Wolfram Hannemann
Filmkritiker / Freelance Journalist / Filmemacher

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Dienstag, 26. April 2011
Ein Klassiker und eine Remake
Die beiden einzigen Pressevorführungen, die ich in dieser Woche besuchen werde, gab es heute. Was zum Kuckuck mache ich mit dem Rest der Woche?

METROPOLIS (1:1.33, DD 5.1)
Verleih: Warner
Land/Jahr: Deutschland 1927-2010
Regie: Fritz Lang
Darsteller: Brigitte Helm, Alfred Abel, Gustav Fröhlich
Kinostart: 12.05.2011

Damit es sich die Oberschicht so richtig gut gehen lassen kann, muss die Unterschicht extrem hart arbeiten. In Fritz Langs epochemachendem Sci-Fi-Spektakel wird dieser Zustand in einfachen Bildern symbolisiert. Die Arbeiterschicht haust tief unter der Erde von Metropolis, jener gigantischen Stadt, deren Schöpfer Joh Fredersen wie ein Gott von ganz oben die Geschicke der Stadt regiert. Als sein Sohn Freder sich in das Arbeitermädchen Maria verliebt und die ausbeuterische Situation der Arbeiterschicht kennenlernt, beginnt das Imperium zu wanken. Ob STAR WARS oder BLADE RUNNER – es gibt wohl kaum einen zeitgenössischen Sci-Fi-Film, der nicht von METROPOLIS beeinflusst wurde. Der nach seiner Uraufführung erheblich verstümmelte Film wird jetzt erstmals in einer nahezu kompletten Version gezeigt. Zu verdanken ist dies einer zufällig aufgefundenen 16mm-Kopie des Films, die in einem Filmarchiv in Südamerika schlummerte. Viele Szenen dieser 16mm-Fassung wurden in die bis dahin vollständigste Version integriert. Leider sind die extrem vielen Schrammen des entdeckten Filmmaterials in der jetzt vorliegenden Fassung zu sehen, doch sie tun dem Erlebnis keinerlei Abbruch. Neu eingespielt und auf Dolby Digital 5.1 abgemischt wurde die Originalmusik von Gottfried Huppertz, die für die Premiere des Films im Jahre 1927 komponiert wurde. Auch wenn zu Stummfilmzeiten wesentlich mehr mit Gestik und Gesichtsausdruck gearbeitet wurde als heutzutage, so wirkt METROPOLIS auch noch heute nachhaltig und sollte von jedem Filmfan gesehen werden.

ARTHUR (1:1.85, DD 5.1)
OT: Arthur
Verleih: Warner
Land/Jahr: USA 2011
Regie: Jason Winer
Darsteller: Russell Brand, Helen Mirren, Greta Gerwig, Jennifer Garner, Nick Nolte
Kinostart: 05.05.2011

Arthur ist ein extrem verwöhnter junger Mann. Durch seine abnormal reiche Mutter kann er sich ein Leben in Saus und Braus leisten, muss nicht arbeiten und hat jede Menge Freundinnen. Und er hat eine Nanny – Miss Hobson. Sie kümmert sich stets darum, dass das Chaos, das Arthur in seinem Übermut und mit etwas zuviel Alkohol im Blut hinterlassen hat, auch wieder weggeräumt wird. Damit er sein zügelloses Leben weiter genießen kann, willigt er ein, die von seiner Mutter aus geschäftlichen Gründen auserkorene Susan zu ehelichen. Doch das stellt sich als ein großes Problem heraus, das Arthur plötzlich die reizende Naomi kennenlernt... Im Remake einer Komödie aus dem Jahre 1981 (damals mit Dudley Moore in der Titelrolle) nervt vor allem eines ganz gehörig: Hauptdarsteller Russell Brand, der leider alles andere als komisch ist. Immerhin stehen ihm zum Ausgleich zwei extrem gute Darstellerinnen zur Seite. Helen Mirren spielt Kindermädchen Hobson in bester britischer Manier. Und die hübsche Greta Gerwig als Naomi ist wirklich unwiderstehlich – sie spielt ihre Rolle absolut überzeugend. Alles andere ist kalter Kaffee in diesem achtziger Jahre Aufguss, den die Welt nicht braucht. Zudem ist das Remake glatte 20 Minuten länger als das Original. Und das ist sehr nachteilig.
Donnerstag, 21. April 2011
Doppeltes Blutbad
Gerade richtig zu Ostern – zwei Horrorfilme. Der Eine augenzwinkernd, der Andere sozialkritsich.

SCREAM 4 (1:2.35, DD 5.1)
OT: Scream 4
Verleih: Wild Bunch
Land/Jahr: USA 2011
Regie: Wes Craven
Darsteller: Neve Campbell, Courteney Cox, David Arquette
Kinostart: 05.05.2011

Die Hauptdarstellerin bringt es mit ihrem Satz auf den Punkt: “Wenn Du ein Sequel machst, dann muss es das Original übertreffen!” Und genau das ist es, was Regisseur Wes Craven und Drehbuchautor Kevin Williamson 15 Jahre nach ihrem bahnbrechenden Slasher SCREAM mit dem neuesten Update ihres erfolgreichen Franchise tun: sie toppen das Original! 15 Jahre sind vergangen, seit der grausame Killer “Ghostface” das Örtchen Woodsboro in Angst und Schrecken versetzt hat. Jetzt kehrt die damals überlebende Sidney wieder in die alte Heimat zurück – mit ihrem Bestseller “Out of the Darkness”, in dem sie ihre traumatischen Erlebnisse von damals verarbeitet. Es dauert aber nicht lange bis die Mordserie von Neuem beginnt. Sheriff Dewey bekommt alle Hände voll zu tun, von einem Tatort zum nächsten zu jagen. Und eines ist ganz sicher: der Killer hat es auf Sidney abgesehen... Mit der genialen Eröffnungssequenz legt Wes Craven die Marschroute für seinen Film von Anfang an fest. Da sitzen zwei flotte Mädels gemeinsam auf der Couch und schauen sich eines der vielen Sequels eines Slasherfilms mit dem Titel “Stab” an. Da kommt der unvermeidliche Anruf, der vor 15 Jahren bereits Drew Barrymore das Leben gekostet hat. Die Teens sehen sich alsbald mit dem grausamen Ghostface konfrontiert und rennen um ihr Leben. Schnitt. Wieder sitzen zwei hübsche Girls auf der Couch und schauen sich ein Sequel von “Stab” an. Dem Zuschauer wird jetzt klar: die erste Sequenz war “nur” ein Film. Wer jetzt allerdings glaubt, dass das schon alles war, dem stehen noch ein paar Überraschungen ins Haus. Denn das Gespann Craven/Williamson lassen ihre Zuschauer nicht zur Ruhe kommen. Während sie ihre Opfer um ihr Leben fürchten lassen, finden sie noch genügend Zeit dafür, ihre Protagonisten über Filmklischees, Torture Porns oder gar Bruce Willis reflektieren zu lassen. Alles überaus spannend, sehr blutig (die Freigabe ab 16 Jahren dürfte ein verspäteter Aprilscherz sein!) und stets mit einem Augenzwinkern inszeniert. Da fällt dann auch der Satz “Rule No. 1 for Remakes: Never Fuck with the Original!” Diesen herrlichen Satz könnte man sinngemäß so weiterführen: “But fucking can be so much fun!” Wes Craven würde das ganz bestimmt gefallen. SCREAM 4 – ein wahres Fest für Fans, das man sich nicht entgehen lassen sollte.

WIR SIND WAS WIR SIND (1:2.35, DD 5.1)
OT: Somos Lo Que Hay
Verleih: Alamode (Filmagentinnen)
Land/Jahr: Mexiko 2010
Regie: Jorge Michel Grau
Darsteller: Francisco Barreiro, Alan Chávez, Paulina Gaitan
Kinostart: 02.06.2011

Kannibalen haben es nicht einfach. Als der Vater plötzlich stirbt, stehen seine Frau und die drei Kinder vollkommen alleine da. Ein neues Familienoberhaupt muss her, das für die Nahrungsbeschaffung zuständig ist. Der jüngere Bruder kommt nicht in Frage. Er ist zu hitzköpfig und zu aggressiv. Die Wahl fällt auf den einfühlsamen Älteren, der mit seiner Homosexualität zu kämpfen hat. Bei den Außenseitern der Gesellschaft finden sich die potentiellen Opfer: Straßenkinder, Huren, Homosexuelle. Doch zwei korrupte Polizeibeamte kommen den Menschenfressern auf die Spur... Jorge Michel Graus düsterer Horrorfilm ist trotz seiner recht krassen Szenen, die absolut nichts für zart Besaitete sind, durchaus Arthaus-tauglich. Sinnbildlich für alle Randgruppen zeigt er am Beispiel der Kannibalen, wie nicht einmal deren extremste Überlebensstrategien ausreichen, um in dieser Welt zu überleben. Wie Außenseiter durch die Gesellschaft behandelt werden, zeigt bereits die Eröffnungssequenz ganz deutlich. Auf der Suche nach Nahrung schleppt sich der alte Vater mit letzter Kraft durch eine noble Einkaufsstraße, erbricht sich, bricht zusammen und bleibt liegen. Zwei Sanitäter schleppen ihn weg. Sofort kommt die Putzkolonne und wischt den Dreck weg. Und schon schlendern wieder Normalos über den Marmorboden.
Mittwoch, 20. April 2011
Zwei Mal zwei Brüder
Film Nummer 1 zeigte zwei Brüder, die niemals gegeneinander kämpfen werden, und Film Nummer 2 zeigte Brüder, die bis aufs Messer gegeneinander kämpfen. Es geht doch nichts über die Familie!

KLITSCHKO (1:1.85, DD 5.1)
Verleih: Majestic (Fox)
Land/Jahr: Deutschland 2011
Regie: Sebastian Dehnhardt
Kinostart: 16.06.2011

Dokumentarfilm oder einfach nur ein Prestige-Film? Nach Sichtung von Sebastian Dehnhardts Film über die Gebrüder Klitschko drängt einem sich diese Frage unweigerlich auf. Der Film beleuchtet fast ausschließlich die sportliche Karriere der beiden amtierenden Box-Weltmeister, schweigt sich aber über große Teile des Privatlebens der gebürtigen Ukrainer aus. Immerhin wird erwähnt, dass sich der ältere der beiden Brüder,Vatali, in seiner Heimat Kiev politisch engagiert. Dass die beiden jedoch jeweils einen Doktor-Titel innehaben erfährt man lediglich aus dem Presseheft. Die eingangs gestellte Frage lässt hier keine Wahl: Dehnhardts Film ist ein Imagefilm für die Klitschkos und soll deren Saubermannstatus richtig aufpolieren soll. Das gelingt dem Film hervorragend, denn schon bald verfällt der unbedarfte Zuschauer dem inszenierten Pathos. Hier bleibt alles sehr an der Oberfläche, was nichts mit Boxkampf zu tun hat. Was allerdings ziemlich stört sind fehlende Namenseinblendungen, die dem Zuschauer mitteilen, wer da jetzt in die Kamera spricht. Vielleicht lag’s kja auch einfach daran, dass uns einmal mehr eine Blu-ray des Films vorgesetzt wurde und wir möglicherweise gar nicht das Endprodukt zu Gesicht bekommen haben.

THOR (1:2.35, 3D, DD 5.1)
OT: Thor
Verleih: Paramount
Land/Jahr: USA 2011
Regie: Kenneth Branagh
Darsteller: Chris Hemsworth, Natalie Portman, Sir Anthony Hopkins
Kinostart: 28.04.2011

Weil Odins Sohn Thor ein echter Hitzkopf ist und sich damit in den Augen seines übermächtigen Vaters nicht als Thronfolger eignet, verbannt er ihn auf die Erde. Dort soll Thor so lange keine Macht mehr über seinen magischen Hammer haben, bis er gelernt hat, wie ein echter König zu handeln. Kaum auf der Erde angekommen, gibt es auch gleich schon Ärger. Denn während seiner Abwesenheit hat sich sein Bruder mit den Erzfeinden seines Vaters verbündet... Dass sich die neueste Verfilmung einer Comicvorlage aus dem Hause Marvel von anderen neuzeitlichen Fantasy- und SciFi-Spektakeln in keiner Art und Weise unterscheidet, dürfte schlicht und ergreifend daran liegen, dass Regisseur Kenneth Branagh seinem Film keine eigene Handschrift aufdrückt. Für ein solches Werk hätte es keines Kenneth Branagh bedurft! Überbordende Spezialeffekte, brachiales Sounddesign und komplett unterforderte Schauspieler machen noch lange keinen Film aus. Da benötigt man schon ein paar spritzige Ideen und ein intelligentes Drehbuch. Fehlanzeige. Sogar das 3D-Erlebnis ist hier Fehlanzeige und führt nur zu einem dunkleren Bild bei der Vorführung. Von richtigem Kino habe ich zumindest ganz andere Vorstellungen. THOR passt am ehesten noch ins TV-Nachtprogramm – man kann einfach sehr gut dabei schlafen! Aber Obacht: es gibt eine Belohnung für brave Abspann-Gucker.
Dienstag, 19. April 2011
Hanna rennt
Zweimal Action: eine, die man gleich wieder vergisst und eine, die im Gedächtnis haften bleibt. Mir war die Letztere wesentlich lieber.

FAST & FURIOUS FIVE (1:2.35, DD 5.1)
OT: Fast Five
Verleih: Universal
Land/Jahr: USA 2011
Regie: Justin Lin
Darsteller: Vin Diesel, Paul Walker, Dwayne Johnson
Kinostart: 28.04.2011

Noch auf dem Weg ins Gefängnis wird Dominic Toretto durch seine Schwester und seinen Schwager in spe mittels einer spektakulären Aktion befreit. Gemeinsam taucht das Trio in Rio de Janeiro unter. Dort bietet sich dem Gespann eine einmalige Gelegenheit, mit einem vollkommen neuen Leben anzufangen: denn die 100 Millionen Dollar eines Drogenbarons warten nur darauf, geraubt zu werden. Schnell wird ein unschlagbares Team zusammengestellt und ein ausgeklügelter Plan entworfen. Doch Special Agent Hobbs ist den guten Bösen bereits auf der Spur... Der fünfte und mit 130 Minuten Spielzeit der vermutlich längste Teil der FAST & FURIOUS Saga hat nur eines im Sinn: in den Multiplex-Kinos am Startwochenende möglichst viel Cash abkassieren! Logisch, dass sich die Drehbuchautoren daher auf das Wesentliche konzentrieren. Und das ist in diesem Falle beinharte Action. Die ist – wie könnte es heute auch anders sein – mittels der perfekten Kombination aus Stunts und visuellen Effekten – auch hervorragend gelungen und wird dem Zweck der Profitmaximierung sicherlich gerecht werden. Detaillierte Charakterzeichnungen oder physikalische Gesetze bleiben dabei natürlich auf der Strecke. Wer sich also vorsorglich mit einem Survival-Kit bestehend aus Popcorn und Softdrink im XXL-Format versorgt, dem dürften die furiosen Fünf großen Spaß bescheren. Wer allerdings weder Popcorn noch Softdrinks im Kinosessel mag, der sollte diesen Film großräumig umgehen. Mein persönliches Statement nach Sichtung dieses Adrenalinbeschleunigers: “I am too old for this S***!”

WER IST HANNA? (1:2.35, DD 5.1)
OT: Hanna
Verleih: Sony Pictures
Land/Jahr: USA, Deutschland, Großbritannien 2011
Regie: Joe Wright
Darsteller: Saoirse Ronan, Eric Bana, Vicky Kreips, Cate Blanchett
Kinostart: 26.05.2011

Fast ihr ganzes Leben lang lebte Hanna zusammen mit ihrem Vater irgendwo in der Wildnis. Vom Rest der Welt hat sie keine Ahnung. Und sie ist durch eine harte Schule gegangen. Denn ihr Vater hat dafür gesorgt, dass sie von klein an darauf gedrillt wurde, wie ein Soldat zu handeln. Doch jetzt wird die 16jährige flügge und will ihr Nest verlassen. Denn es gibt noch eine geheimnisvolle Rechnung zu begleichen. Die kommt in Gestalt der toughen Marissa, einer CIA-Agentin. Einst war sie die Kollegin von Hannas Vater, ebenfalls ein Geheimagent. Ihr Ziel: Hannas Vater zu töten und Hanna zu finden. Die Jagd beginnt. Ihr ausdrucksstarken Augen haben sich spätestens seit Peter Jacksons IN MEINEM HIMMEL eingebrannt: Saoirse Ronan begeistert als das eiskalte Girl Hanna, von dem sich männliche Action-Ikone gerne ein Stück abschneiden dürfen! Wenn Hanna auf der Flucht vor ihren Häschern durch Berlin rennt und aus den Kinolautsprechern Technomusik ertönt, dann hat das genau jene Power, mit der Tom Tykwer seine Lola seinerzeit durch dieselbe Stadt rennen ließ. WER IST HANNA entpuppt sich als überraschend gutes Action-Kino mit nicht vorhersehbarem Plot und dessen gepflegte Optik einfach begeistert. Auch wenn der Film nach der ersten Hälfte etwas abflaut, so hinterlässt er dennoch einen bleibenden positiven Eindruck. Schade, dass der Film schon vorbei ist.
Montag, 18. April 2011
Ziegen, die auf Männer starren
Der Terminkalender verspricht einen prall gefüllten Kinoplan für diese Woche. Den Auftakt machte ein extrem ruhiger Film – eine richtige Wohltat.

VIER LEBEN (1:1.85, DD 5.1)
OT: Le Quattro Volte
Verleih: NFP
Land/Jahr: Italien, Deutschland, Schweiz 2010
Regie: Michelangelo Frammartino
Darsteller: Giuseppe Fuda, Bruno Timpano, Nazareno Timpano
Kinostart: 30.06.2011

Nicht den Menschen wollte er in seinem Film in den Mittelpunkt stellen, sondern ihn in seiner Wechselwirkung mit allen anderen Objekten darstellen: Tiere, Pflanzen, Mineralien. Denn sie seien mit der gleichen Würde gesegnet wie der Mensch. So Regisseur Michelangelo Frammartino über seinen Film. Und Frammartino hält Wort. So beginnt sein in der süditalienischen Bergregion Kalabrien angesiedelter Film mit einem alten und kranken Ziegenhirten. Seine Medizin ist der Staub vom Kirchenboden in jenem Dorf, in dem er lebt. Als er eines Nachts stirbt, halten seine Ziegen die Sterbewache. Schon bald wird ein Zicklein geboren. Von nun an folgt die Kamera seinen Pfaden. Und zwar so lange, bis es eines Tages von der Herde getrennt wird und Unterschlupf unter einen riesigen Tanne sucht. Diese wird später von den Dorfbewohnern gefällt und landet letztendlich bei den Köhlern, die sie nach alter Tradition in Holzkohle verwandeln. Wenn am Schluss des Films schließlich Rauch aus dem Kamin eines Hauses im Dorf aufsteigt, schließt sich der Kreislauf. Frammartino hat einen poetischen Film über den ewigen Kreislauf des Lebens inszeniert. Und er tut dies mit unorthodoxen Methoden. Denn sein Film wirkt alles andere als inszeniert. Alles, so scheint es, hat seinen ganz natürlichen Ablauf. Der Verzicht auf Dialoge und Filmmusik macht seinen Film weitgehend dokumentarisch. Dem Betrachter wird der Mut zur Langsamkeit abgefordert. Die vielen statischen Einstellungen, die oft auch noch Totale sind, bewirken das genaue Gegenteil von jenen actiongeladenen Filmen, die stets den Menschen ins Zentrum rücken. Wenn man sich auf die poetische Erzählweise Frammartinos einlassen kann, ist der Kinoabend geglückt.
Freitag, 15. April 2011
Großmutter – warum hast Du so große Augen?
Das große Finale einer sehr dürftigen Kinowoche: ein No-Budget-Feature und ein Märchenthriller.

KOPFKINO (1:2.00, 5.1)
Verleih: Kambeck Filmproduktion
Land/Jahr: Deutschland 2011
Regie: Serdar Dogan
Darsteller: Ben Hansen, Cris Cosmo, Mary Muhsal
Kinostart: 12.05.2011

Tonio hat alles andere als ein gutes Selbstwertgefühl. Still und einsam sitzt der Buchverkäufer am liebsten in seinem Stammcafe und himmelt heimlich die hübsche Kellnerin Julia an. Das kann sein Kumpel “Schnitzel” nicht mehr länger mit ansehen und beschließt, Tonio bei der Eroberung von Julia zu helfen. Doch wie packt man das an? Klare Sache für Schnitzel: Tonio soll ihr einen Song schreiben! Dumm nur, dass Tonio weder singen noch schreiben kann. Doch mit Schnitzel als Coach lässt sich auch das hinbekommen. Und so hat Tonio plötzlich nicht nur eine Band im Rücken, sondern ist auch noch zum anstehenden Musikwettbewerb angemeldet... Auch wenn der Debütfilm von Serdar Dogan an einigen Stellen seinen Amateurstatus nicht kaschieren kann, so liefert er damit doch ein sehr beachtliches und ambitioniertes Werk ab. Dass Dogan offensichtlich ein Filmliebhaber ist, lässt sich unschwer an den Tagträumen seines Helden Tonio ablesen. Denn wann immer auch der seinen Gedanken freien Lauf lässt, sieht sich der Zuschauer unmittelbar mit liebevoll gestalteten Filmzitaten konfrontiert. Da wird Tonio dann zum edlen Ritter oder nimmt sich seine Julia, wie es nur ein Clark Gable als Rhett Butler kann. Derlei nette Einfälle lassen gerne über andere Unzulänglichkeiten hinwegsehen – zumal es sich bei KOPFKINO um eine Produktion mit Minimalbudget handelt. Ben Hansen als Tonio und Cris Cosmo als Schnitzel hatten beim Dreh ganz offensichtlich viel Spaß. Ihre unverbrauchten Gesichter bringen frischen Wind auf die große Kinoleinwand. Ben Hansen betätigte sich dabei nicht nur als Schauspieler, sondern lieferte auch den Score zum Film. Der ist wirklich gut gelungen, untermalt jedoch zuviele Szenen. Weniger wäre hier mehr gewesen. Fazit: bei einem solchen Debütfilm darf man sich schon auf Folgeprojekte freuen!

RED RIDING HOOD – UNTER DEM WOLFSMOND (1:2.35, DD 5.1)
OT: Red Riding Hood
Verleih: Warner
Land/Jahr: USA 2011
Regie: Catherine Hardwicke
Darsteller: Amanda Seyfried, Shiloh Fernandez, Max Irons, Virginia Madsen, Gary Oldman
Kinostart: 21.04.2011

Irgendwann in einer alten Zeit, irgendwo in einem kleinen Dorf. Schon seit vielen Jahren werden die verängstigten Bewohner bei Vollmond von einem grausamen Wolf heimgesucht. Als die junge Valerie bei einer erneuten Attacke der Bestie ihre ältere Schwester verliert, beschließt die Gemeinschaft den Wolf zu jagen. Gesagt – getan. Mit einer Wolfstrophäe heimkehrend wiegen sich die Dörfler in Sicherheit. Doch da taucht Pater Soloman mit seiner Garde auf – ein echter Inquisitor. Und er behauptet, dass die Jäger den falschen Wolf erlegt haben. Denn beim echten Wolf handele es sich um einen Werwolf – und der lebt schon immer getarnt als einer der Dorfbewohner... Catherine Hardwicke interpretiert das berühmte Grimm’sche Märchen vom Rotkäppchen auf ihre Art und Weise. Versatzstücke der Gebrüder Grimm kombiniert mit Elementen aus Fantasy-Filmen ergeben daraus eine Geschichte mit sexuellen Grundtönen, die von Entjungferung über Inzest bis hin zu Kindesmissbrauch reichen. Das alles wird freilich bei diesem ab 12 Jahren freigegebenen Werk extrem weichgespült und bedarf schon eines wachsamen Auges, um diese Schwingungen wahrzunehmen. Oberflächlich ist der Film leider nur Standardware und obendrein mit noch recht hölzern wirkenden visuellen Effekten. Immerhin gefällt die Optik des Films recht gut, gelingt es ihr doch den märchenhaften Charakter des Stoffes mit adäquaten Stimmungsbildern einzufangen. Wenn dann allerdings die attraktive Amanda Seyfried in ihrer Rolle als Valerie den von allen Zuschauern sehnsüchtig erwarteten Satz “Großmutter – warum hast Du so große Augen?” rezitiert, dann reizt das eher das Zwerchfell und nicht die Gänsehaut.
Donnerstag, 14. April 2011
Atomares und Tierisches
Mein heutiges Filmmenü bestand aus einer strahlenden Dokumentation sowie einer romantischen Zirkusattraktion.

UNTER KONTROLLE (1:2.35, DD 5.1)
Verleih: farbfilm (24 Bilder)
Land/Jahr: Deutschland 2011
Regie: Volker Sattel
Kinostart: 26.05.2011

Ihr Inneres wirkt wie eine Kulisse aus einem Science-Fiction-Film. Und wenn Mr. Spock plötzlich in der Kommandozentrale sitzen würde, würde sich vermutlich niemand darüber wundern. Die Rede ist von Kernkraftwerken. Mit seiner stets in Bewegung befindlichen CinemaScope-Kamera dokumentiert Regisseur Volker Sattel sozusagen den Ist-Zustand, der aktuell bei den Atommeilern herrscht. Ob es nun bereits stillgelegte Reaktoren sind, ob es sich nur um eine Ausbildungszentrale handelt, ob das Kraftwerk schon seit vielen Jahren abgebaut wird oder ob es noch nie in Betrieb gegangen war – Sattel besucht alle Stätten, die vom atomaren Zeitalter zeugen. Auch die Atomaufsichtsbehörde in Wien darf dabei nicht fehlen. Sein Film bleibt vollkommen unkommentiert. Nicht einmal Namen oder Dienstgrad der Personen, die ihm freimütig in die Kamera erzählen, erfährt man. Damit muss sich der Betrachter den Film und letztendlich seine eigene Meinung zur Materie selbst zusammenbauen. Sind diese hochriskanten Kraftwerke tatsächlich unter Kontrolle? Die oft beängstigenden Bilder vom Innenleben der Industriegiganten lassen da schon gewisse Zweifel aufkommen. Sattels Film kommt natürlich auch just zur rechten Zeit. Denn mit einer Katastrophe wie der von Fukushima im Nacken wird es wohl keinen Zuschauer geben, der diese Bestandsaufnahme als absolut sicher einstufen wird.

WASSER FÜR DIE ELEFANTEN (1:2.35, DD 5.1)
OT: Water For Elephants
Verleih: Fox
Land/Jahr: USA 2011
Regie: Francis Lawrence
Darsteller: Reese Witherspoon, Robert Pattinson, Christoph Waltz
Kinostart: 28.04.2011

Nach dem plötzlichen Unfalltod seiner Eltern schmeisst der aus Polen stammende Jacob Jankowski sein Studium als Veterinär und schließt sich – dem Zufall sei Dank – einem Wanderzirkus an, der quer durch Amerika reist. Schnell findet er Gefallen an der hübschen Pferdedompteurin Marlena. Die aber ist mit dem Big Boss des Zirkus verheiratet, August Rosenbluth, einem Tyrannen mit psychopathischen Zügen. Als Rosenbluth eine Elefantendame für den Zirkus ankauft, ernennt er Jacob zum Elefantenbetreuer. Marlena soll mit seiner Unterstützung eine Elefantennummer erarbeiten. Jacob und Marlena kommen sich näher. Ein schwerwiegender Fehler, wie sich bald herausstellt... Auch wenn man das Buch nicht gelesen hat, so kann man doch Eins und Eins zusammenzählen. Und so läuft Francis Lawrences Film schon fast streng nach mathematischen Gesetzen ab. Zeit für Überraschungen wird hier nicht vergeudet. Das bricht dem Film natürlich das Rückgrat. Denn auch die größte Romanze aller Zeiten braucht etwas Würze! Der emotionale Funke vermag hier nur ganz selten auf das Publikum überzuspringen. Das freilich ist sehr schade bei einem sonst recht ordentlich fotografierten Film. Christoph Waltz mimt einmal mehr den Psychopathen, den er für Tarantino schon wesentlich überzeugender abgeliefert hat. Reese Witherspoon und Robert Pattinson als neues Traumpaar geht natürlich in Ordnung, bedient damit aber auch gleichzeitig wieder ein Klischee. Stellt man nicht allzu große Ansprüche an den Kinobesuch, so könnte WASSER FÜR DIE ELEFANTEN durchaus für ein prickelndes Kino-Date herhalten. Das Prickeln allerdings muss schon von der Begleiterin bzw. dem Begleiter ausgehen.
Montag, 11. April 2011
Familientragödie auf dem Baltikum
Den Auftakt zu einer sehr spärlich bestückten Pressewoche machte heute ein Film, von dem ich mir nicht viel versprochen habe und der mich eines Besseren belehrte.

DAS BLAUE VOM HIMMEL (1:1.85, DD 5.1)
Verleih: NFP (Warner)
Land/Jahr: Deutschland 2011
Regie: Hans Steinbichler
Darsteller: Juliane Köhler, Hannelore Elsner, Karoline Herfurth
Kinostart: 02.06.2011

Deutschland 1991. Als sie gerade dabei ist, eine Reportage über die Unruhen auf dem Baltikum anzufertigen, erhält die Berliner Redakteurin Sofia einen Anruf der Psychiatrie in Wuppertal. Dort wurde ihre äußerst aggressiv agierende Mutter Marga eingeliefert. Als Sofia ihrer Mutter gegenübersteht, erkennt die ihre Tochter schon längst nicht mehr. Marga lebt in der Vergangenheit und spricht nur wirres Zeug. Nach und nach jedoch gelingt es Sofia, Informationen aus ihr herauszukitzeln und so einem großen Familiengeheimnis auf die Spur zu kommen. Dieses führt sie geradewegs zu den Wurzeln ihrer Familie zurück – nach Lettland... Hans Steinbichler erzählt sein Familiendrama auf zwei Zeitebenen. Die erste führt uns zurück nach Lettland kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Dort heiratet die junge Marga (hervorragend gespielt von Karoline Herfurth) den jungen Yuris. Der aber hat sich in eine andere Frau verliebt hat und löst damit die Tragödie aus. Denn als das Deutsche Reich alle deutschstämmigen Bürger aus Lettland in die Heimat zurückbeordert, verlässt Yuris Marga und bleibt in Lettland. Die zweite Zeitebene zeigt uns Marga als eine an Alzheimer leidende alte Frau (gespielt von Hannelore Elsner), die gerne mit der Vergangenheit abschließen möchte, dies aber nicht kann. DAS BLAUE VOM HIMMEL ist gefühlsbetontes Kino mit sehr guter Kameraarbeit (Bella Halben) und exzellenter Filmmusik (Niki Reiser), das sich zum Ende hin leider etwas zieht. Ein Film darüber, dass man erst dann loslassen kann, wenn man mit seinem Gewissen im Reinen ist.
Donnerstag, 07. April 2011
Der Puppenspieler
Die zweite und gleichzeitig letzte Pressevorführung in dieser Woche...

DER BIBER (1:2.35, DD 5.1)
OT: The Beaver
Verleih: Concorde
Land/Jahr: USA 2011
Regie: Jodie Foster
Darsteller: Mel Gibson, Jodie Foster, Anton Yelchin
Kinostart: 19.05.2011

Einst war Walter Black ein gefeierter Unternehmer und ein liebevoller Vater. Doch das alles ist vorbei, seit er an einer schweren Depression leidet. Er verlässt Frau und Kinder, schottet sich komplett ab und versucht sich umzubringen – erfolglos. Eines nachts findet er eine Biber-Handpuppe in einer Mülltonne und nimmt sie mit. Er legt sie nicht mehr ab und schon bald beginnt er mittels der Handpuppe mit sich selbst zu sprechen. Aber schon bald verwendet er den Biber für jegliche Kommunikation mit der Außenwelt. Ob mit seinen Kindern, seiner Frau oder den Angestellten in seiner Firma – ab sofort lässt er nur noch den Biber sprechen. Die anfangs skeptischen Menschen beginnen allmählich zu verstehen, dass Walter damit eine Selbstheilung in Gang setzen will... Die Idee ist nicht von der Hand zu weisen: kannst Du nicht mehr selbst so sprechen, wie Du es möchtest, dann lasse es eine Puppe für Dich tun. Was sich zu Beginn sehr skurril anfühlt, wird mit der Zeit zur Normalität. Leider versteht es Regisseurin Jodie Foster in ihrem Film nicht so ganz, den Spagat zwischen Komödie und Drama tzu bewältigen. Wenn Walter vergebens Suizid begehen möchte, dann wirkt hier Mel Gibsons Auftritt wie eine Lachnummer. Gar nicht mehr zum Lachen ist dann wiederum die Konsequenz, die sich daraus ergibt, als der Biber den richtigen Walter eliminieren möchte. Mehr als eine Kurzgeschichte hätte es für dieses Thema ganz sicher nicht gebraucht. Um den Film aber auf Spielfilmlänge zu trimmen, gibt es noch eine Nebenhandlung, die von Walters 17jährigem Sohn Porter handelt. Der will auf keinen Fall so enden wie sein Vater und tut alles dafür, was ihm letztlich aber viele Probleme bereitet. Ein stilunsicherer Film, der am Ende versucht, per Druck auf die Tränendrüse eine Wirkung zu erzielen.
Mittwoch, 06. April 2011
Wenn Eine träumt dass sie träumt
Heute Abend hiess es einmal wieder “nachsitzen!”. Denn aufgrund meines Abstechers nach Bradford hatte ich die Pressevorführung von Zack Snyders neuestem Film verpasst. Doch ich wäre wohl besser zuhause geblieben...

SUCKER PUNCH (1:2.35, DD 5.1)
OT: Sucker Punch
Verleih: Warner
Land/Jahr: USA 2011
Regie: Zack Snyder
Darsteller: Emily Browning, Abbie Cornish, Jena Malone
Kinostart: 31.03.2011

Um an das Familienerbe zu kommen, arrangiert ihr Stiefvater die Einlieferung von Baby Doll in eine Irrenanstalt. Dort träumt sich die 20jährige in eine andere Welt. Die grausame Tristesse des Irrenhauses wird so zum Edelbordell, in dem Baby Doll und ihre Leidensgenossinnen der Kundschaft zu Willen sein müssen. In diesem Traum träumt Baby Doll einen weiteren Traum und erfährt dort von einem asiatischen Guru, dass sie fünf Dinge sammeln muss, um dem Bordell zu entkommen... Wie immer gibt es bei Zack Snyder eine visuelle Reizüberflutung zu bestaunen. Doch im Gegensatz zu dem optisch atemberaubenden WATCHMEN scheint der Regisseur hier nur vorhandene Vorbilder originalgetreu zu kopieren. Ob Fantasyfilme wie HERR DER RINGE oder Actionspektakel wie TERMINATOR – keine einzige seiner Ideen ist neu. Freilich präsentiert sich der Film in einem gefälligen Look, der mehr an Comicmagazine angelehnt ist denn an Spielfilme, doch kann man damit die extrem dünne Handlung nicht kaschieren. Das können nicht einmal die stets leichtbekleideten Girlies, die mit Samurai-Schwert ebenso umgehen können wie mit Maschinengewehren. Leider findet der ganze optische Firlefanz keine adäquate Ergänzung im Soundbereich. Denn die Tonmischung klingt äußerst steril, fast so, als wäre das Werk bereits auf die Dynamik eines TV-Geräts angepasst worden. Was von diesem Film am Ende übrigbleibt ist die Erkenntnis, wertvolle Lebenszeit vergeudet zu haben.

Dienstag, 05. April 2011
Noch nicht ganz ausgereift
Die heutige Vorführung warf wieder einmal die Frage auf, warum ein Filmverleih einen noch nicht vollendeten Film der Presse präsentiert...

JOSCHKA UND HERR FISCHER (1:1.85, DD 5.1)
Verleih: X Verleih (Warner)
Land/Jahr: Deutschland, Schweiz 2011
Regie: Pepe Danquart
Kinostart: 19.05.2011

In seinem fast zweinhalbstündigen Dokumentarfilm lässt Regisseur Pepe Danquart den Politiker Josef “Joschka” Fischer sein bisheriges Leben Revue passieren. Die biographische Zeitreise schildert Fischers ungewöhnlichen Weg vom Rebellen zum deutschen Außenminister und zeichnet dabei die politischen Verhältnisse im Deutschland der letzten 60 Jahre nach. Danquart lässt Fischer selbst erzählen und kommentiert seinen Film nicht. Er zeigt den Ex-Außenminister dabei in einem großen Raum mit integrierter Video-Installation, welche Zeitdokumente in etwas wirrer Form auf unterschiedlich große Videoleinwände projiziert. Ein für Zuschauer aus der beschriebenen Zeit sicherlich interessanter Film, wird er jedoch jüngere Zuschauer kaum ansprechen. Das liegt natürlich auch daran, dass kaum Joschka zu Wort kommt, sondern immer nur Herr Fischer. Denn sein Privatleben wird nur ganz am Rande gestreift. In der heutigen Pressevorführung wurde uns leider ein unfertiges Produkt vorgeführt, das in bild- und tontechnischer Hinsicht sehr zu wünschen übrig ließ.
RÜCKBLICK FANTASY FILMFEST NIGHTS 2011

Samstag, 02. April 2011

13 ASSASSINS (1:2.35, DD 5.1)
OT: Jûsan-nin No Shikaku
Anbieter (Label): Ascot Elite Home Entertainment
Vertrieb: Ascot Elite Home Entertainment
Land/Jahr: Japan, Großbritannien 2010
Regie: Takashi Miike
Darsteller: Kôji Yakusho, Tsuyoshi Ihara, Yusuke Iseya
Kinostart: nicht vorhanden

Im Japan des 18. Jahrhunderts regiert Fürst Naritsugu, eine Abkömmling des Shogun, das Land mit äußerster Härte. Was anderes kann man auch von einem Sadisten schon erwarten? Um den vielen Qualen ein Ende zu bereiten, rotten sich ein paar mutige Samurais zusammen. Ihr Plan: sie wollen Naritsugu während seiner Reise durch die Provinz umbringen. Doch der Übermacht von 200 Kriegern stehen sie nur zu dreizehnt gegenüber... Takashi Miikes Filme sind eigentlich schon lange Pflicht auf dem “Fantasy Filmfest”. Kaum ein anderer japanischer Regisseur bringt eine solche Flut von Filmen hervor wie dieses Enfant Terrible des asiatischen Kinos. In seinem Historienspektakel geht es dem Meister dabei weit weniger um die Darstellung der politischen Lage seines Landes in jener Zeit oder gar um präzise Charakterzeichnungen. Sein Hauptaugenmerk liegt hier auf ganz klar auf der Action. Wenn sich die 13 tapferen Samurais mit den Heerscharen des Fürsten duellieren, dann fliegen die Fetzen. Allerdings hat man derartige Martial Arts Märchen schon in besserer Variation erleben dürfen. Erinnert sei hier an AZUMI, in dem es eine junge Frau mit Hunderten von gestandenen Kriegern lässige aufnimmt und damit echten Pep beweist.

KIDNAPPED (1:2.35, DD 5.1)
OT: Secuestrados
Anbieter (Label): Universum Film
Vertrieb: Universum Film
Land/Jahr: Spanien 2010
Regie: Miguel Angel Vivas
Darsteller: Ana Wagener, Fernando Cayo, Manuela Vellés
Kinostart: nicht vorhanden

Gerade erst sind Jaime, Marta und ihre Tochter in ihre neue Villa eingezogen, als sich am Abend plötzlich Maskierte auf brutale Weise Zugang zum Haus verschaffen. Die bösen Buben haben es auf das Geld der Familie abgesehen. Vater Jaime wird dazu gezwungen, mit einem der Täter und sämtlichen Geldkarten zum nächstgelegen Bankautomaten zu fahren, um die Konten leerzuräumen. Mutter und Tochter bleiben als Geiseln in den Händen der Komplizen. Ausgerechnet jetzt dreht einer der Typen durch und das Martyrium nimmt seinen Lauf... Fast ohne Schnitte lieferte Miguel Angel Vivas seinen Thriller ab. Die gibt es nur beim Wechsel der Filmrollen. Ansonsten bleibt die Kamera stets in Bewegung, folgt in langen Steadycam-Shots den Darstellern durch das riesige Haus oder fährt im Auto mit zum Bankomaten. Doch Vivas hält seinen eindrucksvollen Stil leider nicht ganz durch und unterbricht diesen durch den sehr willkürlich erscheinenden Einsatz der “Split Screen”-Technik, die dem Zuschauer zwei parallel ablaufende Handlungstränge präsentiert. Was allerdings bei diesem äußerst brutalen Thriller am meisten stört, ist der Dilettantismus, den die Gangster hier an den Tag legen. Das könnte vermutlich jeder Zuschauer besser! Nervtötend auch das ständige hysterische Geschrei der beiden Frauen, das unweigerlich dazu führt, dass man sich inbrünstig wünscht, dass die Bösen dieser akustischen Folter ein Ende bereiten. Miguel Angel Vivas‘ Film ist letztendlich eine Art Michael Haneke für Arme – ohne Nebenwirkungen.

TROLL HUNTER (1:1.85, DD 5.1)
OT: Trolljegeren
Verleih: Universal
Land/Jahr: Norwegen 2010
Regie: André Øvredal
Darsteller: Otto Jespersen, Glenn Erland Tosterud, Johanna Mørck
Kinostart: 07.04.2011

Eigentlich will das dreiköpfige studentische Filmteam einem Wilderer auf die Spur kommen, der im norwegischen Bergland Braunbären tötet. Einen Verdächtigen haben die drei auch gleich parat: ein seltsamer Kauz, der in einem abgewrackten Wohnwagen haust und nachts mit seinem Land Rover durch die Landschaft düst. Die Studenten hängen sich an seine Fersen nur um festzustellen, dass ihr vermeintlicher Wilderer ganz anderes im Schilde führt. Denn der Herr mit “Indiana Jones”-Hut auf dem Kopf jagt Trolle! Das Filmteam ist davon überzeugt, dass Hans – so sein Name – ein Spinner ist. Nach anfänglicher Blockade willigt er ein, sich von den Studenten bei seiner Arbeit beobachten zu lassen. Deren Skepsis bezüglich Trollen wird jetzt ganz schnell aus dem Weg geräumt... “Mockumentaries” sind in. Ganz im Stil von Filmen wie BLAIR WITCH PROJECT, CLOVERFIELD oder REC tarnt sich der Film von André Øvredal als Videoband, das nach dem Verschwinden der Protagonisten irgendwo aufgefunden wurde und jetzt in nicht überarbeiteter Form dem Publikum präsentiert wird. Herausgekommen ist dabei eine höchst vergnügliche Geschichte, die sich hervorragend darauf versteht, eindrucksvolle visuelle Effekte nahtlos in die imposante norwegische Landschaft mit ihren vielen Seen, Bergen und Wäldern einzufügen. Der niemals lächelnde Hans entpuppt sich als ein wahrer Profi in Sachen Trolle und erklärt dem Filmteam die vielen unterschiedlichen Varianten, die sich in Norwegens Bergwelt verstecken. Doch sein Job macht ihm nicht mehr so viel Spaß wie früher, seit Überstunden nicht mehr bezahlt werden und es auch keine Nachtzuschläge mehr gibt! Wer jetzt allerdings glaubt, dass man hier nur lachen kann, dem demonstriert André Øvredal, dass es auch anders geht. Anhand eines bombastischen Sounddesigns, dem nur technisch ausgereifte Kinos Stand halten können, sorgt er bei der fröhlichen Trolljagd durchaus auch für Schreckmomente. TROLL HUNTER dürfte zweifelsohne das Sahnestückchen der “Fantasy Filmfest Nights” gewesen sein. Ein Geheimtipp, den man sich nicht entgehen lassen sollte.

I SPIT ON YOUR GRAVE (1:2.35, DD 5.1)
OT: I Spit On Your Grave
Anbieter (Label): Sunfilm Entertainment
Vertrieb: Sunfilm Entertainment
Land/Jahr: USA 2010
Regie: Steven R. Monroe
Darsteller: Sarah Butler, Chad Lindberg, Tracey Walter
Kinostart: nicht vorhanden

Eine junge Frau mietet sich in einem vollkommen abgelegenen Waldhäuschen im amerikanischen Hinterland ein, um dort in Ruhe ihren Roman schreiben zu können. Es dauert nicht lange, bis plötzlich die vier Jungs von der nahe gelegenen Tankstelle in ihrem Haus stehen, sie bedrängen, foltern und schließlich brutal vergewaltigen. Selbst der Sheriff ist dabei mit von der Partie. Als die Männer die junge Frau umbringen wollen, kann sie sich in letzter Minute retten. Jetzt beginnt ihr kompromissloser Rachefeldzug... Das Remake eines bekannten “Rape & Revenge” Thrillers aus den siebziger Jahren vermeidet Spannung und zielt direkt auf die niedersten Instinkte des Publikums. Hier geht es nicht um Schuld und Sühne oder Rache und Gerechtigkeit, sondern nur darum, möglichst grausame Hinrichtungsmethoden anschaulich und en detail zu demonstrieren. I SPIT ON YOUR GRAVE gehört damit zweifelsfrei zur Gattung des “Torture Porns”. Wer will so etwas tatsächlich sehen? Ich jedenfalls nicht.

THE HOLE (1:1.85, 3D, DD 5.1)
OT: The Hole
Verleih: Ascot Elite
Land/Jahr: USA 2009
Regie: Joe Dante
Darsteller: Teri Polo, Haley Bennett, Chris Massoglia, Bruce Dern
Kinostart: nicht vorhanden

Zum wiederholten Male bereits muss Teenager Dane mit seinem jüngeren Bruder und seiner Mutter umziehen. Seit der Vater im Gefängnis ist, reist die kleine Familie von Ort zu Ort. Während sich seine Mutter auf einen nagelneuen Job freut, findet Dane das neue Domizil, ein kleines Vororthäuschen, einfach nur ätzend. Bis er die hübsche Nachbarin Julie kennenlernt. Eines Tages entdecken die Kids eine mit vielen Schlössern verriegelte Tür auf dem Kellerboden. Diese führt in ein unendlich tiefes Loch. Doch die Kids hätten diese Tür niemals öffnen sollen... Man kann es ganz gut verstehen, dass sich für diesen Film unter Regie von Joe Dante (GREMLINS) kein deutscher Filmverleiher gefunden hat. THE HOLE wird hierzulande direkt auf DVD und Blu-ray erscheinen und ist nur während der “Fantasy Filmfest Nights” im Kino zu sehen. Dantes Film ist schlicht und ergreifend einfach viel zu konventionell! Es ist, als ob Dantes eist nach wie vor in den achtziger Jahren verweilt. Die Story ist komplett vorhersehbar, bietet die üblichen Logikbrüche und vermag kaum Spannung aufzubauen. Überdies bedient sich der Regiealtmeister berühmter Vorbilder. So zitiert er nicht nur seinen eigenen Film GREMLINS (jetzt ist es eine Clownspuppe, die für Angst und Schrecken sorgt), sondern auch Bernard Roses alptraumhaften PAPERHOUSE (hier wie dort taucht ein böser Vater auf). Sogar die gängigen Szenen aus japanischen Horrorfilmen der Neuzeit sind enthalten (ein kleines, untotes Mädchen sowie andere Wesen, die ins Loch hineinkrabbeln). Viel zu kurz geraten ist der Auftritt von Dick Miller, den Dante in allen seinen Filmen auftauchen lässt. Dafür gibt es eine Performance von Bruce Dern, die Erinnerungen an Christopher Lloyds Darstellung des Professors aus ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT wachrufen. Also alles kalter Kaffee, für den es schwer sein wird, zahlendes Publikum zu finden. Immerhin: eine nette Gute-Nacht-Geschichte zum Thema “Stelle Dich Deiner Angst, damit Du sie überwinden kannst”.

Sonntag, 03. April 2011

ESSENTIAL KILLING (1:1.85, DD 5.1)
OT: Essential Killing
Verleih: Ascot Elite
Land/Jahr: Polen, Norwegen, Irland, Ungarn 2010
Regie: Jerzy Skolimowski
Darsteller: Vincent Gallo, Emmanuelle Seigner, Zach Cohen
Kinostart: nicht vorhanden

In der zerklüfteten Felsenlandschaft Afghanistans fällt ein Taliban-Kämpfer in die Hände der Amerikaner. Nach einem Martyrium aus Verhör und Folter wird er schließlich zusammen mit anderen Gefangenen außer Landes geflogen. Während eines Unfalls kann er seine Häschern entkommen und findet sich inmitten eines tief verschneiten Waldes wieder. Nichtsahnend wo er sich befindet, hat er nur ein Ziel: Überleben. Jerzy Skolimowskis im letzten Jahr bei den Filmfestspielen in Venedig mit dem Spezialpreis der Jury und dem Preis für den besten Hauptdarsteller ausgezeichnete Film kommt fast komplett ohne Dialoge aus. Wenn gesprochen wird, dann nur Unbedeutendes. Viel wichtiger erscheint hier der Überlebenskampf eines Menschen, der dafür notwendigerweise töten muss. Skolimowski zeigt zwar grausame Szenen, aber er lässt seine Kamera nie direkt daran teilhaben, wodurch sein Film noch viel intensiver wirkt. ESSENTIAL KILLING ist Arthaus-Kino, das eine innere Spannung erzeugt, die den Zuschauer weit mehr zu fesseln vermag als jeder konventionelle Actionfilm. Aufgrund der ausgezeichneten Ton- und Bildarbeit des Films wäre eine Kinoauswertung höchst wünschenswert. Die allerdings wird es in Deutschland nur während der “Fantasy Filmfest Nights” geben. Freilich gehört der Film dort eigentlich gar nicht hin, aber die Festivalmacher waren schon immer für ein paar Überraschungen gut. Danach wird der Film hierzulande leider nur auf DVD und Blu-ray vermarktet. Schade darum.

BURKE & HARE (1:2.35, DD 5.1)
OT: Burke & Hare
Anbieter (Label): Ascot Elite Home Entertainment
Vertrieb: Ascot Elite Home Entertainment
Land/Jahr: Großbritannien 2010
Regie: John Landis
Darsteller: Simon Pegg, Andy Serkis, Isla Fisher
Kinostart: nicht vorhanden

Im schottischen Edinburgh des 19. Jahrhunderts schlagen sich die beiden “Unternehmer” Burke und Hare mit halbseidenen Geschäften durch das Leben. Als die renommierten Mediziner der Stadt für ihre Forschungszwecke Leichen benötigen, die jedoch seit einer Gesetzesänderung nicht mehr ohne Weiteres zu beschaffen sind, springen die beiden Gauner mit ihrer neuen Geschäftsidee in die Presche. Für gutes Geld sollen sie mindestens zwei Leichen pro Woche beschaffen. Doch da leider keine Epidemie herrscht und auch sonst recht wenig gestorben wird, greifen Burke und Hare zu drastischeren Mitteln... Die Eröffnungscredits legen die Marschroute gleich von Anfang a fest: “Dieser Film beruht auf einer wahren Geschichte. Mit Ausnahme der Teile, die frei erfunden sind”. Damit überlässt Regisseur John Landis seinem Publikum die Entscheidung über Dichtung und Wahrheit. Eine Aufgabe, die man bei dieser rabenschwarzen Komödie gerne wahrnimmt! Mit bestem britischen Witz und noch besserem schottischen Akzent präsentiert Landis ein handverlesenes Ensemble, das das ohnehin schon sehr gelungene Drehbuch mit Leben erfüllt. Der Film avanciert binnen Minuten bereits zu einem Geheimtipp für Gourmets schwarzen Humors! Wie immer bei Filmen von Landis gibt es bekannte Filmschaffende in Gastauftritten zu sehen (u.a. Special Effect Guru Ray Harryhausen und Kameramann Robert Paynter). Tolle Schauspieler, stimmiges Produktionsdesign, guter Score – in einem Wort: klasse Kino!

MOTHER’S DAY (1:2.35, DD 5.1)
OT: Mother’s Day
Anbieter (Label): Kinowelt Home Entertainment
Vertrieb: Kinowelt Home Entertainment
Land/Jahr: USA 2010
Regie: Darren Lynn Bousman
Darsteller: Rebecca De Mornay, Jaime King, Deborah Ann Woll
Kinostart: nicht vorhanden

Während in dem kleinen Vororthäuschen mehrere befreundete Paare im Keller eine Party feiern, dringen vier Bankräuber auf der Flucht in das Haus ein und terrorisieren die Anwesenden. Als schließlich auch noch die Mutter der Räuber mitsamt Töchterlein eintrifft, wird es richtig schlimm... Das Remake eines achtziger Jahre Kultschockers ähnelt in seinem Aufbau sehr dem spanischen KIDNAPPED, der am Vortag bei den “Fantasy Filmfest Nights” zu sehen war. Leider bietet der Film des SAW-Regisseurs Darren Lynn Bousman nicht gerade viel, um Konsumenten glücklich zu machen. Denn wie bereits in I SPIT ON YOUR GRAVE, so setzt auch dieses Werk mehr Wert auf Brutaloeinlagen denn auf Spannung. Und einmal mehr erweist sich das Drehbuch als etwas weltfremd im Hinblick auf die Handlungsweisen sowohl der Bösen als auch der Guten. Einzig und allein die von Rebecca De Mornay mit souveräner Lässigkeit gespielte Mutter macht den Film erträglich. Hier hätte man sich allerdings weit mehr Sarkasmus und schwarzen Humor gewünscht. MOTHER’S DAY nimmt sich einfach viel zu ernst.

I SAW THE DEVIL (1:1.85, DD 5.1)
OT: Akmareul Boatda
Anbieter (Label): Splendid Film
Vertrieb: WVG Medien
Land/Jahr: Südkorea 2010
Regie: Kim Ji-Woon
Darsteller: Lee Byung-hun, Jeon Gook-hwan, Cheon Ho-jin
Kinostart: nicht vorhanden

Als seine junge Ehefrau von einem sadistischen Killer auf bestialische Weise abgeschlachtet wird, beginnt deren Mann, ein Geheimagent, seinen privaten Rachefeldzug gegen den Serienmörder. Dabei mutiert dieser selbst nach und nach zu einem extrem brutalen Monster, vor dem sich schließlich sogar der Serienkiller fürchten muss... Die mit Abstand brutalste Blutschlacht, die im Rahmen der “Fantasy Filmfest Nights” zu sehen war. Es ist schier unglaublich, was Koreaner alles an Schmerzen einstecken können! Doch bei all seinen extremen Grausamkeiten bietet I SAW THE DEVIL Adrenalinkino vom Feinsten. Hier stimmt das Drehbuch und die Darsteller können ihre Rollen glaubhaft vermitteln. Seine 140 Minuten Spielzeit vergehen wie im Flug. Und wenn man glaubt, dass der Film nach der ersten halben Stunde bereits sein Ende erreicht hat, so liegt man damit weit daneben und merkt ganz schnell, dass das nur das Vorspiel war. Das ausgefeilte und äußerst dynamische Sounddesign peitscht die effektvolle Filmmusik stets voran und sorgt dafür, dass man ab und zu das Atmen vergisst. Vor dem Konsum dieses Thrillers muss allerdings ein Warnung ausgesprochen werden: das ist alles andere als leichte Kost!

WAKE WOOD (1:2.35, DD 5.1)
OT: Wake Wood
Anbieter (Label): Atlas Film Home Entertainment
Vertrieb: Koch Media
Land/Jahr: Irland, Großbritannien 2010
Regie: David Keating
Darsteller: Ella Connolly, Eva Birthistle, Aidan Gillen
Kinostart: nicht vorhanden

Nachdem die beiden Eltern ihre kleine Tochter bei einem tragischen Unfall verloren haben, lassen sie sich in dem kleinen englischen Ort Wake Wood nieder. Bald schon erfahren sie, dass die Bewohner der Dorfes ihre kleine Tochter für drei Tage wieder zum Leben erwecken können. Sie lassen sich darauf ein, ohne die Konsequenzen zu bedenken... Britisches Kino der “Old School”, das leider etwas darunter leidet, dass die Geschichte in die Gegenwart transportiert wurde. Denn eine verschworene, kleine Dorfgemeinschaft mit dunklen Geheimnissen und magischen Kräften will so ganz und gar nicht in die Jetzt-Zeit passen. Die wäre viel besser (und vor allem wirkungsvoller!) in einem Schwarzweiß-Film der fünfziger Jahre aufgehoben. Damit belibt WAKE WOOD nur mäßig spannend und bietet die genre-üblichen Bluteffekte, welche ganz und gar nicht notwendig gewesen wären. Gruselkino ohne Nebenwirkungen.
Freitag, 01. April 2011
Tschernobyl 2.0
Manche Filme erhalten ungewollt brandaktuellen Bezug...

AN EINEM SAMSTAG (1:2.35, DD 5.1)
OT: V Subbotu
Verleih: NFP (Warner)
Land/Jahr: Russland, Deutschland, Ukraine 2011
Regie: Alexander Mindadze
Darsteller: Anton Shagin, Svetlana Smirnova-Martsinkievich, Stanislav Rjadinskij
Kinostart: 21.04.2011

Es ist Samstag, der 26. April 1986. Ein kleiner Ort in unmittelbarer Nähe zum Atomkraftwerk Tschernobyl. Es gab eine Explosion. Der junge Parteifunktionär Valerij erfährt an Ort und Stelle, dass eine gewaltige Katastrophe in Gang ist – auch wenn die Parteiführung abwiegelt. Hastig versucht Valerij zusammen mit einer Freundin einen Zug zu erreichen, um das verseuchte Gebiet zu verlassen. Doch der Absatz ihres Schuhes bricht ab. Die Flucht aus dem Katastrophengebiet misslingt. Und Valerij ist zum Schweigen verurteilt – er darf die Anderen nicht warnen. Ein ansonsten ganz normaler Samstag nimmt skurrile und verzweifelte Züge an... Extreme Großaufnahmen und verwackelte Bilder dominieren Alexander Mindadzes Spielfilm zum 25. Jahrestag der größten Umweltkatastrophe der Menschheit und erhält durch die Vorfälle in Japan ungewollt aktuellen Bezug. Die Protagonisten sind hin und her gerissen zwischen Verzweiflung und vollkommener Ungläubigkeit im Angesicht des Reaktorunfalls. Es ist der Tag des jüngsten Gerichts. Schnell will man sich noch aussöhnen und eine möglichst schöne Restzeit verbringen – mit Saufen, Tanzen, Musik machen. Mehrfach versucht Valerij vom Ort des Schreckens zu entkommen, doch es will ihm nicht gelingen. Letztendlich hält ihn die Angst vor dem Alleinsein ab, seinen Plan in die Realität umzusetzen. Alexander Mindadzes Film macht zwar stellenweise betroffen, doch kann er bedingt durch seinen extremen Erzählstil den Zuschauer nicht bis zum Ende an sich fesseln.

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