochenendprogramm auf superbreiter Leinwand in britischen Bradford kam mir die heutige Leinwand verschwindend klein vor...

RIO (1:2.35, 3D, DD 5.1)
OT: Rio
Verleih: Fox
Land/Jahr: USA 2011
Regie: Carlos Saldanha
Kinostart: 07.04.2011

Weil er im Kükenalter in Brasilien eingefangen wurde und im hohen Norden bei der Buchhändlerin Linda aufwächst, hat der blaue Ara Blu nie Fliegen gelernt. Als eines Tages der Ornithologe Tulio im Buchladen auftaucht und sagt, dass Blu und sein weibliches Pendant Jewel die Letzten ihrer Art sind, machen sich die drei gemeinsam auf die Reise nach Rio de Janeiro, um dort Blu mit Jewel zusammenzubringen. Doch bald schon geraten Blu und Jewel in die Hände von Papageienschmugglern. Zu dumm, dass Blu nicht fliegen kann... Der per Computer animierte 3D-Film von den Machern von ICE AGE bleibt leider relativ oberflächlich und vermag daher kaum mit seinen Charakteren zu punkten. Gefühle bleiben dabei außen vor, wodurch der Film die emotionale Ebene fast komplett einbüßt. Die Ausstattung und Kameraarbeit indes sind sehr gelungen, speziell in der Eröffnungs- und Schlusssequenz, wenn der ganze brasilianische Dschungel singt und tanzt. Die Musik von John Powell erinnert stellenweise an seinen Oscar-nominierten Score zu DRACHENZÄHMEN LEICHT GEMACHT, erreicht jedoch nie dessen Wucht. Fazit: ein Trickfilm ohne besondere Note, den man nicht unbedingt gesehen haben muss.
Mittwoch, 23. März 2011
Familienbande
Am letzten Tag vor der Abreise nach Bradford gab es noch einmal französisches Autorenkino mit hervorragenden Darstellern.

BARFUSS AUF NACKTSCHNECKEN (1:1.85, DD 5.1)
OT: Pieds Nus Sur Les Limaces
Verleih: Alamode (Filmagentinnen)
Land/Jahr: Frankreich 2010
Regie: Fabienne Berthaud
Darsteller: Diane Kruger, Ludivine Sagnier, Denis Menochet
Kinostart: 05.05.2011

Außenstehende würden sie als verrückt bezeichnen. Denn die junge Lily lebt in ihrer ganz eigenen kleinen Welt. Zusammen mit ihrer Mutter bewohnt sie ein Landhaus irgendwo in Frankreich. Als ihre Mutter jedoch eines Tages ganz plötzlich stirbt, ist es an ihrer älteren Schwester Clara, sich um Lily zu kümmern. Das ist nicht so einfach, denn Clara lebt in der Stadt, ist mit einem Anwalt verheiratet und in derselben Kanzlei angestellt. Die immer skurriler werdenden Eskapaden ihrer Schwester jedoch zwingen Clara dazu, sich eine Auszeit zu nehmen und bei Lily zu wohnen. Im Laufe der Zeit merkt sie, dass Lily sie genauso sehr braucht wie sie Lily... Fabienne Berthaud kommentiert ihren Film so: “Sind die Zwänge unserer Erziehung, die Werte, die man uns einbläut – Geld, materieller Wohlstand, Erfolg im Beruf, Vernunft in Herzensangelegenheiten usw. - nicht allzu oft Schuld an unserem Unglück?” Tatsächlich ist es die “verrückte” Lily, die ganz im Hier und Jetzt lebt, das Leben genießt, kein Blatt vor den Mund nimmt und im Einklang mit der Natur und den Tieren existiert. Ihre Andersartigkeit wird von der sie umgebenden Gesellschaft als Krankheit angesehen, weil sie nicht den von jener Gesellschaft selbst auferlegten Normen genügt. Berthauds Film ist als ein Plädoyer zu verstehen, das allzu kurze Leben in vollen Zügen zu genießen. Mit Diane Kruger als Clara und Ludivine Sagnier als Lily hat Berthaud zwei wunderbare Darstellerinnen gefunden, die ihren Rollen in jeder Sekunde gerecht werden. War Frau Kruger vom deutschen Publikum bislang nur in minderwertigen Rollen wahrgenommen worden, so darf sie in diesem Film jetzt endlich einmal zeigen, was tatsächlich in ihr steckt. Ludivine Sagnier meistert den Spagat zwischen entwaffnender Unschuld und kindlicher Naivität, ohne dabei jemals lächerlich zu wirken und es gelingt ihr sogar, dass man beginnt, sich als Zuschauer um ihr Wohlergehen Sorgen zu machen. Wenn ein Kritikpunkt bei diesem Film anzubringen wäre, dann seine Spielzeit. 20 Minuten weniger und das Werk wäre perfekt.
Dienstag, 22. März 2011
Im Inneren der Höhle
Nicht jeder Film, bei dem Erfolgsgarant James Cameron als Produzent fungiert, muss auch gut sein. Den Beweis lieferte der heutige Film.

SANCTUM (1:1.85, 3D, DD 5.1)
OT: Sanctum
Verleih: Constantin
Land/Jahr: USA 2011
Regie: Alister Grierson
Darsteller: Richard Roxburgh, Rhys Wakefield, Alice Parkinson
Kinostart: 21.04.2011

In einem abgelegenen Inselparadies auf Neu-Guinea unternimmt eine Forschermannschaft die Erkundung eines weit verzweigten, gigantischen Höhlensystems. Als ein plötzlich über die Insel hereinbrechender Orkan zur Überflutung des Höhlensystems führt, beginnt für die Höhlentaucher ein Wettlauf auf Leben und Tod... An diesem Abenteuerfilm stört nicht nur die Tatsache, dass sich die Höhlentaucher äußerst unprofessionell verhalten (eine Flasche Tequila wird mit nach unten genommen!), sondern auch die auf Klischees beruhende Geschichte. Hier geht es um den üblichen Vater-Sohn-Konflikt, den erst die unendlichen Weiten der Höhle werden lösen können. Hinzu kommen noch die genrebedingten “Bad Guys”, die immer dann durchdrehen, wenn es die Situation am allerwenigsten gebrauchen kann. Auch wenn ein Titel zu Beginn des Films darauf hinweist, dass es sich um eine wahre Geschichte handelt, wird man den Eindruck nicht los, dass die Filmemacher versucht haben, ihre flache Geschichte mit der eingesetzten 3D-Technik mehr Tiefe zu verleihen. Dieser Versuch scheitert natürlich, denn wenn die Geschichte nicht stimmt, dann interessiert auch die Technik nicht. Wer einen richtig guten Film zum Thema Höhlenwanderung sehen möchte, dem sei einmal mehr Neil Marshalls THE DESCENT empfohlen. Denn trotz flacher 2D-Technik vermag es sein Film, Klaustrophobie wirklich spürbar zu machen.
Freitag, 18. März 2011
Der Schöne wird zum Biest
Das Wochenende naht. Zum Ausklang gab’s noch zwei Filme, die eigentlich nicht weiter erwähnenswert sind. Aber ich möchte meinen Lesern ja nichts vorenthalten...

MITTEN IM STURM (1:1.85, DD 5.1)
OT: Within The Whirlwind
Verleih: NFP (Warner)
Land/Jahr: Deutschland, Belgien, Frankreich, Polen 2009
Regie: Marleen Gorris
Darsteller: Emily Watson, Pam Ferris, Ben Miller
Kinostart: 05.05.2011

Die Sowjetunion im Jahre 1937: der Universitätsprofessorin Eugenia Ginzburg werden staatsfeindliche Aktivitäten unterstellt und sie gerät in die erbarmungslosen Mühlen des Staatsapparates. Obgleich unschuldig wird sie vom Gericht schuldig gesprochen und fern von ihrem Ehemann und den beiden Kindern in ein sibirisches Straflager deportiert. Jahre der Demütigungen in eisiger Kälte beginnen für Eugenia. Erst die Begegnung mit dem deutschen Arzt Anton Walter gibt ihr wieder Hoffnung... Ich habe mich nach diesem Film so gefühlt, als ob ich die zehn Jahre Straflager hinter mich gebracht hätte! Damit soll nicht zum Ausdruck gebracht werden, dass der Film derart fesselnd und realistisch ist, dass man die Wirklichkeit vergisst. Ganz im Gegenteil: dieser Film ist verdammt zäh und lässt keine Gelegenheit aus, sich in Klischees zu baden. Auch wenn sich die Geschichte, auf der der Film basiert, tatsächlich so zugetragen hat, erscheint sie dem geübten Betrachter als eine Art “Doktor Schiwago” für arme Leute. Wobei letztgenannter Film wirklich Eindruck hinterlässt!

BEASTLY (1:2.35, DD 5.1)
OT: Beastly
Verleih: Concorde
Land/Jahr: USA 2011
Regie: Daniel Barnz
Darsteller: Vanessa Anne Hudgens, Alex Pettyfer, Mary-Kate Olsen
Kinostart: 07.04.2011

Kyle Kingson, ein blonder Schnösel aus reichem Hause, ist der Star an seiner Highschool. Sein gutes Aussehen erlaubt es ihm, arrogant zu sein und auf andere herabzuschauen. So demütigt er das Gothgirl Kendra in aller Öffentlichkeit. Doch Kendra besitzt magische Kräfte und beschließt, dem schönen Kyle eine Lektion zu erteilen. Und siehe da: in Sekundenschnelle wird aus dem Schönling ein hässlicher Skinhead. Findet Kyle innerhalb eines Jahres Mädchen, das ihn um seiner selbst liebt, wird er sein gutes Aussehen wieder zurückbekommen. Andernfalls wird er für immer entstellt sein. Mit einem blinden Coach und einem Hausmädchen an der Seite verkriecht sich Kyle in einer Stadtwohnung. Schon bald wirft er ein Auge auf die hübsche Lindy. Doch wie kann er ihre Liebe gewinnen? Das altbekannte “Schöne und das Biest”-Motiv wird hier mit modernem Upgrade als Teeny-Romanze vermarktet. Alles läuft nach Schema ab und bleibt stets keusch. Höhepunkte oder Überraschungen gibt es nicht. Das Ende steht von Anfang an fest – leider. Denn wieder wurde die Chance vertan, dass der entstellte Held nach dem In-letzter-Minute-Liebesgeständnis seiner Freundin weiterhin entstellt bleibt und damit die wahre Liebe besiegelt wäre. So löst sich aber eben alles wieder in gutaussehendem Wohlgefallen auf und da sie nicht gestorben sind, gibt’s vielleicht sogar noch eine Fortsetzung. Gott bewahre!
Donnerstag, 17. März 2011
Cool und skurril
Ein Wechselbad der Gefühle – zwei Filme, zwei Welten.

OHNE LIMIT(1:2.35, DD 5.1)
OT: Limitless
Verleih: Concorde
Land/Jahr: USA 2011
Regie: Neil Burger
Darsteller: Bradley Cooper, Abbie Cornish, Robert De Niro
Kinostart: 14.04.2011

Eddie Morra leidet an einer Schreibblockade. Schlecht für einen Autor, der bereits einen Vertrag für ein Buch in der Tasche hat. Aber auch sonst befindet sich Eddie nicht gerade auf der Überholspur. Seine Freundin Lindy trennt sich von ihm und mit seiner Ex ist es sowieso schon lange vorbei. Da läuft ihm zufällig sein Ex-Schwager über den Weg und macht ihm ein Angebot: Eddie soll für ihn eine neue Wunderpille verkaufen. Alles ganz legal – angeblich. Bevor Eddie sich auf das Angebot einlässt, unternimmt er einen Selbstversuch mit der kleinen schicken Tablette. Und siehe da: plötzlich ist Eddie ganz oben. Denn die Wunderpille bewirkt, dass nicht nur 20 Prozent des Gehirns genutzt werden, sondern jede kleinste Synapse, die unter der Schädeldecke existiert. Eddie schreibt sein Buch binnen kürzester Zeit und hat trotzdem noch jede Menge Energie übrig. Logisch dass er jetzt mehr davon will. Doch er findet seinen Ex-Schwager tot auf und kann sich schnell noch dessen heimlichen Vorrat an Pillen krallen... Einen derart schwindelerregenden Einstieg in einen Film hat man seit Jahren nicht mehr gesehen! Da zoomt die Kamera dank modernster Digitaltechnik von der Spitze des Hochhauses in irrwitzigem Tempo auf die Straße nach unten und dann immer weiter geradeaus. Diese schier unendlich lange und genauso schnelle Kamerafahrt symbolisiert besonders schön Eddies Leben auf der Überholspur, das aufregend und tödlich zugleich zu sein scheint. Die Bildgestaltung überzeugt auch in den jetzt folgenden 105 Minuten und gibt stets klar zu erkennen, ob Eddie unter Drogeneinfluss steht oder nicht. Um seinen Drogenkonsum herum entwickeln die Filmemacher eine spannende Story, die in ein genreübliches Blutbad mündet und immer nur eines sein möchte: cool. Wem actionreiches Kino mit technischer Raffinesse liegt und sich weniger um Authentizität schert, dem sei OHNE LIMIT grenzenlos empfohlen.

BIBLIOTHEQUE PASCAL (1:1.85, DD 5.1)
OT: Bibliotheque Pascal
Verleih: Camino
Land/Jahr: Ungarn, Deutschland, Großbritannien 2010
Regie: Szabolcs Hajdú
Darsteller: Orsolya Török-Illyés, Andi Vasluianu, Shamgar Amram
Kinostart: 12.05.2011

Die junge Mona möchte das Sorgerecht für ihre kleine Tochter wieder erlangen und muss deshalb beim Jugendamt vorsprechen. Dort erzählt sie ihre Geschichte, die genauso surreal wie skurril anmutet. Der Mann, der sie geschwängert hat, war ein gesuchter Ganove, der nach der gemeinsamen Liebesnacht von der Polizei erschossen wurde. Weil sie ihren kranken Vater nach Deutschland begleiten soll, gibt sie drei Jahre später ihre Tochter in die Obhut ihrer Tante, einer Wahrsagerin. Doch kaum am Wiener Bahnhof angekommen, muss Mona feststellen, dass ihr Vater sie an Mädchenhändler verkauft hat. Mona landet in einem Luxusbordell in Liverpool... Wenn es in diesem Film um Frauenhandel mit osteuropäischen Mädchen geht, dann fährt der Regisseur hier ziemlich schwere Geschütze auf, um sein Anliegen zu verschleiern. Ein Film, bei dem ich leider passen muss, da sich mir seine Botschaft – sofern vorhanden – nicht erschlossen hat. Ein klarer Fall von Kunstfilm, der zwar mit teils betörend schönen Bildern aufwarten kann, mir aber trotzdem keine Lust af eine Zweitsichtung macht. Glücklich derjenige, dem’s gefällt.
Mittwoch, 16. März 2011
Harte Girls und nerdige Nerds
Endlich mal wieder ein Double-Feature nach meinem Geschmack: zuerst satte Frauenpower, danach Filmzitate satt.

ROLLER GIRL (1:2.35, DD 5.1)
OT: Whip It
Verleih: Senator
Land/Jahr: USA 2009
Regie: Drew Barrymore
Darsteller: Ellen Page, Marcia Gay Harden, Eulala Scheel, Juliette Lewis
Kinostart: 01.09.2011

Bliss ist gerade mal siebzehn Jahre alt, geht noch zur Schule und jobbt als Kellnerin in einem Fast Food Restaurant. Ihre Mutter will natürlich nur ihr Bestes. So schleppt sie das Mädchen von einem Schönheitswettbewerb zum nächsten, stets in der Hoffnung, dass es ihr Töchterchen einmal zu etwas bringen wird. Fehlanzeige. Bliss rasselt durch jeden Wettbewerb. Kein Wunder: sie macht den ganzen Blödsinn nur ihrer Mutter zuliebe mit. Als Bliss eines abends zusammen mit Freundin und Kollegin Pash heimlich einen Ausflug nach Austin macht, entdeckt sie ihre wahre Leidenschaft: das Rollerderby. Schon bald wird sie bei den “Hurl Scouts” aufgenommen, einer der lokalen Mädchencliquen, die sich dem harten Sport auf Rollschuhen verschrieben haben, und avanciert als “Babe Ruthless” zu deren neuem Star. Der Konflikt mit ihrer Mutter ist vorprogrammiert... In ihrem Regiedebüt widmet sich Schauspielerin Drew Barrymore der interessanten Frage nach dem Selbst. Ihre Coming-of-Age-Geschichte ähnelt darin sehr jenen Filmen, mit denen sich John Hughes in den achtziger Jahren den Problemen der Jugendlichen angenommen hat. Und Miss Barrymores Film steht diesen Filmen in nichts nach. So muss sich Bliss bei ihrer Suche nach sich selbst nicht nur mit ihrer alles bestimmenden Mutter auseinandersetzen und ihren alles hinunterschluckenden Vater aus der Reserve locken, sondern auch ihre erste Liebe überstehen. Ellen Page, seit HARD CANDY auf Teenager-Rollen gebucht, obwohl sie schon älter als 20 ist, brilliert ein weiteres Mal als ein Mädchen, das sich aus dem spießigen Leben befreien muss, in das sie ihre Eltern gesteckt haben. Der harte, sehr ruppige Rollersport, bei dem mit ganzem Körpereinsatz um Punkte gekämpft wird, ist das genaue Gegenteil zu ihrem spießigen Elternhaus. Hier sind Miniröcke, Hot Pants und Netzstrümpfe und neckische Tattoos Trumpf! Für Schauwerte ist in Barrymores Film wahrhaftig gesorgt – nicht nur der flippigen Outfits wegen. Denn auch die Fights in der Rollerarena sind fulminant inszeniert und machen großen Spaß. Neben Ellen Page überzeugen auch die anderen Darsteller, darunter Juliette Lewis als Bliss‘ große Konkurrentin Iron Maven und Marcia Gay Harden als Bliss‘ Mutter. Sehenswert.

PAUL – EIN ALIEN AUF DER FLUCHT (1:2.35, DD 5.1)
OT: Paul
Verleih: Universal
Land/Jahr: Großbritannien 2011
Regie: Greg Mottola
Darsteller: Nick Frost, Simon Pegg, Sigourney Weaver
Kinostart: 14.04.2011

Graeme und Clive sind Sci-Fi-Nerds wie sie im Buche stehen. Ihren Besuch auf einer Comic-Con in den USA nutzen die beiden Briten zu einer “Alien”-Tour. Mit dem Wohnmobil wollen sie alle bekannten Alien-Punkte wie Area 51, Roswell usw. bereisen. Unterwegs haben die besten Freunde dann wahrhaftig eine Begegnung der dritten Art: sie gabeln einen echten Außerirdischen auf! Und der entpuppt sich als ein ziemlich aufgewecktes Kerlchen, das nicht nur ihre Sprache perfekt beherrscht, äußerlich aussieht wie E.T., tote Vögel wiederbeleben kann und sich Paul nennt, sondern das sich darüber hinaus auch noch auf der Flucht vor unliebsamen Häschern befindet. Nach einigem Hin und Her beschließen die Nerds, ihrem Paul zu helfen... Bereits in SHAUN OF THE DEAD und HOT FUZZ waren sie ein hervorragendes Team: Nick Frost und Simon Pegg zollen nach den Hommagen an Horror- und Action-Filmen jetzt mit PAUL den Science-Fiction-Filmen der siebziger und achtziger Jahren ihren Respekt. So lassen sich in ihrem neuesten Werk wieder einmal unzählige Filmzitate finden, die von UNHEIMLICHE BEGEGNUNG DER DRITTEN ART über STAR WARS bis hin zu E.T. reichen. Sogar Anspielungen auf die X-FILES sind vorhanden. Diese Insider-Gags sind natürlich nur von Kennern des Genres erkennbar, weshalb der Film natürlich auch genügend andere Gags präsentiert, damit auch nicht Eingeweihte (oder Nerds) etwas zum Lachen haben. Letztere Gags jedoch reichen an die Qualität der vielen Referenzen leider nicht heran und könnten dem normalen Publikum dadurch den Spaß etwas verderben. Ich für meinen Teil hatte großen Spaß. Wenn Paul in einer Rückblende im Jahre 1980 in einer riesigen Lagerhalle voller verschlossener Kisten sitzt und mit Steven Spielberg telefoniert, der sehr an Pauls heilenden Kräften interessiert ist, dann dürfte jedem Filmfan ein ganz breites Schmunzeln in sein Gesicht gezaubert werden, während wohlige Schauer über seinen Rücken jagen.
Dienstag, 15. März 2011
Der Soldat in der Endlosschleife
Das herrliche Wetter außerhalb des Kinos entschädigte für die heute nicht so optimale Filmkost.

SOURCE CODE (1:1.85, DD 5.1)
OT: Source Code
Verleih: Kinowelt
Land/Jahr: USA 2011
Regie: Duncan Jones
Darsteller: Jake Gyllenhaal, Michelle Monaghan, Vera Farmiga
Kinostart: 02.06.2011

Ein Zug bewegt sich auf Chicago zu. Plötzlich gibt es eine riesige Explosion – ein Terroranschlag! Gerade in dem Moment, als alles explodiert, wird Elite-Soldat Colter Stevens aus seinem Traum gerissen. Oder war es gar kein Traum? Colter befindet sich in einer dunklen, abgeschotteten Kammer und empfängt Befehle via Bildschirm. Wo ist er? Wer erteilt ihm die Befehle? Erst nach und nach kommt Licht in das Dunkel und Colter beginnt zu verstehen. Dank modernster Technologie kann er immer wieder die letzten acht Minuten vor der Explosion an Bord des Zuges miterleben. Seine Aufgabe: er muss den Bombenleger finden, da dieser sonst ein noch größeres Attentat inszeniert... Die Idee ist nicht wahrlich neu, haben sich doch längst schon andere Filme mit parallelen Welten, mit Reisen in die Vergangenheit oder mit der Beeinflussung der Zukunft beschäftigt. Es gibt daher auch kaum Überraschungen in diesem Sci-Fi-Thriller, der schon nach kurzer Zeit zu Wiederholungen greift. Hier läuft alles sozusagen in einer Endlosschleife – leichte Abweichungen inbegriffen. Nebst der sich allmählich einstellenden Langeweile spart der Film leider auch nicht mit einem typischen Hollywood-Ende, welches die entstandene Romanze, die zu scheitern drohte, in ein Happy End umwandelt. Nur bedingt empfehlenswerte Action-Kost.

PASSIONE! (1:1.85, DD 5.1)
OT: Passione!
Verleih: MFA (24 Bilder)
Land/Jahr: Italien 2010
Regie: John Turturro
Darsteller: Massimo Ranieri, Pietra Montecorvino, Lina Sastri
Kinostart: 07.04.2011

Eigentlich kennt man ihn nur als Schauspieler, der sich insbesondere in den Filmen der Coen-Brüder einen Namen gemacht hat: John Turturro. Doch in PASSIONE, der er selbst inszeniert hat, kehrt der gebürtige Italiener zu einen Wurzeln zurück und lädt den Zuschauer auf eine musikalische Reise durch seine Heimatstadt Neapel ein. Turturro präsentiert ein Sammelsurium an lokalen Musikgrößen, die er meist in malerischen Hinterhöfen auftreten lässt. Manche lässt er sogar auch ein bisschen etwas über die reiche Musikgeschichte der Stadt erzählen. Für Liebhaber italienischer Folklore sicherlich lohnenswert, dürfte der Film allerdings für das breite Publikum nur schwer zugänglich sein – Turturros Liebe zu Neapel hin oder her. Zu allem Überfluss wurde uns der Film auch noch in schlechter DVD-Qualität präsentiert.
Montag, 14. März 2011
Leben und Sterben auf der Rennstrecke
Meine prall gefüllte Filmwoche eröffnete eine imposante Dokumentation über einen charismatischen Rennfahrer.

SENNA (1:1.85, DD 5.1)
OT: Senna
Verleih: Universal
Land/Jahr: Großbritannien 2010
Regie: Asif Kapadia
Darsteller: Ayrton Senna, Alain Prost, Frank Williams
Kinostart: 12.05.2011

Helmut Zwickl, Formel-1-Journalist bei “Motorsport Aktuell”, bezeichnete ihn als den “endgültigen Rennfahrer”. Der Brasilianer Ayrton Senna erlebt in den achtziger Jahren einen kometenhaften Aufstieg als Formel-1-Pilot – und das mit gerade einmal 24 Jahren. Sein Motto war “Wenn Du etwas machst, dann richtig, denn sonst kannst Du es auch bleiben lassen!”. Was ihn von allen anderen Formel-1-Fahrern unterscheidet, ist sein tief verwurzelter Glauben und sein Sportsgeist. Denn mit der ganzen Politik, die als Begleiterscheinung beim Motorsport auftaucht, will er nichts zu tun haben. Ihm geht es ausschließlich um den Sport als solchen. Seine Rivalität mit dem alteingesessenen Franzosen Alain Prost schreibt Geschichte. Senna gewinnt mehrfach den Grand Prix. Doch im Alter von 34 Jahren stirbt Senna, der für das überwiegend verarmte Brasilien inzwischen zu einem Symbol der Hoffnung wurde, bei einem tragischen Unfall auf der Rennstrecke. Asif Kapadias Dokumentarfilm porträtiert den außergewöhnlichen Fahrer vom Beginn seiner Karriere bis zu seinem viel zu frühen Tod. Verwendet wird dabei ausschließlich authentisches Archivmaterial. Sogar Privatvideos der Familie Senna, die den Film überhaupt erst möglich machte, werden integriert. Dass Kapadias Film trotzdem nicht eine sterile Dokumentation im herkömmlichen Sinn bleibt, liegt zum Einen am Sounddesign des Films, das recht spektakulär eingesetzt wird, zum Anderen an der Filmmusik von Antonio Pinto (CITY OF GOD), die die emotionale Ebene des Films hervorragend trifft. Auch wenn man sich nicht für Motorsport interessiert, so wird man sich der Persönlichkeit des Ayrton Senna bei diesem Film nicht entziehen können. Der Regisseur über seinen Film: “Wir wollten einen Film über das Rennfahren, über eine große Persönlichkeit, drehen. Also habe ich einen Spielfilm mit nicht professionellen Schauspielern inszeniert.”
Freitag, 11. März 2011
Black Friday
Bei einer Komödie lacht man, wenn es witzig ist. Wenn aber die Komödie gar nicht witzig ist, was macht man dann?

LE MAC – DOPPELT KNALLT’S BESSER (1:2.35, DD 5.1)
OT: Le Mac
Verleih: EuroVideo (Kinostar)
Land/Jahr: Frankreich 2010
Regie: Pascal Bourdiaux
Darsteller: José Garcia, Gilbert Melki, Carmen Maura
Kinostart: 21.04.2011

Ein ganz dummer Zufall macht aus dem harmlosen Bankangestellten Gilbert Chapelle den begehrtesten Mann für die Polizei. Ist er doch niemand Anderer als der Zwillingsbruder von Ace, einem Kriminellen, der den Polizisten helfen sollte, Obergangster Mendes auffliegen zu lassen. Da Ace anscheinend umgekommen ist, soll Gilbert jetzt in dessen Fußstapfen treten. Ein intensives Training soll aus dem biederen Angsthasen einen supercoolen Zuhälter machen... Tapfer ist, wer diesen Film übersteht! Kaugummi ist nichts dagegen. Der sich offiziell als Komödie gebende Film entpuppt sich als total langweiliges und dazu übermäßig brutales Machwerk, das jeder Beschreibung spottet. Bei einem derart verkrampften Drehbuch tut einem die Schauspielkunst des José Garcia schon richtig Leid. Denn der gute Mann, der in seiner Zuhälter-Kluft irgendwie an Robert Downey Jr. erinnert, verkauft sich mit dieser Doppelrolle weit unter Wert! Zur Ehrenrettung des Films sei gesagt, dass er immerhin einem der Pressekollegen gefallen hat. Das aber wiederum gibt mir persönlich ziemlich zu denken...

THE RITE – DAS RITUAL (1:2.35, DD 5.1)
OT: The Rite
Verleih: Warner
Land/Jahr: USA 2011
Regie: Mikael Håfström
Darsteller: Sir Anthony Hopkins, Colin O'Donoghue, Alice Braga
Kinostart: 17.03.2011

Michael Kovac arbeitet als Leichenbestatter im Betrieb seines Vaters. Doch er fühlt sich zu Höherem berufen und beginnt nebenher eine Ausbildung zum Priester. Doch vier Jahre später will er das Handtuch, weil er nicht an Gott glauben kann. Sein Mentor kann ihn aber dazu überreden, noch einmal gründlich über den weitreichenden Schritt nachzudenken, indem er ihn zu einer Exorzistenausbildung in den Vatikan schickt. Dort assistiert er dem erfahrenen Exorzisten Vater Lucas und wohnt einem Exorzismus an einer jungen Frau bei. Stets versucht, alles streng wissenschaftlich und psychologisch zu erklären, kommen Michael plötzlich Zweifel... Wer an den Teufel glaubt, muss auch an Gott glauben – so die einfache Quintessenz dieses Exorzismus-Thrillers von Mikael Håfström, der angeblich nach wahren Begebenheiten entstanden ist. Indem er die Existenz Satans nicht länger verleugnen kann, findet der Priester auf Bewährung zu seinem Glauben und damit zu seiner wahren Bestimmung. Doch bis es soweit ist wird wieder mit viel Hollywood-Zauber auf Exorzismus gemacht. Als ob das Thema nicht schon lange mit William Friedkins epochalem Schocker DER EXORZIST erledigt wäre, sorgt viel Pyrotechnik und digitale Bildbearbeitung dafür, dass sich wieder Schauspieler entgegen allen physikalischen Gesetzen verrenken dürfen und sogar Stahlnägel ausspucken. Anthony Hopkins als Vater Lucas zieht alle Aufmerksamkeit auf sich und erinnert am Ende einmal mehr an Hannibal Lector, jenen Charakter, der ihn zum Inbegriff des Bösen gemacht hat. THE RITE – DAS RITUAL ist leichte Horrorkost für alle, die sich noch nicht zu William Friedkins Version vorgewagt haben. Alle anderen dürften den Film als harmlos erachten. Immerhin sorgt das Sounddesign dafür, dass an ein oder zwei Stellen ein Zucken durch die Sitzreihen fährt. Aber dafür lohnt der ganze Aufwand nicht wirklich.
Mittwoch, 09. März 2011
Honigsüss
Trotz einer Stellwerksstörung im Hauptbahnhof war ich pünktlich in der heutigen Pressevorführung und durfte mir den Kinosaal mit einem Kindergarten teilen.

WINNIE PUUH (1:1.85, DD 5.1)
OT: Winnie The Pooh
Verleih: Walt Disney
Land/Jahr: USA 2011
Regie: Stephen J. Anderson, Don Hall
Kinostart: 14.04.2011

Großer Aufruhr unter Christopher Robins ausgestopften Kuscheltieren: dem Esel I-Aah ist sein Schwanz abhanden gekommen! Mit vereinten Kräften machen sich Winnie Puuh, Tigger, die Eule, der Hase, das Känguruh nebst Kind und das kleine Schweinchen daran, nach einem Ersatz für das verlorengegangene Anhängsel zu finden. Doch derweil taucht ein neues Problem auf. Denn plötzlich ist Christopher Robin verschwunden. Ein hinterlassener Brief wird von der altklugen Eule dummerweise falsch interpretiert und so glauben alle, dass der kleine Junge von einem üblen Monster entführt wurde... Dass dieser Zeichentrickfilm aus dem Hause Disney für ganz junge Zuschauer gemacht wurde, merkt man nicht nur an der kindgerechten Spieldauer von nur knapp 70 Minuten (inklusive Vorfilm sowie ausgedehntem Abspann), sondern auch an der klassischen zweidimensionalen Realisierung der Animation. Durch die sehr vereinfacht dargestellten Bilder wird alles andere als eine Reizüberflutung erreicht, die leider in zeitgenössischen Computeranimationsfilmen überwiegt. So können sich speziell auch die jüngsten Zuschauer voll und ganz auf die schön erzählte Geschichte konzentrieren. Und einem erwachsenen Publikum tut das zur Abwechslung auch mal ganz gut. Dass der Film trotzdem nicht langweilt, liegt an den vielen netten Einfällen, die seine Macher aus der Schublade ziehen. So ist beispielsweise das bebilderte Buch über Winnie Puuh selbst Bestandteil des Films und die witzigen Charaktere nutzen mehr als nur einmal die zu Wörtern arrangierten Buchstaben für ihre ganz eigenen Zwecke. Wenn Winnie den ganzen Film über mangels eines Topfes mit süßem Honig mit Magengrummeln zu kämpfen hat und dieses dann aber einfach vergisst, um einem Freund in Not zu helfen, dann bietet der Film sogar noch eine Moral, welche sicherlich nicht nur die Kleinen mit nach Hause nehmen werden.
Freitag, 04. März 2011
Pubertierende Erwachsene
Nach einem guten Start an diesem Freitag gab es – ich hatte es schon fast geahnt – ein böses Erwachen beim zweiten Film. Letzterer hätte uns eigentlich schon gestern gezeigt werden sollen, doch die Filmkopie war verschwunden. Heute dann zweiter Versuch. Leider lieferte Warner den falschen Film. Doch immerhin traf dann der geplante Film – wenn auch verspätet – auch noch ein. Der Freitag war gerettet.

WILLKOMMEN BEI DEN RILEYS (1:1.85, DD 5.1)
OT: Welcome To the Rileys
Verleih: Arsenal
Land/Jahr: USA, Großbritannien 2010
Regie: Jake Scott
Darsteller: James Gandolfini, Kristen Stewart, Melissa Leo
Kinostart: 07.04.2011

Seit ihre gemeinsame Tochter im Alter von 15 Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist, haben sich Doug und Lois schleichend entzweit. Zwar leben sie noch zusammen, doch über den tragischen Verlust haben sie nie gesprochen. Doug amüsiert sich beim Pokerspiel mit seinen Kumpels und hat schon seit vier Jahren eine Affäre mit der Kellnerin Vivian. Und Lois hat seit dem Tod der Tochter das Haus nicht mehr verlassen. Als Vivian völlig unerwartet stirbt und Doug kurz darauf während eines geschäftlichen Aufenthalts in New Orleans die 16jährige Ausreisserin Mallory in einem Stripclub kennenlernt, regen sich in ihm väterliche Gefühle für das Mädchen. Er beschließt in New Orleans zu bleiben und ihr zu helfen.... Jake Scott, Sohn des legendären Ridley Scott, hat einen Film der leisen Töne geschaffen, dessen Thema die Trauerbewältigung ist. Als Doug (hervorragend gespielt von James Gandolfini) die in elenden Verhältnissen um ihr Überleben kämpfende Mallory trifft, beginnt er erstmals sich mit dem Tod der eigenen Tochter auseinanderzusetzen, indem er seine Gefühle für die Tochter auf das Mädchen projiziert. Auch für Lois beginnt die Zeit der Trauerbewältigung. Denn der plötzliche Entschluss ihres Mannes in New Orleans zu bleiben, treibt sie an, erstmals wieder das Haus zu verlassen. Für beide steht aber das Schwierigste noch bevor: ein Dialog. Kristen Stewart darf in diesem Film endlich einmal wieder ihr Talent unter Beweis stellen, war sie doch mit den TWILIGHT-Filmen stets unterfordert. Die Rolle der ordinär sprechenden Prostituierten, die eigentlich eine Hand braucht, die sie führt, meistert sie mit Bravour. Und die unlängst für ihre Rolle in THE FIGHTER mit einem Oscar belohnte Melissa Leo brilliert als Lois, die nach vielen Jahren endlich wieder langsam ins Leben zurückfindet.

ALLES ERLAUBT – EINE WOCHE OHNE REGELN (1:2.35, DD 5.1)
OT: Hall Pass
Verleih: Warner
Land/Jahr: USA 2011
Regie: Bobby Farrelly, Peter Farrelly
Darsteller: Owen Wilson, Jason Sudeikis, Jenna Fischer
Kinostart: 10.03.2011

Die besten Freunde Rick und Fred sind beide schon seit vielen Jahren verheiratet. Längst ist in beiden Ehen eine Ermüdung eingetreten und für Sex gibt es kaum noch Gelegenheit. Kein Wunder also, dass die beiden wieder in pubertäres Gehabe verfallen und jedem Rockzipfel hinterherschauen. Sehr zum Leidwesen ihrer besseren Hälften. Um ihren Jungs die Gelegenheit zu geben, sich mal wieder richtig auszutoben, um sie danach wieder ganz für sich zu haben, erteilen die Mädels den beiden einen Freischein: Eine ganze Woche lang dürfen sie tun und lassen was sie wollen! Das lassen sich Rick und Fred nicht zweimal sagen und blasen zum Sturmangriff auf alles, was pralle Oberweiten und knackige Hintern hat. Doch wo findet man willige Zweibeiner? Die Suche gestaltet sich höchst schwierig... Dass es am Ende dieser einen Woche eigentlich die Ehefrauen sind, für die die gewährte Auszeit zu amourösen Erfolgen führt, dürfte niemanden wirklich wundern. Dazu stellen sich Owen Wilson und Jason Sudeikis alias Rick und Fred einfach viel zu dumm an. Ob unter Alkoholeinfluss oder im Beisein ihrer Freundesclique – die Erfolge beim weiblichen Geschlecht bleiben den beiden verwehrt. Und so plätschert das neueste Werk der Gebrüder Farrelly, die einst mit VERRÜCKT NACH MARY für volle Kassen sorgten, fast endlos vor sich hin. Witzige Einfälle sind leider extreme Mangelware. Dafür sparen die Brüder aber nicht an Unter-die-Gürtellinie- und Fäkal-Einlagen und beweisen einmal mehr, dass sie noch mitten in der eigenen Pubertät stecken. Gags zum Lachen gibt es für Anspruchsvolle genau zwei Stück – einer in der Mitte des Films und einer während des Abspanns. Letzteren werden die meisten Zuschauer aufgrund ihrer panikartigen Kinoflucht beim ersten Aufblitzen eines Credits sowieso nicht miterleben. Wozu also die ganze Liebesmüh?
Mittwoch, 02. März 2011
Der kleine Bieber
Ein als Dokumentarfilm getarnter Fanartikel verkürzte heute meinen Morgen.

JUSTIN BIEBER – NEVER SAY NEVER (1:1.85, 3D, 5.1)
OT: Justin Bieber: Never Say Never
Verleih: Paramount
Land/Jahr: USA 2011
Regie: Jon M. Chu
Darsteller: Justin Bieber, Miley Cyrus, Sean Kingston, Jaden Smith
Kinostart: 10.03.2011

Man soll es nicht für möglich halten in welchen Freudentaumel zumeist ganz junge Mädels geraten, wenn sie seinen Namen nur hören. Justin Bieber gilt als das Teen-Phänomen der Neuzeit. Mit 16 Jahren steht der Kanadier bereits dort, wo einst U2, die Rolling Stones oder Michael Jackson auftreten durften: auf der Bühne des Madison Square Garden in New York. Der Saal ist komplett ausverkauft und die kleinen Gören schreien sich ihre dünnen Stimmchen aus den Leibern als ihr Held Justin aus dem Nebel auftaucht. Jon M. Chus Film über Justin Bieber ist kein Dokumentarfilm im herkömmlichen Sinn, sondern protokolliert Biebers Werdegang einzig und alleine für seine Fans. Sozialkritische Betrachtungen oder Auseinandersetzungen mit künstlerischen Aspekten bleiben hier außen vor – hier wird ganz das Teenidol ins Zentrum gerückt und Friede-Freude-Eierkuchen zelebriert. Spektakuläre Konzertauftritte (von Kameralegende Red Smoot eindrucksvoll in 3D eingefangen) wechseln sich ständig mit Backstage- und Archivmaterial ab, das den jungen Bieber bei Alltäglichem zeigt. Zu Wort kommen ausschließlich Personen aus seinem Umfeld, die allesamt bestätigen, dass sie es hier mit einem Wunderknaben zu tun haben. Bieber selbst darf sich nicht dazu äußern. Möglicherweise wäre das auch einfach zu peinlich geworden. Da lässt man dann doch lieber die weiblichen Fans vor laufender Kamera posieren, die aus tiefster Überzeugung davon reden, Justin zu ehelichen. Und das ist dann richtig amüsant bei diesem überlangen Fanartikel.
Dienstag, 01. März 2011
Löwenstark
Eine Hoffnung machende Dokumentation und ein rabenschwarzes Stück Kino von der Insel erhellten meinen Tag heute.

BENDA BILILI! (1:1.85, DD 5.1)
OT: Benda Bilili!
Verleih: Kool
Land/Jahr: Frankreich 2010
Regie: Renaud Barret, Florent de La Tullaye
Kinostart: 19.05.2011

“Staff Benda Bilili” – so nennt sich eine Truppe von Straßenmusikern in Kinshasa, Kongo. Doch es ist nicht eine ganz normale Truppe. Denn bei vier ihrer Mitglieder handelt es sich um Schwerbehinderte, die sich mit skurril anmutenden Dreirädern durch die zerstörten Straßen der Stadt bewegen. Allesamt sind sie arm und können mit ihrer Musik ihre Familien gerade mal so durchbringen. Ihre gemeinsame Musik macht sie stark. Die tagtäglichen Sorgen werden meist spontan in neue Lieder umgesetzt, die sie sofort den vorübergehenden Passanten zu Gehör bringen können. Auch verstehen sich die Musiker als kleines Auffangbecken für Straßenkinder, für die sie sorgen so gut sie können. 2006 stößt der dreizehnjährige Roger dazu. Auch er einer der Ärmsten. Eigentlich sollte er zur Schule gehen, doch er muss Geld für die Familie verdienen. Auf seinem selbstgebastelten Musikinstrument (bestehend aus einer einzigen Saite und einer Blechdose!) zaubert er virtuos faszinierende Klänge. Die Filmemacher Renaud Barret und Florent de La Tullaye haben die Musiker über mehrere Jahre beobachtet. Entstanden ist dabei eine ungewöhnliche Dokumentation über den unbeirrbaren Glauben der Gruppe, sich mit ihrer Musik einen Namen zu machen und sich eines Tages aus den Slums zu erheben. Doch viele Hindernisse und Niederschläge müssen noch überwunden werden, bevor die Musiker zu einem Musikfestival nach Frankreich eingeladen werden - ein historisches Ereignis im Leben jedes Einzelnen. Ein schöner Dokumentarfilm über Beharrlichkeit und den Mut nicht aufzugeben, unterlegt mit der rhythmischen Musik der “Staff Benda Bilili”.

FOUR LIONS (1:1.85, DD 5.1)
OT: Four Lions
Verleih: Capelight
Land/Jahr: Großbritannien 2010
Regie: Christopher Morris
Darsteller: Riz Ahmed, Arsher Ali, Nigel Lindsay
Kinostart: 21.04.2011

Irgendwo in England. Ein paar eingebürgerte Islamisten sind der Meinung, den Heiligen Krieg nach England holen zu müssen. Unter den Fittichen ihres durchgeknallten Führers lassen sich zwei von ihnen nach Pakistan schicken, um dort in einem Trainingscamp als Terroristen ausgebildet zu werden. Doch deren Dummheit lässt den Schuss im wahrsten Sinne des Wortes nach hinten losgehen. Unverrichteter Dinge kehren sie wieder heim und schmieden Pläne für einen Sprengstoffanschlag. Doch die mangelnde Intelligenz der Jungs gestaltet die Durchführung einer solchen Tat recht kompliziert und lässt die Möchtegern-Terroristen nicht nur einmal mit der Tücke des Objekts kämpfen... Ein Film, wie er nur aus dem Land der Monty Pythons kommen kann. Denn nur die Briten verstehen sich so vorzüglich darauf, ein äußerst heikles Thema derart politisch unkorrekt anzugehen und dabei noch jede Menge Spaß zu haben. Der Spaß ist hier natürlich von solcher Natur, dass einem der ein oder andere Lacher dann doch im Halse stecken bleibt. Doch das Schmunzeln bleibt. Der Heilige Krieg mitsamt seinen Selbstmordattentätern wird vom englischen Radio- und TV-Comedian Christopher Morris so sehr durch den Kakao gezogen, dass man sich sogar beim letztjährigen Bradford International Film Festival entschieden hat, den Film nicht zur Eröffnung zu zeigen. Aber auch hierzulande sorgte FOUR LIONS für gemischte Gefühle. Denn die furiose Begeisterung, die dem Film beim Fantasy Filmfest zuteil wurde, teilte die CSU nicht und wollte für ein Aufführungsverbot sorgen. Doch damit ist man glücklicherweise gescheitert. So wird FOUR LIONS ab 21. April in bundesdeutschen Kinos zu sehen sein. Allerdings in einer deutschen Synchronfassung, die der Originalfassung mit ihrem wüsten Gemisch aus Arabisch und argem Yorkshire Slang nicht gerecht werden wird. Dem Ensemble merkt man regelrecht den Spaß an, den es bei den Dreharbeiten gehabt haben muss und der Funke springt schon nach kurzer Zeit auf das Publikum über. Sowohl in Bradford (wo ich der Premiere des Films beiwohnen durfte) als auch auf dem Fantasy Filmfest sorgten die dümmlichen Gotteskrieger für frenetischen Beifall. Fans rabenschwarzen Humors sei der Film ans Herz gelegt.

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