Wolfram Hannemann
Filmkritiker / Freelance Journalist / Filmemacher

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Mittwoch, 31. Oktober 2012
Das untote Mädchen
Ein Mystery-Thriller aus deutschen Landen bildete den Abschluss einer kurzen Pressewoche.

DU HAST ES VERSPROCHEN (1:2.35, DD 5.1 EX)
Verleih: Falcom
Land/Jahr: Deutschland 2012
Regie: Alex Schmidt
Darsteller: Mina Tander, Laura de Boer, Lina Köhlert
Kinostart: 20.12.2012

Einem Zufall ist es geschuldet, dass sich Hanna und Clarissa wiedersehen. 25 Jahre ist es her, seit sie zum letzten Mal als Kinder gemeinsam mit ihren Eltern Urlaub auf Hiddensee verbrachten. Um der alten Zeiten Willen wiederholen die einst besten Freundinnen noch einmal diesen Urlaub und fahren gemeinsam mit Hannas kleiner Tochter auf die Insel. Kaum dort angekommen wird Hanna von Erinnerungen heimgesucht – Erinnerungen, die sie komplett aus ihrem Gedächtnis gelöscht hatte. Erst ganz allmählich lüftet sich ein grausiges Geheimnis, bei dem es um ein totes Mädchen geht – die allerdings gar nicht so tot zu sein scheint... Mit seinem Debütfilm beweist Alex Schmidt, dass er souverän mit Sounddesign und Filmmusik umgehen kann. Technisch gesehen kann sein Mystery-Thriller hier durchaus mit der Konkurrenz aus Übersee mithalten. Was allerdings das Drehbuch angeht, so klappt es da noch nicht so recht. Denn spätestens dann, wenn sich Schmidt daran macht, seinen Film aufzulösen, wird die Geschichte immer abstruser. Schlimmer noch: die Wendungen wollen gar kein Ende mehr nehmen! So verspielt der Regisseur mit den letzten 20 Minuten seines Films alles, was er am Anfang aufgebaut hat. Nichtsdestotrotz lässt sich ein Potenzial erkennen, welches es zu fördern gilt.
Dienstag, 30. Oktober 2012
Das geheime Leben der Videospielfiguren
Zur Eröffnung einer sehr knappen Pressewoche gab es gleich zweimal Hollywood-Ware.

RALPH REICHT‘S (1:2.35, 3D, DD 5.1 + 7.1)
OT: Wreck-It Ralph
Verleih: Walt Disney
Land/Jahr: USA 2012
Regie: Rich Moore
Kinostart: 06.12.2012

Rich Moores Film versteht sich in der Tradition von Klassikern wie TOY STORY oder MONSTER AG. Nur sind es dieses Mal keine Spielzeuge oder Traummonster, die auch noch ein Leben nach der Arbeit haben, sondern die Figuren aus Computerspielen. Eine der Figuren ist Ralph. In seinem Soiel hat er nichts weiter zu tun, als alles kaputtzuschlagen. Sein Kontrahent Felix repariert alles wieder und sorgt für Punktgewinne beim Spieler. Doch Ralph hat seine Rolle als ewig Böser satt. Er lebt nicht wie die anderen Figuren in einem schönenn Penthouse, sondern auf einer Müllhalde. Das macht ihm prinzipiell nichts aus; ärgerlich stimmt ihn jedoch, dass er nicht einmal zur Feier des 30. Geburtstages des Computerspiels eingeladen wird. Wäre er ein Held, würde sich das schnell ändern. Also schleicht er sich heimlich in ein anderes Videospiel, um sich dort eine Medaille zu holen. Doch so einfach ist das nicht... RALPH REICHT’S wartet mit zahlreichen brillanten Einfällen auf. Da sieht man beispielsweise Ralph bei der Gruppentherapie mit anderen Bad Guys, von denen alle einmal gerne Helden wären. Oder der riesige Bahnhof, von dem aus die einzelnen Figuren zu ihren Einsatzorten gefahren werden. Oder das zuckersüße Rennspiel “Sugar Rush”, bei dem Ralph die kleine Vanellope kennenlernt und sie bei ihrem Wunsch, eine Rennfahrerin zu werden, unterstützt. Der wie immer perfekt computeranimierte Film vereint in gekonnter Weise Action, Humor und viel Gefühl und dürfte damit Kinozuschauer jeden Alters ansprechen. Ein Geheimtipp!

ARGO (1:2.35, DD 5.1)
OT: Argo
Verleih: Warner
Land/Jahr: USA 2012
Regie: Ben Affleck
Darsteller: Ben Affleck, Alan Arkin, John Goodman
Kinostart: 08.11.2012

Teheran 1979: die Iraner stürmen die amerikanische Botschaft und nehmen die Angestellten als Geiseln. Sechs von ihnen gelingt unbemerkt die Flucht ins Haus des kanadischen Botschafters. Während den vielen Wochen, in denen sich die Vereinigten Staaten bemühen, ihre Angehörigen auf diplomatischem Wege aus der iranischen Geiselhaft zu befreien, startet der CIA eine verdeckte Operation, um die im Versteck lebenden sechs Bürger in die USA zurückzuholen. Als Tarnung für die Operation dient ein Film, der nie gedreht werden wird: “Argo”... Hollywood war schon immer bekannt für phantastische Geschichten, die sich irgendein Drehbuchautor ausgedacht hat. Dass die diesem Film zugrunde liegende Geschichte tatsächlich wahr ist, mag man einfach nicht glauben. Sie ist einfach zu phantastisch um wahr zu sein. Jahrzehnte lang war diese Untergrundaktion der CIA unter Verschluss – jetzt wurde sie freigegeben. Logische Konsequenz: aus der Geschichte wurde jetzt natürlich tatsächlich ein Hollywood-Film. Und zwar mit allem, was dazugehört: Spannung und ein heroisches Ende. Ben Affleck, der nicht nur die Hauptrolle übernahm, sondern auch gleich die Regie dazu, inszenierte den Film in bester amerikanischer Tradition, konnte es sich aber nicht verkneifen, auch ein paar sarkastische Bemerkungen über Hollywoods Filmindustrie einzubauen. Die wird im Film von John Goodman und Alan Arkin repräsentiert – ein absolutes Traumpaar. Was Ausstattung, Kleidung und speziell Frisuren angeht, so haben die Filmemacher ganze Arbeit geleistet und die 1970er/1980er-Jahre perfekt heraufbeschworen. ARGO ist kurzweilig inszeniert und bietet gute Unterhaltung.
Montag, 29. Oktober 2012
Zwei Nachsitzer
Am Wochenende habe ich mir zwei Werke angeschaut, die die Filmverleiher der Presse in Stuttgart vorenthielten.

PARANORMAL ACTIVITY 4 (1.1.85, DD 5.1)
OT: Paranormal Activity 4
Verleih: Paramount
Land/Jahr: USA 2012
Regie: Henry Joost, Ariel Schulman
Darsteller: Katie Featherston, Kathryn Newton, Matt Shively
Kinostart: 18.10.2012

Als eine junge Mutter aus der Nachbarschaft für mehrere Tage ins Krankenhaus muss, bleibt ihr kleiner Sohn in der Obhut der Nachbarsfamilie. Die sieht sich plötzlich zunehmend mit unerklärlichen Phänomenen konfrontiert. Die Tochter beschließt, alles auf Video aufzunehmen... Auch der vierte Teil der sehr erfolgreichen PARANORMAL ACTIVITY Horrorserie unterscheidet sich nicht in der Machart. Wieder verfolgt man als Zuschauer Videoaufzeichnungen, die das Haus der Familie aus verschiedenen Perspektiven aufnehmen. Eine Filmmusik gibt es nicht. Es obliegt damit alleine den Überwachungsbildern, Gänsehaut beim Publikum zu generieren. Das gelingt zwar ganz gut, doch bleiben die aus den Teilen 2 und 3 bekannten Schockeffekte aus. Dafür verblüffen die visuellen Effekte umso mehr, die dieses Mal von George Lucas‘ Industrial Light & Magic generiert wurden. Teil 4 ist durchweg spannend inszeniert, erreicht aber nicht die Qualitäten der Vogänger.

HOTEL TRANSSILVANIEN (1:1.85, 3D, DD 5.1)
OT: Hotel Transylvania
Verleih: Sony Pictures
Land/Jahr: USA 2012
Regie: Genndy Tartakovsky
Kinostart: 25.10.2012

Graf Dracula hat seinen Traum Wirklichkeit werden lassen und ein abgeschiedenes Hotel gebaut, in dem er andere Monster beherbergen will. Denn schließlich wollen die auch mal ausspannen. Einzig sein kleines Töchterchen macht ihm Sorgen – sie hat sich in einen Menschen verkuckt! Der überbehütende Vater tut jetzt alles, um diese Liaison zu verhindern... Man nehme die Grundidee von Pixars MONSTER INC. und ergänze sie um eine Figur, die dem Protagonisten aus ICH – EINFACH UNVERBESSERLICH sehr nahe kommt – und voila: schon hat man HOTEL TRANSSILVANIEN. Dass sich der aber dann eher dahinschleppt als gut zu unterhalten, versteht sich dabei fast von selbst. Möglicherweise liegt es aber an der Unmenge von computeranimierten Trickfilmen, mit denen die heimischen Leinwände momentan überflutet werden. Wenn man also zwischen so vielen Animationsfilmen auswählen kann, dann sollte die Wahl sicher nicht auf diesen Film treffen.
Freitag, 26. Oktober 2012
Unterwasserwelt in 3D
Mit einem amüsanten Trickfilmabenteuer endete heute meine Pressewoche.

SAMMYS ABENTEUER 2 (1:2.35, 3D, DD 5.1)
OT: Sammy’s Avonturen 2
Verleih: Studiocanal
Land/Jahr: Belgien 2012
Regie: Ben Stassen
Kinostart: 20.12.2012

Eigentlich wollten Schildkröte Sammy und Kumpel Ray ihr Dasein als Großväter mit Faulenzen genießen. Doch prompt werden sie von Fischern eingefangen, um viele Seemeilen entfernt in einem riesigen Unterwasseraquarium gemeinsam mit vielen anderen Meeresbewohnern Touristen zu begeistern. Nicht ahnend dass bereits ihre beiden Enkel zu Hilfe eilen, schmieden Sammy und Ray an einem Ausbruchsplan. Doch sie haben nicht mit Big D gerechnet, einem Seepferdchen, das im Aquarium das große Sagen hat... Wie bereits der erste Teil so besticht auch Teil 2 durch die faszinierende 3D-Technik, die in hervorragender Art und Weise demonstriert, zu welcher Plastizität diese fähig ist. Die Figuren erscheinen zum Greifen nah, man ist als Zuschauer mittendrin im Geschehen. Doch versuchte der erste Film noch ein wichtiges Thema, nämlich die Folgen der Umweltverschmutzung, für kleine Zuschauer verständlich aufzubereiten, ist von solcher Thematik jetzt nicht mehr viel übriggeblieben. Stattdessen verfällt der perfekt computeranimierte Unterwasserspaß in einen ganz normalen Animationsfilm. Freilich vermittelt auch der eine kleine Botschaft (nur gemeinsam ist man stark), doch die ist längst nicht mehr so nachhaltig. Mit seinen liebevoll animierten Charakteren (u.a. ein schizophrener Krebs!) und jeder Menge Action eignet sich der Film allemal für einen Familienausflug ins Kino.
Donnerstag, 25. Oktober 2012
Wahre Geschichten
Nach dem Motto “das Leben selbst schreibt die besten Geschichten”, gab es heute in der Presse gleich zwei Spielfilme, die auf tatsächlichen Ereignissen beruhen.

HANNAH ARENDT (1:2.35, DD 5.1)
Verleih: NFP (Filmwelt)
Land/Jahr: Deutschland, Luxemburg, Frankreich, Israel 2012
Regie: Margarethe von Trotta
Darsteller: Barbara Sukowa, Axel Milberg, Janet McTeer
Kinostart: 10.01.2013

Als Nazi-Verbrecher Adolf Eichmann von Israelis entführt und in Israel vor Gericht gestellt wird, bemüht sich die in den USA lebende Jüdin Hannah Arendt darum, für die renommierte Zeitung “The New Yorker” über den Prozess berichten zu dürfen. Die willigt ein und Hannah reist nach Israel. Ihr daraus resultierender Bericht schlägt hohe Wellen. Nicht nur stellt sie darin fest, dass Eichmann nicht abgrundtief böse ist, sondern nur Befehle ausführte ohne nachzudenken, und vielmehr noch, dass auch die Juden selbst eine Teilschuld am Holocaust tragen... Kompromisslos und unangepasst – so schildert Margarethe von Trotta die große Denkerin Hannah Arendt. Mit ihren Schriften über totalitäre Regime war sie ihrer Zeit weit voraus, die heutzutage jedoch nicht mehr weg zu denken sind. Der Film schildert Hannah Arendt aber nicht nur als die unabhängige Denkerin, die sie war, sondern versucht sich ihr auch privat zu nähern. Barbara Sukowa spielt sie sehr souverän. Doch so interessant auch das Thema des Films ist, wirkt er doch leider wie ein Fernsehfilm. Kinogerechte Bilder findet man kaum. Insgesamt nur mäßige Unterhaltung mit Anspruch.

DIE KÖCHIN UND DER PRÄSIDENT (1:2.35, DD 5.1)
OT: Les Saveurs Du Palais
Verleih: Wild Bunch
Land/Jahr: Frankreich 2012
Regie: Christian Vincent
Darsteller: Catherine Frot, Jean D'Ormesson, Hippolyte Girardot
Kinostart: 20.12.2012

Fast wie die Jungfrau zum Kind kommt Hortense an die Stelle als Leibköchin für den französischen Staatspräsidenten. Der hat sie auf eine Empfehlung eines Bekannten hin dazu auserkoren, seinen Gaumen mit Speisen nach Großmutter Art zu verwöhnen. Die Neue wird sogleich von den Kollegen der Großküche argwöhnisch beäugt. Dass Hortenses Gerichte dem Präsidenten extrem gut schmecken, führt dort bald zu Neid und Konkurrenzkämpfen. Doch Hortense lässt sich nicht beirren und wird vom Präsidenten höchstpersönlich empfangen. Doch alles ändert sich, als das Staatsoberhaupt plötzlich Diät halten muss und das Controlling zusätzlich das Budget für die Küche kürzt... Nach einer wahren Begebenheit inszenierte Christian Vincent diesen farbenfrohen Ausflug in die französische Küche. Auch wenn der französische Staatspräsident nicht namentlich angesprochen wird, so handelt es sich in der Vorlage um Francois Mitterand. Doch das ist im Prinzip sowieso reine Nebensächlichkeit. Die Geschichte zwischen der Privatköchin und dem Staatspräsidenten gibt eigentlich keine große Geschichte her, ist nichts Spektakuläres. Dafür aber liegt das Hauptaugenmerk in diesem Film auf den kulinarischen Köstlichkeiten, die stets in Großaufnahme dem Zuschauer kredenzt werden. Das geht derart appetitlich vonstatten, dass man den Kinosaal unter Garantie mit einem Hungergefühl verlässt und sich ins nächste Gourmetrestaurant flüchtet!
Dienstag, 23. Oktober 2012
Fernsehkost im Kinoformat
Habe ich heute etwa den neuen Advents-Vierteiler gesehen? Man könnte es fast glauben...

DIE MÄNNER DER EMDEN (1:2.35, 5.1)
Verleih: Kinostar
Land/Jahr: Deutschland 2012
Regie: Berengar Pfahl
Darsteller: Sebastian Blomberg, Oliver Korittke, Jan Henrik Stahlberg, Ken Duken, Sibel Kekilli, Felicitas Woll
Kinostart: 31.01.2013

Während des Ersten Weltkrieges macht der kleine deutsche Kreuzer “Emden” von sich reden: “Gentlemen of War” nennt die britische Presse die Besatzung und zollt damit dem Feind Respekt, der stets mit List, Taktik und Fairness handelt. Als jedoch ein Landungszug von 50 Mann mitten im Indischen Ozean gerade dabei ist, auf einem winzigen englischen Atoll eine Telegraphenstation zu zerstören, wird die “Emden” von einem australischen Kriegsschiff zerstört. Mit einem gekaperten, abgewrackten Segelschiff machen sich die Männer der Emden auf den gefahrvollen Weg nach Hause... Ein schneller Blick ins Presseheft genügt um festzustellen, dass es sich bei dieser auf einer wahren Begebenheit beruhenden Produktion um ein sogenanntes TV-Event-Movie in zwei Teilen handelt, das für eine Vorabauswertung im Kino auf Spielfilmlänge gekürzt wurde. So dauert das Drama auf der großen Leinwand nur 114 Minuten und nicht 180 Minuten – es bleiben netto 56 Minuten der Fernsehausstrahlung vorbehalten. Allerdings darf bezweifelt werden, dass die fehlenden Minuten das Machwerk in irgendeiner Art und Weise verbessern. Hochachtung gebührt Regisseur Berengar Pfahl, der es meisterhaft versteht, seinen Film ohne ein Quentchen an Spannung zu inszenieren! Sicherlich lag dies nicht in seiner Absicht, aber es ist das Ergebnis das zählt. Zwar gelingt es ihm gemeinsam mit Kameramann Erich Maria Krenek ein paar wirklich schöne Bilder für die große Leinwand zu schaffen (z.B. die Wüstendurchquerung), doch die schlaffe Inszenierung macht das alles wieder zunichte. Vollkommen überflüssig dann noch die Figur der Deutsch-Türkin Salima Bey (gespielt von Sibel Kekilli), die wie ein Fremdkörper im gesamten Film wirkt und vermutlich nur ein Zugeständnis an die Fernsehzuschauer darstellt, die immer mit einer Liebesgeschichte gefüttert werden wollen. Dass die Dame dann genauso gut schießen kann wie sie aussieht, verwundert natürlich nicht weiter. Der Akzent des Sebastian Blomberg in der Rolle des Kapitänleutnants von Mücke ist extrem gewöhnungsbedürftig, da er unweigerlich an den Akzent des “Führers” erinnert. Dadurch entsteht eine äußerst bizarre Wirkung, die den Film fast der Lächerlichkeit preisgibt. Zu allem Überfluss wird alles mit großer, orchestraler Filmmusik ausgeschmückt, die musikalisch gesehen sicherlich interessant ist, im Film jedoch viel zu aufdringlich wirkt.
Montag, 22. Oktober 2012
Feenzauber
Heute raschelte und flatterte es nur so...

DAS GEHEIMNIS DER FEENFLÜGEL (1:1.85, 3D, DD 5.1)
OT: Secret Of The Wings
Verleih: Walt Disney
Land/Jahr: USA 2012
Regie: Peggy Holmes, Robert Gannaway
Kinostart: 15.11.2012

Die kleine Tinkerbell gehört zu den Feen des Sommerlandes. Doch das neugierige kleine Ding verspürt den Drang nach einem Abenteuer. Genau den möchte sie im Winterwald stillen. Doch leider ist es einer Fee des Sommerlandes verboten, ins Winterland zu wechseln. Und umgekehrt. Aber “Tink” fasst allen Mut zusammen und wagt den Schritt ins Winterland. Zu ihrer völligen Überraschung trifft sie dort auf ihre Schwester, von deren Existenz sie nie etwas wusste... Die Zielgruppe für dieses computeranimierte Märchen aus der “Disney Fairies”-Sparte ist ganz klar: kleine Mädchen, die gerne mit Barbie-Puppen spielen. Jungs werden sich bei dem Schwestern-Getue der flatternden Feen vermutlich zu Tode langweilen. Mädchen hingegen werden mit Tinkerbell und ihren Freundinnen ganz sicher ihren Spaß haben. Einige der auftretenden Figuren sind auch ganz amüsant gestaltet, wie beispielsweise der Hüter des Winterwaldes, der sich als eine Kreuzung aus Joad und Albert Einstein entpuppt.
Freitag, 19. Oktober 2012
Ein Westernabenteuer und eine lange Nacht im Hotel
Die letzten beiden Screenings bildeten heute einen angenehmen Abschluss meiner vollen Kinowoche.

DIE ABENTEUER DES HUCK FINN (1:2.35, DD 5.1)
Verleih: Majestic (Fox)
Land/Jahr: Deutschland 2012
Regie: Hermine Huntgeburth
Darsteller: Louis Hofmann, Leon Seidel, Heike Makatsch, August Diehl, Michael Gwisdek, Kurt Krömer, Henry Hübchen, Milan Peschel, Andreas Schmidt, Peter Lohmeyer
Kinostart: 20.12.2012

Der Schatz von Indianer-Joe hat aus Huck Finn einen reichen Jungen gemacht. Aber Huck fühlt sich in schicken Klamotten alles andere als wohl und will lieber mit Freunden im Dreck spielen. So beschließt er, sein gesamtes Geld dem Richter zu schenken. Das gefällt Hucks Vater jedoch ganz und gar nicht. Der steht nämlich plötzlich vor ihm und will das Geld für sich haben. Gemeinsam mit seinem Freund, dem Sklaven Jim, beschließt Huck, auf einem Floß zu fliehen. Gejagt von Hucks Vater und einer kleinen Bande von Sklavenjägern treiben die zwei auf dem Mississippi einem großen Abenteuer entgegen... Ein Jahr ist es jetzt her dass Hermine Huntgeburth ihren Jugendfilm TOM SAWYER in die Kinos brachte. Schon damals hat es Spaß gemacht ihn anzusehen, wenn auch bestimmte Szenen für kleinere Kinder ungeeignet waren. Der Fortsetzungsfilm knüpft jetzt dort an, wo der erste Film endete. Sebastian Edschmid gelingt es immer wieder, prächtige Panoramen für die CinemaScope-Leinwand einzufangen. Die zum Sepia tendierende Farbgebung der Bilder suggeriert hervorragend die alte Zeit, in der die Geschichte spielt. Auch wenn es im Filmtitel eigentlich nur um “Abenteuer” geht, so gibt es auch tiefergehende Aspekte darin. So erkennt Huck Finn schon recht früh im Film, dass Geld nicht glücklich macht, sondern eigentlich nur unfrei. Weiterhin wird das Thema der Versklavung der Schwarzen am Beispiel des Dieners Jim thematisiert. Im Verlaufe der Geschichte muss auch Huck schließlich erkennen, dass es alles andere als gottgegeben ist, ein Sklave zu sein, sondern dies reine Willkür der weißen Bevölkerung ist. Diese Themen werden behutsam entwickelt, so dass sie auch jüngeren Zuschauern bewusst werden. Natürlich sorgt das Drehbuch auch für reichlich Spannung. Die allerdings könnte gerade den jungen Zuschauern auch Angst einflößen. Wie beispielsweise Hucks gewalttätiger und alkoholisierter Vater, den Niki Reiser mit seiner Musik gekonnt in die Italo-Western-Schublade einsortiert. Vor einem solchen Vater muss man sich wahrhaftig fürchten. Wie schon im ersten Teil, so wartet auch der neue Film mit einer guten Besetzung auf. Ob Huck Finn, Sklave Jim oder die teilweise dümmlichen Gangster – sie alle sind überzeugend besetzt. Alles in allem bietet DIE ABENTEUER DES HUCK FINN gute Unterhaltung für Jung und Alt.

Video: Hermine Huntgeburth, Jacky Ido & Leon Seidel zu Gast in Stuttgart

DIE LIBELLE UND DAS NASHORN (1:1.85, DD 5.1)
Verleih: NFP
Land/Jahr: Deutschland 2012
Regie: Lola Randl
Darsteller: Mario Adorf, Fritzi Haberlandt, Irm Hermann
Kinostart: 06.12.2012

In der Buchhandlung sitzen sie Seite an Seite und signieren ihre neuen Bücher: Nachwuchsautorin Ada und der berühmte Schauspieler Nino. Eigentlich will niemand etwas vom jeweils anderen wissen. Selbst auf der gemeinsamen Taxi-Fahrt zum Flughafen spricht man kein Wort miteinander. Wie es der Zufall aber will, treffen sich die beiden im Hotel wieder. Ada, weil sie sowieso noch eine Nacht länger bleibt und Nino, weil die Airline streikt. An der Hotelbar wagt Ada den ersten Schritt und versucht, den gestandenen Promi in ein Gespräch zu verwickeln. Was erst sehr mühsam beginnt, wird im Laufe des Abends und der sich anschließenden Nacht immer vertraulicher. Ada lockt den alten Mann mit ihren provokanten Fragen und ihrem flippigen Wesen aus der Reserve. Und schon bald diskutieren die beiden über das Leben, die Liebe und den Tod... Die Konstellation ist eigentlich dieselbe wie in LOST IN TRANSLATION. Auch hier kommen sich eine junge Frau und ein berühmter, alternder Schauspieler in der Abgeschiedenheit eines Hotels näher. In Sofia Coppolas Film dauert die ein paar Tage, in Lola Rendls Film reicht dafür eine einzige Nacht. Dass der Film mit minimalem Budget realisiert wurde, lässt sich weder an den Bildern noch an den Locations erkennen. Hier haben die Filmemacher wunderbare Arbeit geleistet. Auch an den beiden Hauptdarstellern gibt es nichts zu mäkeln. Mario Adorf, der Grandseigneur des deutschen Films, mimt den Erfolgsschauspieler sehr souverän. Man nimmt ihm seine Verlegenheit ob der teils anzüglichen Bemerkungen seiner Zufallsbekanntschaft genauso ab wie seine Arroganz, die er zu Beginn der skurrilen Beziehung an den Tag legt. Fritzi Haberlandt ist das exakte Gegenstück zu ihm. Ihr quirliges Wesen, das pausenlose Sprechen und die ständigen Provokationen dem alten Herrn gegenüber spielt sie mit Bravour. Besonders gut gelungen sind jene Passagen im Film, in denen die beiden Darsteller auf ein Rollenspiel einlassen. Hier sind sie nicht nur äußerlich plötzlich in einem “Film Noir”, sondern auch akustisch: die Musik auf der Tonspur imitiert perfekt die Hollywood-Filmmusik der 30er- und 40er-Jahre. DIE LIBELLE UND DAS NASHORN ist zwar kein großer Film, dafür aber ein feines kleines Fernsehspiel.
Donnerstag, 18. Oktober 2012
Von totgeglaubten Sängern und kleinen Voyeuren
Als Aperitif eine spannende Dokumentation, als Hauptgericht ein französischer Thriller. Der goldene Oktober musste heute ohne mich auskommen.

SEARCHING FOR SUGAR MAN (1:1.85, DD 5.1)
OT: Searching For Sugar Man
Verleih: Rapid Eye Movies HE
Land/Jahr: Schweden, Großbritannien 2012
Regie: Malik Bendjelloul
Darsteller: Rodriguez
Kinostart: 27.12.2012

Jeder kennt Bob Dylan oder Elvis Presley. Doch niemand kennt Rodriguez. Wirklich niemand? So einfach ist das nicht, denn der Sänger, der Anfang der siebziger Jahre zwei Alben in den USA aufgenommen hat, wurde zum Superstar in Südafrika – ohne dass er es wusste. Seine Musik wurde zum Soundtrack der Anti-Apartheidsbewegung des Landes! Die Nachricht vom Tode des Rodriguez bestürzte dort alle seine Fans. Gerüchten zufolge hatte er sich auf der Bühne vor Publikum selbst angezündet. Oder hatte er sich eine Kugel in den Kopf gejagt? Oder stimmt es gar, dass er in einem Gefängnis an einer Überdosis starb? Diese wilden Gerüchte und auch die Tatsache, dass über Rodriguez so gut wie nichts bekannt war, führte dazu, dass sich zwei seiner größten Fans – der eine in Südafrika, der andere in den USA – gemeinsam auf die Suche nach dem “Sugar Man” machten. Der schwedische Regisseur Malik Bendjelloul hat die schier unglaubliche Geschichte zu einem ebenso spannenden wie bewegenden Dokumentarfilm umgearbeitet. Rodriguez‘ Wegbegleiter erzählen seine Geschichte. Es ist die Geschichte eines einfachen Mannes mit einem großen musikalischen Talent, das in den USA vollkommen unterging, in Südafrika jedoch Riesenerfolge feierte. Dort wurden seine Platten millionenfach verkauft – und dennoch kam nie Geld zurück. Clarence Avant, ein Hochkaräter unter den Musikproduzenten, weicht mit dummen Antworten auf die Frage des Regisseurs aus. Dass er die Vorführung des Films stoppen wollte, spricht Bände. Das Unglaublichste aber ist damit noch längst nicht erzählt. SEARCHING FOR SUGAR MAN ist ein Kino-Muss – nicht nur für Musikfans.


IN IHREM HAUS (1:1.85, DD 5.1)
OT: Dans La Maison
Verleih: Concorde
Land/Jahr: Frankreich 2012
Regie: François Ozon
Darsteller: Fabrice Luchini, Ernst Umhauer, Kristin Scott Thomas, Yolande Moreau
Kinostart: 29.11.2012

Französischlehrer Germain ist schon lange frustriert von der Talentlosigkeit seiner Schüler, deren Aufsätze in ihrer Qualität stetig abnehmen. Ganz anders aber die Aufsätze seines Schülers Claude, der schildert, wie er seinem Mitschüler Rapha Nachhilfe in Mathematik gibt und dadurch in dessen Haus eingeladen wird. Der Aufsatz endet mit den Worten “Fortsetzung folgt”. Und tatsächlich geht die Geschichte weiter. Germain unterstützt seinen Schützling mit Privatstunden, will einen großen Schreiber aus ihm machen. Zu spät merkt er, dass ihn Claude mit seiner Fortsetzungslektüre bereits fest in der Hand hat... Ähnlich wie in seinem Film SWIMMING POOL vermischt François Ozon auch hier verschiedene Erzählebenen miteinander. Er tut dies wie immer so kunstvoll, dass nicht immer eindeutig klar ist, was echt ist und was sich nur in den Köpfen der Protagonisten (oder in deren erfundenen Geschichten) abspielt. Germain (brillant gespielt von Fabrice Luchini) wird gemeinsam mit seiner Gattin (Kristin Scott Thomas als frustrierte Galeristin) zu einem Voyeur, nimmt an Claudes Exkursion durch Raphas Haus sowie dessen amourösen Annäherung an Raphas Mutter teil. Germain verliert sich vollkommen in der Geschichte seines Schützlings, des Sohnes, den er nie hatte und dessen Schreibtalent, das ihm nie zuteil wurde. Ozons Film ist spannendes Kino, das den Zuschauer selbst zum Voyeur der Geschichte werden lässt.
Mittwoch, 17. Oktober 2012
Hushpuppy die Zweite und Einsatz in Israel
Die heutigen Pressescreenings wurden mit meinem Lieblingsfilm vom diesjährigen Fantasy Filmfest eröffnet. Und wieder hat er mich überwältigt!

BEASTS OF THE SOUTHERN WILD (1.1.85, DD 5.1)
OT: Beasts Of The Southern Wild
Verleih: MFA (Filmagentinnen)
Land/Jahr: USA 2012
Regie: Benh Zeitlin
Darsteller: Quvenzhané Wallis, Dwight Henry, Jonshel Alexander
Kinostart: 20.12.2012

(Text nach Sichtung beim “Fantasy Filmfest 2012”)
Die 6jährige Hushpuppy lebt zusammen mit ihrem trinkenden Vater in einer armseligen Behausung in den Sümpfen von Louisiana. Gemeinsam mit anderen Bewohnern wehren sie sich gegen die Zwangsräumung des Gebietes, das aufgrund des steigenden Wasserspiegels unterzugehen droht. Hushpuppys Vater tut alles, um seiner kleinen Tochter das Überleben beizubringen... Wieder einmal erhob sich ein Film zum Festival-Favoriten, der zu keinem der behandelten Genres gehört. Vielmehr sind die im Film auftauchenden und furchteinflößenden Auerochsen symbolisch zu sehen. Wenn sich die grandiose Hauptdarstellerin am Ende des Films mutig gegen die Herde stellt, dann weiß man, dass sie fest mit beiden Beinen im Leben steht und wortwörtlich ihren Mann stehen wird. Die 8jährige Quvenzhane Wallis beeindruckt nachhaltig in diesem Film, der ausschließlich mit Laien besetzt wurde. ”Wenn das kleinste Teil im Universum kaputtgeht, dann geht das ganze Universum kaputt”, hört man die kleine Hushpuppy aus dem Off sagen. Dazu gibt es Bilder von der Polschmelze zu sehen. Die Message wird deutlich übermittelt. Benh Zeitlin ist mit seinem Film ein kleines Meisterwerk gelungen. Darsteller, Musik, Kameraarbeit und Sounddesign bilden eine einzigartige Symbiose, die im Kinosaal so manche Träne hervorlocken wird

POLICEMAN (1:1.85, 5.1)
OT: Ha-shoter
Verleih: GMfilms
Land/Jahr: Israel 2011
Regie: Nadav Lapid
Darsteller: Yiftach Klein, Yaara Pelzig, Michael Mushonov
Kinostart: 25.10.2012

Yaron ist Geheimpolizist mit Leib und Seele. Mit seinen Kollegen vom israelischen Terroreinsatzkommando verbindet ihn eine tiefe Freundschaft. Hier gilt: Einer für Alle, Alle für Einen. So nimmt beispielsweise Krebskandidat Ariel jegliche Schuld am Tode von Unschuldigen auf sich, die als Folge eines Einsatzes sterben mussten. Zuhause umsorgt Yaron liebevoll seine hochschwangere Frau. Schnitt. Die kleine Gruppe um Nathanael, allesamt junge Erwachsene, plant ein Attentat. Mit ihrer Tat wollen sie die Missstände in Israel anprangern, die die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinanderklaffen lässt. Eine Konfrontation von Yaron mit den Rebellen ist unvermeidlich... Nadav Lapid hat seinen Film zweigeteilt. Sehr ausführlich schildert er im ersten Teil das Leben von Yaron, zeigt ihn mit seiner Frau, mit seinen Freunden, im Kollegenkreis. Ebenso präzise schildert er im zweiten Teil die Rebellen, die sich um Nathanael scharen, deren Sprachrohr jedoch die ebenso junge wie hübsche Shira ist. Lapids Film kommt – von einer Ausnahme gegen Ende des Films abgesehen – vollkommen ohne Filmmusik aus und erhebt damit den Anspruch, nicht plakativ, sondern vielmehr authentisch zu sein. Dadurch gelingt ein wirkungsvoller Spannungsaufbau, der den Zuschauer erahnen lässt, dass es hier zu einem äußerst unangenehmen Showdown kommen wird. POLICEMAN ist kein reisserisches Erzählkino, sondern ein spannender Beitrag zur Situation im Staate Israel.

Dienstag, 16. Oktober 2012
Unglückliche Komödie und köstliche Pseudo-Doku
Komödien ereilen mich oft im Doppelpack. So auch heute. Eine war allerdings definitiv besser als die andere.

ANLEITUNG ZUM UNGLÜCKLICHSEIN (1:1.85, DD 5.1)
Verleih: Studiocanal
Land/Jahr: Deutschland, Österreich 2012
Regie: Sherry Hormann
Darsteller: Johanna Wokalek, Iris Berben, David Kross
Kinostart: 29.11.2012

Tiffany Blechschmid betreibt einen kleinen aber feinen Straßeneckenfeinkostladen. Ihr ganzes Leben hat sie darauf eingerichtet. Zuhause starrt sie auf Bücherregale und schläft ich einem winzigen Bett. Warum auch ein größeres Bett – das würde sie ja unter Druck setzen, sich einen Mann zu suchen, der den leeren Platz im Bett auffüllt. Tiffany ist überzeugter Single. Das zumindest lässt sie sich von ihrem Über-Ich, der Stimme ihrer verstorbenen Mutter, vormachen. Da treten plötzlich gleich zwei Männer in ihr Leben: ein Polizist und ein Fotograf. Doch wieder lässt ihr Über-Ich es einfach nicht zu, dem Glück freien Lauf zu lassen... Der Filmtitel ist mit Vorsicht zu genießen. Im vorliegenden Falle handelt es sich nicht etwa um eine Verfilmung des Buches von Paul Watzlawick. Dieses diente vielmehr als eine Inspiration für Sherry Hormanns Film. Natürlich geht es auch hierin um das Sich-Selber-Im-Weg-Stehen und was man alles tut, um ja nicht glücklich zu werden. Letztendlich herausgekommen ist dabei eine nur mäßig amüsante Geschichte, die viel zu sehr darum bemüht ist, eine Art AMELIE zu sein. An diesen wunderbaren französischen Film erinnert nicht nur die kleine Metzgerei, in der Protagonistin Johanna Wokalek wirkt, sondern auch die Musik. Den Charme von AMELIE erreicht diese deutsche Komödie freilich an keiner Stelle. Auch gelingt es ihr nicht wirklich, eine emotionale Beziehung zur Hauptdarstellerin aufzubauen. Deren Schicksal bleibt dem Zuschauer leider vollkommen schnuppe.

FRAKTUS (1:1.85, DD 5.1 EX)
Verleih: Pandora
Land/Jahr: Deutschland 2012
Regie: Lars Jessen
Darsteller: Devid Striesow, Heinz Strunk, Rocko Schamoni, Jacques Palminger
Kinostart: 08.11.2012

Dirk Eberhard Schubert, Bernd Wand und Torsten Bage haben einst Musikgeschichte geschrieben. Als Elektro-Gruppe “Fraktus” haben die drei Musiker Anfang der achtziger Jahre den Techno-Sound erfunden und waren ihrer Zeit damit um Lichtjahre voraus. Doch ihr Erfolg war jäh vorbei, als bei einem Live-Konzert ein Feuer ausbrach und nicht nur der Konzertsaal vollkommen niederbrannte, sondern auch die sensationellen selbt entworfenen Instrumente der Musiker zerstörte. Fraktus verschwand sang- und klanglos vom Erdboden. Bis Roger Dettner, ein erfolgloser Musikmanager, 25 Jahre später die Idee aufgreift, das Trio ausfindig zu machen und die Jungs zu einem Comeback zu bewegen... Bestimmt befindet sich auch in Ihrer Plattensammlung noch eine verstaubte LP von Fraktus. Nein? Logisch – geht ja auch nicht. Denn Fraktus gab es nie. Die Band wurde für Lars Jessens “Mockumentary” frei erfunden! Die Geschichte jedoch fühlt sich dank der hervorragenden Inszenierung wahnsinnig echt an. Das liegt nicht nur daran, dass zwischendrin ein paar namhafte Personen aus der Musikbranche in Interview-Segmenten wohlwollende Worte über Fraktus sagen, sondern auch an den unechten “Musikbranchen-Fuzzis”, anhand derer Jessen mit der aktuellen Musikszene abrechnet. Das ist so witzig, dass man sich gerne vor Lachen schüttelt. Natürlich auch wegen der obskuren Gestalten, die einst Fraktus waren: der Erste ist jetzt arroganter Produzent von “Ballermann”-Songs auf Ibiza, der Zweite ein Kleinunternehmer mit Internet-Cafe und angeschlossener Backstube, der Dritte (mit einseitiger Langhaarpracht und Hitlerbärtchen!) führt das elterliche Optikergeschäft. Mittendrin Devid Striesow als schmieriger Musikmanager. Angesichts einer solch schrägen Truppe ist es fast schon schade, dass es sich nur um eine Mockumentary handelt.
Montag, 15. Oktober 2012
Guckst Du immer noch?
Nur weil es in einer TV-Comedy-Show funktioniert, muss es das noch lange nicht auf der großen Leinwand. Der heutige Film hat’s vorzüglich bewiesen.

AGENT RANJID RETTET DIE WELT (1:2.35, DD 5.1)
Verleih: Constantin
Land/Jahr: Deutschland 2012
Regie: Michael Karen
Darsteller: Kaya Yanar, Gode Benedix, Birte Glang
Kinostart: 18.10.2012

Weil seine geliebte Kuh Benytha Magenprobleme hat und es für deren Heilung viel Geldes bedarf, heuert Putzmann Ranjid als Geheimagent an. Dem Geheimdienstchef Süleyman kommt das gerade recht, hat er doch soeben vom “Bundesmerkel” höchtspersönlich den Auftrag erhalten, dem Holländer Freek van Dyk das Handwerk zu legen. Der nämlich hat ein neues Handy geklaut, mit dem man alle Menschen manipulieren kann. Und ausgerechnet jetzt fällt Süleymans bester Mann, Ex-Türsteher Hakan, aus. Mit einer Schnellbleiche wird Ranjid zum “Süperagenten” gemacht und soll bitte gleich die Welt retten. Au weia! - Um das Positive an diesem Film gleich am Anfang zu nennen: er dauert nur 81 Minuten. Die aber fühlen sich eher wie zwei Stunden an. Gefühlte zwei Stunden, in denen man vergebens damit ringt, endlich einmal über eine dummen Kalauer oder eine noch dümmere Situation lachen zu können. Es ist ein Ding der Unmöglichkeit, bei diesem Möchte-Gern “Johnny English”-Verschnitt zu lachen. Kaya Yanar schlüpft in der Agentenfilmparodie in seine altbekannten Masken, die er Dutzende Male bereits im Privatfernsehen präsentiert hat und die mittlerweile komplett ausgelutscht sind. Fehlende Pointen werden dank Kuh Benytha stets sorgfältig weggerülpst, was den Film nicht gerade in die erste Liga katapultiert. Das Gegenteil ist der Fall. Da wird dann sogar die farblich sehr gelungene Bollywood-Eröffnungsnummer mit Putzmann Ranjids Gang aufs Töpfchen jäh beendet. Wer sich freilich nie satt genug sehen und hören kann an Kaya Yanars Stereotypen, der kann sich hier vielleicht tatsächlich amüsieren und das Zwerchfell massieren lassen. Alle Anderen werden sich spätestens nach einer halben Stunde ernsthaft die Frage stellen: “Guckst Du weiter?”
Donnerstag, 11. Oktober 2012
Verschwörungstheorien und gestrandete Seelen
Die letzten beiden Pressevorführungen in dieser Woche waren den Gang ins Kino durchaus wert.

HARODIM – NICHTS ALS DIE WAHRHEIT? (1:1.85, DD 5.1)
Verleih: Polyband (24 Bilder)
Land/Jahr: Österreich 2011
Regie: Paul Finelli
Darsteller: Peter Fonda, Travis Fimmel, Michael Desante
Kinostart: 08.11.2012

Schon seit vielen Jahren lebt Ex-Navy-SEAL Lazarus Fell im Untergrund. Der Experte für verdeckte Operationen ist offiziell gestorben. Nicht einmal seine Familie weiß, dass er noch am Leben ist. Sein Ziel: ungestört den Mörder seines Vaters zu finden, der als ein hohes Tier des amerikanischen Geheimdienstes bei den Anschlägen auf das World Trade Center ums Leben kam. Jetzt hat er den dafür verantwortlichen Terroristen dingfest gemacht und in sein abgeschottetes Verlies gebracht. Doch bevor er den Bösen umbringt, soll ihm der alles erzählen. Was ihm der Terrorist jetzt allerdings als Wahrheit auftischt, sprengt alle Dimensionen. Ist es nur ein Trick oder soll im Lazarus glauben? Paul Finellis Spielfilmdebüt ist ein kammerspielartiger Thriller, in dem die Attentate vom 11. September als die Spitze einer riesigen globalen Verschwörung entlarvt werden. Die Schilderungen des Terroristen, das Verhör durch Lazarus werden immer wieder mit authentischem Nachrichtenmaterial durchsetzt, das den Zuschauer dazu auffordert, selbst einmal über die Ereignisse nachzudenken. War alles tatsächlich nur ein Schwindel unter dem Deckmantel des Terrorismus? Finelli inszeniert seinen mit kleinem Budget produzierten Film äußerst spannend und zieht zum Ende hin noch einmal kräftig an der Schraube. Unterstützt wird der Film von einem außergewöhnlichen Sounddesign mit Sogwirkung: man wird in die Handlung hineinkatapultiert. Leider schadet der Film selbst seinem Spannungsaufbau indem er bereits im Titelvorspann verrät, dass es nicht bei einem Zwei-Personen-Stück bleibt. Eines aber macht der Thriller gleich ganz am Anfang klar: “Dieser Film ist keine wahre Geschichte, sondern eine Fiktion” steht da zu lesen. Dann aber werden sofort ein paar Passagen geschwärzt, womit dann Folgendes zu lesen ist: “Dieser Film ist k***********************eine Fiktion”.

PARKED – GESTRANDET (1:2.35, DD 5.1)
OT: Parked
Verleih: Dualfilm
Land/Jahr: Irland, Finnland 2011
Regie: Darragh Byrne
Darsteller: Colm Meaney, Colin Morgan, Milka Ahlroth
Kinostart: 29.11.2012

Uhrmacher Fred ist eine gestrandete Seele. Seit seiner Rückkehr von England nach Dublin ist er arbeitslos. Weil er keinen Wohnsitz hat, wird ihm Sozialhilfe verwehrt. So lebt er in seinem Auto, das er auf einem Parkplatz an der Dubliner Küste abgestellt hat. Eines Tages bekommt er einen Nachbarn: Cathal, ein junger Drogenabhängiger, lebt ebenfalls in seinem Auto und stellt es auf demselben Parkplatz ab. Die beiden ungleichen Männer schließen Freundschaft und unterstützen sich gegenseitig. Cathal hilft Fred bei der Eroberung einer Frau, Fred hilft Cathal bei der Überwindung seiner Drogensucht. Doch Cathal hat Schulden und sein Geldleiher versteht keinen Spaß... Fred (vorzüglich gespielt von Colm Meaney) steht auf dem Sprungbrett einer Schwimmhalle. Er zögert, überlegt. Um dann schließlich das Sprungbrett wieder zu verlassen. Diese Szene symbolisiert den Zustand, in dem sich der Protagonist befindet: sein Selbstvertrauen ist durch seine unglückliche Situation schon lange gebrochen. Noch ein paar Mal im Verlauf des Films sehen wir Fred auf dem Sprungbrett. Den Sprung ins kalte Wasser wird er allerdings erst am Ende des Films wieder wagen. Die Freundschaft mit dem Junkie Cathal (sehr überzeugend: Colin Morgan) bringt erst ganz allmählich Freds Vertrauen ins ich selbst zurück. Das Spielfilmdebüt des Dokumentarfilmers Darragh Byrne weist außer beachtlichen Darstellerleistungen auch eine exzellente Kameraarbeit (John Conroy) und eine wunderbare Filmmusik (Niall Byrne) auf. PARKED ist für die Kinoleinwand gemacht und sollte unbedingt auch dort angeschaut werden.

Video: Filmpremiere PARKED in Stuttgart
Video: Im Gespräch mit Colm Meaney & Darragh Byrne
Mittwoch, 10. Oktober 2012
Bildgewaltig
Heute gab es in der Presse nur einen einzigen Film. Der aber dauerte dafür so lange wie zwei Filme.

CLOUD ATLAS (1:2.35, DD 5.1)
OT: Cloud Atlas
Verleih: X Verleih (Warner)
Land/Jahr: USA, Deutschland 2012
Regie: Tom Tykwer, Lana Wachowski, Andy Wachowski
Darsteller: Tom Hanks, Halle Berry, Jim Broadbent
Kinostart: 15.11.2012

1849: Ein amerikanischer Anwalt lernt die Schrecken der Sklaverei auf hoher See kennen. 1936: Ein angehender Komponist assistiert einem Musikgenie. 1973: Eine junge Journalistin deckt einen Atomskandal auf. 2012: Ein Verleger wird in einem Altersheim festgehalten und entdeckt den Wert der Freiheit. 2144: Eine geklonte Kellnerin beginnt menschlich zu werden. 2346: Ein Ziegenhirte kämpft um das Überleben der gesamten Menschheit. Nach fast drei Stunden bildgewaltiger Unterhaltung fühlt man sich eventuell etwas erschlagen. Viele Zusammenhänge erschließen sich nicht sofort. Einen solchen Film muss man erst einmal etwas auf sich wirken lassen. Das aber ist in diesem Fall ein sehr angenehmes Gefühl. “Alles ist verbunden” lautet der Slogan des Films. Jede Einwirkung des Menschen, jede Veränderung - ob gut oder böse – beeinflusst die Zukunft. Um dies zu verdeutlichen haben die drei Regisseure die Protagonisten ihres Filmes mit immer den gleichen Schauspielern besetzt, obgleich die zeitliche Spannbreite ganze 500 Jahre beträgt. Dabei wechseln die Protagonisten nicht nur einfach ihr Aussehen, sie schlüpfen sogar in unterschiedliche Geschlechter, sind mal gut und mal böse. Die Frage nach Reinkarnation beantwortet der Film, der nach dem Bestseller von David Mitchell entstand, damit ganz eindeutig. Sind es anfangs noch sechs verschiedene Geschichten, die erzählt werden, so wird im Verlauf des Films klar, dass es letztendlich nur eine einzige Geschichte ist, die erzählt wird. Die ineinander verwobenen Storys, die sich am Anfang noch gemächlich abwechseln, mit zunehmender Spielzeit jedoch im Rhythmus deutlich schneller werden, gestalten den Film unglaublich spannend, man merkt deutlich, das er auf einen Höhepunkt zusteuert. Inszeniert wird alles mit atemberaubender Technik, die keinen Selbstzweck darstellt, sondern der Story dient. Unterlegt ist der Film mit einem exzellenten Score vom Gespann Tom Tykwer, Reinhold Heil und Johnny Klimek. Einen Bruch gibt es jedoch im Gesamtkonzept: die Geschichte, in der Jim Broadbent in einem hermetisch abgeriegelten Altenheim landet, passt nicht zum Rest des Films. Diese Episode soll mit ihrem Humor vermutlich die ansonsten sehr dramatische Handlung auflockern, wirkt dadurch aber leider wie ein Fremdkörper.
Dienstag, 09. Oktober 2012
Häusliche Gewalt
Offiziell wusste niemand von der heutigen Pressevorführung, weil die betreuende Agentur ganz offensichtlich vergessen hatte, Einladungen zu verschicken. Aber ausnahmsweise habe ich mal auf die Gerüchteküche gehört und bin auf Verdacht hingegangen – Bingo!

FESTUNG (1:1.85, DD 5.1)
Verleih: farbfilm (24 Bilder)
Land/Jahr: Deutschland 2011
Regie: Kirsi Marie Liimatainen
Darsteller: Ursina Lardi, Peter Lohmeyer, Elisa Essig, Karoline Herfurth, Antonia Pankow, Ansgar Göbel
Kinostart: 29.11.2012

In ihrer Schule ist die 13jährige Johanna eine Außenseiterin. Über die Einladung zu ihrer Geburtstagsfeier lachen alle, beim Sport will sie keiner in seiner Mannschaft haben. Dass die verschlossene Johanna ein Opfer ihres Elternhauses ist, ahnt niemand. Ihr jähzorniger Vater verprügelt Johannas Mutter auch nach Absolvierung einer Therapie nach wie vor. Die ältere Schwester Claudia ist schon längst von zuhause ausgezogen, die kleine Schwester stellt sich einfach tot wenn Papa böse wird zu Mama. Obendrein steckt Johanna mitten in der Pubertät, wünscht sich sehnsüchtig einen Freund, dem sie sich anvertrauen kann. In Christian hofft sie ihn zu finden... Kirsi Marie Liimatainens Film ist ein sensibles Drama über häusliche Gewalt, geschildert aus der Sicht einer 13jährigen. Elisa Essig überzeugt als Johanna, die zwischen allen Stühlen sitzt und sich niemandem anvertrauen kann. Gefangen zwischen der zerrütteten Familie und ihrem ersten Freund spiegelt sich ihr Innenleben perfekt in ihrem ernsten Gesicht wider. Auch die anderen Darsteller (Ursina Lardi als die depressive, wehrlose Mutter; Peter Lohmeyer als unberechenbarer, gewalttätiger Vater; Karoline Herfurth als rebellierende ältere Schwester) sind gut gewählt. Auch wenn der Film auf eine explizite Darstellung der Gewalt verzichtet und diese nur akustisch andeutet, ist sie stets präsent und schafft eine Atmosphäre der Bedrohung. Leider verschenkt der Film ein paar Punkte dadurch, dass das Zusammenspiel zwischen den gestandenen Darstellern und den Neulingen etwas holprig wirkt. Der Film wird dadurch immer wieder in die Nähe eines Amateurprojekts gedrängt; es fehlt an Homogenität. Speziell die Liebesgeschichte zwischen Johanna und Christian wirkt recht unbeholfen. FESTUNG ist Kirsi Marie Liimatainens Kinodebüt, mit dem sie einen guten Einstand liefert, dem zwar noch der letzte Schliff fehlt, aber gleichzeitig neugierig auf Folgeprojekte macht.
Montag, 08. Oktober 2012
Gewalt in Slow Motion
Heute ging es vom Todd-AO Filmfestival in Karlsruhe auf direktem Wege in die Pressevorführungen nach Stuttgart.

DREDD (1:2.35, 3D, DD 5.1)
OT: Dredd
Verleih: Universum (Walt Disney)
Land/Jahr: Südafrika, Großbritannien 2012
Regie: Pete Travis
Darsteller: Karl Urban, Olivia Thirlby, Lena Headey
Kinostart: 15.11.2012

In Mega City One, einer gigantischen amerikanischen Großstadt irgendwann in der nahen Zukunft, herrscht die Gewalt. Sogenannte “Judges” - Polizisten, Richter und Vollstrecker in Personalunion – versuchen gegen die Kriminalität anzugehen. Dredd ist einer von ihnen und der Beste seines Fachs. Gemeinsam mit einer neuen Rekrutin will er der Drogenbaronin Ma-Ma die Hölle heiss machen. In ihrem Labor, das sich in einem hermetisch abgeriegelten Wolkenkratzer befindet, lässt sie eine Droge herstellen, die die Realität in Zeitlupe erleben lässt. Bald schon sitzen Dredd und seine Kollegin in der Falle... Breit ausgespielte Gewaltszenen dominieren Pete Travis‘ Neuauflage der “Judge Dredd”-Comicvorlage. Und sie werden in atemberaubender Technik zelebriert: in extremer Slow-Motion dürfen wir genüsslich zusehen, wenn eine Kugel ein Gesicht zerfetzt oder ein Körper mit dem Kopf voran auf dem harten Beton aufschlägt und zerbirst. Pulsierende Technomusik begleitet die Duelle, die sich die guten Cops mit der Überzahl von bösen Menschen liefern. Auf der Tonebene haben die im Kino installierten Subwoofer eine Menge Arbeit zu verrichten und auch die Surround-Lautsprecher werden ordentlich durchgepustet. Dazu ein betörend depressives Produktionsdesign. Aber wo bleibt die Geschichte? Vermutlich war für ein gutes Drehbuch einfach kein Budget mehr vorhanden. Wozu braucht man das auch? Es kommt ja nur auf den Body Count an. Stimmt der, klingelt’s in der Kasse. Das zumindest scheint die Denkweise der Filmemacher zu sein. Verachtenswert.

NIKO 2 – KLEINES RENTIER, GROSSER HELD (1:1.85, 3D, DD 5.1)
OT: Niko – Family Affairs
Verleih: Universum (Walt Disney)
Land/Jahr: Finnland, Dänemark, Irland, Deutschland 2012
Regie: Kari Juusonen, Jørgen Lerdam
Kinostart: 01.11.2012

Es will einfach nicht klappen. Dabei übt das kleine Rentier Niko gemeinsam mit seinem Papa so tapfer das Fliegen in Weihnachtsgeschwindigkeit. Doch es bedarf eines frohen Herzens dafür. Kein Wunder also, dass es bei Niko nicht klappen will. Denn seine Eltern leben getrennt, was Niko ganz traurig stimmt. Als dann plötzlich seine Mama auch noch einen neuen “Ersatzvater” mitsamt dem kleinen Jonni anschleppt, brennt bei Niko eine Sicherung durch. Beim Versteckenspielen im Wald lässt er seinen neu gewonnenen kleinen Bruder alleine zurück. Als sich aber die fiesen Adler Jonni schnappen, bricht in Niko der Beschützerinstinkt hervor: er setzt alles daran, Jonni zu retten... Die Fortsetzung zu dem erfolgreichen ersten NIKO-Film wartet mit interessanten Themen auf, die in dem perfekt computeranimierten Kinderfilm spielerisch erarbeitet werden. Da geht es um Patchwork-Familien, Einsamkeit, Freundschaft und Solidarität. Eingeflochten werden diese Themen in ein rasantes Abenteuer, das auch mit witzigen Einfällen und niedlichen Charakteren nicht spart. Kleineren Kindern könnte die Action jedoch schon etwas zuviel werden. Auch gibt es eine paar Szenen, die für die ganz Kleinen zu gruselig sein dürften (z.B. Jonnis Gefangenschaft im Verließ der Adler). Tontechnisch lässt der Film zu wünschen übrig: die Musikaufnahmen klingen wenig räumlich und lassen das Gefühl aufkommen, das mit dem Ton etwas nicht stimmt. Möglicherweise wollte man aber einfach nur eine “kindgerechte” Tonfassung erstellen.
Donnerstag, 04. Oktober 2012
Wenn Film so richtig weh tut
Meine letzte Pressevorführung in dieser Woche war gleichzeitig der Tiefpunkt des Monats.

ASTERIX & OBELIX – IM AUFTRAG IHRER MAJESTÄT (1:2.35, 3D, DD 5.1)
OT: Asterix & Obelix – God Save Britannia
Verleih: Concorde
Land/Jahr: Frankreich 2012
Regie: Laurent Tirard
Darsteller: Gérard Depardieu, Edouard Baer, Catherine Deneuve, Bouli Lanners, Dany Boon, Gérard Jugnot
Kinostart: 18.10.2012

Weil Britannien von Caesar und seinen Legionen bedroht wird, soll ein Abgesandter der Königin die Gallier und ihren Zaubertrank zu Hilfe holen. Aber auch die Römer holen sich Hilfe: die bösen Normannen, die endlich einmal wissen wollen, was Angst ist. Diesen Film von Anfang bis Ende durchzuhalten war nicht gerade einfach! Der quält sich nämlich von einem mühseligen Gag zum nächsten – und das fast ganze zwei Stunden lang. Wenn es Schmerzensgeld fürs Filmeschauen gäbe – mit ASTERIX & OBELIX könnte man glattweg zum Millionär werden. Doch da auch jeder Film etwas Gutes hat, sollte das hier nicht unerwähnt bleiben: Hut ab vor Klaus Badelts orchestraler Filmmusik, die ihre Aufgabe mit großer Hingabe erledigt. Dafür bedarf es aber keines Films – da reicht eine Soundtrack-CD vollkommen aus. Zu hoffen bleibt, dass es keine weitere Asterix-Realverfilmung mehr geben wird.
Dienstag, 02. Oktober 2012
Läuterung
Ein viel umjubeltes Stück Film aus Südkorea stand heute auf der Tagesordnung.

PIETA (1:1.85, DD 5.1)
OT: Pieta
Verleih: MFA
Land/Jahr: Südkorea 2012
Regie: Kim Ki-duk
Darsteller: Lee Jeong-jin, Jo Min-Su, Woo Gi-hong
Kinostart: 08.11.2012

Lee Kang-do arbeitet als Geldeintreiber für einen Kredithai. Seine Opfer sind die Ärmsten den Armen. Können sie nicht zahlen, macht sie der gewissenlose Geldeintreiber zu Krüppeln, um die Versicherungssumme zu kassieren. Eines Tages folgt ihm plötzlich eine Frau, die vorgibt, seine Mutter zu sein. Der Waise Lee glaubt ihr nicht und stellt sie auf die Probe. Erst als sie die Vergewaltigung durch ihn in Tränen hinnimmt, beginnt er ihr zu glauben. Damit beginnt Lee Kang-dos Läuterung, der schon bald der Gewalt abschwört. Noch ahnt er aber nicht, dass ihm das Schlimmste noch bevorsteht... Spätestens seit OLD BOY wissen wir, dass sich die Koreaner an ewig langen Racheszenarien ergötzen können. Derartige Szenarien können da schon gerne mal mehrere Jahrzehnte dauern und bei westlichen Betrachtern zu ungläubigem Achselzucken führen. Auch Kim Ki-duks neuer in und Venedig preisgekrönter Film macht da keine Ausnahme. Um was es hier letztendlich geht, verrät der Regisseur erst ganz am Ende des Films. Bis es soweit ist konfrontiert Ki-duk seine Zuschauer mit roher Gewalt, Elendsvierteln, Masturbation und Inzest. Keine leichte Kost. Auch keine, die sich dem Zuschauer schnell erschließen wird. Eben typisch asiatisch. Filmkunst? Womöglich!

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