Wolfram Hannemann
Filmkritiker / Freelance Journalist / Filmemacher

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Dienstag, 31. Januar 2012
Wenn das Fernsehen auf Kino macht...
...kann das manchmal gehörig schiefgehen. Wie im heutigen Fall.

DAS HAUS ANUBIS – PFAD DER 7 SÜNDEN (1:2.35, DD 5.1)
Verleih: Studio100 Media
Land/Jahr: 2012
Regie: Jorkos Damen
Darsteller: Daniel Wilken, Kristina Schmidt, Marc Dumitru
Kinostart: 19.04.2012

Der Ausflug des Internats Anubis wird für eine Gruppe von Teenagern zu einer Reise in eine andere Zeit, als Daniel und Nina die “Ringe der wahren Liebe” tauschen. Denn plötzlich steht Ritter Roman hoch zu Ross vor ihnen und entführt Nina. Nur wenn Daniels Liebe zu Nina die wahre Liebe ist, wird er Nina wieder in die Gegenwart zurückholen können. Zum Beweis muss auch er das Tor in die Vergangenheit durchschreiten und dem Pfad der sieben Sünden folgen. Ein großes Abenteuer beginnt... Leider beweist schon der erste Kinofilm zu der Nickelodeon-Serie “Das Haus Anubis”, dass das Talent der Serienmacher ganz und gar nicht kinoreif ist. Die 82 Minuten fühlen sich wie mehrere Stunden an. Den Darstellern fehlt weitgehend das notwendige Talent, um überzeugend zu wirken. Dafür kann die Truppe prima irgendwie in der grünen Landschaft herumstehen. Der Film ist allerhöchstens für Kinder bis sechs Jahre geeignet.
Montag, 30. Januar 2012
Die Frau hinter der Politikerin
Mit einem Biopic eröffnete eine sehr magere Pressewoche heute ihre Pforten.

DIE EISERNE LADY (1:2.35, DD 5.1)
OT: The Iron Lady
Verleih: Concorde
Land/Jahr: Großbritannien 2011
Regie: Phyllida Lloyd
Darsteller: Meryl Streep, Jim Broadbent, Alexandra Roach
Kinostart: 01.03.2012

Als die “eiserne Lady” ist sie in die Annalen der Weltgeschichte eingegangen: Margaret Thatcher, die als Premierministerin die Geschicke des britischen Imperiums von 1979 bis 1990 lenkte. Im kleinen Tante-Emma-Laden um die Ecke kennt sie heute niemand mehr. Das verdeutlicht die Eröffnungsszene des Films. Sie zeigt die gealterte Thatcher beim Einkauf einer Packung Milch in einem kleinen Lebensmittelgeschäft irgendwo in London. Erst als sie wieder zuhause ist und sich mit ihrem Mann unterhält, erfahren wir, dass es um den Geisteszustand von Frau Thatcher nicht gut bestellt ist. Heimlich hat sie sich aus dem Haus geschlichen, vorbei an ihrer Betreuerin. Margaret Thatcher ist verwirrt, kann die Realität von der Illusion nicht mehr unterscheiden. Ihr Mann ist schon längst an Krebs gestorben – und doch unterhält sie sich stets mit ihm, sieht ihn. Während sie jetzt dabei ist, endlich ihr Haus zu entrümpeln, kommen ihr die vielen Erinnerungen an ihr aufregendes Leben wieder. Wie Geister schwirren sie um sie herum und lassen ein Stück Geschichte aufleben. Phyllida Lloyds Biopic über die erste weibliche Regierungschefin Großbritanniens verdankt seine Power der großartigen schauspielerischen Leistung von Meryl Streep, die Margaret Thatcher in zwei Zeitebenen verkörpert: als alte einsame Frau und als kämpferische Premierministerin. Ihr zur Seite steht ebenfalls ein grandioser Darsteller: Jim Broadbent brilliert als Thatchers Ehegatte. Durch die Vermischung von Thatchers Illusionen mit der Realität gestaltet sich Lloyds Film sehr kurzweilig und packend dazu. Alle wichtigen Stationen der Margaret Thatcher werden häppchenweise präsentiert – von ihren ersten Gehversuchen als Lokalpolitikerin bis hin zum Falklandkrieg, zu dem sie als Premierministerin den Befehl gab. DIE EISERNE LADY ist großes Schauspielerkino mit Tiefgang.
Freitag, 27. Januar 2012
Krimis aus Norwegen und Indien
Den Abschluss meiner Pressewoche bildeten zwei Action-Krimis. Welchem der beiden gebe ich wohl die höhere Wertung? Lesen Sie selbst.

HEADHUNTERS (1:2.35, DD 5.1)
OT: Hodejegerne
Verleih: NFP (Drei-Freunde)
Land/Jahr: Norwegen, Dänemark, Deutschland 2011
Regie: Morten Tyldum
Darsteller: Aksel Hennie, Nikolaj Coster-Waldau, Synnøve Macody Lund
Kinostart: 15.03.2012

Er ist zwar nur 168cm groß, lebt dafür aber auf sehr großem Fuß: der extrem erfolgreiche Headhunter Roger hat alles, was man(n) braucht. Ein Designer-Haus, ein tolles Auto und eine dazu passende Frau. Die versucht sich gerade als Galeristin. Um seiner Frau den gewohnten Lebensstil finanzieren zu können, beschreitet Roger allerdings weniger legale Wege. Denn mit seinem Gehalt als Headhunter lässt sich der Luxus keinesfalls halten. So führt er ein Doppelleben als Kunstdieb. Mit Hilfe seines Komplizen, der bei einer Sicherheitsfirma arbeitet, gelangt er problemlos in jedes Haus und kann die wertvollsten Gemälde von den Wänden klauen – zumeist bei jenen Personen, die bei ihm als Headhunter vorstellig werden. Sein gut eingerichtetes Leben gerät jedoch aus den Fugen, als er beim Einbruch das Handy seiner Frau im Bett seines Klienten findet. Betrügt sie ihn? Als kurz darauf auch plötzlich noch sein Komplize scheinbar tot in Rogers Auto liegt, beginnen sich die Ereignisse zu überschlagen. Morten Tyldum präsentiert in seinem Film norwegische Krimikost nach dem Roman von Jo Nesbø. Wer da anfangs glaubt, dass es dabei nur gemächlich und mit einer gehörigen Portion Sarkasmus zugeht, der hat sich geirrt. Denn binnen der ersten halben Stunde des Films vollführt selbiger einige überraschende Saltos. Der smarte Roger sieht sich plötzlich einer Verschwörung ausgesetzt, der zu entfliehen ihm schier unmöglich gemacht wird. Mit handfesten Splattereinlagen und schwarzem Humor legt der Film jetzt ein Tempo zu, das man gar nicht für möglich gehalten hätte. HEADHUNTERS ist spannendes, witziges und intelligentes Thriller-Vergnügen nicht nur für Genre-Fans. Unbedingt anschauen!

DON – THE KING IS BACK (1:2.35, DD 5.1 EX + 7.1)
OT: Don 2
Verleih: Rapid Eye Movies HE
Land/Jahr: Indien 2011
Regie: Farhan Akhtar
Darsteller: Shah Rukh Khan, Priyanka Chopra, Lara Dutta
Kinostart: 16.02.2012

Durch die Intrige eines Drogenkartells landet Supergangster Don ausgerechnet in dem Gefängnis, in dem auch sein Erzrivale einsitzt. Als es zur Konfrontation kommt, gibt ihm Don zu verstehen, dass dies alles zu seinem neuen Plan gehört: Don möchte die Druckplatten für Euro-Scheine aus der Zentralbank in Berlin stehlen... Die Vorfreude nach langer Zeit endlich einmal wieder einen Bollywood-Film auf der großen Leinwand sehen zu dürfen, war leider schnell vorbei. Denn die gewohnt gute Bild- und Tonqualität aus dem Filmland Indien war in DON 2 nicht zu finden. Man möchte fast behaupten, dass die Tonspur bei diesem Film suboptimal eingesetzt wird. Das ist umso erstaunlicher, da DON 2 einer der ersten Bollywood-Filme mit Dolby Surround 7.1 Tonmischung ist. Auch die Bildqualität enttäuschte bei der gesichteten 35mm-Kopie und lässt auf ein Duplikatnegativ schließen. Abgesehen von der nicht überzeugenden Technik enttäuscht auch der Film selbst. Fans der berühmten “Song & Dance”-Einlagen werden hier nicht auf ihre Kosten kommen. Dafür gibt es umso mehr Action-Szenen, in denen sich SRK prügeln darf. Dass der Film hauptsächlich in Berlin spielt, wirkt irgendwie seltsam und fühlt sich fast schon wie ein Fremdkörper an. Dass die mit Blaulicht durch die Berliner Straßen rasenden Polizei- und Feuerwehrautos kein “Tatü-Tata” von sich geben, sondern mit amerikanischen Sirenen ausgestattet sind, verstärkt das Fremdkörpergefühl immens. Wenn sich das Bollywood-Kino mit solchen Produktionen an westliche Standards annähern möchte, dann kann man das nicht gut heissen. Bollywood kann auch anders – und viel besser!
Donnerstag, 26. Januar 2012
Hausarrest und Fussballsammelkarten
Eine Liebesgeschichte vor politischem Hintergrund und ein Kinderfilm über Ängste standen heute auf der Tagesordnung.

THE LADY – EIN GETEILTES HERZ (1:2.35, DD 5.1)
OT: The Lady
Verleih: Universum (Walt Disney)
Land/Jahr: Frankreich, Großbritannien 2011
Regie: Luc Besson
Darsteller: David Thewlis, Michelle Yeoh, William Hope
Kinostart: 05.04.2012

Aung Sang Suu Kyi – ihr Schicksal ging um die ganze Welt. Als sie noch ein Kind war, wurde ihr Vater, der oberste General von Burma, bei einem Militärputsch getötet. Im Exil in England heiratete sie viele Jahre später den Oxford-Professor Michael Aris, mit dem sie schließlich zwei Söhne hat. Ende der Achtziger Jahre führt sie der Schlaganfall ihrer Mutter zurück in die Heimat, wo sie sehr schnell zur Hoffnungsträgerin der unterdrückten Bevölkerung avanciert. Doch das Militärregime ist nicht geneigt, seine Macht abzugeben und stellt sie unter Hausarrest. Ein Arrest, der viele Jahre dauern wird... Mit THE LADY meldet sich Frankreichs Kultfilmer Luc Besson wieder zurück in den Regiestuhl. Doch politische Themen scheinen leider nicht seine Stärke zu sein. So gerät der Film sehr schnell zu einem Film über die Liebe zwischen der Volksheldin und ihrem Oxford-Professor, die im Laufe der vielen Jahr auf harte Proben gestellt wird. Bessons Film plätschert ohne richtige Höhepunkte dahin und kommt erst gar nicht in Versuchung, sich mit den politischen Hintergründen auseinanderzusetzen. Das aber wäre sicherlich die wesentlich interessante Geschichte, zumal Suu Kyis Entlassung aus dem Hausarrest erst vor wenigen Monaten erneut um die Welt ging und ihre Geschichte bei den meisten Zuschauern äußerst präsent sein dürfte. Der Film endet interessanterweise mit dem Tod von Michael Aris, der Ende der Neunziger Jahre an Krebs starb. Warum die zuvor freigelassene Suu Kyi danach für weitere acht Jahre unter Hausarrest gestellt wurde, beantwortet Bessons Film nicht, sondern geht direkt zu den Endtiteln über. In technischer Hinsicht gibt es bei Besson jedoch nichts zu mäkeln. Auch seine beiden Hauptdarsteller überzeugen – David Thewlis sogar mehr noch als Michelle Yeoh. Fazit: viel zu seicht.

THE LIVERPOOL GOALIE ODER: WIE MAN DIE SCHULZEIT ÜBERLEBT! (1:1.85, DD 5.1)
OT: Keeper’n Til Liverpool
Verleih: Drei-Freunde (Kinostar)
Land/Jahr: Norwegen 2010
Regie: Arild Andresen
Darsteller: Ask von der Hagen, Susanne Boucher, Andrine Saether
Kinostart: 15.03.2012

Das Einzige, was ihm von seinem Vater noch geblieben ist, sind die beiden Handmuskeltrainer. “Wenn Du richtig zupacken kannst, dann gelingt Dir alles” war sein Spruch. Und man muss immer aufpassen. Ausgerechnet unter der Dusche ist er dann ausgerutscht und war sofort tot. Seither lebt der kleine Jo zusammen mit seiner übervorsichtigen Mutter im kleinen Häuschen. In der Schule ist er zwar Klassenprimus, wird dafür aber von dem Muskelpaket Tom-Erik drangsaliert und muss für ihn die Hausaufgaben machen. Seine große Leidenschaft und auch die seiner Kameraden ist das Sammeln von Fussballbildern. Das Bild vom Torwart der Mannschaft von Liverpool ist dabei das große Objekt der Begierde. Niemand hat es bisher bekommen. Aus Fussball selbst macht sich Jo nichts, da dieser Sport viel zu gefährlich sei. Als jedoch die hübsche Mari Lien in die Klasse kommt, ist es um Jo geschehen: er verliebt sich. Und alles wird sich ändern. Mit THE LIVERPOOL GOALIE liefert Regisseur Arild Andresen den erneuten Beweis, dass richtig gute Kinderfilme fast ausschließlich aus nördlichen Ländern kommen. Sein Film macht einfach Spaß – nicht nur Kindern, sondern gleichermaßen auch Erwachsenen. Mit tollen Regieeinfällen gestaltet sich Andresens Film extrem kurzweilig. Da lässt er uns direkt teilhaben an Jos Gedankenspielen. Denn wann immer Jo vor einer Entscheidung steht, sehen wir immer den “Worst Case” als Fallstudie im Zeitraffer vor unseren Augen ablaufen. Mal wird aus ihm ein Junkie, mal ein Fall für die Klapsmühle, mal wird er erschossen, mal landet er als Fischfutter im Fluss. Die Szenarien sind einfallsreich schwarz-humorig, jedoch nach wie vor kindgerecht umgesetzt. Und die Botschaft des Films wird unaufdringlich vorgetragen: man muss im Leben auch einmal etwas wagen. So endet denn der Film auch mit einer wunderbaren Einstellung: Jo steht als Torwart im Fussballtor. Als der gegnerische Stürmer unaufhaltsam mit dem Ball auf das Tor zukommt, wagt Jo den entscheidenden Schritt vorwärts aus dem Tor heraus. Ob er den Ball hält oder nicht wird man nie erfahren. Aber das ist in diesem Moment vollkommen unwesentlich. THE LIVERPOOL GOALIE ist ein kleines Filmjuwel.
Mittwoch, 25. Januar 2012
Verlustängste
Heute gab es zwar nur eine einzige Pressevorführung, dafür aber einen sehr ungewöhnlichen Film.

TAKE SHELTER – EIN STURM ZIEHT AUF (1:2.35, DD 5.1)
OT: Take Shelter
Verleih: Ascot Elite (24 Bilder)
Land/Jahr: USA 2011
Regie: Jeff Nichols
Darsteller: Michael Shannon, Jessica Chastain, Shea Whigham
Kinostart: 22.03.2012

Curtis ist ein fürsorglicher und liebevoller Familienvater. Mit Ehefrau Samantha und der gemeinsamen taubstummen Tochter Hannah lebt der Bauarbeiter in einem kleinen Häuschen irgendwo in den USA. Alles ist in Ordnung, wären da nicht die üblen Alpträume, die Curtis seit ein paar Tagen quälen. Darin sieht er sich und seine Familie einem brachialen Sturm ausgesetzt. Als er plötzlich auch noch alptraumhafte Halluzinationen hat, in der es ebenfalls um einen Sturm geht, beschließt er zu handeln: er erweitert den Schutzbunker auf seinem Grundstück. Gleichzeitig begibt er sich in psychiatrische Behandlung, da bei seiner Mutter im selben Alter paranoide Schizophrenie diagnostiziert wurde. Ist Curtis verrückt oder hat er Vorahnungen? An dieser Frage droht bald seine Ehe zu scheitern... Da baut Curtis also seine Version der Arche Noah – von allen verspottet und sehr zum Missfallen seiner Frau. Denn das dafür investierte Geld könnte sehr viel sinnvoller in eine notwendige Operation für die kleine Tochter gesteckt werden. Doch Curtis ist beharrlich. Michael Shannon mimt diese Beharrlichkeit, die irgendwo zwischen Besessenheit und Wahnsinn pendelt, sehr überzeugend. Auch Jessica Chastain als seine Frau Samantha überzeugt in ihrer Rolle. Mit den Bild- und Tonmitteln des Horrorfilms führt uns Regisseur Jeff Nichols die Alpträume seines Protagonisten ebenso plastisch vor Augen wie die subtile Bedrohung, die Curtis den ganzen Tag zu spüren scheint. David Wingos Filmmusik passt hervorragend zu den Bildern und sorgt für die richtige Stimmung. TAKE SHELTER ist ein ungewöhnlicher Film, der sich packend mit der Angst vor einem Verlust auseinandersetzt.
Dienstag, 24. Januar 2012
Ein deutsches Doppel
Ob sich der erste Film mit Ruhm bekleckern wird und man im zweiten Film ein bisschen Türkisch lernen kann – diese schwerwiegenden Fragen sollte das heutige Doppelprogramm beantworten.

RUHM (1:1.85, DD 5.1)
Verleih: NFP (Warner)
Land/Jahr: Deutschland, Österreich, Schweiz 2012
Regie: Isabel Kleefeld
Darsteller: Gennadi Vengerov, Senta Berger, Heino Ferch
Kinostart: 22.03.2012

Aufgrund einer Sperrfristvereinbarung gibt es die Kurzkritik zu diesem Film erst ab 12.03.2012 an dieser Stelle

TÜRKISCH FÜR ANFÄNGER – DER FILM (1:2.35, DD 5.1)
Verleih: Constantin
Land/Jahr: Deutschland 2012
Regie: Bora Dagtekin
Darsteller: Josefine Preuß, Elyas M'Barek, Anna Stieblich
Kinostart: 15.03.2012

Als der Ferienflieger notwassern muss, sieht sich die hübsche Lena dem Supergau ausgesetzt. Denn ausgerechnet mit dem Deutschtürken Cem, dessen Schwester Yagmur und dem stotternden Griechen Costa sitzt sie jetzt auf einer einsamen Insel mitten im Indischen Ozean fest, während ihre durchgeknallte Mutter im Nobelhotel etwas mit Cems Vater beginnt... Basierend auf der gleichnamigen TV-Serie kommt nun also die XXL-Version in breitem CinemaScope in die Kinos. Nach Sichtung der uns vom Filmverleih leider nur als unfertige Fassung vorgeführten Filmversion stelle ich mit Entsetzen fest, dass man nicht einmal im Kino mehr sicher vor derlei seichter Vorabendkost ist! Hier geht es nur um möglichst frauenfeindliche Sprüche und peinliches Machogehabe. Das präsentiert Elyas M'Barek wie immer gekonnt gut, zeigt aber auch deutlich, dass sich Herr M’Barek immer nur auf dieselbe Rolle casten lässt. Schade eigentlich. Wer beim Besuch dieses Films trotzdem noch lachen kann, dem gebührt ein Ehren-Oscar.
Freitag, 20. Januar 2012
Eine Erwachsene wird erwachsen
Eine Komödie mit ernsten Momenten bescherte mir die letzte Pressevorführung dieser Woche.

YOUNG ADULT (1:1.85, DD 5.1)
OT: Young Adult
Verleih: Paramount
Land/Jahr: USA 2011
Regie: Jason Reitman
Darsteller: Charlize Theron, Patton Oswalt, Patrick Wilson
Kinostart: 23.02.2012

Mit 37 Jahren hat Mavis Gary bereits ihre besten Jahre hinter sich. Einst war sie begehrte Autorin einer Romanreihe für Jugendliche, doch die Schreibkunst hat sie verlassen und die Serie soll eingestellt werden. Auch eine Ehe hat sie bereits hinter sich. Als sie in ihrem elektronischen Postfach eine Rundmail findet, in der ihr inzwischen verheirateter Ex-Freund Buddy stolz die Geburt seines Kindes mitteilt, fasst sie einen Entschluss: sie will Buddy mit allen Mitteln zurückgewinnen. Das Ziel vor Augen fährt sie von Minneapolis zurück in das Nest, aus dem sie stammt... Dass Mavis auch mit 37 noch längst nicht erwachsen ist, beweist sie mit jedem ihrer Schritte, die sie tut. Nur weiß sie es nicht. Zumindest noch nicht. Denn die Heldin der Geschichte wird im Laufe des Films eine Entwicklung durchleben – von der nicht nur von Teenager-Erinnerungen trunkenen, flippigen Frau hin zur selbstbestimmten Erwachsenen. Charlize Theron spielt Mavis. Und sie tut das sehr authentisch. Unter den Fittichen von Regisseur Jason Reitman demonstriert sie, wie man in den Kampf zieht, um einen Mann zu erobern. Viel Make-Up, Maniküre, Petiküre – ja sogar falsche Brüste sind die Tools, mit denen Mavis ihren Körper einsatzbereit macht. Das ganze Procedere wird von Jason Reitman mit genialen Montagen wie schon in UP IN THE AIR satirisch ins rechte Bild gerückt. Wie in fast allen seinen Filmen vermischt Reitman auch dieses Mal wieder komische und ernste Momente und schafft damit einen unterhaltsamen, aber auch nachdenklichen kleinen Film jenseits amerikanischer Mainstream-Ware.
Donnerstag, 19. Januar 2012
Moskauer Nächte und gute Menschen in Marseille
Das einzige Double Feature in dieser Woche servierte deutsche und französische Film-Kost.

DIE VIERTE MACHT (1:2.35, DD 5.1)
Verleih: Universal
Land/Jahr: Deutschland 2012
Regie: Dennis Gansel
Darsteller: Rade Serbedzija, Moritz Bleibtreu, Kasia Smutniak
Kinostart: 08.03.2012

Der Deutsche Paul Jensen heuert durch die Vermittlung eines einflussreichen Freundes seines tödlich verunglückten Vaters bei einer Illustrierten in Moskau an. Er soll dem Blatt neuen Schwung verleihen und zusammen mit seinem Fotografen die Moskauer Club-Szene ins Visier nehmen. Da wird er zufällig Zeuge des Mordes an einem Polit-Journalisten. Auf Bitte seiner attraktiven Kollegin Katja lässt er einen Nachruf auf den Toten abdrucken – sehr zum Missfallen des Chefredakteurs. Als er wenig später auch noch in unmittelbarer Nähe eines Bombenattentats auf die Moskauer U-Bahn gesehen wird, gerät er in die Hände der russischen Polizei und wird als Terrorverdächtiger in ein Gefängnis verschleppt. Für Paul beginnt eine harte Zeit auf Leben und Tod... Deutschlands große Nachwuchshoffnung Dennis Gansel, der mit DIE WELLE sein beachtliches Debüt gab und sich mit WIR SIND DIE NACHT sogar an einen deutschen Vampirfilm wagte, tat nicht gut daran, DIE VIERTE MACHT zu inszenieren. Nicht nur, dass der Film unter mittelmäßigen Darstellern leidet, er ist auch in jeder Hinsicht konventionell geskriptet und inszeniert. Alles kalter Kaffee möchte man sagen. Und man wird es sagen. Hinzu kommen unfreiwillig komische Einlagen wie jene, in der Paul und Katja in der vom Geheimdienst vollkommen durchwühlten Zimmer dann doch zufällig jene Informationen finden, wonach die Eindringlinge gesucht haben. Oder als die beiden mit Taschenlampen das Zeitungsarchiv durchsuchen und erst dann die Tischlampe einschalten, als sie gefunden haben, was sie suchten. Solche Patzer rücken den Film sehr schnell in die Kategorie “C-Film”. Bleibt zu hoffen, dass Dennis Gansel bei der Wahl seines nächsten Drehbuchs ein glücklicheres Händchen beweist. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

DER SCHNEE AM KILIMANDSCHARO (1:1.66, DD 5.1)
OT: Les Neiges Du Kilimandjaro
Verleih: Arsenal
Land/Jahr: Frankreich 2011
Regie: Robert Guédiguian
Darsteller: Ariane Ascaride, Jean-Pierre Darroussin, Gérard Meylan
Kinostart: 16.02.2012

Die Zeiten sind hart. Das bekommen auch Michel und Marie-Claire zu spüren, die seit fast 20 Jahren glücklich verheiratet sind. Gewerkschaftler Michel obliegt es, mittels Los die Namen von 20 Kollegen auszuwählen, die ihren Job als Hafenarbeiter in Marseille verlieren werden. Selbst seinen eigenen Namen fügt er der Loskiste aus Solidarität hinzu – und wird tatsächlich gezogen. Jetzt kann er sich als Frühpensionär um die lange versprochene Pergola bei seinem Schwiegersohn kümmern, mit den Enkelkindern am Strand spielen und sich ums Kochen kümmern, während seine Frau sich Tag für Tag um eine betagte Dame kümmert. Zu ihrem 20. Hochzeitstag bekommen Michel und Marie-Claire von den Kindern, Freunden und Kollegen eine Reise nach Afrika zum Kilimandscharo geschenkt. Doch noch bevor sie die Reise antreten können, geschieht etwas, das ihr Leben von Grund auf verändern wird: beim Kartenspiel mit Freunden werden sie brutal überfallen und um ihre gesamten Ersparnisse gebracht – einschließlich der Reise. Der brutale Raubüberfall bricht über den Kinozuschauer genauso gewaltig herein wie über die Protagonisten selbst. Bis dahin verläuft alles ruhig und beschaulich. Man arrangiert sich mit Michels Jobverlust und versucht, das Beste daraus zu machen. Doch von einem Augenblick zum anderen gerät das Leben der beiden aus den Fugen. Das plötzlich abhanden gekommene Geld reisst ein tiefes Loch in das finanzielle Polster. Rechnungen können nicht mehr bezahlt werden. Genau an dieser Stelle jedoch erweitert der Film den Blick auf die Dinge, indem er plötzlich die Täter zeigt. Einer der beiden ist ein junger Mann, den Michel entlassen musste und der sich um seine beiden wesentlich jüngeren Brüder kümmern muss. Einen Vater gibt es nicht und die Mutter ist nicht an ihren Kindern interessiert. Der Überfall war eine Verzweiflungstat. Was danach im Film passiert, trägt zwar märchenhafte Züge, wäre jedoch durchaus möglich. Die großartigen Schauspieler sorgen jedenfalls dafür, dass die Wendung hin zum Guten sehr überzeugend beim Zuschauer ankommt. Regisseur Robert Guédiguian erteilt uns allen mit seinem sehr gefühlvollen Film eine moralische Lektion, über die Nachzudenken sich lohnt.
Mittwoch, 18. Januar 2012
Die vielen Gesichter der Trauer
Heute gab es leider keine Pressevorführung. Macht aber nichts – es gibt ja noch den Stapel von Screenern, die angeschaut werden möchten.

TAGE, DIE BLEIBEN (1:2.35, DD 5.1)
Verleih: alpha medienkontor
Land/Jahr: Deutschland 2011
Regie: Pia Strietmann
Darsteller: Götz Schubert, Max Riemelt, Mathilde Bundschuh
Kinostart: 26.01.2012

Ein tragisches Unglück bricht über Familie Dewenter ein: Mutter Andrea verunglückt tödlich bei einem Autounfall. Von einer Minute auf die andere verändert sich das Leben von Ehemann Christian, Sohn Lars und Tochter Elaine. Dass der Vater eine Affäre mit einer anderen Frau hat und auch die Mutter kein unbeschriebenes Blatt war, sind nur zwei von vielen Problemen, mit denen die drei Familienmitglieder während den Vorbereitungen zur Bestattung fertig werden müssen... In ihrem Debütfilm beschreibt Drehbuchautorin und Regisseurin den Prozess der Trauerbewältigung, der sich erst ganz allmählich in Bewegung setzt und dafür sorgt, dass die auseinandergelebte Familie wieder zusammenfindet. Jedes der Familienmitglieder geht dabei mit dem Schmerz anders um. Während die 15jährige Elaine mit ihrer Freundin Jungs provoziert und sich ein Tattoo stechen lässt, geht der Vater zu seiner Geliebten und will mit ihr nach Amsterdam verschwinden. Lars hingegen, nach langer Zeit erstmals wieder im Heimatdorf, legt sich mit allen an und versucht seine Flucht mit der spießigen Umgebung zu rechtfertigen. Der Debütfilm zeugt insbesondere bei der souveränen Kameraarbeit von Stephan Vorbrugg und der gut platzierten Filmmusik von Martin Stock von großem handwerklichen Können. Pia Strietmann versteht sich aber auch gut darauf, aus ihrem Darstellerensemble das Maximale herauszuholen. Ihren Figuren haften zwar noch ein paar Klischees an, die deutlich machen, dass wir es mit einem Spielfilm zu tun haben, doch sind dieses kleinen Mankos durchaus tolerierbar. TAGE, DIE BLEIBEN ist ein gutes Beispiel dafür, dass ein Film die Hürde vom Fernseh- zum Kinofilm überwinden kann.
Dienstag, 17. Januar 2012
Musiktherapie
Wieder nur ein einziger Film in der Presse heute...ich bekomme Entzugserscheinungen.

THE MUSIC NEVER STOPPED (1:2.35, DD 5.1)
OT: The Music Never Stopped
Verleih: Senator
Land/Jahr: USA 2011
Regie: Jim Kohlberg
Darsteller: J.K. Simmons, Lou Taylor Pucci, Cara Seymour, Julia Ormand
Kinostart: 29.03.2012

1986: Die Nachricht bricht wie ein Schock über sie herein. Die Eltern von Gabriel sind fassungslos. Nachdem sie viele Jahre lang nichts mehr von ihm gehört haben, liegt ihr Sohn im städtischen Krankenhaus. Die Diagnose: Hirntumor. Die Operation ist zwar erfolgreich, bleibt aber nicht ohne Nebenwirkungen. Gabriel hat kein Kurzzeitgedächtnis mehr. Obgleich die Ärzte jede Hoffnung auf Besserung bereits aufgegeben haben, lässt der Vater nicht locker. Mit Hilfe einer Musiktherapeutin will er seinem Sohn helfen. Bald schon stellen sich die ersten Erfolge ein... Basierend auf einer wahren Geschichte erzählt Jim Kohlbergs berührendes Drama von der therapeutischen Wirkung von Musik. J.K. Simmons brilliert in der Rolle des Vaters – eines Vaters, der vor langer Zeit seinen Sohn im Streit verloren hat und der sich nichts sehnlicher wünscht als die Aussöhnung mit ihm. Im Laufe der Therapie muss er auch über seinen eigenen Schatten springen und lernen, dass es nicht nur “seine” Musik (die der fünfziger Jahre) gibt, sondern auch die Musik, die sein Sohn mit ganz bestimmten Erlebnissen verknüpft. Es ist die Musik der sechziger und siebziger Jahre, zu der Musiker wie Bob Dylan oder The Grateful Dead gehören. Musik, die die gesamte Hippie-Zeit geprägt und damit auch das politische Verständnis von Gabriel geformt hat. Jim Kohlbergs Film ist in gewisser Weise auch eine Zeitreise durch eine große und wichtige Epoche der Rock- und Pop-Musik, was sich in der Tonspur des Film widerspiegelt. THE MUSIC NEVER STOPPED ist Kino der leisen Töne, das bewegt und Hoffnung schöpfen lässt.
Montag, 16. Januar 2012
Hemmungslos
Wenn uns am Wochenbeginn bereits heisse Sexszenen gezeigt werden, kann man auf den Fortgang der Woche gespannt sein...

SHAME (1:2.35, DD 5.1)
OT: Shame
Verleih: Prokino (Fox)
Land/Jahr: Großbritannien 2011
Regie: Steve McQueen
Darsteller: Michael Fassbender, Lucy Walters, Mari-Ange Ramirez
Kinostart: 01.03.2012

Der schnelle Sex mit einer Unbekannten unter der Autobahnbrücke. Masturbation auf der Herrentoilette im Büro. Heisser Sex mit einer jungen Nutte zuhause. Grenzenlos erotisches Vergnügen per Klick im Internet. Brandon, Mitte 30, gut aussehend und smart, ist sexsüchtig. Gefühlen erteilt er eine Absage und denkt nur von einer Nummer zur nächsten. Als sich jedoch seine jüngere Schwester überraschend bei ihm einnistet, bekommt sein mühsam aufgebauter Gefühlswall die ersten Risse. Auch das Date mit seiner dunkelhäutigen Kollegin, die echte Gefühle für ihn hegt, geht plötzlich mächtig schief: es kommt nicht zum Sex. Erst am nächsten Tag landen die beiden in einem Hotelbett. Und Brandon versagt die Manneskraft. Michael Fassbender liefert mit seiner Darstellung des Brandon das eindringliche Porträt eines Mannes ab, der seine Einsamkeit mit einem ausschweifenden Sexleben im wahrsten Sinne des Wortes “wegvögelt”. Das aber gelingt ihm nur solange er freie Bahn hat. Der Einzug seiner Hilfe suchenden Schwester (sehr überzeugend dargestellt von Carey Mulligan) in sein karg eingerichtetes Apartment hindert ihn ebenso daran, seinem Trieb ungehemmt nachzugehen wie das Konfiszieren seines PCs am Arbeitsplatz, dessen Festplatte mit übelster Pornographie vollgepackt ist. Die kalten Bilder (Kamera: Sean Bobbitt) reflektieren hervorragend den inneren Zustand des Protagonisten, ebenso die tragisch angehauchte Filmmusik. Ein Manko des Films ist jene Szene, in der Brandon seine Kollegin in ein feines Restaurant ausführt, ist etwas zu lange geraten.
Sonntag, 15. Januar 2012
Lisbeth ist zurück
Weil der deutsche Filmverleiher sich aus nicht weiter benannten Gründen weigerte, den Stuttgarter Pressevertretern David Finchers Remake von VERBLENDUNG zu zeigen, habe ich den Film in meinem Lieblingskino in einer regulären Vorführung "nachgesessen".

VERBLENDUNG (1:2.35, DD 5.1)
OT: The Girl With The Dragon Tattoo
Verleih: Sony Pictures
Land/Jahr: USA 2011
Regie: David Fincher
Darsteller: Daniel Craig, Rooney Mara, Christopher Plummer
Kinostart: 12.01.2012

Der erste Teil von Stieg Larssons “Millennium”-Trilogie jetzt nicht mehr “Made in Sweden”-Produkt, sondern als amerikanisches Remake. Kein Geringere als David Fincher hat sich des Thriller-Stoffes um Lisbeth Salander und Mikael Blomkvist angenommen. Erfreulicherweise wurde die Geschichte nicht in die USA verlegt, sondern bleibt in Schweden. Das erste, was beim Remake auffällt: es ist wesentlich freizügiger als das Original. Und das will für einen amerikanischen Film schon etwas heissen. Und auch bei der Brutalität legt Fincher gegenüber der Schwedenversion einen Gang zu. Waren die beiden Vergewaltigungsszenen in der schwedischen Fassung schon sehr brutal, dann bereiten die Neuauflagen wirklich Schmerzen! Fincher sagte über seinen Film, dass es darin um Gewalt gegen Frauen geht und er nichts beschönigen wollte. Das ist ihm hervorragend gelungen. Überhaupt hat Fincher – wie von einem Regisseur seines Kalibers auch nicht anders zu erwarten war – den Film auch optisch in eine ganz andere Liga katapultiert als das Original. War das trotz CinemaScope-Format visuell vergleichsweise eher noch an sonntagabendlicher TV-Kost orientiert, so kreiert Fincher zusammen mit Kameramann Jeff Cronenweth einen ganz eigenen, faszinierenden Look, dessen Kraft man sich nicht entziehen kann. Zu beglückwünschen sind jene Zuschauer, die in den Genuss einer digitalen 4K-Präsentation des Films kommen und damit das Optimum an Bildqualität erleben dürfen. Was die Besetzung angeht, so gibt es bei Fincher nichts zu mäkeln. Rooney Mara mimt das hochintelligente, bisexuelle Goth-Girl Lisbeth Salander mit Bravour. Waren bei Noomi Rapace in derselben Rolle äußerlich noch liebenswerte Züge zu erkennen, so gibt es diese bei Mara nicht mehr. Auch Daniel Craig als Chefredakteur und außerordentlicher Ermittler Mikael Blomkvist füllt seine Rolle überzeugend aus. Der “Bond” haftet ihm nicht an. Die Handlung des Films wurde an vielen Stellen gegenüber der schwedischen Erstversion einiges geändert. So wurde u.a. das Liebesverhältnis zwischen Lisbeth und Mikael mehr in den Fokus gerückt und wir erfahren auch erstmals, dass Mikael eine Tochter hat. Und die ist es sogar, die ihm den entscheidenden Hinweis liefert. Fazit: wer die “Millennium”-Trilogie mag, der sollte sich Finchers visuelles Upgrade auf die Geschichte nicht entgehen lassen.
Freitag, 13. Januar 2012
Exorzisten und ein Superproll
Ein aktueller Kassenknüller aus den USA und eine französische Komödie rundeten meine Pressewoche am heutigen Freitag ab.

DEVIL INSIDE (1:1.85, DD 5.1)
OT: The Devil Inside
Verleih: Paramount
Land/Jahr: USA 2011
Regie: William Brent Bell
Darsteller: Fernanda Andrade, Simon Quarterman, Evan Helmuth
Kinostart: 01.03.2012

Vor genau 20 Jahren wurde Isabellas Mutter in eine Nervenheilanstalt eingewiesen, nachdem sie sich selbst bezichtigte, drei Menschen aus ihrem kirchlichen Umfeld brutal ermordet zu haben. Für Isabella ist es nach wie vor kaum vorstellbar, dass ihre Mutter eine solche Tat begangen haben könnte. Und mehr noch: angeblich sollen diese Morde während eines Exorzismus, der an Isabella Mutter ausgeführt wurde, geschehen sein. Die Tatsache, dass die Mutter ausgerechnet in eine Nervenheilanstalt nach Rom überstellt wurde, bringt Isabella ins Grübeln. Zusammen mit einem Dokumentarfilmer macht sie sich auf den Weg dorthin. Ihre erste Anlaufstelle ist die Exorzistenschule des Vatikan... Die Idee die hinter diesem Film steckt ist inzwischen leider schon relativ abgedroschen: man tarnt die Fiktion als Dokumentation. Dieser Filmstil wurde für THE BLAIR WITCH PROJECT entwickelt und bei vielen weiteren Horrorfilmen der letzten Jahre erfolgreich angewendet. Hierzu zählen PARANORMAL ACTIVITY, [REC] und DER LETZTE EXORZISMUS. Auch William Brent Bell versteht es in seiner fiktiven Dokumentation hervorragend, den Reality-Stil zu adaptieren. Dazu gehören Artefakte im Bild genauso wie Störungen auf der Tonspur sowie unbearbeitete Videofragmente. Bell gelingt es auch, seinem Film dadurch eine gewisse Spannung einzuhauchen, die nicht zuletzt Dank seiner guten Darsteller auch weitgehend am Leben erhalten wird. Sogar ein paar wenige Schreckmomente – ausgelöst durch entsprechenden Toneinsatz – kann Bell auf sein Habenkonto buchen. Wer jedoch die zuvor erwähnten Filme kennt, dem wird schnell etwas langweilig werden. Denn Überraschungen oder wohltuende Variationen des etablierten Doku-Stils hat Bell leider nicht auf Lager. So dürfte DEVIL INSIDE wohl nur Neueinsteigern das erhoffte Gruselgefühl bescheren.

MEIN LIEBSTER ALPTRAUM (1:1.85, DD 5.1)
OT: Mon Pire Cauchemar
Verleih: Concorde
Land/Jahr: Frankreich 2011
Regie: Anne Fontaine
Darsteller: Isabelle Huppert, Benoît Poelvoorde, André Dussollier
Kinostart: 19.01.2012

Galeriebesitzerin Agathe ist eine Frau mit Biss und Haaren auf den Zähnen. Eine Frau, der man besser nicht widerspricht. Ausgerechnet sie stößt mit dem vulgären Patrick zusammen, einem Superproll, dem das Jugendamt schnellstmöglich seinen Sohn wegnehmen möchte. Ausgerechnet der ist der beste Schulkamerad von Agathes Sohn. Dass es zwischen Agathe und Patrick läuft wie zwischen Hund und Katz hindert Agathes Ehemann jedoch nicht daran, Patrick mit den Renovierungsarbeiten in ihrer noblen Wohnung zu betrauen. Und schon bald wohnt Patrick im Dienstmädchenzimmer. Doch Agathes anfängliches Naserümpfen über den Proll verwandelt sich allmählich in so etwas wie Zuneigung... Gegensätze ziehen sich bekanntlich an. Kein Wunder also, dass es zwischen Isabelle Huppert und Benoit Poelvoorde Funken muss! Bis es allerdings soweit ist, müssen noch eine ganze Menge Dosenbier und Schnäpse die Kehle hinuntergespült werden. Benoit Poelvoorde alias Patrick spielt seine Rolle unglaublich gut und feuert ein wahres Feuerwerk an Unterschichtensprüchen ab. Es darf herzhaft gelacht werden! Und Frau Huppert gibt sich als die kühle, unnahbare, rothaarige Galeristin, an der selbst ihr Gatte (prominent besetzt mit André Dussollier) schon lange kein erotisches Interesse mehr hat. Eine typisch französische Komödie, in der Gesellschaftskritik und Liebesgeflüster Hand in Hand gehen und für einen vergnüglichen Kinoabend sorgen werden.
Donnerstag, 12. Januar 2012
Vom Driften in die Obdachlosigkeit und Versinken in parallele Welten
Ein deutsches Doppel war heute angesagt. Richtig überzeugen konnte mich aber keiner der beiden Filme.

DIE SUMME MEINER EINZELNEN TEILE (1:1.85, DD 5.1)
Verleih: Wild Bunch
Land/Jahr: Deutschland 2011
Regie: Hans Weingartner, Cüneyt Kaya
Darsteller: Peter Schneider, Henrike von Kuick, Timur Massold
Kinostart: 02.02.2012

Einst war Martin ein hochbegabter Mathematiker mit guter Anstellung in einer großen Firma. Doch der immer stärker werdende Druck am Arbeitsplatz hat ihn in die Isolation geführt. Ein wochenlanger Krankenhausaufenthalt war die Folge. Selbst nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus muss er noch jede Menge Pillen schlucken, um festen Boden unter den Füßen zu finden. Doch es kommt schlimmer. Seine ihm zuvor in Aussicht gestellte alte Arbeitsstelle will man ihm nicht mehr geben. Martin verfällt in Depression, lässt die Pillen weg. Es folgt die Zwangsräumung. Martin wird obdachlos. In seinem Unterschlupf trifft er auf einen obdachlosen ukrainischen Jungen, der sich mit dem Sammeln von Pfandflaschen über Wasser hält. Die beiden schließen sich zusammen... Was sich nach dem ersten Blick in die Pressemitteilung las wie ein Film über das Phänomen des “Burn Out”, entpuppt sich letztendlich als ein Film über das Abgleiten in die Obdachlosigkeit und der Suche nach einer alternativen Lebensweise. Zu sehr beschäftigen sich die Regisseure mit der detaillierten Schilderung des Überlebens in verlassenen Häusern und in Wäldern. Dass der Protagonist große Probleme hat, erkennt man unschwer an seiner Zwangsneurose, ständig Zahlen aufsagen zu müssen. Wie es dazu kam, erfährt man leider nicht. Das aber gerade wäre das wirklich Interessante an dieser Geschichte gewesen. Dass zu allem Überfluss am Ende des Films auch noch ein Story-Twist über den Zuschauer hereinbricht, macht eigentlich alles nur noch unglaubwürdiger. Genauso unglaubwürdig wie die junge Lena, die sich von Penner Martin anbaggern lässt. Spätestens jetzt erkennen wir: es ist nur ein Film!

SCHILF – ALLES, WAS DENKBAR IST, EXISTIERT (1:2.35, DD 5.1)
Verleih: X Verleih (Warner)
Land/Jahr: Deutschland 2012
Regie: Claudia Lehmann
Darsteller: Mark Waschke, Stipe Erceg, Bernadette Heerwagen
Kinostart: 08.03.2012

Sebastian und Oskar sind beste Freunde schon seit Urzeiten. Während Sebastian Physik an der Jenaer Universität unterrichtet und über Paralleluniversen philosophiert, arbeitet Oskar am CERN in Genf. Oskars Besuch bei Sebastian und seiner Familie endet mit einem Streit der beiden über Sebastians Theorien – und das vor laufender Fernsehkamera. Als Sebastian am nächsten Tag seinen Sohn ins Ferienlager bringt, verschwindet der spurlos an einem Rastplatz. Da erhält Sebastian einen anonymen Anruf: um seinen Sohn wieder zu sehen, soll er einen Mord begehen... Parallele Welten und Zeitreisen sind faszinierende Aspekte der modernen Physik und liefern immer wieder Vorlagen für Mystery-Thriller. Auch in Claudia Lehmanns Verfilmung des Bestsellerromans von Juli Zeh spielen die bisher noch nicht bewiesenen Möglichkeiten paralleler Existenzen eine bedeutende Rolle und sorgen dafür, dass man als Zuschauer mehr als nur einmal verwirrt wird. Doch der in Bild und Ton handwerklich gut gestaltete Film vermag letztendlich keine befriedigende Lösung für den ablaufenden Plot anzubieten. Zumindest keine, die man selbst als nicht sonderlich agiler Kinogänger bereits frühzeitig geahnt hätte. Wenigstens ist der Film mit Mark Waschke als akribischem und selbstzweifelndem Sebastian sowie Stipe Erceg als zwielichtigem und eifersüchtigem Oskar gut besetzt.
Mittwoch, 11. Januar 2012
Ein Meisterregisseur verbeugt sich vor der Filmgeschichte
Nach THE ARTIST, der Hommage auf die Glanzzeit des Stummfilms, kommt mit HUGO jetzt eine weitere Liebeserklärung an das Kino – und was für eine!

HUGO CABRET (1:1.85, 3D, DD 5.1 & 7.1)
OT: Hugo
Verleih: Paramount
Land/Jahr: USA 2011
Regie: Martin Scorsese
Darsteller: Sir Ben Kingsley, Sacha Baron Cohen, Asa Butterfield
Kinostart: 09.02.2012

Paris in den Dreißiger Jahren. Der 12jährige Waise Hugo lebt versteckt im Inneren des riesigen Räderwerkes der großen Uhr des Pariser Bahnhofs. Seit ihn sein trunksüchtiger, verschwundener Onkel dort aufgenommen hat, kümmert er sich um sämtliche Bahnhofsuhren. Seine große Leidenschaft gilt dem Reparieren mechanischer Dinge. Dazu gehört auch ein Roboter, dem ihm sein verstorbener Vater überlassen hat. Ersatzteile besorgt er sich heimlich beim Spielwarenhändler. Der aber ertappt ihn auf frischer Tat und entwendet ihm sein über alles geliebtes Notizbuch, ohne das er den Roboter nicht reparieren kann. Die Enkelin des Spielwarenhändlers will Hugo helfen, das Büchlein wieder zu bekommen. Damit beginnt ein großes Abenteuer für die beiden Kinder... Aus seiner großen Leidenschaft für Filme und die hohe Kunst des Filmemachens hat Regisseur Martin Scorsese noch nie einen Hehl gemacht. Da wundert es nicht, dass er mit HUGO jetzt seine ganz persönliche Liebeserklärung an das Kino geschaffen hat. Sein äußerst phantasievoller Film nimmt den Zuschauer mit einer oftmals frei durch den Raum schwebenden Kamera mit auf eine Reise zu den Anfängen der Kinematographie und verbeugt sich im Besonderen vor der schöpferischen Kraft des Georges Melies, der wie kein anderer zuvor das Filmemachen zur Kunst erhob und es damit revolutionierte. Seine Innovationen beeindrucken auch heute noch. Diesem Geiste verbunden realisierte Scorsese seinen geheimnisvollen Abenteuerfilm in innovativem 3D. Billige “Alles-fliegt-Dir-um-die-Ohren”-Effekte weichen hier einer intelligenten Nutzung der räumlichen Tiefe und lassen den Zuschauer sprichwörtlich in die Geschichte eintauchen. Das wunderbare Production Design mit Hunderten von Zahnrädern und sonstigen mechanischen Gimmicks sowie die gigantische Bahnhofskulisse tun ein Übriges, um die visuelle Kraft zu unterstreichen. Unglaublich gut auch die Tonmischung, die speziell in mit Dolby Surround 7.1 ausgestatteten Kinos ein nahezu holographisches Klangbild erzeugen dürfte. Bei all der überzeugenden Technik und den vielen Verbeugungen vor der Filmgeschichte bildet leider das Drehbuch den Wermutstropfen. Die Geschichte ist sperrig und überlang inszeniert, was Filmfreunde nicht wirklich stören wird, dem normalen Publikum den Zugang zu diesem Film jedoch nicht besonders leicht macht.
Dienstag, 10. Januar 2012
Sexuelle Nötigung, das FBI und Alpträume
Heute gab es mal wieder ein Triple-Feature in der Presse zu bestaunen!

KAIRO 678 (1:1.85, DD 5.1)
OT: 678
Verleih: Arsenal
Land/Jahr: Ägypten 2010
Regie: Mohamed Diab
Darsteller: Boshra, Nelly Karim, Nahed El Sebaï
Kinostart: 08.03.2012

Drei Frauen im modernen Kairo teilen sich ein ähnliches Schicksal. Fayza, verheiratet und Mutter zweier Kinder, wird bei ihrer Fahrt im vollbesetzten Bus ständig von fremden Männer begrapscht. Die Demütigungen führen sogar dazu, dass sie sich ihrem Mann verweigert. Die in einem Call-Center arbeitende Nelly wird auf offener Straße aus einem fahrenden Auto heraus sexuell genötigt und erstattet Anzeige. Es ist die erste dieser Art in Ägypten. Und Galeristin Seba, einst bei einem Fußballspiel sexuell belästigt, will mit einer Selbsthilfegruppe gegen sexuelle Übergriffe mobil machen. Alle drei Frauen lernen sich zufällig kennen, doch ist es nur Fayza, die als Erste zum Gegenschlag ausholt. Mit einem Messer bewaffnet besteigt sie den Bus... Die Zahl im Filmtitel deutet auf die Buslinie hin, in der sich Fayzas Schicksal von der Gejagten zur Jägerin ändern wird. Mohamed Diabs Film zeigt ein Gesicht Ägyptens, das wohl kaum jemand in der westlichen Hemisphäre kennt. Frauen wurden bis in die Gegenwart hinein wie Freiwild behandelt. Niemand wagte Anzeige zu erstatten. Der auf wahren Ereignissen basierende Film lässt jene Zeit Revue passieren, in der erstmals Frauen in Ägypten öffentlich Front gegen sexuelle Nötigung machten. Der durch die verschachtelte Darstellung der drei Vorgeschichten der Protagonistinnen interessant gestaltete Film überzeugt vor allem durch seine glänzenden Darsteller. Die sind hierzulande zwar vollkommen unbekannt, doch gibt dies dem Film seinen besonderen Reiz.

J. EDGAR (1:2.35, DD 5.1)
OT: J. Edgar
Verleih: Warner
Land/Jahr: USA 2011
Regie: Clint Eastwood
Darsteller: Leonardo DiCaprio, Naomi Watts, Dame Judi Dench
Kinostart: 19.01.2012

Amerika in den Zwanziger Jahren. Angesichts von Terroranschlägen gegen rechtschaffene Politiker setzt sich der aufstrebende Beamte und Idealist J. Edgar Hoover für die Schaffung einer besonderen Abteilung zum Schutz der amerikanischen Bürger ein. Schließlich wird er vom Bundesstaatsanwalt mit der Aufgabe betraut, tatsächlich eine solche Behörde aufzubauen: das FBI. Mit handverlesenen Mitarbeitern sowie Wissenschaftlern erschafft Hoover eine vollkommen neue Vorgehensweise bei der Aufdeckung von Verbrechen. Doch Hoover hat nicht nur Vorzeigeseiten. Insgeheim ist er machtbesessen und neurotisch, will alles und jeden kontrollieren. Für die Durchsetzung seiner Ziele überschreitet er nicht nur seine Befugnisse, sondern greift auch zu illegalen Methoden... J. Edgar Hoover, jene oftmals in schillernden Farben gezeichnete Ikone der amerikanischen Führungsriege, war schon von jeher eine sehr umstrittene Persönlichkeit. Clint Eastwood konzentriert sich in seinem Film insbesondere auf Hoovers dunkle Seite. Während Hoover im gesetzten Alter seine Memoiren diktiert, zeigt Eastwood in ständigen Flashbacks seinen ganzen Werdegang, wie er zu dem wurde, was er ist. Ein wichtiger Aspekt dabei ist Hoovers Homosexualität, die er seiner dominanten Mutter zuliebe verheimlicht und mit seinem Kollegen Clyde nur platonisch auslebt. Leonardo DiCaprio brilliert in seiner Rolle als Hoover und dürfte ein sicherer Oscar-Kandidat sein. Ob den jungen oder den alten J. Edgar – DiCaprio meistert dank exzellenter Maske jede Lebensphase des FBI-Gurus. Auch bei Naomi Watts als Hoovers Sekretärin ist der Alterungsprozess hervorragend gelungen. Nur bei Armie Hammer als Clyde scheint die Maske etwas zu versagen. Tom Sterns fast schwarz-weisse CinemasCope-Fotografie taucht den Film stets optisch perfekt in das jeweilige Jahrzehnt ein. Anspruchsvolles US-Kino.

INTRUDERS (1:2.35, DD 5.1)
OT: Intruders
Verleih: Universal
Land/Jahr: USA, Großbritannien, Spanien 2011
Regie: Juan Carlos Fresnadillo
Darsteller: Clive Owen, Carice van Houten, Daniel Brühl
Kinostart: 19.01.2012

Auf den ersten Blick stehen die beiden Geschichten in keinem Zusammenhang. Der kleine Juan wird in seinen Träumen nachts immer wieder von einem gesichtslosen in Schwarz gehüllten Eindringling heimgesucht. Doch die Alpträume nehmen zunehmend realistische Züge an. Die 12jährige Mia schreibt gerne Geistergeschichten. Auch sie wird plötzlich von einem unbekannten Eindringling heimgesucht. Niemand will ihr zunächst Glauben schenken. Doch eines nachts macht Mias Vater eine schreckliche Entdeckung... Wie und ob die beiden Geschichten tatsächlich zusammenhängen, erfahren wir erst am Ende des Films. Bis dahin ist es jedoch ein langer, weiter Weg. Denn Juan Carlos Fresnadillos Geisterfilm verspielt viel von seinem Potenzial, indem er Bild- und Tonebene zu “ungruselig” gestaltet. Freilich – Kameraarbeit, Geräuschkulisse, die Sets und die Filmmusik sind sehr gut, aber einfach zu wenig. Schließlich möchte man in einem Horrorfilm auch ein kleines bisschen erschrecken dürfen. Fresnadillo tut leider alles dafür, das genau dieses nicht passiert. Erschreckend indes jedoch die Besetzung mit Clive Owen. Ihm nimmt man den liebenden Familienvater, der tagsüber in schwindelerregenden Höhen auf Baustellen arbeitet, ganz und gar nicht ab. Fazit: für eingefleischte Horrorfans vollkommen unbrauchbar, für Neulinge zu wenig.
Montag, 09. Januar 2012
Flacher Geisterritt und klingende Knabenkehlen
Auftakt der ersten Pressewoche im neuen Jahr bildeten eine Comic-Verfilmung und ein Dokumentarfilm.

GHOST RIDER: SPIRIT OF VENGEANCE (1:2.35, 3D, DD 5.1)
OT: Ghost Rider: Spirit Of Vengeance
Verleih: Universum (Walt Disney)
Land/Jahr: USA 2011
Regie: Mark Neveldine, Brian Taylor
Darsteller: Nicolas Cage, Idris Elba, Ciarán Hinds
Kinostart: 23.02.2012

Als der Teufel durch seine Helfershelfer den zehnjährigen Danny entführen lässt, weil dieser über geheimnisvolle Kräfte verfügt, rekrutiert Kriegsmönch Moreau den inzwischen zurückgezogen lebenden Johnny Blaze. Blaze, ein ehemaliger Stuntman, schloss vor Jahren einen Pakt mit dem Teufel und brauste seither als feuriges Skelett auf seinem Motorrad durch die Lande auf der Suche nach Seelen. Moreau stellt ihm als Belohnung für seine Hilfe die Befreiung von Blazes Dämon in Aussicht. Ein Angebot, das Blaze nicht ausschlagen kann... Was von diesem Film am Ende positiv in Erinnerung bleiben wird ist das Beschleunigen und Entschleunigen des Bildablaufes innerhalb einer Szene. Alles andere darf man getrost vergessen. Weder die schauspielerischen Fähigkeiten eines Nicolas Cage (der dieses Sequel vermutlich nur des Geldes wegen gemacht hat) noch das Drehbuch überzeugen. Cage spielt seinen Part so, als würde er unter Drogen stehen und man merkt ihm die Langeweile förmlich an. Die vielen Action-Szenen sind zwar rasant geschnitten, dafür aber mit viel zu viel Wackelkamera eingefangen. Das ohnehin öde Drehbuch lässt sich dadurch leider nicht aufwerten. Vollkommen fehl am Platz ist die 3D-Technik. Der von 2D auf 3D umgewandelte Film beinhaltet nicht eine einzige Szene, die Tiefenwirkung aufkommen lässt. Wer hier zusätzlich zum regulären Kinoticket auch noch den Aufschlag für 3D zahlen muss sollte dies als Mogelpackung monieren. Fazit: ein Film zum Wegbleiben.


DIE THOMANER - HERZ UND MUND UND TAT UND LEBEN (1:1.85, DD 5.1)
Verleih: NFP (Filmwelt)
Land/Jahr: Deutschland 2012
Regie: Paul Smaczny, Günter Atteln
Kinostart: 16.02.2012

Im März 2012 ist es soweit: der berühmte Thomaner-Chor aus Leipzig feiert sein 800jähriges Bestehen. Grund genug für Paul Smaczny und Günter Atteln einmal einen Blick vor und hinter die Kulissen dieses traditionsreichen Knabeninternats zu werfen. Dabei ist es den Regisseuren gelungen, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Denn DIE THOMANER fungiert nicht nur hervorragend als Image-Film für das Internat, sondern zeigt zumindest ansatzweise auch die Schattenseiten des Thomanerlebens. Zu Wort kommen Thomaner im Alter von 9 bis 18 Jahren. Allesamt begabte Sänger, die sich der Obhut des Internats gerne anvertrauen, da sie nur dort in der Gemeinschaft ihrer Passion zum Singen ungehindert nachgehen können. Viel Freizeit gibt es da zwischen Frühstück, Schule, Mittagessen und endlosen Proben nicht. “Ich frage mich, was Nicht-Thomaner mit ihrer ganzen Freizeit anfangen” hört man einen der Internatsschüler sagen. Denn nach einer schwierigen Eingewöhnungszeit fühlen sich die meisten Schüler im Internat extrem gut aufgehoben. Ältere Schüler kümmern sich um die jüngeren, für die sie auch Vorbildfunktion ausüben. Einmal im Jahr darf der größte Teil der Thomaner auf Konzertreise gehen. Im Film werden die Jungen bei ihrer Tour durch Südamerika begleitet. “Für uns ist heute Zahltag!” erklärt einer der Schüler begeistert. Denn der Applaus im großen Konzerthaus von Sao Paulo ist Belohnung genug für die Sängerknaben. Aber die Kamera bleibt nicht nur bei den Weltenbummlern, sondern zeigt auch jene, die aus den ein oder anderen Gründen nicht mitgenommen wurden. Nicht alles ist hier nur Friede, Freude, Eierkuchen. Doch was wäre ein Film über Leipzigs Traditionschor ohne Musik. So räumen die Filmemacher speziell der geistlichen Musik von Johann Sebastian Bach, dargeboten von den Thomanern und erstklassigen Orchestern, einen breiten Rahmen ein. Für Musikfreunde wie auch an Hintergrundinformationen interessierte Zuschauer sehr zu empfehlen.
Freitag, 06. Januar 2012
Roadtrip durch das Fegefeuer
Mein persönlicher Filmjahresauftakt begann ganz bescheiden mit einer Independent-Produktion aus deutschen Landen.

THE BIG BLACK (1:2.35, Stereo)
Verleih: ohne
Land/Jahr: Deutschland 2011
Regie: Oliver Kyr
Darsteller: Heiko Akrap, Paul Barrett, Delphine Chanéac, Constantin von Jascheroff, Gerhard Polacek
Kinostart: ohne

Ein junger Mann erwacht in einer Gefängniszelle und kommt in die Freiheit. Alles wirkt wie ausgestorben. Wie kommt er hierher? Was war passiert? Lebt er noch oder ist er schon tot? Erst allmählich wird ihm klar, dass er sich in einer Zwischenwelt befindet, in der entschieden wird, ob er in der Hölle landet oder ob er seinen Frieden finden wird. Mit einem geklauten Leichenwagen mitsamt Leiche macht er sich auf einen bizarren Roadtrip, auf dem ihm ein paar Menschen begegnen. Begleitet vom ehrfürchtigen Kommentar einer Stimme aus dem Off macht sich der Held der Geschichte im Niemandsland auf die Suche nach seiner Vergangenheit. Und damit auch jeder versteht, worum es in Oliver Kyrs Film geht, scheint der unsichtbare Kommentator eigentlich mehr ein Filmerzähler zu sein, erklärt er dem Publikum doch fast jeden Schritt des Protagonisten. Das ist umso ärgerlicher, als der Film durchaus ein großes Potenzial erkennen lässt. Dieses manifestiert sich in der ungewöhnlichen Bild- und Tongestaltung. Mit reduzierten Farben und gelegentlichen Farbtupfern nimmt uns Kameramann Martin Schlecht mit auf die Reise, das düstere Geheimnis des Protagonisten zu ergründen. Mit ungewöhnlichen Perspektiven holt er stets das Optimum aus den Drehorten (stillgelegte Fabriken etc.) heraus und sorgt dafür, dass der Film optisch immer ansprechend bleibt. Ob der Film mit einer 5.1-Mischung ausgestattet wird, ließ sich dem Screener leider nicht entnehmen. Der hatte lediglich Stereo-Ton, ließ sein tatsächliches Potenzial nur erahnen. Dazu gehört auch die gelungene Filmmusik. Insgesamt wirkte der Film etwas zu langatmig, was zum größten Teil darin begründet sein dürfte, dass die Story eigentlich nur für einen Kurzfilm ausreicht. Eingefleischten Genre-Fans könnte es hier schnell langweilig werden, weniger Vertrauten dürfte die “Twilight Zone” gefallen. Immerhin handelt es sich um Genre-Kost aus deutschen Landen – ein seltenes Gut.

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