Wolfram Hannemann
Filmkritiker / Freelance Journalist / Filmemacher

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Mittwoch, 29. Mai 2013
Mit dem Handy im Kofferraum
Die letzte Pressevorführung der aktuellen Woche war einem Thriller gewidmet.

THE CALL – LEG NICHT AUF! (1:1.85, DD 5.1)
OT: The Call
Verleih: Universum Film (SquareOne)
Land/Jahr: USA 2013
Regie: Brad Anderson
Darsteller: Halle Berry, Abigail Breslin, Morris Chestnut
Kinostart: 11.07.2013

Der Notruf, den Jordan in der Notrufzentrale entgegennimmt, kommt direkt aus dem Kofferraum eines fahrenden Autos. Von dort meldet sich die verängstigte minderjährige Casey, die offensichtlich entführt wurde. Leider ist das Mobiltelefon, über das sich das junge Mädchen meldet, nicht ortbar und so muss die mit einem Trauma vorbelastete Jordan im Dialog mit Casey versuchen, möglichst viele Anhaltspunkte zu sammeln, um das Auto zu lokalisieren. Dem Mädchen gelingt es schließlich, eines der Rücklichter wegzustoßen und sich bemerkbar zu machen. Damit jedoch fangen die richtigen Probleme erst an... Spätestens mit dem genialen Schwarzweißfilm THE MACHINIST, der vor vielen Jahren auf dem Fantasy Filmfest gezeigt wurde, hat sich Regisseur Brad Anderson einen Namen bei Thriller-Fans gemacht. Nach vielen Gastspielen im Fernsehen kehrt Anderson nun mit THE CALL wieder ins Kino zurück. Der entpuppt sich inhaltlich zwar als Stangenware, doch versteht es Anderson hervorragend, den Stoff für die Leinwand so umzusetzen, dass man zunehmend mit den Protagonisten mitfiebert. Das geht soweit, dass man sich während des Films bereits Gedanken darüber macht, was man wohl selbst tun würde, käme man in eine so prekäre Lage wie Abigail Breslin alias Casey. Sowohl deren Reaktionen wie auch die von Halle Berry als Notruf-Operator sind durchweg nachvollziehbar, erscheinen sehr logisch. Umso ärgerlicher ist dann allerdings das Ende des Films. So bemüht Anderson hier in den letzten 15 Minuten wirklich jedes Klischee, das vor ihm bereits Hunderte von Serienkiller-Filmen bereits verarbeitet haben. Klischees, bei denen man als Betrachter nur noch mit Kopfschütteln reagiert und sich über die vollkommen hanebüchenen Handlungsweisen der Protagonisten ärgert. Dabei hätte der Film keineswegs dieses Abdriften ins SAW-Milieu nötig, da er bis dahin über einen kontinuierlichen Spannungsaufbau verfügt und man ein paar kleinere Ungereimtheiten gerne verzeiht (z.B. gibt es im Kofferraum des fahrenden Autos keinerlei störende Nebengeräusche, so dass sich die Entführte und die Dame in der Notrufzentrale perfekt via Mobiltelefon unterhalten können).
Dienstag, 28. Mai 2013
Sich mit dem Tango in Trance tanzen
Eine Tragikomödie und ein Thriller hielten mich heute von der Sonne fern.

TANGO LIBRE (1:2.35, DD 5.1)
OT: Tango Libre
Verleih: Movienet (24 Bilder)
Land/Jahr: Belgien, Luxemburg, Frankreich 2012
Regie: Frédéric Fonteyne
Darsteller: François Damiens, Sergi Lopez, Jan Hammenecker, Anne Paulicevich
Kinostart: 13.06.2013

Tagsüber arbeitet der schüchterne und in sich gekehrte JC als Wäter in einem Gefängnis, abends besucht er einen Tango-Kurs. Dort lernt er die attraktive Alice kennen, die wiederum die Freundin gleich zweier in JCs Ansstalt untergebrachter Häftlinge ist. Mit dem einen ist sie verheiratet, mit dem anderen hat sie ein geduldetes Verhältnis. Als sich JC ausgerechnet in Alice verliebt, wendet sich das Blatt für alle Beteiligten... Der Tango als Befreiungsschlag – das ist das Resumee aus Frédéric Fonteynes neuem Film. Seine Protagonisten teilen alle dasselbe Schicksal – ob sie nun eingesperrt sind oder frei. Denn im Grund genommen ist Gefängniswärter JC ebenso ein Gefangener wie die beiden Freunde von Alice, die wegen einer Straftat im Gefängnis einsitzen. Die Liebe zu Alice sowie der Tango verbindet die drei ungleichen Männer. Atmosphärisch stimmig fängt die Kamera von Virgine Saint Martin die Schauplätze der Geschichte ein: das triste Zuhause von JC ebenso wie die Nüchternheit der Haftanstalt. Der in den Hauptrollen wunderbar besetzte Film ist laut der Aussage des Regisseurs “im Rhythmus und der Leichtigkeit der Milonga, verbunden mit der Melancholie und der Leidenschaft des Tangos” inszeniert. Wer ungewöhnliche Tragikomödien mag, wird sich mit TANGO LIBRE und seinen Figuren schnell anfreunden.

TRANCE – GEFÄHRLICHE ERINNERUNG (1:2.35, DD 5.1 + 7.1 + Atmos)
OT: Trance
Verleih: Fox
Land/Jahr: Großbritannien 2013
Regie: Danny Boyle
Darsteller: James McAvoy, Rosario Dawson, Vincent Cassel
Kinostart: 08.08.2013

Der Überfall auf ein Auktionshaus, bei dem ein millionenschweres Gemälde von Goya gestohlen wird, entpuppt sich als ein abgekartetes Spiel des Auktionators Simon, der mit den Räubern unter einer Decke steckt. Doch leider verliert Simon durch einen Schlag auf den Kopf sein Gedächtnis und weiß fortan nicht mehr, wo er die Beute versteckt hat. Anfänglich zweifeln seine Komplizen daran, dass er tatsächlich unter Amnesie leidet und unterziehen ihn einer Foltertortur – ohne Ergebnis. Ihre letzte Hoffnung: vielleicht erinnert sich Simon unter Hypnose. So begibt sich Simon in die Obhut einer Therapeutin. Und die gräbt prompt in seinem Gedächtnis Dinge aus, die lieber unter Verschluss hätten bleiben sollen... Kaum einer versteht die Möglichkeiten des Films so auszuschöpfen wie Danny Boyle. Auch in TRANCE zieht er wieder alle Register in Hinsicht auf Bild, Schnitt, Sound und Musik. Sein Film wird allerdings nur in solchen Kinos mit Leben erfüllt werden, die sich trauen, das Werk auf Referenzpegel zu spielen. Nur dann wird sich die mit Technorhythmen angereicherte Musik von Rick Smith richtig entfalten und den Zuschauer in Trance versetzen können. Kameramann Anthony Dod Mantle, der schon Boyles SLUMDOG MILLIONÄR faszinierend bebildert hat, bringt auch heuer wieder sein gesamtes Können in die Produktion ein und versteht sich wieder bestens darauf, das CinemaScope-Format richtig auszufüllen. Die Geschichte allerdings wirkt dieses Mal schon etwa abgegriffen. Es gab oder gibt einfach schon zu viele Filme, bei denen letztendlich nichts so ist wie es scheint. Trotzdem: glaubt man endlich alles durchschaut zu haben, so setzt Boyles Film nochmals bei Null an und tischt uns eine vollkommen andere Geschichte auf und zeigt uns allen damit, dass wir offensichtlich alle bislang in Trance waren. Auch mit der genannten Einschränkung ist der Film durchaus sehens- und hörenswert (wohl dem, der ihn in einem mit Dolby Atmos ausgestatteten Kino erleben darf!) und macht nicht zuletzt dank des guten Ensembles Spaß.
Montag, 27. Mai 2013
Öko-Märchen
Gus Van Sant eröffnete die Pressewoche heute mit seinem Film zum Thema “Fracking”.

PROMISED LAND (1:1.85, DD 5.1)
OT: Promised Land
Verleih: Universal
Land/Jahr: USA 2012
Regie: Gus Van Sant
Darsteller: Matt Damon, John Krasinski, Frances McDormand, Hal Holbrook
Kinostart: 20.06.2013

Im Auftrag seines Konzerns reist der Unternehmensvertreter Steve Butler ins amerikanische Hinterland. Dort soll er den sich in wirtschaftlicher Schieflage befindlichen Farmern das Drillbohren, auch Fracking genannt, als das Allheilmittel verkaufen und Verträge für die Nutzung ihrer Ländereien abschließen. Dass das Fracking jedoch große Umweltrisiken birgt, soll einfach unter den Tisch gekehrt werden. Mit seiner gewinnenden Art scheint Butler auch tatsächlich leichtes Spiel zu haben. Doch der Lehrer Frank Yates und ein plötzlich auftauchender Umweltaktivist bringen Steves Vorhaben zunehmend in Gefahr... Mit seinem neuesten Film beweist Regisseur Gus Van Sant, dass man schwergewichtige Themen durchaus unterhaltsam aufbereiten kann und nicht stets mit dem erhobenen Zeigefinger über die Leinwand fuchteln muss. Das Drehbuch von Matt Damon und John Krasinski bietet neben einer Auseinandersetzung mit dem Thema auch durchaus humoristische Passagen, wie beispielsweise der “Running Gag” mit dem Mietwagen, den Matt Damon in seiner Rolle als Steve Butler nicht fahren kann, weil er über kein Automatikgetriebe verfügt. Dem Publikum wird damit ein leichter Zugang zu dem heiklen Umwelt-Stoff ermöglicht. Die Darstellerriege ist hervorragend ausgewählt. Nicht nur Matt Damon glänzt in seiner Rolle als “netter Kerl”, auch seine Kollegin Frances McDormand überzeugt als Mutter, die mit ihrem Sohn ständig telefonisch in Kontakt ist. Brillant auch Hal Holbrook als das Gewissen des kleinen Ortes, an dem gebohrt werden soll. Gute Dialoge runden das Bild perfekt ab. Doch gibt es einen Wermutstropfen – und der ist nicht gerade gering. Denn am Ende entpuppt sich das Drama als ein Öko-Märchen, das ganz im Sinne der Traumfabrik Hollywood Umweltbewusstsein über die Profitgier stellt. Aber man hätte es sich ja fast schon denken können, das alles wie im Märchen endet. Denn gleich zu Beginn des Films ertönt die schöne Filmmusik von Danny Elfman geradezu engelsgleich, nicht von dieser Welt.
Freitag, 24. Mai 2013
Spiel mit dem Feuer und Katerstimmung
Das letzte Doppelprogramm der Woche. Es kann nur noch besser werden.

FEU (1:1.85, 3D, 5.1)
OT: Feu: Crazy Horse Paris
Verleih: Polyband
Land/Jahr: Frankreich 2012
Regie: Bruno Hullin
Darsteller: Christian Louboutin
Kinostart: 11.07.2013

Eine Portion Erotik gefällig? Dann sind Sie bei FEU genau richtig – oder auch nicht. Denn die Nummernrevue aus dem berühmten Pariser “Crazy Horse” gibt sich zwar ziemlich unverhüllt, entpuppt sich jedoch als eine recht langweilige Aneinanderreihung erotischer Tanznummern der fast androgynen Mädchen, die für ihr Leben gern im “Crazy Horse” auftreten. Das zumindest erzählen die französisch sprechenden und mit deutschem Voice Over ausgestatteten Girls in den Übergängen zwischen den einzelnen Nummern, die immer ein anderes Mädchen in einer riesigen Schneekugel präsentieren. Zusätzlich erzählt der Schuhdesigner Christian Louboutin, wie seine Zusammenarbeit mit dem “Crazy Horse” zustande kam und was es mit den High Heels der Mädels auf sich hat. Echte Erotik lässt sich bei soviel Gequassel allerdings nicht aufbauen! Das alles gibt es dann in mehr schlechtem wie rechtem 3D verpackt zu sehen. Da sich die Bühnendarbietungen ohnehin immer im Halbdunkel abspielen, wird das Ganze durch die 3D-Technik nur noch verschlimmert. Da haben dann die Augen viel zu tun, der Film wird anstrengend und ergeht sich letztendlich in Langeweile.

HANGOVER 3 (1:2.35, DD 5.1)
OT: The Hangover Part III
Verleih: Warner
Land/Jahr: USA 2013
Regie: Todd Phillips
Darsteller: Bradley Cooper, Ed Helms, Zach Galifianakis, John Goodman
Kinostart: 30.05.2013

Seit er seine Medikamente nicht mehr nimmt, wird es immer schlimmer mit dem grenzdebilen Alan. Als auch noch sein Vater stirbt, will ihn seine Familie in eine betreutes Wohnheim irgendwo in Arizona abschieben und bittet Alans Kumpels, ihn dorthin zu begleiten. Gesagt – getan. Doch unterwegs wird das Wolfsrudel von Gangstern angehalten. Diese zwingen die Freunde dazu, den flüchtigen Chow zu finden, der sich mit dem Gold der Gangster auf und davon gemacht hat. Als Geisel behalten die bösen Buben Stu. Die drei Freunde müssen noch einmal alles geben... Das soll das finale Abenteuer des Wolfsrudels sein? Wohl kaum, schaut man sich die Schlusssequenz an, die sich wie üblich in der Mitte des Abspanns ihren Weg auf die Leinwand bahnt und die beliebig viele weitere Fortsetzungen suggeriert. Sehen möchte man diese dann aber doch nicht. Auch wenn der dritte Teil besser ist als Teil 2, so kommt auch der längst nicht an die Originalität des Ur-Film heran, weder von den Ideen her noch von der Optik. Man wird nicht viel von diesem Film im Gedächtnis behalten, nicht einmal den Auftritt von John Goodman, der den “Bad Man” mimt.
Donnerstag, 23. Mai 2013
Von Schwulen und Drogendealern
Heute gab es ein gemischtes Programm, allerdings ohne Höhepunkte.

FLIEGENDE LIEBENDE (1:1.85, DD 5.1)
OT: Amantes Pasajeros
Verleih: Tobis
Land/Jahr: Spanien 2013
Regie: Pedro Almodóvar
Darsteller: Javier Cámara, Cecilia Roth, Lola Dueñas, Antonio Banderas, Penelope Cruz
Kinostart: 04.07.2013

Der Flug von Spanien nach Mexico wird zum Desaster: ein technisches Problem zwingt die Maschine zur Notlandung. Dumm nur dass es keinen Flugplatz gibt, der die Maschine aufnehmen könnte. So bemühen sich die schwulen Stewards der ersten Klasse um Schadensbegrenzung – mit Alkohol und Aufputschdrogen für die Fluggäste. Darunter befinden sich so illustre Persönlichkeiten wie ein jungfräuliches Medium, eine in die Jahre gekommene Domina, ein Unternehmer auf der Flucht und ein frisch vermähltes Pärchen. Na das kann ja heiter werden...muss es aber nicht. Welchen Teufel hat denn Spaniens Meisterregisseur Pedro Almodóvar bei diesem Film geritten? Man möchte fast seinen Augen und Ohren nicht trauen ob dieser zotigen Sex-Klamotte, die einen Hauch sechziger Jahre und viel Langeweile versprüht. “AIRPLANE auf schwul” könnte man diese Farce taufen, die jedoch im Gegenteil zur Zucker-Produktion alles andere als zündende Gags hat. Und wer sich schon auf Banderas und Cruz gefreut hat – die beiden tauchen nur zu Beginn des Films ganz kurz auf. Wenn der Flieger einmal abgehoben hat, heben vermutlich auch viele Zuschauer ab, indem sie den Saal kopfschüttelnd verlassen werden. Aber vermutlich habe ich hier wieder ein Meisterwerk verkannt.

SNITCH – EIN RISKANTER DEAL (1:2.35, DD 5.1)
OT: Snitch
Verleih: Tobis
Land/Jahr: USA 2013
Regie: Ric Roman Waugh
Darsteller: Dwayne Johnson, Barry Pepper, Jon Bernthal, Susan Sarandon
Kinostart: 06.06.2013

Um für sich selber Strafmilderung zu bekommen, hat ihn ein Kumpel über den Tisch gezogen: Jason, Sohn aus erster Ehe des Transportunternehmers John Matthews, muss ins Gefängnis – und das womöglich gleich zehn Jahre lang! Um für Jason ebenfalls eine Strafmilderung zu bekommen, lässt sich John auf einen riskanten Deal mit der Staatsanwältin ein: er soll undercover einen Dealer überführen. Bald schon gerät John unerkannt in die Mühlen des mexikanischen Drogenkartells – und damit in höchste Gefahr. Aber nicht nur er, auch seine Familie lebt jetzt gefährlich... Wer sich auf einen hartgesottenen Dwayne Johnson freut, der wird vermutlich herb enttäuscht. Dann ganz anders als es das Filmplakat suggeriert, findet man das Muskelpaket dieses Mal in der Rolle eines Vaters, der sich auf einen lebensgefährlichen Deal einlässt, um seinen Sohn zu retten. Keine markigen Sprüche, keine Megawumme. Dafür aber etwas, was man bei Johnson durchaus als Schauspielerei durchgehen lassen kann. Richtige Action gibt es in diesem Film nur in der letzten Viertelstunde. Bis dorthin verläuft das Werk nach bekanntem Schema, bietet nicht gerade viele Spannungspunkte und lässt den Zuschauer dadurch weitgehend kalt. Das eigentliche Thema sind die bizarren Drogengesetze in den USA, die die Strafe für Drogenbesitz von der Menge abhängig machen: 10 Gramm LSD = 10 Jahre Knast. Das freilich ist ein uramerikanisches Thema, was hierzulande nicht sonderlich interessiert. SNITCH ist kein Film, für den man bei Regenwetter ins Kino geht.
Mittwoch, 22. Mai 2013
Schnecken in freier Wildbahn
Medidativ sollte der heutige Film wirken. Hat es funktioniert?

SLOW – LANGSAM IST DAS NEUE SCHNELL (1:1.85, 5.1)
Verleih: Mouna (Barnsteiner)
Land/Jahr: Deutschland 2012
Regie: Sascha Seifert
Kinostart: 23.05.2013

Unendlich langsam bewegt sich eine Schnecke von der Mitte des Bildes nach rechts, bis sie schließlich nicht mehr zu sehen ist. Die Kamera bleibt dabei vollkommen statisch, beobachtet die eleganten Bewegungen des kleinen Tiers. Als Zuschauer dankt man insgeheim dem Regisseur, dass es sich um keinen CinemaScope-Film handelt – das Hinauskriechen aus dem Bild hätte wesentlich länger gedauert! Eine “Gehmeditation” nennt Sascha Seifert seinen Film, der ausschließlich im Stuttgarter Stadtwald entstanden ist und der alles andere ist als ein Dokumentarfilm. Seifert versucht anhand der gemeinen Schnecken tiefschürfende Erkenntnisse aus der buddhistischen Lehre zu bebildern. Sein Film ist in viele Kapitel unterteilt, an deren Anfang jeweils – von einem Gong unterlegt – ein weiser Spruch steht. So liest man da Sätze wie “Versuche nicht den Weg der Zufriedenheit zu finden. Zufriedenheit ist der Weg” oder “Atme. Alles wird gut” oder auch nur “Lächle”. Die sich daran anschließenden Bilder, die Schnecken jeglicher Couleur bei ganz Alltäglichem wie Futteraufnahme oder Paarung zeigen, passen leider nicht immer zum einleitenden Spruch. Wie auch die Musik. Die erscheint ziemlich willkürlich eingesetzt, stammt aus der Konserve und ist teilweise sogar kontraproduktiv. Spätestens nach einer halben Stunde aber hat man den immer gleichen Aufbau der einzelnen Kapitel satt, sehnt sich nach dem Ende des Films. Eine Entschleunigung wird man allerdings nur dann erfahren, wenn es einem gelingt, sich auf den Film einzulassen (dem Autor dieses Textes ist dies nicht gelungen). Beeindruckend indes sind jedoch die Aufnahmen der Schnecken. Riesengroß und leinwandfüllend hat man die schleimigen Weggefährten so noch nicht gesehen. Als gelungen darf man auch das Sounddesign des Films bezeichnen. Das 5.1-Tonformat verwandelt sich den Kinosaal in einen Wald. Fazit: die guten Ansätze des Films hätten einen besseren Kurzfilm gegeben. Mit 86 Minuten Laufzeit aber dauert der Mut zur Langsamkeit viel zu lang.
Sonntag, 19. Mai 2013
Der einsame Millionär
Mein heutiger Pfingstausflug führte mich schnurstracks in mein Lieblingskino nach Karlsruhe – und in einen wunderbaren Film.

DER GROSSE GATSBY (1:2.35, 3D, DD 5.1)
OT: The Great Gatsby
Verleih: Warner
Land/Jahr: Australien, USA 2013
Regie: Baz Luhrmann
Darsteller: Leonardo DiCaprio, Tobey Maguire, Carey Mulligan
Kinostart: 16.05.2013

1922 lernt der junge Wall-Street-Broker Nick Carraway seinen Nachbarn, den unter mysteriösen Umständen zu Reichtum gekommenen Jay Gatsby kennen und lässt sich in seine Welt voller rauschender Feste hineinziehen. Doch schon bald erkennt er, dass Gatsby in Wirklichkeit eine einsamer Mann ist, der alles dafür tut, um seine einstige Liebe Daisy, Nicks Cousine, zurückzuerobern... Spätestens seit MOULIN ROUGE sind die Filme von Baz Luhrmann Pflichtprogramm. Nach dem etwas enttäuschenden AUSTRALIA hat Luhrmann mit dem Remake der F. Scott Fitzgerald Verfilmung endlich wieder zu seiner alten Form gefunden - der Film ist optisch eine Wucht! Dank digitaler Effekte gelingen ihm extrem imposante Bilder wie jene, in der er seine Kamera vom Dach eines Wolkenkratzers in irrsinniger Geschwindigkeit fast auf die Straße stürzen lässt. Ein solches Bravourstückchen braucht definitiv kein 3D um beim Publikum zu bestehen. So erweist sich die eingesetzte 3D-Technik denn auch als Schwachpunkt des Films, der in der flachen Version aufgrund des helleren Bildes garantiert noch mehr Augenschmaus bereitet. Mit Leonardo DiCaprio, Tobey Maguire und Carey Mulligan in den Hauptrollen hat Luhrmann eine großartige Besetzung gefunden. Alle drei passen hervorragend zu den Rollen, die sie spielen. Wie immer bei Luhrmann spielt auch hier wieder die Musik eine große Rolle. So vereint sie souverän Zwanziger-Jahre-Songs mit modernem Rap und verleiht dem Film dadurch einen zeitlosen Charakter. Doch last but not least punktet GATSBY nicht nur mit seinen technischen Werten, sondern auch mit seiner Geschichte. Die ist wahrhaftig mitreißend! Fazit: der Film ist zurecht Pflichtprogramm.
Freitag, 17. Mai 2013
Testosteron unter der Motorhaube
Mit einem Action-Feuerwerk wurde die spärliche Pressewoche heute abgeschlossen.

FAST & FURIOUS 6 (1:2.35, DD 5.1 + 7.1)
OT: Fast & Furious 6
Verleih: Universal
Land/Jahr: USA 2013
Regie: Justin Lin
Darsteller: Vin Diesel, Paul Walker, Dwayne Johnson, Michelle Rodriguez
Kinostart: 23.05.2013

Wenn die dröhnenden Motoren ihrer Sportkarossen aufheulen, wird die Surround-Sound-Anlage im Kinosaal bis an die Grenzen ihrer Belastbarkeit getrieben und die Subwoofer müssen gar Überstunden schieben: “Dom” Toretto (Vin Diesel) und seine Freunde sind zurück! Im bereits sechsten Teil der erfolgreichen Action-Serie wird das Eliteteam um Dom von Interpol-Agent Luke Hobbs (Dwayne Johnson) aus dem Exil geholt, um einem Schurken Einhalt zu gebieten. Den gilt es mit seinen eigenen Waffen zu schlagen und London ist die Arena dafür. Dass Doms totgeglaubte Liebe Letty offenbar zum Trupp des Bösen gehört, macht die Sache nicht einfacher. Während Normalos ihre Autos mit Benzin befüllen, tanken die rasanten Sportkarossen hier offensichtlich Testosteron. Nur so lassen sich die irrwitzigen Situationen erklären, die dem Zuschauer kaum Zeit zum Atmen lassen. Hier ersetzen markige Sprüche komplizierte Dialoge und muskelbepackte Männer und Frauen richtige Schauspieler. Dass die mit Techno-Rhythmen unterlegten Bilder in Videoclip-Ästhetik teilweise die Gesetze der Schwerkraft außer Kraft setzen, ist nicht weiter verwunderlich. Wer sich daran stört, sitzt vermutlich im falschen Film. Alle anderen aber werden sich bei diesem Adrenalingenerator köstlich amüsieren. Und einen Extra-Punkt gibt es dafür, dass der Film nicht in 3D produziert wurde.
Donnerstag, 16. Mai 2013
Everybody is Kung Fu Fighting!
Das zweite von nur drei Screenings in dieser Woche führte mich in den asiatischen Kampfsport ein...

THE GRANDMASTER (1:2.35, DD 5.1)
OT: The Grandmaster / Yi Dai Zong Shi
Verleih: Wild Bunch
Land/Jahr: Hongkong, China, Frankreich 2013
Regie: Wong Kar Wai
Darsteller: Tony Leung Chiu-wai, Zhang Ziyi, Chang Chen
Kinostart: 27.06.2013

Wong Kar Wai goes Kung Fu! Der für seine romantischen Liebesfilme wie IN THE MOOD FOR LOVE bekannt gewordene Regisseur aus Hong Kong realisierte einen lange gehegten Wunschfilm. Darin geht es um den legendären Kämpfer Ip Man, der später zum Lehrmeister von Bruce Lee wurde. Die Geschichte führt zurück in das China der dreißiger Jahre, jener turbulenten Übergangszeit vom Kaiserreich zur Volksrepublik. Ungeschlagen in Wettkämpfen mit anderen Kung Fu-Künstlern wird Ip Man als Großmeister von Südchina gefeiert. Er erringt die Zuneigung der stolzen Gong Er, Hüterin der nordchinesischen Kampfkunst-Tradition. Als japanische Truppen auch Südchina besetzen, verlieren sie sich aus den Augen, da Ip Man für das Überleben seiner Familie kämpfen muss, während Gong Er im fernen Norden Genugtuung für die feige Ermordung ihres Vaters sucht... Man mag zu Martial-Arts-Filmen stehen wie man will. Ob man sie nun hasst oder liebt – eines jedenfalls muss man Wong Kar Wais Film lassen: seine absolut brillante Optik! Schnell geschnittene und imposant choreographierte Kung-Fu-Kämpfe in strömendem Regen gehören zu den visuellen Präsentierstückchen, die den ganzen Film von Anfang bis Ende durchziehen. Als Höhepunkt gibt es einen Zweikampf zwischen der Protagonistin und ihrem Feind, ausgeführt auf einem Bahnsteig, von dem während des Kampfes ein Zug abfährt. Auch wenn dieser Zug offensichtlich mehrere Kilometer lang ist (!), so tut das dem Showdown keinesfalls einen Abbruch. Wer sich für asiatische Kampfsportarten interessiert, wird in diesem Film ganz sicher auf seine Kosten kommen. Nicht nur werden die Kämpfe in den Mittelpunkt gerückt, sondern auch die Philosophie, die sich dahinter verbirgt. Für Außenstehende allerdings erscheint die Geschichte etwas konfus, überlang und dazu noch ohne viel Substanz. Musikalisch bedient sich der Film nicht nur eines originalen Scores, sondern lässt auch andere Filmmusiken erklingen (u.a. von Ennio Morricone und Bruno Coulais), jedoch stets passend zur Szene. Vermutlich handelt es sich hierbei um Lieblingsstücke des Regisseurs.

Dienstag, 14. Mai 2013
Mit Mum auf Tour
Vollkommen anders als es kürzlich Seth Rogan mit Filmmutter Barbra Streisand gemacht hat, gingen im heutigen Film zwei Schwestern mit Mami auf einen Road-Trip der besonderen Art.

JACKIE – WER BRAUCHT SCHON EINE MUTTER? (1:2.35, 5.1)
OT: Jackie
Verleih: Schwarz-Weiss
Land/Jahr: Niederlande 2012
Regie: Antoinette Beumer
Darsteller: Holly Hunter, Carice van Houten, Jelka van Houten
Kinostart: 18.07.2013

Sofie und Daan sind Zwillingsschwestern und Anfang 30. Während Single Sofie gerade dabei ist, die Karriereleiter in ihrem Job zu erklimmen, versucht Schwesterchen Daan verzweifelt, mit ihrem Mann endlich ein Kind zu zeugen, um sich als Mutter zu versuchen. Die Zwillinge hatten selbst nie eine Mutter, sondern sind das Produkt zweier schwuler Männer mit Kinderwunsch und einem amerikanischen Hippie-Mädchen als Leihmutter, das sich jedoch gleich nach der Geburt ihrer Töchter in die USA aufmachte und nie wieder gesehen war. Bis jetzt. Denn urplötzlich erreicht die beiden Schwestern ein Hilferuf aus den USA: ihre Mutter Jackie steckt in Schwierigkeiten. Die jungen Frauen beschließen, sie jetzt endlich kennenzulernen und reisen nach Amerika... In einer Szene des Films beschreibt Daan den Traum, den sie seit jeher von ihrer Mutter hatte: eine Frau, mit der man jedes Abenteuer unbeschadet übersteht, eine Art “Indiana Jones”. Doch was die Zwillinge zu sehen bekommen ist sehr ernüchternd: die in einem abgewrackten Wohnmobil fast verwahrlost lebende Frau soll ihre Mutter sein? In ihrem Film schickt Regisseurin Antoinette Beumer das weibliche Trio auf einen Road-Trip durch Amerika, der den Frauenzimmern bei allerlei seltsamen Begegnungen viel Zeit gibt, sich gegenseitig kennenzulernen. Dabei kommen sich nicht nur die Töchter und die sehr wortkarge Mutter näher, auch die lange schwelenden Differenzen zwischen den Schwestern kommen endlich offen auf den Tisch und werden ein für alle Mal aus der Welt geräumt. Der Film bietet neben drei großartigen Darstellerinnen auch einige magische Momente inmitten der grenzenlosen Landschaften, die das Trio mehr schlecht als recht durchqueren. Am Ende des schönen Films steht die simple Erkenntnis, dass man sich – entgegen allem bisherigen Wissen – seine Mutter durchaus selbst aussuchen kann.
Dienstag, 07. Mai 2013
Rasant, geschwätzig und episch
Die letzten drei Pressevorführungen in dieser Woche gab es heute gebündelt auf einmal.

THE PLACE BEYOND THE PINES (1:2.35, DD 5.1)
OT: The Place Beyond The Pines
Verleih: Studiocanal
Land/Jahr: USA 2012
Regie: Derek Cianfrance
Darsteller: Ryan Gosling, Eva Mendes, Bradley Cooper, Ray Liotta
Kinostart: 13.06.2013

Luke arbeitet als Stuntman in der Motorradshow eines Wanderzirkus. Als die Truppe wieder in der Kleinstadt gastiert, in der Luke vor über einem Jahr eine Affäre mit der Kellnerin Romina hatte, erfährt er zufällig, dass aus der heissen Affäre ein Kind hervorging: Jason. Luke packen Vatergefühle und er will Romina, die inzwischen mit einem anderen Mann zusammenlebt, zurückgewinnen. Als ihn Romina jedoch ablehnt, weil Luke kein finanzielles Polster besitzt, beschließt er, Banken zu überfallen... Regisseur Derek Cianfrance lässt seinen Film mit einer der beeindruckendsten Eröffnungssequenzen der letzten Zeit beginnen. Während die Anfangstitel zu lesen sind, sieht man Ryan Gosling bei der Vorbereitung für seinen großen Auftritt. Er tritt aus seinem Wohnwagen hinaus ins Freie, läuft über den Jahrmarkt, bis er schließlich sein Ziel erreicht: die Motorrad-Stunt-Show. Er besteigt sein Motorrad, zwei Kollegen flankieren ihn auf ihren Maschinen. Schließlich fahren die drei Männer in eine riesige Motorradarena und beginnen mit ihrer Show. Das alles wird komplett ohne Schnitt präsentiert und schafft dadurch eine unglaubliche Nähe. Vollkommen unmerklich wird Gosling dabei durch einen echten Stuntman ausgetauscht. Aber auch der weitere Verlauf des Films wird von Chefkameramann Sean Bobbitt hervorragend gestaltet. Wie bereits in DRIVE so spielt Ryan Gosling auch hier wieder den wortkargen Einzelgänger. Dieses Mal sind es keine Autos, sondern eben Motorräder, die er fährt. Und statt Fluchtfahrzeuge zu fahren und Menschen zu ermorden, begeht er Banküberfälle. Das alles tut er natürlich ähnlich wie in DRIVE für einen guten Zweck: um sein kleines Kind und dessen Mutter zu unterstützen. Cianfrance zeigt in seinem Film, wie das Schicksal zweier Menschen untrennbar miteinander verbunden ist. Hier ist es der von Bradley Cooper gespielte Polizist, der durch seinen heldenhaften Einsatz und seinen Mut, gegen Korruption in den eigenen Reihen vorzugehen, die Hierarchieleiter hinaufstürzt. Gleichzeitig zeigt der Film am Beispiel von Lukes Sohn Jason, dass die Suche nach den eigenen Wurzeln das ganze Leben bestimmen wird. THE PLACE BEYOND THE PINES ist ein zweigeteilter, sich über fast zwanzig Jahre erstreckender und höchst ungewöhnlicher Film, der mit seiner Länge von 140 Minuten allerdings etwas über das Ziel hinausgeschossen ist.

BEFORE MIDNIGHT (1:1.85, DD 5.1)
OT: Before Midnight
Verleih: Prokino (Fox)
Land/Jahr: USA, Griechenland 2013
Regie: Richard Linklater
Darsteller: Ethan Hawke, Julie Delpy, Seamus Davey-Fitzpatrick
Kinostart: 06.06.2013

Während ihres Griechenlandurlaubs stellen Jesse und Celine nicht nur ihre gegenseitige Liebe, sondern auch ihre gesamte Existenz infrage. Wird eine gemeinsame Nacht im Romantikhotel die beiden wieder zusammenführen? Nach BEFORE SUNRISE und BEFORE SUNSET präsentiert Richard Linklater mit BEFORE MIDNIGHT den dritten Film, der die Beziehung von Jesse und Celine beleuchtet. Die hat sich natürlich nach den vielen Jahren, die seit dem letzten Film vergangen sind, ziemlich geändert. Und so diskutieren die beiden Protagonisten nicht nur mit ihren Freunden in Griechenland über die Dauerhaftigkeit von Beziehungen, sondern vor allem auch gemeinsam zu zweit. In langen Kameraeinstellungen sieht man das Paar durch die griechische Landschaft flanieren und hört sie diskutieren. Unweigerlich fragt man sich, ob sich das Thema nicht eher für ein Hörspiel oder gar ein Theaterstück geeignet hätte. Als Film jedoch ist die ganze Geschichte auf verlorenem Posten. Schade eigentlich.

EPIC – VERBORGENES KÖNIGREICH (1:2.35, DD 5.1 + 7.1 + Atmos)
OT: Epic
Verleih: Fox
Land/Jahr: USA 2013
Regie: Chris Wedge
Kinostart: 16.05.2013

Nach dem Tod ihrer Mutter reist die 17-jährige Mary Katherine zu ihrem Vater, einem verschrobenen Forscher, der einem großen Geheimnis im Wald auf der Spur ist, zu dem auch bald schon seine Tochter gehören wird. Denn der plötzlich auf Mikrogröße geschrumpfte Teenager gerät in die Auseinandersetzung der Leefmen, jenen Wesen, die den Wald erhalten wollen, und den Buggers, die den Wald mit Fäulnis übertünchen wollen. Mary Katherine erlebt das Abenteuer ihres Lebens... Mit unglaublicher Liebe zum Detail lässt ICE AGE Regisseur Chris Wedge den Mikrokosmos eines Waldes voll wundersamer Wesen in atemberaubender Computeranimation auferstehen. Und das in perfektem 3D, das vor Tiefenwirkung nur so strotzt. Dabei richtet sich die Mischung aus GULLIVERS REISEN, DIE BORGER sowie vieler anderer Fantasy- und Märchengeschichten hauptsächlich an die kleinen Zuschauer. Die dürften großen Spaß mit den beiden Schnecken (eine Weinberg und eine Nacktschnecke) haben, die für allerlei Schabernack sorgen. Was dem Spaß am Film leider Abbruch tut, ist die in der Dynamik erheblich reduzierte Tonmischung zumindest der deutschen Fassung. Dadurch wirkt der Film saft- und kraftlos, die orchestrale Filmmusik von Danny Elfman Musik kommt nicht richtig zur Geltung und die Surroundeffekte verpuffen einfach. Die Vermutung liegt nahe, dass dies absichtlich so gemacht wurde, um die jüngeren Zuschauer nicht zu ängstigen.
Montag, 06. Mai 2013
Der Weltraum...unendliche Weiten
Und wieder braust die Enterprise durch die Kinos – ein wachrüttelnder Auftakt für eine extrem kurze Pressewoche.

STAR TREK INTO DARKNESS (1:2.35, 3D, DD 5.1 + 7.1 + Atmos)
OT: Star Trek Into Darkness
Verleih: Paramount
Land/Jahr: USA 2013
Regie: J.J. Abrams
Darsteller: Chris Pine, Zachary Quinto, Benedict Cumberbatch, Simon Pegg, Karl Urban
Kinostart: 09.05.2013

Kaum hat er das Kommando über die Enterprise wegen Ungehorsamkeit verloren, erhält es Kirk wieder zurück, als es gilt, in den unendlichen Weiten des Weltraums einen Mörder dingfest zu machen, der einen Anschlag auf die Star Fleet verübte. In den unendlichen Weiten des Weltalls macht Kirk den Bösen schließlich ausfindig, nur um festzustellen, dass er offensichtlich einem Verräter auf den Leim gegangen ist... Es ist schon atemberaubend, in welch tollen Bilderwelten sich das gesamte “Star Trek”-Universum inzwischen abspielt. Man möchte fast sagen: ein Quantensprung nach vorne seit der TV-Serie und auch den Kinofilmen mit der TV-Crew. Auch mit seinem zweiten Spielfilm des STAR TREK Reboots lässt Regisseur J.J. Abrams optisch wie akustisch keine Wünsche offen. Obgleich man natürlich bemängeln könnte, dass auch hier nicht wirklich 3D benötigt wird, um die Illusion perfekt zu machen. Natürlich hat man es als alter “Trekkie” auch heuer wieder etwas schwer, sich an die neuen Gesichter in den alten Kostümen zu gewöhnen. Aber bei einer Länge von 130 Minuten hat man dafür dann auch reichlich Zeit. Zu viel, so scheint es, denn so aufregend die visuelle Umsetzung und die atemlose Action auch ist, nach 100 Minuten hat man sich satt gesehen. Bleibt noch die Frage nach der Story. Die ist eigentlich recht konventionell. Wieder einmal wird die alte Enterprise arg gebeutelt und geht am Ende fast komplett zu Bruch. Aber das ist man ja mittlerweile gewohnt. Interessanter sind allemal die Figuren, die gut und gerne ins Philosophieren geraten. Im neuen Film geht es insbesondere um die Freundschaft zwischen Spock und Kirk sowie die Erkenntnis, dass man auch einmal Fünfe grade sein lassen muss – für einen Vulkanier natürlich nicht logisch nachvollziehbar. Die Ansätze sind im Drehbuch durchaus vorhanden, aber man hätte trotzdem gerne mehr davon gehabt. Simon Pegg als der neue Scotty bringt wie immer herrlichen Humor in die ganze Geschichte, die trotz allen Abstrichen durchaus angenehme Kinostunden garantiert.
Freitag, 03. Mai 2013
Man stirbt wieder langsam
Die letzte Pressevorführung dieser Woche artete in amerikanischen Patriotismus aus.

OLYMPUS HAS FALLEN – DIE WELT IN GEFAHR (1:2.35, DD 5.1)
OT: Olympus Has Fallen
Verleih: Universum Film (Walt Disney)
Land/Jahr: USA 2013
Regie: Antoine Fuqua
Darsteller: Gerard Butler, Aaron Eckhart, Finley Jacobsen, Morgan Freeman
Kinostart: 13.06.2013

Just als eine offizielle Delegation aus Korea im Weißen Haus zu Gast ist, wird genau dieses aus der Luft angegriffen. In Sekundenschnelle verschanzen sich der amerikanische Präsident und die Gäste im Schutzbunker. Doch leider entpuppen sich die Gäste ebenfalls als Fieslinge und bringen so den gesamten Präsidentensitz in ihre Gewalt. Jetzt liegt es ganz alleine an Agent Mike Banning, das Schlimmste zu verhindern... Man gibt sich wieder patriotisch in Ami-Land! Kaum schwelt ein Konflikt mit dem bösen Nordkorea, schon zieht Hollywood einen Film passend zum Thema aus dem Ärmel. Freilich geht man nicht so weit und macht Nordkorea zum Schurken, sondern lediglich einen Super-Terroristen, der rein zufällig aus Korea stammt. Aber dem amerikanischen Publikum wird so das Popcorn-Essen besonders schmackhaft gemacht. Rein netto betrachtet handelt es sich bei OLYMPUS HAS FALLEN um nichts anderes als eine Neuauflage von STIRB LANGSAM. Die aber ist alles andere als gelungen – es sträuben sich einem einfach zu oft die Nackenhaare! Offen gesagt wäre es kaum verwunderlich, wenn plötzlich Bruce Willis um die Ecke biegen würde, um Kollegen Gerard Butler (der Mitproduzent des Films ist) zu unterstützen. So aber muss sich der gute Gerard ganz alleine durch die vielen Ecken und Winkel des Weißen Hauses schleichen, um den Präsidenten und damit die ganze Welt zu retten. Das Thema ist mehr als abgedroschen und Regisseur Antoine Fuqua kann dem Stoff auch keine neuen Aspekte abgewinnen. Die Action ist solide inszeniert mit viel Krach und Bumm, die Darsteller hingegen sehr stereotyp besetzt. Wer ernsthaft erwägt diesen Film anzuschauen, dem sei dringend geraten, über die vielen Ungereimtheiten großzügig hinwegzusehen. Das aber dürfte sehr schwierig werden.
Donnerstag, 02. Mai 2013
Über das Älterwerden und das Coming Out
Es passiert mir immer wieder nach meiner Rückkehr vom Widescreen Weekend aus Bradford: plötzlich sehen alle Kinobilder so winzig klein aus!

DIE MIT DEM BAUCH TANZEN (1:1.78, 5.1)
Verleih: Zorro
Land/Jahr: Deutschland 2013
Regie: Carolin Genreith
Kinostart: 20.06.2013

Carolin Genreith ist zwar noch über 700 Tage entfernt von ihrem 30. Geburtstag, doch bereitet ihr das Näherrücken dieses Termins große Probleme: sie hat noch immer nicht das erreicht, was sie bis dahin erreicht haben wollte. Also beschließt die junge Filmemacherin der Großstadt Berlin zu entfliehen und sich in ihrem Geburtsort, einem kleinen Dorf in der Eifel, von Muttern therapieren zu lassen. Bildlich gesprochen versteht sich. Herausgekommen ist dabei ein wunderschöner Dokumentarfilm über das Älterwerden und die Erkenntnis, dass so manches Leben tatsächlich erst mit 50 anfangen kann. Bestes Beispiel dafür ist Carolins Mutter, die schon seit vielen Jahren der örtlichen Bauchtanzgruppe angehört. Gegen die Fröhlichkeit dieser Truppe haben Hitzewellen keine Chance! Alle Mitglieder der Tanzgruppe haben die 50 längst überschritten und geben sich gegenseitig Halt und Stütze im täglichen Leben. Einmal im Jahr rücken die Tänzerinnen per TGV und bewaffnet mit Sekt und allerlei Kulinarischem nach Paris aus, um in ihren exotischen Kostümen mitten auf der Straße erotische Formationstänze aufzuführen – mit unglaublichem Erfolg. Carolin Genreith porträtiert in ihrem Film nicht nur die eigene Mutter, sondern auch noch andere Tänzerinnen der Gruppe. Jede der Frauen kann dabei auf einen großen Schatz an Lebenserfahrung zurückgreifen und so einiges an Lebensweisheiten zum Besten geben. Fazit: 50 ist das neue 30. Carolin Genreith hat es tatsächlich geschafft, endlich einmal einen lebensbejahenden Film über das Alter zu machen.

OBEN IST ES STILL (1:1.85, 5.1)
OT: Boven Is Het Stil
Verleih: Salzgeber
Land/Jahr: Niederlande, Deutschland 2013
Regie: Nanouk Leopold
Darsteller: Jeroen Willems, Henri Garcin, Wim Opbrouck
Kinostart: 13.06.2013

Wenn er sich nicht gerade um das Vieh auf seinem Bauernhof kümmern muss, versorgt der Mittfünfziger Helmer seinen bettlägerigen, alten Vater. Nach dem Tod seines Bruders blieb das alles an Helmer hängen, der von seinem Vater immer nur Schläge und kaum Liebe erhielt. Jetzt aber fasst Helmer den Entschluss, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen und quartiert den Vater in das oberste Stockwerk aus. Doch die ungelebten Träume lassen sich nicht ohne Weiteres herbeiholen... Das Drama unter Regie von Nanouk Leopold zeigt am Beispiel des Helmer, wie schwierig es ist, im beginnenden Alter nochmals ganz von vorne zu beginnen. Für Helmer wird es eine Erlösung erst mit dem Tode des Vaters geben. Bis dahin muss er auch sein Coming Out unterdrücken, was ihm natürlich angesichts seines neu eingestellten Knechts schwerfällt. OBEN IST ES STILL ist extrem langsam inszeniert und verweigert sich schönen Bildern. Das aber macht es dem Betrachter nicht gerade einfach, einen Zugang zu finden. Die Ästhetik eines Fernsehspiels ist leider sehr präsent.

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