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Freitag, 31. Januar 2014 Ein Verrückter mischt die Politik auf Eine deutsche Dramödie und eine italienische Komödie ließen heute die Pressewoche ausklingen. ALLES INKLUSIVE (1:2.35, DD 5.1) Verleih: Constantin Land/Jahr: Deutschland 2014 Regie: Doris Dörrie Darsteller: Hannelore Elsner, Nadja Uhl, Hinnerk Schönemann, Axel Prahl Kinostart: 06.03.2014
Während sich ihre Mutter auf Torremolinos von einer Hüftoperation erholt, quält sich Apple in München mit ihrem
Hund Dr. Freud herum, der ebenfalls eine Hüftoperation benötigt. Apple bandelt mit dem Tierarzt an, ihre Mutter Ingrid
mit einem Berliner. Als der Transvestit Tim/Tina als Animateur im Strandhotel auftaucht, holt Ingrid eine traurige
Vergangenheit ein, die auch bald schon Auswirkungen auf ihre Tochter hat... Dass am Ende sogar noch der Hund Dr.
Freud einen Selbstmordversuch wagt, ist symptomatisch für diesen Film, den die Regisseurin nach ihrem eigenen
Roman inszeniert hat! Der ständig zwischen Komödie und Tragödie wandernde Film ist mit knapp zwei Stunden nicht
nur zu lang geraten, er verwirrt zudem den Zuschauer. Was soll beispielsweise jene kurze Episode, in der sich
Hannelore Elsner eines schwarzen Bootsflüchtlings annimmt? Der ist genauso schnell wieder aus dem Blickfeld
verschwunden wie er aufgetaucht ist. Auch der ständige Wechsel zwischen München und Torremolinos nervt auf die
Dauer. Ich weiß: hier ist mir vermutlich einmal mehr hohe Filmkunst unter die Augen gekommen ohne dass ich es
bemerkt habe. Beneidenswert wem ein solcher Film tatsächlich gefällt.
VIVA LA LIBERTA (1:2.35, DD 5.1) OT: Viva La Libertà Verleih: Arsenal Land/Jahr: Italien 2013 Regie: Roberto Andò Darsteller: Toni Servillo, Valerio Mastandrea, Valeria Bruni-Tedeschi Kinostart: 27.02.2014
Als sich der Oppositionsführer Enrico Oliveri angesichts sinkender Umfragewerte heimlich aus dem Staub macht, hat
sein engster Mitarbeiter eine geniale Idee: damit die Krise nicht an die Öffentlichkeit kommt, holt er Oliveris
Zwillingsbruder Giovanni zu Hilfe. Für ein paar Tage soll er in die Haut des Politikers schlüpfen. Dass Giovanni, ein
exzentrischer Philosoph, zuvor in einer Nervenheilanstalt zuhause war, gibt dem Mitarbeiter zwar zu denken, doch
erweist sich die Aktion als genialer Schachzug. Während sich der echte Politiker mit seiner einstigen Geliebten in Paris
amüsiert und sich am Ende gar noch als Requisitenhelfer bei einem Film betätigt, mischt Giovanni die gesamte
italienische Politik auf... Was für ein vortreffliches Szenario! Da wird der depressive Oppositionsführer einfach durch
dessen verrückten Zwillingsbruder ersetzt und schon läuft alles besser in der Politik. Also: nur wer verrückt ist, wechselt
in die Politik. Mit VIVA LA LIBERTA hat Regisseur Roberto Andò seinen eigenen Roman verfilmt und hat ihn mit
Toni Servillo perfekt besetzt – und das gleich doppelt. Servillo spielt die beiden Zwillingsbrüder absolut brillant und
gibt ihnen dabei noch ganz subtile Unterscheidungsmerkmale.
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Donnerstag, 30. Januar 2014 Rendezvous in Moskau Mit der heutigen Pressevorführung wurde ein neues Kapitel in der Jack-Ryan-Serie aufgeschlagen. JACK RYAN: SHADOW RECRUIT (1:2.35, DD 5.1 + 7.1) OT: Jack Ryan: Shadow Recruit Verleih: Paramount Land/Jahr: USA 2013 Regie: Sir Kenneth Branagh Darsteller: Chris Pine, Kevin Costner, Sir Kenneth Branagh, Keira Knightley Kinostart: 27.02.2014
In einer verdeckten Operation soll CIA-Agent Jack Ryan an die geheimen Daten des russischen Oligarchen Viktor
Cherevin herankommen, der offensichtlich einen Terroranschlag in den USA plant. Kaum in Moskau angekommen, gibt
es schon den ersten Toten in Ryans Hotelzimmer. Richtig brenzlig wird es aber erst, als Ryans Verlobte ebenfalls nach
Moskau reist. Sie ahnt nichts von Ryans geheimer Tätigkeit für den CIA und vermutet stattdessen eine Affäre... Mit
JACK RYAN: SHADOW RECRUIT könnte Regisseur Kenneth Branagh jetzt so etwas wie das Kapitel “Jack Ryan –
Seine wilden Jahre” in der Jack-Ryan-Reihe aufschlagen. Der von Chris Pine verkörperte CIA-Agent ist nach Alec
Baldwin, Harrison Ford und Matt Damon deutlich jünger als die bisherigen Inkarnationen des Super-Agenten und
zeitlich noch vor Ryans Heirat angesiedelt. Im Abspann ist auch klar zu lesen “Based on Characters created by Tom
Clancy”. Will heissen: der Romanautor hält hier nur die Hand für das Geld auf, hat aber sonst nichts damit zu tun.
Objektiv betrachtet handelt es sich bei dem neuen Film um einen vollkommen beliebigen Agentenfilm, bei dem der
Protagonist wie in vielen anderen Filmen zuvor die westliche Welt vor dem Chaos retten muss. Der kalte Krieg ist
vorbei – es lebe der kalte Krieg! Aber Filme wie diesen sollte man tunlichst nicht objektiv beurteilen, denn damit würde
man ihn des ganzen Spaßes berauben. Und Spaß soll es ja machen, die große Tüte Popcorn samt Softgetränk in weniger
als zwei Stunden zu vernichten. Wer also noch nicht genug hat von Agentenfilmen mit hanebüchenen Actionsequenzen
und Logikbrüchen, der sollte sich den neuen Jack Ryan ruhig ansehen. Die sehr dynamische Tonspur sorgt dafür, dass
man immer rechtzeitig die Augen von der Begleitung nimmt und gen Bildwand richtet. Passt.
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Dienstag, 28. Januar 2014 Wie Mary Poppins entstand und woher der Tango kommt Mit meinem Dienstags-Film-Menü war ich zufrieden SAVING MR. BANKS (1:2.35, DD 5.1) OT: Saving Mr. Banks Verleih: Walt Disney Land/Jahr: USA 2013 Regie: John Lee Hancock Darsteller: Emma Thompson, Tom Hanks, Paul Giamatti Kinostart: 06.03.2014
Schon seit 20 Jahren versucht Produzent Walt Disney, den Wusnch seiner Kinder zu erfüllen und MARY POPPINS auf
die Leinwand zu bringen. Doch Romanautorin P.L. Travers weigerte sich bislang hartnäckig, ihre Rechte an Hollywood
abzutreten. Als die Dame mittleren Alters jedoch knapp bei Kasse ist, lässt sie sich auf einen Deal ein: zwei Wochen
lang soll sie zusammen mit dem Drehbuchautor und den Songschreibern in Los Angeles gemeinsam das Drehbuch
entwickeln. Erst wenn es ihr gefällt, soll sie ihre Rechte an Disney abtreten. Noch ahnen die Filmemacher nicht, auf was
sie sich da einlassen... 50 Jahre ist es her, dass MARY POPPINS in die Kinos kam. Grund genug, um endlich einmal zu
zeigen, unter welchen Umständen Walt Disneys Klassiker für die Kinoleinwand adaptiert wurde. Denn seine Entstehung
ist ebenso spannend wie das Musical selbst, wie man schon bald feststellen kann. Das “Making of” spielt sich dabei auf
zwei Zeitebenen ab, die sich immer wieder abwechseln: 1906 begegnen wir im australischen Outback der Familie Goff,
1961 in Los Angeles der Romanautorin P.L. Travers und Hollywood-Produzent Walt Disney. Beide Geschichten,
obgleich durch viele Jahrzehnte getrennt, bewegen sich aufeinander zu. Nach und nach fügen sich die beiden
Handlungsstränge zu einem großen Ganzen zusammen und man beginnt, die Hintergründe zu verstehen. Dank einer
großartigen Emma Thompson mit perfektem Queen’s English bleibt man die ganze Zeit am Ball und schmunzelt über
die Eigenheiten der P.L. Travers, trotz derer oder vielleicht gerade wegen derer man sie ins Herzen schließt. Man hat
sogar Mitleid mit Walt Disney, der nie die Fassung verliert ob der widerborstigen Autorin. Dass sich wohl alles
tatsächlich so zugetragen hat, wie im Film geschildert, demonstriert Regisseur John Lee Hancock während des Abspanns
seines Films. Denn dort gibt es die Originaltonbandaufnahmen zu hören, die während der Drehbuchentwicklung im
Beisein von P.L. Travers entstanden sind. Ein besonderes Augenmerk (oder besser: gute Ohren) verdient die Filmmusik
von Thomas Newman, der hier wieder einmal alle Register zieht, um dem Film seinen gefühlsmäßigen Unterbau zu
geben. Für diesen Score wäre eigentlich ein Oscar fällig! Fazit: wer MARY POPPINS mag, der sollte sich diesen Film
unbedingt anschauen – alle Anderen auch.
MITTSOMMERNACHTSTANGO (1:1.85, 5.1) Verleih: Neue Visionen Land/Jahr: Deutschland, Finnland, Argentinien 2012 Regie: Viviane Blumenschein Kinostart: 13.03.2014
Wer hat’s erfunden? Stolz präsentiert sich Finnlands größter Exportschlager, der Filmregisseur Aki Kaurismäki, der
Kamera und verkündet, dass der Tango nicht etwa in Argentinien erfunden wurde, sondern ursprünglich aus Finnland
stammt und über Uruquay seinen Weg nach Argentinien gefunden hat. So eine Aussage kratzt natürlich an der
argentinischen Seele, ist diese doch ohne den Tango nicht vorstellbar! Also beschließen drei eingefleischte Tango-Profis
aus Buenos Aires, höchstpersönlich vor Ort in finnischen Landen nachzuforschen. Filmemacherin Viviane
Blumenschein hat die drei Musiker bei ihrem “Culture Clash” begleitet. Vorbehalte gibt es dabei auf beiden Seiten: die
heissblütigen Latinos haben von der Redeunlust der Finnen gehört, die Finnen haben Angst vor dem Temperament der
Argentinier. Doch das Zusammentreffen beider Kulturen im Land der tausend Seen und Wälder verläuft besser als
erwartet. Vereint durch das gemeinsame Interesse an der Musik findet ein reger Informationsaustausch statt, man nimmt
sogar Gesangsstunden bei einer finnischen Musiklehrerin. So ist der amüsante Dokumentarfilm weit weniger ein Film
darüber geworden, wer denn nun den Tango erfunden hat, als vielmehr ein Film über zwei sich fremde Kulturen, die
sich über die gemeinsame Schnittmenge, nämlich die Musik, gegenseitig kennen und respektieren lernen. Und wer gerne
noch mehr davon hätte, der sollte den Worten von Aki Kaurismäki lauschen, der eingangs erwähnt, dass ja auch der
Walzer aus Finnland stammt und von den Österreichern gestohlen wurde. Sollte sich hier bereits eine Fortsetzung
ankündigen?
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Montag, 27. Januar 2014 Giorgio wird ein schwarzer Bruder und Felix wird Vater Der Beginn meiner Kinowoche stand heute ganz im Zeichen deutscher Kost. DIE SCHWARZEN BRÜDER (1:2.35, DD 5.1) Verleih: Studiocanal Land/Jahr: Deutschland, Schweiz 2013 Regie: Xavier Koller Darsteller: Fynn Henkel, Moritz Bleibtreu, Richy Müller Kinostart: 17.04.2014
Das Tessin im 19. Jahrhundert. Damit seine verletzte Mutter ärztliche Hilfe bekommt, wird der kleine Giorgio von
seinem Vater an den finsteren Antonio Luini verkauft, der ihn und etliche andere Jungen nach Mailand mitnimmt. Dort
verkauft er die wehrlosen Kinder als Hilfsburschen an die örtlichen Kaminfegermeister. Es gibt nicht viel zu essen und
das wenige Trinkgeld, das Giorgio für die harte Arbeit bekommt, wird ihm auf der Straße von einer Jugendbande, den
“Wölfen”, wieder abgenommen. Als er seinen alten Freund Alfredo wieder trifft, weiht der ihn in ein Geheimnis ein: alle
Kaminfegerjungen haben sich zu den “Schwarzen Brüdern” zusammengeschlossen. Gemeinsam wollen sie gegen die
“Wölfe” Front machen... Grau in grau fängt Kameramann Felix von Muralt das 19. Jahrhundert mit seinen Bildern ein
und gibt damit der Verfilmung des Jugendbuches von Lisa Tetzner und Kurt Held ihre deprimierende Grundstimmung.
So wird das triste Leben der zu harter Arbeit gezwungenen Kaminfegerjungen den Zuschauern plastisch vor Augen
geführt. Aus den engen Gassen Mailands gibt es scheinbar kein Entrinnen. Aber eben auch nur scheinbar, wäre da nicht
die Freundschaft und Solidarität zwischen den Jungen. Sie gibt den Burschen einen Halt und auch die Kraft, sich nicht
unterkriegen zu lassen. Mit einem jungen, spielfreudigen Ensemble hat der österreichische Regisseur Xavier Koller den
Roman für die große Leinwand umgesetzt. Moritz Bleibtreu mimt den Bad Guy in diesem Spiel. In der Rolle des
Antonio Luini darf er seine dunkle Seite präsentieren – was ihm übrigens sehr überzeugend gelingt. Erheblichen Anteil
am Gelingen des Abenteuerfilms hat die Musik von Balz Bachmann, die genau richtig dosiert Spannung und Tempo auf
die Tonspur zaubert. DIE SCHWARZEN BRÜDER ist gute sowie pädagogisch wertvolle Unterhaltung für Kinder bis
14 Jahren.
VATERFREUDEN – DIE EINEN SO, DIE ANDEREN SO (1:2.35, 5.1) Verleih: Warner Land/Jahr: Deutschland 2014 Regie: Matthias Schweighöfer, Torsten Künstler Darsteller: Matthias Schweighöfer, Friedrich Mücke, Isabell Polak Kinostart: 06.02.2014
Unglückliche Umstände sowie ein freches Frettchen sorgen dafür, dass Felix keine Kinder mehr zeugen kann. Nicht dass
der eingefleischte Single das jemals wollte. Doch wie es eben oft so ist, wenn man etwas nicht mehr hat oder kann, dann
will man es unbedingt haben. Und so keimt in Felix quasi über Nacht der Wunsch, Familienvater zu werden. Nur gut,
dass der an notorischem Geldmangel leidende Felix seinen Samen noch vor dem unglücklichen Unfall einer Samenbank
gespendet hat. Mit Hilfe seines einfältigen Bruders gelingt es ihm herauszufinden, wer den Samen erhalten hat:
ausgerechnet jene Sportreporterin, mit der er schon des öfteren unfreiwillig zusammengestoßen ist, ist jetzt mit seiner
Frucht schwanger. Soll er ihr gestehen, dass er der Vater ist, auch wenn Maren mit einem Mann zusammenlebt? - Und
wieder grinst der Schweighöfer als gelte es, die gesamte Breite der CinemaScope-Bildwand zu füllen. Zugegeben: das
kann er wirklich gut. Auf der anderen Seite jedoch fühlt sich auch dieser Film wieder so an, als wäre es noch immer
derselbe Film, in dem Schweighöfer seit Anbeginn seiner Komödienkarriere agieren würde. Unterscheidungsmerkmale
zwischen den einzelnen Filmen sind praktisch nur deren Titel. Alles andere ist Stangenware. Die übrigens stets mit
einem Songteppich zugekleistert wird, um den Abverkauf von Soundtrack-CDs zu fördern. Wie dem auch sei – so
richtig witzig ist auch VATERFREUDEN nicht. Abgesehen von ein paar ganz wenigen coolen Sprüchen gibt es für
Lachmuskeln nicht viel zu holen. Ganz davon abgesehen, dass man Matthias Schweighöfer den Typen mit
Familienwunsch zu keiner Sekunde abnimmt. Zur Ehrenrettung des Films sei aber gesagt, dass ich nicht (mehr) zur
Zielgruppe gehöre und vielleicht deswegen die Botschaft nicht verstanden habe. Die Hoffnung stirbt zuletzt.
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Freitag, 24. Januar 2014 Der Westen ist auch nicht besser Zum Wochenausklang noch zwei Filme... WESTEN (1:2.35, DD 5.1) Verleih: Senator Land/Jahr: Deutschland 2013 Regie: Christian Schwochow Darsteller: Jördis Triebel, Tristan Göbel, Alexander Scheer, Jacky Ido Kinostart: 27.03.2014
“Entweder kommst Du schon in den ersten Tagen hier heraus oder Du bist hier gefangen”. Hans weiß wovon er spricht.
Seit zwei Jahren schon lebt der DDR-Flüchtling im Asylantenwohnheim, in das auch Nelly mit ihrem Sohn Alexej
einquartiert wird, nachdem sie aus dem Osten der Republik in den Westen übersiedeln durfte. Jetzt gilt es erst
einmal alle 14 Stempel zu erlangen, die für eine Einbürgerung im Westen notwendig sind. Das aber ist
ein echter Kraftakt. Denn Nelly scheitert bereits bei den alliierten Geheimdiensten. Die nämlich glauben ihr nicht, dass
der Vater ihres Kindes, ein sowjetischer Atomphysiker, tatsächlich bei einem Unfall ums Leben gekommen ist. Nellys
Kampf gegen die westdeutsche Bürokratie und Obrigkeit wird immer verzweifelter... Eindringlich führt Regisseur
Christian Schwochow in seinem Film dem Zuschauer vor Augen, welche Demütigungen Menschen über sich haben
ergehen lassen müssen, wenn ihnen die Ausreise aus der DDR gestattet wurde. Nicht einmal ihren Ring darf Nelly
anbehalten – sie muss sich splitterfasernackt ausziehen. Diese Willkür des DDR-Regimes ist hinlänglich bekannt. Doch
Schwochow geht in seinem spannenden Drama einen Schritt weiter und prangert die Zustände im Westen Ende der
siebziger Jahre ebenso an. Denn das Lagerleben, das auf die Übersiedler in der BRD wartete, war alles andere als ein
Zuckerschlecken. Jördis Triebel spielt die Nelly so überzeugend, dass man förmlich mit ihr leidet, wenn sie ohne
eigenes Zutun immer tiefer in einen Strudel von Verdächtigungen gerissen wird und sie auf eine Katastrophe
zuzusteuern droht. Die CinemaScope-Bilder von Kameramann Frank Lamm stehen im krassen Gegensatz zur Enge der
Unterkunft und den Räumlichkeiten der Behörden, überhöhen dadurch aber das ohnmächtige Gefühl, dem die
Protagonistin ausgeliefert ist. Den emotionalen Rahmen liefert die gelungene Filmmusik von Lorenz Dangel. Ein
düsterer, klaustrophobischer und höchst bemerkenswerter Film.
ROSIE (1:1.85, 5.1) Verleih: Kool Land/Jahr: Schweiz 2013 Regie: Marcel Gisler Darsteller: Sibylle Brunner, Fabian Krüger, Sebastian Ledesma Kinostart: 27.03.2014
Als seine Mutter Rosie einen Schlaganfall erleidet, kommt ihr Sohn Lorenz aus seiner Wahlheimat Berlin zurück in die
Schweiz, um sich gemeinsam mit seiner Schwester Sophie um sie zu kümmern. Lorenz, eigentlich gerade inmitten einer
Lesereise für sein neues Buch, hat jedoch nicht mit der Dickköpfigkeit seiner Mutter gerechnet, die jetzt sämtliche Pläne
kurzerhand über den Haufen wirft und sich partout weigert, in ein Heim umzusiedeln. Zu allem Überfluss trifft er auf
den wesentlich jüngeren Mario, der dem homosexuellen Schriftsteller eindeutige Avancen macht. Und damit nicht
genug: in angeheitertem Zustand macht Rosie Andeutungen über Lorenz‘ Vater, welche seinen Blick auf die Familie
völlig auf den Kopf stellen... Vom Verleih als witzige Komödie kommuniziert, entpuppte sich diese Schweizer
Produktion als waschechtes Drama. Hier geht es nicht nur um das Aufdecken einer Lebenslüge, sondern gleichzeitig
auch noch um den Umgang mit alten Menschen. Natürlich ist es lustig, wenn Sibylle Brunner in der Rolle der Rosie ihr
loses Mundwerk vom Stapel lässt, doch ihre Sprüche sind nur die Oberfläche einer viel tiefergehenden Wahrheit. So
bleibt einem dann noch der ein oder andere Gag im Halse stecken. Vermutlich auch deshalb, weil es einem so leicht
fällt, in Rosie auch Charakterzüge der eigenen Mutter zu entdecken. Zwar findet der Film am Schluss für alle
Protagonisten ein einvernehmliches Ende, entlässt den Zuschauer aber trotzdem nachdenklich in die eigene
Wirklichkeit.
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Donnerstag, 23. Januar 2014 Ein sympathischer Fälscher und singende Kriegsheimkehrer Erst eine Doku, danach Herz-Schmerz mit Song & Dance... BELTRACCHI – DIE KUNST DER FÄLSCHUNG (1:1.85, 5.1) Verleih: Senator Land/Jahr: Deutschland 2013 Regie: Arne Birkenstock Kinostart: 06.03.2014
Seit es ihn gibt, ist in der Kunstszene nichts mehr so wie es einmal war: Wolfgang Beltracchi ist ein wahres Genie, wenn
es um das Fälschen von Bildern geht. Über viele Jahre hat er die Kunstszene mit verloren geglaubten Bildern “beliefert”
und dafür Millionen kassiert. Irgendwann jedoch ist der ganze Schwindel aufgeflogen und brachten dem Künstler sechs
Jahre Gefängnis ein. Arne Birkenstock porträtiert in seinem Film jenen Mann, dem die Bilder einfach so aus der Hand
laufen. Alle großen Meister hat er so gekonnt imitiert, dass Sammler und Galerien keinen Zweifel an ihrer Echtheit
hegten. Birkenstocks Kamera beobachtet den Fälscher bei seiner Arbeit, die er in seinem Atelier aufgrund des offenen
Vollzugs ausüben darf. Jetzt natürlich unter seinem eigenen Namen. Auktionatoren, Sammler, Galeristen,
Kunsthistoriker – Birkenstock hat einige von den Betrogenen vor die Kamera geholt und lässt sie sowohl ihren Unmut
als auch ihre Bewunderung gegenüber Beltracchi zum Ausdruck bringen. In nachgestellten Szenen dürfen wir auch
erleben, mit welch genial einfachen Tricks der Meisterbetrüger gearbeitet hat, um seine Bilder als echt zu verkaufen.
Das fängt bei gestellten Fotos an, die ein angeblich altes Familienmitglied zeigen, das vor den vermeintlich
verschollenen Bildern posiert, und es endet mit der Integration von echtem Staub zwischen die Leinwand und den
Bilderrahmen. Wolfgang Beltracchi offenbart sich hier als ein sehr umgänglicher und äußerst souveräner Künstler, der
automatisch alle Sympathien auf sich zieht. Selbst der Kriminalbeamte, der gegen ihn ermitteln musste, spricht mit
Hochachtung von diesem Menschen. Und Beltracchi selber hält mit seiner Meinung über sich selber nicht hinterm Berg:
seine Bilder seien besser als die Bilder der Meister, weil er sie ja in deren Sinne weiterentwickelt und perfektioniert hat.
Arne Birkenstocks Film ist zugleich eine amüsante Betrachtung über die Kunstszene und deren selbsternannte Experten,
die Beltracchi – wenn auch illegal – in ihre Schranken gewiesen hat. Hut ab!
SUNSHINE ON LEITH (1:2.35, DD 5.1) OT: Sunshine On Leith Verleih: Senator Land/Jahr: Großbritannien 2013 Regie: Dexter Fletcher Darsteller: Jason Flemyng, Peter Mullan, Antonia Thomas Kinostart: z.Zt. ohne
Die Kumpels Ally und Davy kommen nach ihrem Kriegsdienst in Afghanistan wieder zurück in ihre Heimat Edinburgh.
Ally ist schon ewig mit Davys Schwester Liz befreundet und Liz macht ihren Bruder mit ihrer Kollegin Yvonne bekannt.
Gemeinsam ziehen die vier durch ihr Viertel und lassen es sich gut gehen. Alles ändert sich jedoch auf der
Silberhochzeit von Liz‘ und Davys Eltern. Dort erfährt nicht nur die Mutter von der unehelichen Tochter ihres Gemahls,
auch Ally erlebt einen Schock: als er um Liz‘ Hand anhält, erhält er eine Abfuhr... Ähnlich dem Musical MAMMA
MIA wurde auch SUNSHINE ON LEITH unter Verwendung bereits vorhandener Songs aus der Taufe gehoben.
Waren es bei MAMMA MIA die Songs von ABBA, so sind es bei SUNSHINE ON LEITH bekannte Songs des
schottischen Zwillingsduos “The Proclaimers”, die in den 1980er-Jahren entstanden. Die Bühnenversion des Musicals
wurde im Jahre 2007 uraufgeführt und hatte in Schottland einen solchen Erfolg, dass sich jetzt Schauspieler Dexter
Fletcher an eine Verfilmung wagte. Und die kann man durchaus als gelungen bezeichnen. Vor der großartigen Kulisse
Edinburghs lässt Fletcher seine Protagonisten alle Songs selber singen, kleidet sie nicht in Hollywood-Kleider oder macht
sie sonstwie schöner. Ganz im Gegenteil: die Sets wirken sehr authentisch und könnten glattweg aus einem Sozialdrama
von Ken Loach entliehen sein. Die Geschichte, die erzählt wird, ist sehr einfach gestrickt – es geht um die Liebe, um
Gefühle, um Glück, aber auch um Trauer. Die Songs vermitteln die unterschiedlichen Stimmungslagen sehr schön und
der Film mündet in eine gelungene und mitreissende “Flash Mob”-Interpretation des Klassikers “I’m Gonna Be (500
Miles)”. So extrem gut diese Tanznummer in das Musical passt, so schwer tut sich der Anfang, der in Afghanistan spielt
und mit einer Bombenexplosion endet und damit Glauben macht, dass es in den folgenden 100 Minuten um eine
Anti-Kriegs-Botschaft handeln wird. Doch den Bezug zu jener Szene gibt es nur in Form des kriegsverletzten Kumpels,
den Ally in der Reha-Klinik besucht. Punkt. Schluss. Damit steht die Eröffnungssequenz in krassem Gegensatz zur
nachfolgenden Love-Story und verliert damit vollkommen an Bedeutung. Fazit: wer Musicals mag, der sollte den
Besuch des Films wagen. Aber bitte nicht zögern – der Film wird in deutschen Kinos nicht lange laufen.
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Mittwoch, 22. Januar 2014 Von giftiger Erde und der großen Liebe Das heutige Doppelprogramm bestand aus einer Dokumentation und einem Jugenddrama. MITGIFT (1:1.85 & 1:1.33, 5.1) Verleih: Film Kino Text Land/Jahr: Deutschland 2014 Regie: Roland Blum Kinostart: 06.03.2014
Eigentlich wollte sich der Filmemacher Roland Blum bei seinem Besuch im Osten der Republik kurz nach dem
Mauerfall nur einige der wertvollen Kulturgüter anschauen und auf Film bannen. Doch beim Anblick der prekären
Zustände der Umwelt, wie sie sich ihm dort bot, entschied er sich anders. Jetzt sollte sein Film die Umweltsünden der
Betriebe der ehemaligen DDR dokumentieren. Das war 1990. 23 Jahre später reiste Blum wieder an dieselben Drehorte
und sprach wieder mit denselben Sachverständigen wie damals. Aus den Materialien von damals und heute entstand nun
eine Art Bestandsaufnahme die der Frage nachgeht, ob sich an der Qualität der Umwelt inzwischen etwas verbessert
oder gar verschlechtert hat. Bitterfeld ist einer der Anlaufpunkte seiner Dokumentation, eine Hochburg
umweltvergiftender Industriebetriebe. Sie alle gibt es heute nicht mehr, auch nicht die berühmte ORWO Filmfabrik.
Zurückgeblieben ist aber die von den Einheimischen “Silbersee” getaufte Kloake, gefüllt mit Umweltgiften aller Art.
Blum zeigt in seinem Film etliche solcher Umweltverbrechen, holt Sachverständige vor die Kamera. Zumindest tut er
das in der ersten Hälfte seines Films. Danach jedoch kippt die Dokumentation, die jetzt plötzlich u.a. eine Uhrenfabrik
als Aushängeschild für den Neubeginn präsentiert. Vom ursprünglichen Ansinnen ist hier nichts mehr zu spüren, der
Film versandet.
DIE UNERSCHÜTTERLICHE LIEBE DER SUZANNE (1:1.85, DD 5.1) OT: Suzanne Verleih: Arsenal Land/Jahr: Frankreich 2013 Regie: Katell Quillévéré Darsteller: Sara Forestier, François Damiens, Adèle Haenel Kinostart: 19.06.2014
Seit dem Tod ihrer Mutter führen die beiden unzertrennlichen Schwestern Suzanne und Maria ein einfaches Leben
zusammen mit ihrem Papa. Mit 17 Jahren wird Suzanne schwanger, einen Vater gibt es nicht. Mit dem kleinen Charlie
wird aus der dreiköpfigen eine vierköpfige Familie. Suzanne selbst jedoch ist hin- und hergerissen zwischen ihrem
kleinen Sohn und einem freien Leben. Als sie dem halbseidenen Julien begegnet, ist es um sie geschehen: er ist ihre
große Liebe. Gemeinsam brennt sie mit ihm durch und lässt ihr bisheriges Leben hinter sich – auch den kleinen
Charlie... Im Grunde genommen ist Katell Quillévérés ein Film über die große Liebe. Zumindest bestimmt sie Suzannes
Schicksal, das wahrhaftig alles andere als einfach ist. Die Regisseurin und Drehbuchautorin versteht sich darauf, diese
Geschichte so zu erzählen, dass sie immer spannend bleibt. Der Trick dabei ist das Auslassen ganzer Jahre. So wird dem
Zuschauer die Geburt des kleinen Charlie ebenso vorenthalten wie die Flucht der Liebenden vor der Polizei. Solche
Szenen wurden nach Aussage der Filmemacherin sowieso schon zur Genüge im Kino gezeigt. Da ist es viel spannender
zu zeigen, wie sehr Suzannes Abwesenheit das Leben der Anderen beeinflusst. Mit Sara Forestier in der Rolle der
Suzanne und Adèle Haenel in der Rolle der Maria hat der Film eine traumhafte und vor allem sehr überzeugende
Besetzung gefunden – beides unverbrauchte Gesichter, die sich harmonisch in die Geschichte einfügen. In ihnen lässt
sich Glück und Verzweiflung wunderbar ablesen, es bedarf oft keiner erklärenden Worte. Der sorgfältig ausgesuchte
und platzierte Soundtrack tut ein Übriges. Fazit: sehenswertes Jugenddrama mit hervorragenden Darstellern.
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Dienstag, 21. Januar 2014 Die Macht der Worte Es war mal wieder soweit: eine Kriegsgeschichte stand auf der Tagesordnung. DIE BÜCHERDIEBIN (1:2.35, DD 5.1) OT: The Book Thief Verleih: Fox Land/Jahr: USA, Deutschland 2013 Regie: Brian Percival Darsteller: Geoffrey Rush, Roger Allam, Sophie Nélisse, Heike Makatsch Kinostart: 13.03.2014
1938, kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, wird die kleine Liesel in die Obhut von Pflegeeltern gegeben: die
forsche Rosa und der gutmütige Hans nehmen sie bei sich auf. Als ihre neuen Eltern den jüdischen Flüchtling Max bei
sich aufnehmen und verstecken, freundet sich Liesel mit ihm an und erlernt durch diesen Kontakt das Lesen. Heimlich
holt sie sich immer neue Bücher aus der Privatbibliothek des Bürgermeisters. Für Max und Liesel wird die Macht und
die Magie der Wörter zur einzigen Möglichkeit, den Geschehnissen um sie herum zu entfliehen... Erzählt wird uns diese
Geschichte aus dem Zweiten Weltkrieg vom Tod höchstpersönlich, dem Ben Becker seine Stimme leiht. Auch wenn sie
teilweise sehr berührend erscheint (hier leistet Komponist John Williams ganze Arbeit!), kann sie leider nicht darüber
hinwegtäuschen, dass sie recht banal ist. Ich zumindest habe mich während der Vorführung andauernd gefragt, wohin
denn die Reise gehen soll, was der Film erzählen will. Eine tiefere Erkenntnis habe ich nicht gewonnen. Mag durchaus
sein, dass die Romanvorlage weitaus ergreifender ist als diese recht schnöde Verfilmung. Und eine typisch
amerikanische dazu: Liesels geheimes Wörterbuch im Keller ist in Englisch, ebenso die Bücher die sie liest, Plakate an
Hauswänden indes sind in Deutsch. Man sollte keine Amerikaner Filme über Nazi-Deutschland inszenieren lassen.
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Montag, 20. Januar 2014 Leg Dich nie mit dem Air Marshal an! Mit Action begann die neue Pressewoche NON-STOP (1:2.35, DD 5.1) OT: Non-Stop Verleih: Studiocanal Land/Jahr: USA 2014 Regie: Jaume Collet-Serra Darsteller: Liam Neeson, Julianne Moore, Michelle Dockery Kinostart: 13.03.2014
Während eines Transatlantikfluges erhält Bill Marks, seines Zeichens Air Marshal, eindeutige Textnachrichten, die aus
dem Flugzeug stammen: wird binnen 20 Minuten nicht eine riesige Geldsumme auf ein bestimmtes Bankkonto
überwiesen, wird ein Passagier sterben! Als die Frist verstreicht ohne dass Geld überwiesen wurde, gibt es tatsächlich
einen Toten. Allerdings geht der auf das Konto von Marks! Und wieder trifft eine Textnachricht ein: die nächsten 20
Minuten beginnen... Gleich zu Beginn des Films wird uns unmissverständlich klar gemacht, dass unser einsamer Held
ganz offensichtlich ein Alkoholproblem hat. Kann man einem solchen Air Marshal überhaupt trauen? Wenn wir dann
noch erfahren, dass das Bankkonto, auf welches das Lösungsgeld überwiesen werden soll, niemand anderem als genau
diesem Air Marshal gehört, fühlen wir uns als Zuschauer in unserem Zweifeln bestätigt. Vielleicht steckt Liam Neeson
ja tatsächlich in einer schizophrenen Rolle und der Typ weiß gar nicht, was er tut! Dass wir fast den ganzen Film über
im Dunkeln tappen ist die Stärke des Drehbuchs. Ganz allmählich zieht auch Regisseur : Jaume Collet-Serra (ORPHAN
– DAS WAISENKIND, UNKNOWN IDENTITY) die Spannungsschraube an und lockt uns so auf seine Seite. Er
begeht auch nicht den Fehler und lässt seinen Protagonisten Liam Neeson übermenschliche Action darbieten, sondern
lässt ihn in der Isolation der Fluggastkabine die seinem Alter entsprechenden Handlungen vollführen. Allerdings darf
man schon bei der ein oder anderen Wendung, die der Flugzeug-Thriller nimmt, fragen, ob das wirklich alles koscher
ist, was da so passiert. Letztendlich aber gehört es zum Rüstzeug eines solchen Thrillers, dass er hier und da etwas
konstruiert wirkt. Unspannend inszenierten Filmen verzeiht man solche Fehler nicht, NON-STOP aber schon.
Collet-Serras Film möchte einfach nur unterhalten – und er tut das ganze 106 Minuten lang.
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Donnerstag, 16. Januar 2014 Alternative Geburtstagsfeier Die Woche endete so wie sie begonnen hatte: mit einem schlechten Film. DEAD (1:2.35, 5.1) Verleih: Aries Images (Barnsteiner) Land/Jahr: Deutschland 2012 Regie: Sven Halfar Darsteller: Tilman Strauß, Thomas Schendel, Judith Rosmair Kinostart: 13.02.2014
Als seine Mutter mit einem Strick um den Hals von der Wohnungsdecke baumelt, beschließt Patrick, seinen unehelichen
Vater Reimund Borz zur Rede zu stellen. Gemeinsam mit seinem Freund Elmer sucht er diesen ausgerechnet an seinem
60. Geburtstag auf. Die Familienfeier gerät aus dem Ruder, als auch noch Borz‘ anderer Sohn mitsamt seiner Mutter
auftaucht... Der Film beginnt mit einem kurzen Prolog, der in eine fetzig animierte Titelsequenz übergeht. Weitere 100
Minuten und leider gefühlte drei Stunden später ist das Machwerk dann endlich zu Ende. Sven Halfar beweist mit
seinem schrägen Thriller-Drama auf beeindruckende Weise, dass es uns Deutschen einfach nicht im Blut liegt, auf ganz
cool zu machen. DEAD ist so etwas wie ein Tarantino für Arme. Viel zu sehr an amerikanischen Vorbildern orientiert
wird hier ziemlich verkrampft versucht, kultig zu sein. Das Unterfangen ist aber von der ersten Sekunde an zum
Scheitern verurteilt, da man offensichtlich gar nicht erst versucht, das eingeschränkte Budget zu kaschieren. Extrem zähe
Dialoge und Schauspieler, die wirken, als wären sie im falschen Film, machen die Sache auch nicht besser. Fazit:
untaugliche Kinokost.
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Mittwoch, 15. Januar 2014 Das Leben geht weiter! Mit dieser wundervollen Erkenntnis endete die heutige Pressevorführung. MADAME EMPFIEHLT SICH (1:1.85, DD 5.1) OT: Elle S’En Va Verleih: Wild Bunch Land/Jahr: Frankreich 2013 Regie: Emmanuelle Bercot Darsteller: Catherine Deneuve, Nemo Schiffman, Gerard Garouste Kinostart: 13.02.2014
Dass sie ausgerechnet von ihrer alten Mutter erfahren muss, dass ihr Geliebter sich eine jüngere genommen hat, bringt
für die reife Restaurantbesitzerin Bettie das Fass zum Überlaufen. Also steigt sie einfach in ihr Auto, um allem
davonzufahren: der Mutter, dem Geliebten und dem Schuldenberg, den ihr Restaurant verursacht. Ziellos fährt sie über
das Land, schnorrt Zigaretten, lässt sich auf einen One Night Stand ein. Als ihre Tochter sie telefonisch darum bittet,
ihren Sohn Charly zu dessen Großvater zu bringen, willigt sie ein. Noch weiß sie nicht, was damit auf sie zukommt... In
ihrem Film MADAME EMPFIEHLT SICH schickt Regisseurin Emmanuelle Bercot die französische
Leinwandlegende Catherine Deneuve auf einen der bezaubernsten Road Trips der letzten Zeit. Die vielen zufälligen
Begegnungen mit den unterschiedlichsten Menschen, von denen manche nur ganz kurz sind, andere etwas länger,
machen dabei den besonderen Reiz des Films aus. Dabei sind diese Rollen teilweise mit Laiendarstellern besetzt,
wodurch der Film unglaublich an Authentizität gewinnt. An der Seite von Madame Deneuve spielt der kleine Nemo
Schiffmann, der Sohn von Regisseurin Bercot. Und er macht seine Sache absolut brillant. Wenn Nemo am Ende des
Films seine Großmutter in den Armen eines neuen Verehrers liegen sieht, verkündet er lauthals und überglücklich “Das
Leben geht weiter!” und lässt damit die dem Film immer wieder anhaftende Melancholie einfach verpuffen. Ein
schöneres Ende gibt es kaum!
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Dienstag, 14. Januar 2014 Der Film beginnt mit dem Ende Ein sensibel erzähltes Drama aus Deutschland stand heute auf dem Programm MEINE SCHWESTERN (1:1.85, 5.1) Verleih: Alamode (Filmagentinnen) Land/Jahr: Deutschland 2013 Regie: Lars Kraume Darsteller: Nina Kunzendorf, Jördis Triebel, Lisa Hagmeister Kinostart: 06.02.2014
Mit einem Herzfehler kam sie bereits auf die Welt. Jetzt steht die 30jährige Linda vor einer weiteren Herzoperation.
Krankenhäuser und OPs hat sie mittlerweile mehr als satt. Ob sie nach der anstehenden OP wieder aufwachen wird, weiß
sie nicht. Umso mehr aber weiß sie, was sie jetzt will: ein gemeinsames Wochenende mit ihren beiden Schwestern. Es
gelingt ihr tatsächlich, beide für einen Ausflug zu jenem Ort zu überreden, an dem sich alle drei als Kinder und
Jugendliche glücklich fühlten: Tating an der Nordsee. Und danach weiter nach Paris. Ein letztes Mal werden sich die
Schwestern gemeinsam lachen, streiten und sich wieder vertragen... Lars Kraume lässt sein Drama mit dem Ende
beginnen. Während sie in das Leichenschauhaus eines Krankenhauses transportiert wird, lässt er seine Hauptdarstellerin
Linda post mortem zu Wort kommen. Ihre Stimme klingt erleichtert, sie ist gut aufgelegt. Sie hat es hinter sich, das
Leben. Mit ihren 30 Jahren hat sie das von den Ärzten prognostizierte Alter genau um 30 Jahre überschritten! Jördis
Triebel spielt die Todeskandidatin, die genau weiß, unter welcher Last ihre Schwestern ihretwillen leiden. Die ältere
Katharina (gespielt von Nina Kunzendorf) mimt schon zeitlebens die Starke, die jüngere Clara (gespielt von Lisa
Hagmeister) wurde immer nur verschont. Psycholgisch einfühlsam und stets nachvollziehbar schildert der Film Lindas
letzte Tage, die sowohl von Tränen der Freude als auch der Trauer geprägt sind. Nur einmal gibt sich der Film eine
Blöße: nämlich dann, wenn Linda direkt aus dem Urlaub kommend sofort in die OP geht. Das ist dramaturgisch gesehen
natürlich viel interessanter, als wenn Linda erst einmal einen Tag vor ihrer Operation ins Krankenhaus eincheckt. Aber
wir wollen mal die Kirche im Dorf lassen und verzeihen diesen dramaturgischen Kniff.
PARANORMAL ACTIVITY: DIE GEZEICHNETEN (1:1.85, D 5.1) OT: Paranormal Activity: The Marked Ones Verleih: Paramount Land/Jahr: USA 2013 Regie: Christopher Landon Darsteller: Molly Ephraim, Crystal Santos, Richard Cabral Kinostart: 02.01.2014
Jesse und Hector sind beste Freunde in einer kleinen Latino-Gemeinde in den USA. Ihre Tage verbringen die beiden
Teenager mit allerlei Action, die sie mit einer Videokamera aufzeichnen. Als eines Tages Jesses Nachbarin in ihrer
Wohnung umgebracht wird und sich die beiden Freunde daraufhin heimlich am Tatort umsehen, beginnen unheilvolle
Tage. Jesse erwacht mit einer mysteriösen Bisswunde und verfügt über außergewöhnliche Kräfte... Waren es zu Beginn
der erfolgreichen PARANORMAL ACTIVITY Reihe noch waschechte Geister, deren Tätigkeiten mittels fixierten
Überwachungskameras von den Protagonisten dokumentiert wurden, so sind es mittlerweile Hexenzirkel, deren
gruselige Aktivitäten mit extremer Wackelkamera aufgezeichnet werden. Allen PA-Filmen gemeinsam ist der
pseudo-dokumentarische Stil. Dass es im aktuellen Film aber nicht mehr sonderlich funktioniert, liegt an den
dümmlichen Kommentaren der Hauptakteure sowie deren hanebüchene Handlungen. Der Film wäre weitaus spannender
geworden, hätte sich das Drehbuch darum bemüht, möglichst authentisch zu bleiben. So gerät das ganze Unternehmen
trotz der überzeugenden visuellen Effekte sowie einer recht imposanten Tonspur zur Farce. Schon lange nicht mehr hat
man sich als Zuschauer gewünscht, dass die bösen Kräfte endlich den Amateurvideofilmer zum Schweigen bringen!
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Montag, 13. Januar 2014 Der Moderator und der Saxophonspieler Zur Einstimmung in die neue Woche gleich ein kontrastreiches Doppelprogramm ANCHORMAN – DIE LEGENDE KEHRT ZURÜCK (1:2.35, DD 5.1) OT: Anchorman 2: The Legend Continues Verleih: Paramount Land/Jahr: USA 2013 Regie: Adam McKay Darsteller: Will Ferrell, Steve Carell, Paul Rudd Kinostart: 30.01.2014
Seine Frau macht Karriere, er fliegt beim Sender: Nachrichtensprecher Ron Burgundy hat die Nase voll und
verschwindet von der Bildfläche. Eines Tages jedoch erhält der politisch alles andere als korrekt Burgundy eine neue
Chance: bei GNN, dem ersten 24/7-Nachrichtensender will man ihn haben. Burgundy ist begeistert und trommelt seine
alten Gefährten wieder zusammen. Als die durchgeknallte Truppe jedoch erfährt, dass man sie in das Nachtprogramm
geschoben hat, sind sie sauer und beschließen, nicht solche Nachrichten zu senden, die die Zuschauer erfahren sollten,
sondern solche, die sie erfahren möchten. Und damit haben die Jungs sogar enormen Erfolg... Hochachtung vor
Paramount! Denn kein anderes Major-Studio würde es wohl wagen, diesen unterirdisch schlechten Film in deutsche
Kinos zu liefern. Was nützt es Will Ferrell und Steve Carell mit von der Partie zu haben, wenn das Drehbuch aus dem
Ruder läuft? Was eine Anarchokomödie zum Thema Nachrichten und Berichterstattung hätte werden können, ergeht
sich letztendlich in arger Langeweile, der die Darsteller durch ihr überdrehtes Spiel zu entrinnen versuchen. Ganz am
Ende gar werden noch schwere Geschütze wie Will Smith und Jim Carrey ins Manöver geschickt – und das im wahrsten
Sinne des Wortes. Alles vergebens.
CHARLIE MARIANO – LAST VISITS (1:1.85, 5.1) Verleih: RealFiction Land/Jahr: Deutschland 2013 Regie: Axel Engstfeld Darsteller: Charlie Mariano, Dorothee Mariano, Mike Herting Kinostart: 13.02.2014
Er galt als einer der ganz Großen in der Jazz-Szene: der 1923 in Boston geborene Charlie Mariano, Sohn italienischer
Einwanderer. “Entweder machst Du Musik oder lässt es bleiben” war sein Motto. Ein Zwischendrin gab es für ihn nicht.
Kein Anderer spielte das Saxophon so wie Charlie. Regisseur Axel Engstfeld hat der Jazz-Legende, die seit 1971 in
Europa lebte, jetzt einen Dokumentarfilm gewidmet. Darin porträtiert er den im Jahre 2009 verstorbenen Mariano als
einen Menschen, der voll und ganz für seine Musik lebte. In persönlichen Gesprächen mit Mariano sowie durch
Interviews mit ihm nahestehenden Musikern erfährt man viel über seinen Werdegang, seinen Background. Privates wird
dabei kaum beleuchtet. Nur einmal darf die Kamera ihn zur CT ins Krankenhaus begleiten. Dafür aber gibt es viel
Musikalisches zu sehen und zu hören, etwa Marianos Live-Auftritte in einem kleinen Kölner Jazzclub oder auf großer
Bühne im Theaterhaus in Stuttgart, wo er seinen 85. Geburtstag feierte. Wer Jazz mag und Mariano liebt, für den sollte
Axel Engstfelds Dokumentation Pflichtprogramm sein.
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Sonntag, 12. Januar 2014 Rasante Action in Zeitlupe Heute habe ich mir den neuesten Blockbuster aus Bollywood reingezogen... DHOOM 3 (1:2.35, DD 5.1 + Atmos) OT: Dhoom 3 Verleih: Rapid Eye Movies Land/Jahr: Indien 2013 Regie: Vijay Krishna Acharya Darsteller: Aamir Khan, Kim DeJesus, Katrina Kaif, Abhishek Bachchan Kinostart: 09.01.2014
Chicago 1990. Weil die Bank ihm keinen Kredit mehr für seinen “Great Indian Circus” gewährt, begeht Sahirs Vater
Selbstmord. Sahir schwört Rache. 23 Jahre später ist es soweit: mit spektakulären Raubüberfällen auf zwei Filialen will
er die Bank in die Knie zwingen. Die holt sich kurzerhand den Ermittler Jai Dixit aus Mumbai zu Hilfe. Er soll den
mysteriösen Räuber stellen. Die Spur führt zum “Great Indian Circus”, der nach zwei Jahrzehnten wieder glanzvoll
eröffnet werden soll... DHOOM 3 ist typisch indisches Action-Kino. Für westliche Besucher heisst das: bitte das Hirn
an der Kinokasse abgeben! Die Handlung ist derart hanebüchen und strotzt vor Logikbrüchen, als gelte es, einen neuen
Rekord aufzustellen. Durch den massiven Einsatz von Slow Motion wird der Film zudem ziemlich in die Länge
gezogen. Aber (und jetzt kommt’s!): die Technik ist absolut brillant! Hier waren - wie so oft im Bollywood-Kino -
wirkliche Profis am Werk. Und so fasziniert der Film von der ersten bis zur letzten Minute durch seine grandiosen
Bilder. Schauspielerisch überzeugt vor allem Aamir Khan in der Rolle des Meisterdiebs. Neben ihm wirkt selbst
Abhishek Bachchan, der den Part des Polizisten übernimmt, fast wie ein Amateur. Mag man von den Action-Einlagen
auch halten was man will – die Belohnung gibt es in Form einiger atemberaubender “Song & Dance”-Einlagen, die Mut
zur Farbe bekennen. Insbesondere die Tanzsequenz im Great Indian Circus ist derart spektakulär, dass sie durch ihre
räumliche Tiefe und die brillante Schärfe jeden dreidimensionalen Hollywood-Blockbuster in die Schranken weist – und
das in 2D! Äußerst schade, dass dieser Film hierzulande nicht in den IMAX-Kinos ausgewertet wird, so wie es in Indien
selbst geschieht.
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Freitag, 10. Januar 2014 Drei hätt‘ ich noch... Eine anstrengende Pressewoche neigt sich dem Ende zu... DIE POETIN (1:2.35, 5.1) OT: Flores Raras / Reaching For The Moon Verleih: Pandastorm (Neue Visionen) Land/Jahr: Brasilien 2013 Regie: Bruno Barreto Darsteller: Miranda Otto, Glória Pires, Tracy Middendorf, Treat Williams Kinostart: 10.04.2014
Während einer Schaffenskrise beschließt die New Yorkerin Elizabeth, ihre Freundin Mary in Rio der Janeiro zu
besuchen, um dort Inspiration für ihre Lyrik zu finden. Als sie Marys Lebensgefährtin Lota, eine bekannte Architektin,
kennenlernt, beginnt zwischen den beiden Frauen eine leidenschaftliche Liebesaffäre... In wunderschönen Bildern
erzählt Regisseur Bruno Barreto die wahre Geschichte der Pulitzerpreisträgerin Elizabeth Bishop und der Architektin
Lota de Macedo Soares, die sich Anfang der 1950er-Jahre in Rio de Janeiro kennen- und lieben lernten. In den
Hauptrollen glänzen Miranda Otto als die fast schüchterne Dichterin und Glória Pires als ihr exaktes Pendent. Wer
sinnlich-schönes Kino mit opulenten Bildern mag, der ist bei dieser Love Story gut aufgehoben.
...UND ÄKTSCHN! (1:2.35, 5.1) Verleih: Majestic (Fox) Land/Jahr: Österreich, Deutschland 2013 Regie: Frederick Baker Darsteller: Gerhard Polt, Maximilian Brückner, Gisela Schneeberger Kinostart: 06.02.2014
Um seine finanzielle Misere zu meistern, beginnt der leidenschaftliche Amateurfilmer Hans A. Pospiech mit der
Realisierung seines bislang größten Projektes: der Verfilmung von Adolf Hitlers Privatleben. Das kann ja heiter werden
– muss es aber nicht. Es “polt”ert wieder in deutschen Kinosälen. Deutlich ergraut schlüpft Gerhard Polt in die Rolle
eines Amateurfilmers, der sich zu Höherem berufen fühlt. Leider bleiben dabei die richtig witzigen Einfälle auf der
Strecke und der Film zieht sich derart in die Länge, dass man nach gefühlten drei Stunden um Gnade zu winseln beginnt.
Ein indiskutables Machwerk.
FÜNF FREUNDE 3 (1:1.85, DD 5.1) Verleih: Constantin Land/Jahr: Deutschland 2013 Regie: Mike Marzuk Darsteller: Valeria Eisenbart, Quirin Oettl, Justus Schlingensiepen Kinostart: 16.01.2014
Gemeinsam mit Onkel Quentin wollen George, Julian, Dick, Anne und Hund Timmy einen entspannten Urlaub auf
Thailand machen. Doch das Abenteuer holt die Rasselbande wieder ein. Bei einem Tauchgang stoßen die Freunde auf
einen alten Kompass, der sie angeblich zu einem Piratenschatz führen kann... Alle Jahre wieder... Genau eine Jahr ist es
her, dass die fünf Freunde ihr zweites großes Kinoabenteuer abgeliefert haben. Nunmehr also folgt der dritte Streich, der
sich von seinen Vorgängern um nichts unterscheidet. Immerhin gibt es dieses Mal exotische Schauplätze zu sehen: Teil
3 wurde in Thailand gedreht. Ansonsten läuft alles nach bewährtem Muster ab. Die Ganoven sind wie immer strohdoof,
das Abenteuer der Jugendlichen dient einem guten Zweck und Timmy, der Hund, ist der Retter in der Not. Für die
Zielgruppe der bis 12-jährigen gibt es ein paar spannende Szenen (u.a. mit einem Hai) sowie eine haarsträubende
Verfolgungsjagd. Am Ende siegt das Gute und die Bösen bekommen ihre verdiente Strafe. Wie schön die Welt doch
sein kann!
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Donnerstag, 09. Januar 2014 Vier auf einen Streich Es gibt viel zu tun – packen wir’s an! WER IST THOMAS MÜLLER? (1:2.35, 5.1) Verleih: Camino Land/Jahr: Deutschland 2013 Regie: Christian Heynen Kinostart: 20.03.2014
Was würde Deutschland nur ohne den Durchschnittsbürger machen? Denn er, die breite Masse, sorgt dafür, dass alles so
läuft wie es läuft. Das statistische Bundesamt behält ihn deswegen auch immer stets ganz genau im Auge, ist er doch vor
allem immens wichtig für die deutsche Wirtschaft. Der Dokumentarfilmer Christian Heynen will es in seinem Film aber
ganz genau wissen: wer genau steckt hinter dem Durchschnittsdeutschen? Also begibt er sich auf die Suche nach
Thomas Müller. Davon gibt es nämlich etwa 50.000 in Deutschland, was diesen Namen zum absoluten Durchschnitt
macht. Bei seiner Reise quer durch die Republik trifft er sich mit einigen der vielen Thomas Müller, von denen jedoch
fast keiner durchschnittlich zu bezeichnen wäre. Sei es nun der Börsenberater oder der Priester oder der Musiker. So
ändert sich denn auch im Verlauf seiner witzig kommentierten Suche die Fragestellung: was genau ist eigentlich
deutsch? Was bedeutet es ein Deutscher zu sein? Dazu erhält er nicht nur ein paar frappierende Antworten von seinen
Gesprächspartnern, sondern auch von Menschen aus der ganzen Welt, die ihm per Videoblog ihre Ansichten dazu
mitteilen. Christian Heynen versteht es vorzüglich, seine Dokumentation mit kinogerechten Bildern im
CinemaScope-Format sehr ansehnlich zu gestalten. Mit kurzen Animationseinlagen sowie den eingestreuten Videoblogs
wirkt der Film sehr kurzweilig, nur den von Heynen gesprochene Kommentar aus dem Off hätte gerne emotionaler
ausfallen dürfen.
AMERICAN HUSTLE (1:2.35, DD 5.1) OT: American Hustle Verleih: Tobis Land/Jahr: USA 2013 Regie: David O. Russell Darsteller: Christian Bale, Bradley Cooper, Amy Adams, Jennifer Lawrence Kinostart: 13.02.2014 In den 1970er-Jahren rekrutiert das FBI das Trickbetrügerpärchen Irving Rosenfeld und Sydney Prosser, um die Korruption im Lande zu bekämpfen. Doch FBI-Agent Richie DiMaso ahnt noch nicht, auf was er sich tatsächlich damit einlässt. Doch wer einen Bock zum Gärtner macht, hat es auch nicht anders verdient... Wer betrügt hier eigentlich wen? David O. Russells Film basiert auf einer Geschichte, die sich angeblich tatsächlich zugetragen hat und vereint gleichzeitig hochkarätige Darsteller, die sich hier in Oscar-Stimmung bringen. Alleine schon Christian Bales falsche Haare hätten einen Sonder-Oscar verdient. Ganz zu schweigen von den Kleidern der Ladies, die meist mehr offenlegen als sie verhüllen. So macht der 70er-Jahre Retro-Look wirklich Spaß! AMERICAN HUSTLE ist ein gelungenes Verwirrspiel um viel Geld, das Trickbetrüger ebenso auf den Plan ruft wie Politiker und Mafiosi. Zu letzterer Gattung gehört ein brillanter (und nicht genannter) Kurzauftritt von Robert De Niro als Obermafioso Victor Tellegio. Mein Tipp: reingehen! TARZAN (1:2.35, 3D, DD 5.1 + Atmos) Verleih: Constantin Land/Jahr: Deutschland 2013 Regie: Reinhard Klooss Kinostart: 20.02.2014
Als der Helikopter mitsamt seinen Eltern und dem kleinen Greystoke mitten im afrikanischen Dschungel abstürzt und er
der einzige Überlebende ist, nimmt ihn ein Gorillaweibchen in ihre Familie auf. Im Laufe vieler Jahre entwickelt sich
der kleine Junge zu Tarzan, dem König des Dschungels. Eines Tages entdeckt er Fremde, die den Dschungel erforschen.
Unter ihnen ist die hübsche Jane, die ihm von Anfang an den Kopf verdreht. Doch es sollen noch viele Jahre und viele
Abenteuer vergehen, bevor sich die beiden finden... Es mutet schon recht abenteuerlich an, was Drehbuchautor und
Regisseur Reinhard Klooss aus dem ursprünglichen Tarzan-Stoff für seinen in “Motion Capture”-Technik erstellten Film
gemacht hat. Viel vom Original ist da nicht übrig geblieben, was ja zunächst nicht unbedingt ein Makel sein muss.
Neuinterpretationen sind stets willkommen. Was an Klooss‘ Geschichte jedoch ungemein stört ist die Tatsache, dass er
den jungen Greystoke nicht etwa im Babyalter, sondern erst als kleinen Jungen im Dschungel aussetzt. Wenn er dann im
Mannesalter nicht mehr sprechen kann und offensichtlich zum ersten Mal im Leben einen Spiegel sieht, dann wirkt das
einfach lächerlich. So lächerlich, dass es vermutlich sogar bei der Zielgruppe (8 bis 10 jährige) Fragen nach Sinn und
Unsinn dieses Films aufwirft. Hinzu kommt die Erzählerstimme von Ben Becker, dessen Kommentierung der
Geschichte glattweg eine Audiodeskription für Blinde sein könnte. Offensichtlich traut der Regisseur der Intelligenz
seines Publikums nicht und meint, diesem alles vorkauen zu müssen! Was man dem Film allerdings zweifelsfrei
konstatieren kann ist seine überzeugende Technik. Klooss und seine Trickspezialisten treten hier den Beweis an, dass
moderne “Motion Capture”-Technik nicht zwangsläufig nur in Übersee realisiert werden kann. Das extrem schwache
Drehbuch gepaart mit überzeugender Technik könnte ein Indiz dafür sein, dass es bei dieser Produktion tatsächlich um
nichts anderes ging als diesen Beweis anzutreten.
STROMBERG – DER FILM (1:1.85, 5.1) Verleih: NFP Land/Jahr: Deutschland 2013 Regie: Arne Feldhusen Darsteller: Christoph Maria Herbst, Bjarne Mädel, Oliver K. Wnuk Kinostart: 20.02.2014
Über die Köpfe seiner Mitarbeiter hinweg entscheidet Stromberg, dass die Schadensregulierung der
Capitol-Versicherung nicht an der Jahresfeier teilnehmen wird. Als er jedoch das Gerücht hört, dass möglicherweise die
gesamte Abteilung geschlossen werden soll, macht er eine Kehrtwende und organisiert eine Busreise zum
Veranstaltungsort. Wie immer gilt: wo Stromberg auftaucht, herrscht das blanke Chaos... “Büro ist Krieg!” lautet einer
der vielen Leitsprüche von “Papa” Stromberg. Und dass es auch so bleibt, dafür sorgt der an Selbstüberschätzung
leidende leitende Angestellte auf Schritt und Tritt. Wie schon in der gleichnamigen TV-Serie wendet Regisseur Arne
Feldhusen auch in diesem Kinofilm das Prinzip der “Fake Reality-Show” an, um die Gepflogenheiten und
Grabenkämpfe innerhalb der Abteilung Schadensregulierung einer Versicherung vorzuführen. Auch wenn so manches
etwas überspitzt erscheint – wer schon selber in einem solchen Büro gearbeitet hat, der wird ganz bestimmt schmunzelnd
zustimmen. Allerdings wird man als Nicht-Kenner der TV-Serie viele kleine Anspielungen nicht bemerken, doch dem
Spaß tut das keinen Abbruch. Negativ wirkt sich jedoch die Länge von zwei Stunden aus. So zieht sich der Film zum
Ende hin leider ziemlich. Dass hier über das Ziel hinausgeschossen wird, liegt vermutlich daran, dass es sich bei dem
Film um ein “Crowd Funding”-Projekt handelt (Achtung: der Abspann setzt viel Sitzfleisch voraus!). Eine halbe Stunde
weniger würde dem Film besser zu Gesicht stehen.
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Mittwoch, 08. Januar 2014 Der Mann, der Medikamente schmuggelte Mut zur Selbsthilfe – Ron Woodroof hat es vorgelebt und wurde jetzt Thema eines Spielfilms DALLAS BUYERS CLUB (1:2.35, DD 5.1) OT: Dallas Buyers Club Verleih: Ascot Elite (Paramount) Land/Jahr: USA 2013 Regie: Jean-Marc Vallée Darsteller: Matthew McConaughey, Jared Leto, Jennifer Garner Kinostart: 06.02.2014
Dallas im Jahre 1985. Der Elektriker Ron Woodroof ist ein echter Cowboy. Er reitet nicht nur Bullen im Rodeo,
sondern auch jede Menge leichte Mädchen und nascht gerne Koks. Als er eines Tages urplötzlich zusammenklappt und
im Krankenhaus wieder aufwacht, eröffnet ihm der Arzt eine tödliche Diagnose: Woodroof leidet an AIDS und hat nur
noch 30 Tage Zeit zu leben! Weil er sich mit dieser Diagnose nicht abfinden will, beginnt er mit einer eigenen Therapie.
Durch einen Mittelsmann organisiert er sich Medikamente, insbesondere AZT, das einzige von der amerikanischen
Gesundheitsbehörde zugelassene Medikament zur Behandlung von AIDS. Doch AZT ist extrem toxisch und Woodroof
forscht nach Alternativen. Bei einem Arzt in Mexiko wird er fündig und beginnt Medikamente illegal zu importieren. In
Dallas gibt er die Tabletten kostenlos an Bedürftige ab – einzige Bedingung: sie müssen seinem kostenpflichtigen Club
beitreten, dem Dallas Buyers Club... Wieder einmal ist es das wahre Leben, das bei diesem Film Pate stand. Denn die
Geschichte des Ron Woodroof basiert auf Tatsachen. Es ist die Geschichte eines Cowboys, der sich vom hedonistischen
und homophoben Mann zu einem Aktivisten wandelt, der sogar gegen die amerikanische Gesundheitsbehörde vor
Gericht zog. Dargestellt wird er von einem abgehalfterten Matthew McConaughey, der einmal mehr unter Beweis stellt,
dass er ein großartiger Schauspieler ist. Ihm zur Seite steht Jared Leto als der homosexuelle Rayon, den er im
Krankenhaus kennenlernt und zunächst verabscheut. Im Laufe der Zeit entwickelt Ron jedoch freundschaftliche Gefühle
zu der tragischen Gestalt, die einfach mit dem falschen Geschlecht geboren wurde. Als Dritte im Bunde agiert Jennifer
Garner als die Ärztin, die Ron unterstützt und dabei ihren Job aufs Spiel setzt. Alle drei machen DALLAS BUYERS
CLUB zu einem sehenswerten Film, der das Thema AIDS wieder gegenwärtig werden lässt und uns klarmacht, dass der
Kampf gegen diese Krankheit noch lange nicht ausgestanden ist.
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Dienstag, 07. Januar 2014 Von Boxern und Börsenmaklern Nach langer Abstinenz ging es heute endlich wieder ins Kino! ZWEI VOM ALTEN SCHLAG (1:1.85, DD 5.1) OT: Grudge Match Verleih: Warner Land/Jahr: USA 2013 Regie: Peter Segal Darsteller: Sylvester Stallone, Robert De Niro, Kim Basinger Kinostart: 09.01.2014
Henry “Razor” Sharp und Billy “The Kid” McDonnen sind Rivalen, seit sie als junge Männer im Boxring standen. Das
letzte Mal vor dreißig Jahren. Jetzt will ein gewiefter Manager die beiden noch einmal gegeneinander antreten lassen.
Da beide Männer das in Aussicht gestellte Geld gut gebrauchen können, lassen sich auf den Deal ein. Zudem eröffnet
sich die Chance, eine alte Rechnung zu begleichen. Schließlich hatte “The Kid” damals seinem Gegner “Razor” die
Freundin ausgespannt... Peter Segal paart in seinem Film gleich zwei alte Haudegen aus Hollywood, von denen jeder
bereits Erfahrungen mit dem Boxen sammeln konnte: Sylvester Stallone als ROCKY und Robert De Niro als RAGING
BULL. Die Idee, diese beiden alten Herren gemeinsam in den Ring steigen zu lassen, hat schon seinen besonderen Reiz.
Leider aber vermag das Drehbuch nicht unbedingt daraus Profit zu schlagen. So plätschert die ganze Geschichte fast
ohne Höhepunkte dahin. Alleine Alan Arkin als Stallones altgedienter Trainer sorgt bei seinen Auftritten für richtige
Lacher. Leider ein Film mit viel Potenzial, das nicht genutzt wird.
THE WOLF OF WALL STREET (1:2.35, DD 5.1) OT: The Wolf Of Wall Street Verleih: Universal Land/Jahr: USA 2013 Regie: Martin Scorsese Darsteller: Leonardo DiCaprio, Jonah Hill, Matthew McConaughey Kinostart: 16.01.2014
Anfang der achtziger Jahre ist der junge Jordan Belfort noch ein unbeschriebenes Blatt an der Wall Street. Doch der
junge Broker ist extrem lernbegierig. Als er infolge eines Börsencrashes seinen Job verliert, heuert er bei einem
winzigen Börsenmaklerbüro an und avanciert dort binnen kürzester Zeit zum Boss. Seine Ziel: möglichst viel Geld
innerhalb kürzester Zeit machen. Und das gelingt ihm im Handumdrehen – dank seiner loyalen Kollegen und jeder
Menge Kokain! Doch seine Geschäfte sind alles andere als legal und so hat er bald schon das FBI am Hals... Mit seinem
neuesten Film beweist Regisseur Martin Scorsese wieder einmal auf fulminante Weise, dass er zu den Besten seines
Fachs gehört. In seinem dreistündigen Werk ist nahezu keine Zeit für Langeweile, fast atemlos bricht die Geschichte von
Geld, Sex und Kokain auf den Zuschauer herein. Grandiose Hochglanzbilder, unterlegt mit einem exzellenten
Rock-Soundtrack, lassen nicht nur die Hauptdarsteller und deren oft unbekleidete Gespielinnen phantastisch aussehen,
sondern auch die vielen exklusiven Sets, die von ausladenden Villen bis hin zu einer superteuren Yacht reichen. Mit viel
Witz und Biss hat Scorsese das Buch von Jordan Belfort hier verfilmt und lässt seinen Hauptakteur Leonado DiCaprio
oft mit dem Publikum spielen. Da geht dann dessen Erzählerstimme aus dem Off kurzerhand über auf die Figur im Bild,
die dann zielgerichtet zum Publikum spricht. Überhaupt lebt Scorseses Epos von seinen hervorragenden Darstellern, die
bis in die kleinste Nebenrollen wunderbar besetzt sind. Kleiner Tipp: Wer die Möglichkeit hat, den Film im englischen
Originalton zu sehen, sollte davon unbedingt Gebrauch machen! Fazit des Films: mit Geld spielt man nicht, aber es
macht unheimlich Spaß!
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