Wolfram Hannemann
Filmkritiker / Freelance Journalist / Filmemacher

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Freitag, 28. Februar 2014
Eine Kriegsgeschichte
Ergreifend endete meine Pressewoche – vielleicht sogar ein bisschen zu ergreifend.

LAUF JUNGE LAUF (1:2.35, DD 5.1)
Verleih: NFP (Filmwelt)
Land/Jahr: Deutschland, Frankreich, Polen 2013
Regie: Pepe Danquart
Darsteller: Andrzej Tkacz, Kamil Tkacz, Elisabeth Duda
Kinostart: 17.04.2014

Polen im Kriegsjahr 1942/43: dem 9-jährigen Strulik gelingt die Flucht aus dem Warschauer Ghetto. Ohne Eltern und Geschwister ist er zum ersten Mal in seinem jungen Leben ganz auf sich selbst gestellt. In Wäldern sucht er Unterschlupf und erbettelt sich auf Bauernhöfen Brot. Um zu überleben, muss er seine jüdische Herkunft verleugnen und nimmt einen polnischen Namen an. Konfrontiert mit Verrätern, Kollaborateuren und Kriegsgewinnern, aber auch jenen, die ihm unter Todesandrohung helfen, gibt er immer weiter seine wahre Identität auf, um den letzten Wunsch seines Vaters zu erfüllen: “Du musst stark sein und tapfer! Du musst überleben! Du musst Deinen Namen vergessen! Aber selbst, wenn Du alles vergisst: Du darfst niemals in Deinem Leben vergessen, dass Du ein Jude bist!” - Pepe Danquarts Drama ist die Adaptation des auf Tatsachen beruhenden Bestseller-Romans von Uri Olev, der die erschütternden Kriegserlebnisse von Yoram Fridman schildert. Buch wie auch Film wollen ein Denkmal setzen für die vielen Kinder, die sich auch heute noch überall auf der Welt durch Kriegswirren kämpfen müssen und damit um ihre Kindheit gebracht werden. Nur so gelingt es wenigstens einigen von ihnen, die Kriegsgräuel zu überleben. Danquarts Film arbeitet bei der Umsetzung der Geschichte mit typischen Hollywood-Mitteln, zu denen insbesondere die Filmmusik von Stephane Moucha zählt, der schon oft mit dem bekannten Filmmusiker Gabriel Yared zusammengearbeitet hat. Leider wirkt Mouchas Score etwas zu dick aufgetragen und beginnt irgendwann gehörig zu nerven. Was die Bilder im Film angeht, so sind diese durchaus gelungen und vermitteln perfekt die Tristesse und Kälte in Polen zur Zeit des Zweiten Weltkriegs. Für die Hauptrolle des kleinen Strulik bzw. Yurek engagierte Danquart ein polnisches Zwillingspaar, das tatsächlich so überzeugend in die Rolle einer einzigen Person schlüpfen kann, dass die Doppelbesetzung nicht auffällt. Fazit: deprimierendes Jugend-Kriegsdrama mit guten Ansätzen.
Donnerstag, 27. Februar 2014
Beziehungskisten
Ist das Leben kompliziert? Aber klar doch – alles andere wäre ja auch langweilig, wie uns die beiden heutigen Filme vermittelten

BEZIEHUNGSWEISE NEW YORK (1:1.85, DD 5.1)
OT: Casse-tête Chinois
Verleih: Studiocanal
Land/Jahr: Frankreich 2013
Regie: Cédric Klapisch
Darsteller: Audrey Tautou, Romain Duris, Cécile de France, Sandrine Holt
Kinostart: 01.05.2014

Nach zehn Jahren ist es aus zwischen Xavier und Wendy: er bleibt in Paris, sie zieht mit den Kindern nach New York. Auch seine beste Freundin Isabelle, die in einer glücklichen lesbischen Beziehung zu Ju lebt, zieht es in die amerikanische Metropole. Allerdings nicht ohne vorher ihren besten Freund um seinen Samen zu bitten, da sie mit Ju gerne ein Kind haben möchte. Als sich Xavier, der Schriftsteller, auch noch in einer Schreibkrise befindet, reist auch er schließlich nach New York. In der für ihn vollkommen fremden Umgebung ist er schon bald nicht nur mit einer Amerikanerin chinesischen Ursprungs verheiratet und jobbt als Radkurier, sondern muss sich auch mit Wendys neuem Lover auseinandersetzen und Isabelles Affäre mit einem jungen Mädchen decken. Als plötzlich auch noch seine alte Flamme Martine aufkreuzt, ist das Chaos perfekt. Regisseur Cédric Klapisch holt zum dritten Streich aus. Was mit BARCELONA FÜR EIN JAHR im Jahre 2002 begann und 2005 mit L'AUBERGE ESPAGNOLE – WIEDERSEHEN IN ST. PETERSBURG seine Fortsetzung fand, mündet jetzt also in BEZIEHUNGSWEISE NEW YORK. Die Charaktere und ihre Darsteller sind noch dieselben wie 2002, doch haben jetzt alle natürlich zwölf Jahre mehr auf dem Buckel. Aus den Studenten von einst sind inzwischen Mütter und Väter geworden, die sich mehr und mehr darüber bewusst werden, dass man mit 40 Jahren nicht mehr allzuviel vom Leben erwarten darf. Oder vielleicht doch? Xavier bringt es gleich zu Beginn auf den Punkt: eigentlich will jeder immer von A nach B gehen. Wo aber ist dieses ominöse B? Mit viel Humor führt uns Klapisch zu der Erkenntnis, dass es genau diese Suche nach dem B ist, was das Leben ausmacht. Mit allerlei komischen Einfällen (die längst verstorbenen Philosophen Hegel und Schopenhauer kommen dem suchenden Xavier zu Hilfe) und gestalterischen Mitteln (immer wieder wird der Realfilm durch gelungene Animationseinlagen fortgeführt) steuert der Film auf seinen Höhepunkt zu, der gleichzeitig witzig ist und voller Lebensfreude steckt. Mit seinem großartigen Ensemble und seiner immer wieder faszinierenden Location New York empfiehlt sich BEZIEHUNGSWEISE NEW YORK als ideales Date-Movie für alle, die etwas mehr vom Kino erwarten.

STILLER SOMMER (1:1.85, 5.1)
Verleih: Zorro (Filmagentinnen)
Land/Jahr: Deutschland 2013
Regie: Nana Neul
Darsteller: Dagmar Manzel, Ernst Stötzner, Marie Tietjen
Kinostart: 10.04.2014

Nachdem sie im wahrsten Sinne des Wortes ihre Stimme verloren hat, büxt die Mittfünfzigerin Kristine von zu Hause aus und nistet sich in der Ferienwohnung irgendwo in Südfrankreich ein. Dort vergnügt sich bereits ihre fast erwachsene Tochter mit ihrem Lover Franck, dem Sohn der Nachbarin. Franck wiederum hat ein Auge auf Kristine geworfen – und das schon seit er 12 Jahre alt war! Zu allem Überfluss taucht jetzt auch noch Kristines Ehemann Herbert auf. Die Situation ist vertrackt und wird durch Kristines Schweigen nicht gerade besser. In der Abgeschiedenheit brechen alte Wunden schnell wieder auf und es dauert nicht lange, bis die Situation eskaliert... STILLER SOMMER erweist sich als typisch deutsche Fernsehproduktion. Vom SWR mitproduziert richtet er sich ganz offensichtlich an die Hauptklientel der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten: die über 50-jährigen. Zwar wartet der Film zur Mitte hin mit einer überraschenden Wendung auf, die die gesamte Geschichte plötzlich aus einer anderen Perspektive zeigt, doch der Grundtenor bleibt nach wie vor: hier (man möge mir diesen harten Ausdruck verzeihen) vögelt jeder mit jedem. Wem das gefällt – gerne. Aber etwas tiefgründiger hätte man sich diesen stillen Sommer schon gewünscht.
Mittwoch, 26. Februar 2014
Willkommen in den 1960er Jahren!
Nicht nur, dass beide Filme heute denselben Filmverleih für Deutschland haben, auch sind beide in den 1960er Jahren angesiedelt

BANKLADY (1:2.35, DD 5.1)
Verleih: Studiocanal
Land/Jahr: Deutschland 2013
Regie: Christian Alvart
Darsteller: Nadeshda Brennicke, Charly Hübner, Ken Duken
Kinostart: 27.03.2014

Ihren tristen Alltag verbringt Gisela zwischen dem ärmlichen Mief ihres Elternhauses und der menschenverachtenden Umgebung der Tapetenfabrik, in der sie arbeitet. Mehr als gelegentliche Treffen mit ihrem Kollegen Uwe sind nicht drin, die Träume von Capri aber dafür umso größer. Als Uwe eines Abends einen Koffer bei Gisela vergisst, steht der Kollege am nächsten Tag gemeinsam mit seinem Kumpel Peter vor der Tür. Wie sich herausstellt, ist der Koffer voller Geld: Peter ist Bankräuber und Gisela ist fasziniert von ihm. Spontan bittet sie Peter, sie beim nächsten Überfall mitmachen zu lassen. Bald schon ziert Giselas Phantombild die Titelblätter der Presse... Gisela Werler und Hermann Wittdorf waren in den 1960er Jahren für Deutschland das, was Bonnie und Clyde für die USA waren. Gemeinsam räumte das Pärchen etliche Banken leer, bevor man den beiden auf die Schliche kam und sie für viele Jahre hinter Gittern kamen. Und man soll es kaum glauben: die beiden haben im Knast geheiratet! Christian Alvart inszenierte diese Räuber-Ballade als großes Kino. Hier gibt es nicht nur schwindelerregende Kamerafahrten bis hoch über die Dächer hinaus, sondern auch ein stimmiges Produktionsdesign, das die 60er-Jahre lebendig werden lässt – mit allem was dazugehört: VW Käfer, Banken ohne Alarmanlage, Mustertapeten. Alles übergossen mit nostalgischen Farben. Nadeshda Brennicke in der Rolle der “Banklady” schafft es sehr überzeugend, von der grauen Maus zur eleganten Bankräuberin zu mutieren. Ihr zur Seite der nicht weniger überzeugende Charly Hübner als Giselas charismatischer Komplize. BANKLADY ist deutsches Kino, wie man es gerne öfter sehen möchte und durchaus einen Gang ins Kino wert.

DIE ZWEI GESICHTER DES JANUARS (1:2.35, DD 5.1)
OT: The Two Faces Of January
Verleih: Studiocanal
Land/Jahr: Großbritannien, USA, Frankreich 2014
Regie: Hossein Amini
Darsteller: Viggo Mortensen, Kirsten Dunst, Oscar Isaac
Kinostart: 29.05.2014

1962: Während ihres Urlaubs in Athen lernt das amerikanische Ehepaar Chester und Collette MacFarland den sympathischen Fremdenführer Rydal kennen, ebenfalls ein Amerikaner. Als das Ehepaar durch einen plötzlich im Hotel auftauchenden Privatdetektiv bedrängt wird, der Chester des Betrugs bezichtigt, kommt es zu einem Handgemenge, in dessen Folge der Fremde zu Tode kommt. Unterstützt von Rydal verlassen die beiden Hals über Kopf das Hotel. Er hilft ihnen auch, neue Pässe zu bekommen. Bis es soweit ist, versteckt sich das Trio auf Kreta. Dort entwickelt sich eine Affäre zwischen Collette und Rydal, die schon bald zur tödlichen Gefahr wird... Hossein Amini lässt sich sehr viel Zeit und Ruhe, seine Menage-a-Trois auszuloten. Alle drei Figuren bleiben dabei stets zu einem Teil rätselhaft. Es ist genau dieses rätselhafte Element, auf dem der Film seine Spannung aufbaut und sie auch fast bis zum Ende aufrecht erhält. Da ist der Showdown am Ende fast schon etwas aufgesetzt und wirkt so, als ob man den Action-Fans auch noch etwas auf den Weg mitgeben wollte. Die exotischen Locations, in die die Figuren gesetzt werden, sind eine Wohltat für das Auge. Alberto Iglesias‘ Filmmusik erinnert bewusst an die Scores von Bernard Herrmann, der für einige der wichtigsten Hitchcock-Filme die Musik komponierte. Das Trio Viggo Mortensen, Kirsten Dunst und Oscar Isaac erweist sich als handverlesene Besetzung. Fazit: perfektes Krimivergnügen für Fans der alten Schule.

LIVE AND LET LIVE (1:1.85, 5.1)
Verleih: Marc Pierschel
Land/Jahr: Deutschland 2013
Regie: Marc Pierschel

Sind Sie schon vegan oder frönen Sie noch fleischlichen Genüssen? In seinem ambitionierten Dokumentarfilm lässt Regisseur und Autor Marc Pierschel namhafte Wissenschaftler und Aktivisten aus Deutschland, Österreich und den USA zu Wort kommen, die sich übereinstimmend zu einer veganen Lebensweise bekennen. Selbst ein Radrennprofi aus den USA erklärt, das er durch den Umstieg auf vegane Kost wesentlich mehr Energie besitzt – und räumt damit genau mit dem Vorurteil auf, das Veganer immer wieder vorgehalten wird. Ungesund sei es, wenn man auf Fleisch und Milchprodukte völlig verzichtet. Der Inhaber und Chefkoch eines amerikanischen veganen Restaurants war selbst einmal Schlachter, bevor er sich selbst bekehrt hat. Bei ihm steht das Ethische im Vordergrund. Auch Tiere haben Gefühle und können Schmerzen empfinden. In diese Kerbe schlagen auch zwei junge Aktivisten aus Stuttgart, die heimlich bei Nacht sechs Hühner aus ihrer Gefangenschaft befreien. Pierschel, selbst “eingefleischter” Veganer sowie Autor eines veganen Kochbuchs, wurde durch den Film BARAKA zur veganen Lebensweise bekehrt. So eindringlich haben jene Aufnahmen einer Kükensortiermaschine auf ihn gewirkt, die in Ron Frickes 70mm-Klassiker gezeigt werden. Wer sich mit veganer Lebensweise auseinandersetzen möchte, für den bietet sich Pierschels Film als Einstieg an. Er hat den Film in seiner Freizeit hergestellt und vertreibt ihn auch selbst an interessierte Kinos. Im Laufe des Jahres soll dann eine DVD-Veröffentlichung folgen.

Video: Marc Pierschel zu Gast in Stuttgart
Dienstag, 25. Februar 2014
Alltag in Afghanistan
Hatten wir vergangene Woche mit LONE SURVIVOR den Kriegsschauplatz Afghanistan aus der Sicht der Amerikaner zu sehen bekommen, so war heute die deutsche Sichtweise dran

ZWISCHEN WELTEN (1:2.35, 5.1)
Verleih: Majestic
Land/Jahr: Deutschland 2013
Regie: Feo Aladag
Darsteller: Ronald Zehrfeld, Mohsin Ahmady, Saida Barmaki, Burghart Klaußner
Kinostart: 27.03.2014

Ein kleiner Bundeswehrtrupp unter Führung von Soldat Jesper soll ein kleines Dorf vor den Taliban beschützen. Ihm zur Seite steht der Afghane Tarik, ein Übersetzer. Der sieht sich zunehmend zwischen den Fronten stehen und muss nicht nur um seine eigenes Leben, sondern auch das seiner Schwester fürchten. Im Lauf der Zeit entwickelt sich zwischen Jesper und Tarik eine Freundschaft, die Jesper bald schon in einen Gewissenskonflikt treibt... Mit ungeschönten Bildern zeigt Regisseurin, Drehbuchautorin und Produzentin in Personalunion Feo Aladag den rauhen Alltag deutscher Soldaten in Afghanistan. Kamerafrau Judith Kaufmann liefert einmal mehr eindringliche Bilder, zu denen sich jetzt auch noch eine sehr imposante Tonspur gesellt, die einem Hollywood-Soundtrack in nichts nachsteht. Gefilmt wurde ZWISCHEN WELTEN unter großem Aufwand und mit logistischer Hilfe durch die Bundeswehr an den Originalschauplätzen um Mazar-I-Sharif und Kabul. Mit Ronald Zehrfeld und dem Afghanen Mohsin Ahmady hat der Film dazu noch die perfekte Besetzung für die Hauptrollen gefunden. Nach ihrem beeindruckenden Regie-Debüt mit DIE FREMDE ist Feo Aladag ein weiterer Wurf gelungen. Wer bereit ist, einen Blick jenseits eines Happy-Ends in den Kriegsschauplatz Afghanistan zu riskieren, der sollte sich diesen Film anschauen.
Montag, 24. Februar 2014
Eine Mode-Ikone
Frisch auf ans Werk...mit einem Langweiler.

YVES SAINT LAURENT (1:2.35, DD 5.1)
OT: Yves Saint Laurent
Verleih: SquareOne/Universum
Land/Jahr: Frankreich 2013
Regie: Jalil Lespert
Darsteller: Pierre Niney, Guillaume Gallienne, Charlotte Le Bon
Kinostart: 17.04.2014

Paris 1957. Mit gerade einmal 21 Jahren ist Yves Saint Laurent einer der begnadetsten Modedesigner Frankreichs und die rechte Hand von Christian Dior. Als dieser stirbt, nimmt Saint Laurent dessen Platz ein. Während dieser Zeit begegnet er Pierre Bergé, der großen Liebe seines Lebens. Als Yves bei Dior entlassen wird, hilft ihm Pierre, sein eigenes Modellabel zu etablieren. Doch die Kreativität des extrem schüchternen Yves nimmt immer mehr selbstzerstörerische Züge an... Schaut man sich dieses Biopic über einen der bedeutendsten Modeschöpfer der Neuzeit an, so wird schnell eines ganz klar: nicht jedes Prominentenleben eignet sich als Kinofilm – schon gar nicht jenes von Yves Saint Laurent! Das Besondere an ihm sind seine Entwürfe und Kollektionen, mit denen er die Fachwelt begeisterte. Sein Privatleben allerdings bietet nicht viel außer dem üblichen Auf und Ab einer Karriere, seine Homosexualität, die Liebe seines Lebens, das Herumhuren und das Koks. “Business as usual”, wie man meinen könnte. Pierre Niney spielt den Modedesigner, der ohne Arbeit nicht leben kann. Und er macht seine Sache sehr gut, auch wenn man sich stets an Harry Potter erinnert fühlt. Vielleicht liegt’s an der Brille? Wer sich für Mode interessiert, dem wird vermutlich das Herz aufgehen, wenn der Meister seine Kollektionen vorstellt. Das jedoch gibt es nur in ganz wenigen Momenten. Wer mit Mode nichts am Hut hat, der sollte auf diesen Filmlangweiler lieber verzichten.
Freitag, 21. Februar 2014
Von Blutschlampen und PSI-Hunden
Zum Wochenabschluss gab es den Abschuss...

VAMPIRE ACADEMY (1:2.35, DD 5.1)
OT: Vampire Academy: Blood Sisters
Verleih: Universum Film (Walt Disney)
Land/Jahr: England, Rumänien 2014
Regie: Mark S. Waters
Darsteller: Zoey Deutch, Lucy Fry, Sarah Hyland, Gabriel Byrne
Kinostart: 13.03.2014

Die 17jährige Rose ist ein Dhampir, halb Mensch, halb Vampir. An der Vampire Academy wird sie zur Wächterin ausgebildet, um die friedlichen Vampire, die sogenannten Morois, gegen die extrem gefährlichen Vampire der Strogois zu verteidigen. Mit ihrer besten Freundin Lissa, einer Moroi, ist sie auf eine seltsame Weise verbunden: oft kann sie im Geiste miterleben, was Lissa gerade passiert. Rose ist zur Schutzpatronin ihrer Freundin geworden. Und Lissa hat sie nötiger denn je, trachtet man ihr offensichtlich inmitten der Academy nach dem Leben... Ach was waren das doch herrliche Zeiten, als Vampire noch richtige Vampire waren! Aber heutzutage reicht es offensichtlich nicht mehr aus, die Schneidezähne zu fletschen. Also erfindet man gleich drei Abarten von Vampiren und packt diese in allerbester HARRY POTTER-Manier in eine Vampir-Highschool. Gewürzt wird die ganze Sache dann mit etwas TWILIGHT-Gülle. Wenn das nun auch noch pubertierenden Mädchen und Buben gefällt, dann geht die Rechnung auf. Aber weit gefehlt: diese Rechnung wird nicht aufgehen – auch wenn am Ende des Films eine Fortsetzung angedroht wird. Und angedroht ist hier das richtige Wort. Wenn man einen Film mit hauchdünnen Dialogen anreichert, mit extrem flachen Charakteren besiedelt und ein Tröpfchen Bitchin‘ hineinträufelt sowie jegliche Spannung aus der Geschichte entfernt, dann bleibt ein unverdauliches Etwas übrig, das niemanden vom Stuhl reißen wird. Richtig leid tut einem dabei dann Gabriel Byrne, der sein schauspielerisches Talent inmitten von Halbwüchsigen an den Mann (oder die Frau) zu bringen versucht. Da helfen dann auch die sexuellen Untertöne, die den ganzen Film durchziehen, nicht mehr viel. Wem der Film gefällt, der wird diese sowieso nicht wahrnehmen. Liebe Drehbuchschreiber – gebt uns doch statt Blutschlampen und PSI-Hunden mal wieder einen richtigen Vampir und kein so blutleeres Teenie-Gesabber.
Donnerstag, 20. Februar 2014
Wüstenfilme
Die karge Wüste war heute in beiden Pressevorführungen allgegenwärtig. Kein Wunder also, dass ich das Kino mit staubtrockenem Mund verlassen habe...

SPUREN (1:2.35, DD 5.1)
OT: Tracks
Verleih: Ascot Elite (24 Bilder)
Land/Jahr: Australien 2013
Regie: John Curran
Darsteller: Mia Wasikowska, Adam Driver, Emma Booth
Kinostart: 10.04.2014

Ihr Vorhaben ist wahnwitzig. Doch die Australierin Robyn Davidson hält unbeirrt an ihrer Idee fest, die australische Wüste zu Fuß und nur in Begleitung von drei Kamelen und ihrem treuen Hund zu durchqueren, um die Einsamkeit zu finden. Als ihr Vorhaben aus finanziellen Gründen zu scheitern droht, lässt sie sich auf einen Deal mit einem Fotografen ein. Der darf sie gelegentlich für ein Magazin fotografieren und finanziert im Gegenzug ihre Reise. Fern jeglicher Zivilisation findet Robyn schließlich was sie zum Glücklichsein braucht. Doch nicht nur die ständigen Fototermine beginnen ihre neu gewonnene Freiheit zu ruinieren. Auch die Gefahren der Wüste fordern ihren Tribut... Die Frage nach dem Sinn ihrer beschwerlichen Reise beantwortet sie immer mit “Warum nicht?” oder “Um zu zeigen, dass jeder Mensch alles kann”. Robyn Davidson gelang 1977 etwas, was niemand für möglich gehalten hätte. Sie durchquerte die australische Wüste von Alice Springs bis hin zum Indischen Ozean – 2700 Kilometer zu Fuß. Durch die Reportage im “National Geographic” wurde sie weltberühmt. Regisseur John Curran hat jetzt ihren Selbstfindungstrip nach ihrem eigenen Bestseller mit imposanten Bildern verfilmt. Hier handelt es sich nicht um einen Film, der sich dem Rhythmus gängiger Hollywood-Produktionen unterordnet. Ganz im Gegenteil. Durch seine Langsamkeit gelingt es den Filmemachern, Robyn Davidsons ursprüngliche Idee hervorragend umzusetzen. Mia Wasikowska füllt die Rolle der “Kamel-Lady”, wie Davidson genannt wurde, perfekt aus. Ihre Sehnsucht nach Ruhe, ihre Verletzbarkeit, aber auch ihre Entschlossenheit spiegeln sich in ihrem Gesicht wider. SPUREN, die Suche nach der Einsamkeit, ist ein Film der leisen Töne und grandiosen Landschaften.

BEKAS (1:2.35, 5.1)
OT: Bekas
Verleih: farbfilm
Land/Jahr: Schweden, Finnland 2012
Regie: Karzan Kader
Darsteller: Zamand Taha, Sarwar Fazil
Kinostart: 10.04.2014

Kurdistan 1990. Die beiden Brüder Dana (10) und Zana (6) sind Waisen und versuchen sich als Schuhputzer durchs Leben zu schlagen. Als eines Tages ein SUPERMAN-Film im Kino gezeigt wird und die Beiden durch eine Dachluke zuschauen, keimt in ihnen der Wunsch, nach Amerika auszuwandern. Doch Pässe bekommt man nur gegen teures Geld – und das ist nicht vorhanden. Doch ihr Wunsch ist so stark, dass sie ihren Plan gegen alle Widrigkeiten in die Realität umsetzen: auf dem Rücken eines Esels namens “Michael Jackson” machen sie sich auf ins gelobte Land... In BEKAS hat der kurdische Regisseur Karzan Kader seine eigenen Kindheitserlebnisse verarbeitet. Ohne künstliches Licht (Kamera: Johan Holmqvist) und ohne visuelle Effekte realisiert, zeigt er in faszinierenden Bildern die abenteuerliche Flucht zweier Brüder aus dem von Saddam Hussein regierten Irak. Trotz der Härte, die den beiden Waisenkindern widerfährt, erzählt Kadar seine Geschichte mit viel Humor – ein Balanceakt, der ihm hervorragend gelingt. Seine Geschichte handelt davon, wie wichtig es ist, stets den eigenen Träumen zu folgen und auch dann noch zusammenzuhalten, wenn alles aussichtslos erscheint. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Seine beiden Hauptdarsteller erweisen sich dabei als Glücksgriff. Die beiden kleinen Helden spielen ihre Rollen sehr authentisch. Spätestens wenn die Brüder an der Landesgrenze ankommen, fiebert man mit ihnen mit und drückt für sie insgeheim beide Daumen, dass ihr Fluchtplan gelingt.
Mittwoch, 19. Februar 2014
Historischer Groschenroman
Was will man schon groß über den Mittwoch erzählen...

POMPEII (1:2.35, 3D, DD 5.1)
OT: Pompeji 3D
Verleih: Constantin
Land/Jahr: Kanada, Deutschland 2014
Regie: Paul W.S. Anderson
Darsteller: Kit Harington, Emily Browning, Kiefer Sutherland, Carrie-Anne Moss
Kinostart: 27.02.2014

Zusammen mit anderen Sklaven wird der Kelte Milo von den Römern als Gladiator nach Pompeii gebracht, um sich dort in der Arena mit anderen Gladiatoren dem Kampf auf Leben und Tod zu stellen. Die zufällige Begegnung mit der schönen Cassia entzündet bei beiden die große Liebe. Doch Senator Corvus hat seine ganz eigenen Pläne mit Cassia: er will sie gegen ihren Willen ehelichen. Hilflos muss Cassia mit ansehen, wie Milo und die anderen Gladiatoren sich in der Arena einer Übermacht römischer Soldaten stellen müssen. Nur ein Wunder kann sie noch retten. Dieses lässt auch nicht lange auf sich warten: der Berg über der Stadt beginnt bereits kräftig zu grollen... Mit POMPEII versucht sich Paul W.S. Anderson zur Abwechslung mal nicht mit einem weiteren RESIDENT EVIL Franchise, sondern begibt sich weit zurück in der Geschichte der Menschheit. Der Untergang Pompeiis bildet dabei den Hintergrund, vor dem Anderson seinen historischen Groschenroman inszeniert. Die zweitklassige Besetzung, von der einzig Kiefer Sutherland in der Rolle eines bösen römischen Senators so etwas wie schauspielerisches Talent erahnen lässt. Carrie-Anne Moss, einst durch die MATRIX-Trilogie zur Ikone geworden, darf ihr Talent erst gar nicht zeigen, sondern wird in die undankbare Nebenrolle von Cassias Mutter Aurelia gedrängt. Kit Harrington und Emily Browning geben das ungleiche Liebespaar, das gegenseitig magisch angezogen wird und dabei zwangsläufig die Frage aufwerfen, woher diese Magie wohl kommen mag – im Film ist davon jedenfalls nichts zu sehen. Die Protagonisten sind ebenso flach charakterisiert wie der gesamte Rest der Nebenakteure. Viel wichtiger als das menschliche Drama waren ohnehin die visuellen Effekte, die am Ende das schöne Pompeii zu Schutt und Asche werden lassen. Doch auch hier überzeugt tricktechnisch nicht alles: der Blick in den Vesuv von oben sieht aus wie der Blick in eine hübsche Sandburg. Immerhin: wenn das große Amphitheater beim Erdbeben in Sekundenschnelle wie ein Kartenhaus in sich zusammenfällt, dann darf man wenigstens ein bisschen staunen.
Dienstag, 18. Februar 2014
Multi-Kulti in Stuttgart
Nach dem Quartett von gestern erschien mir nur eine einzige Vorführung heute schon als fast zu wenig...

WILLKOMMEN BEI HABIB (1:2.35, 5.1)
Verleih: farbfilm
Land/Jahr: Deutschland 2013
Regie: Michael Baumann
Darsteller: Vedat Erincin, Burak Yigit, Thorsten Merten
Kinostart: 05.06.2014

Vier Schicksale, vier Geschichten: Habib, verheiratet und bereits Opa und schon seit langer Zeit in Deutschland, trifft durch Zufall seine alte Jugendliebe wieder. Sein Sohn Neco, ebenfalls verheiratet und Vater, in Deutschland geboren, steckt immer in Schwierigkeiten und will mit seiner Affäre in die Türkei auswandern. Bruno, Unternehmer, campiert auf einer Verkehrsinsel gegenüber seiner Firma, aus der man ihn geworfen hat. Ingo, ein alter Mann, versucht seine Tochter nach 40 Jahren um Verzeihung zu bitten. Dreh- und Angelpunkt für alle diese Personen ist Habibs Döner-Bude... Mit seinem Film WILLKOMMEN BEI HABIB räumt Regisseur Michael Baumann endlich einmal mit der Legende auf, dass es Deutsch-Türkische Communities nur in Berlin gibt. Ganz bewusst ist sein Film in der Schwabenmetropole Stuttgart angesiedelt, gilt doch gerade deren Deutsch-Türkische Community als die größte Deutschlands. Die Locations im Film beschränken sich auf ganz wenige Orte, die relativ dicht beieinander liegen, hauptsächlich im Areal um den Wilhelmsplatz. Kameramann Bernhard Keller versteht sich vortrefflich darauf, diese Orte sehr ansehnlich ins CinemaScope-Format zu packen. Pluspunkte gibt es auch für die Besetzung, insbesondere für die Darsteller mit türkischen Wurzeln. Ihr Spiel ist sehr authentisch. Der von Thorsten Merten dargestellte Unternehmer Bruno fällt hier etwas aus dem Rahmen. Er spielt seine Rolle zwar gut, überspitzt sie aber leider fast bis zur Karikatur. Der Film lässt sich zu Beginn viel Zeit, die einzelnen Figuren in diesem Mikrokosmos vorzustellen, wodurch eine gewisse Behäbigkeit entsteht. Die jedoch verschwindet im Laufe der Zeit, spätestens dann, wenn man sich an die verschiedenen Protagonisten gewöhnt hat. Für das Thema Integration findet der Film ein sehr schönes Symbol: ein sich im Raki auflösender Eiswürfel, der durch den Louche-Effekt dem türkischen Nationalgetränk sein typisch milchig-trübes Aussehen gibt.
Montag, 17. Februar 2014
Ein Quartett
Gleich vier Pressevorführungen am selben Tag – ein Novum selbst für mich.

LONE SURVIVOR (1:2.35, DD 5.1)
OT: Lone Survivor
Verleih: SquareOne/Universum (24 Bilder)
Land/Jahr: USA 2013
Regie: Peter Berg
Darsteller: Mark Wahlberg, Taylor Kitsch, Emile Hirsch, Ben Foster, Eric Bana
Kinostart: 20.03.2014

Ein kleiner US-Trupp soll in der Bergwelt Afghanistans einen Talibanführer aufspüren und exekutieren. Als die Soldaten ihr Ziel aus sicherer Distanz ins Visier nehmen, tauchen plötzlich ein paar Ziegenbauern mitsamt ihrer Herde auf und enttarnen das sichere Versteck der Soldaten. Ohne Funkverbindung zur Basis sieht sich der tapfere Trupp plötzlich einer Überzahl Taliban gegenüber... Peter Bergs Film ist so etwas wie ein kleiner Ausschnitt aus dem Kriegsalltag in Afghanistan, eine Momentaufnahme. Die Geschichte des Films basiert dabei auf einer wahren Begebenheit – aber es ist eben nur eine dieser Begebenheiten, die sich tagtäglich im Kampf der Amerikaner gegen die Taliban ereignen. Insgesamt recht spannend in der Inszenierung und sehr präzise im Sounddesign, wirft der Film am Ende dennoch die Frage auf, ob man solche Filme überhaupt im Kino sehen möchte. Aus Sicht eines Amerikaners möglicherweise noch viel mehr als mit den Augen eines Europäers. Letztendlich ist Bergs Film nicht mehr als ein Heldenepos, in dessen Mittelpunkt Mark Wahlberg als realer Rambo steht.

DIE ABENTEUER VON MR. PEABODY & SHERMAN (1:1.85, 3D, DD 7.1 + 5.1 + Atmos, Barco Auro 11.1)
OT: Mr. Peabody & Sherman
Verleih: Fox
Land/Jahr: USA 2014
Regie: Rob Minkoff
Kinostart: 27.02.2014

Der Hund Mr. Peabody ist nicht nur ein genialer Wissenschaftler, sondern gleichzeitig auch noch Adoptivvater für den Waisenjungen Sherman. Als der in der Schule Probleme mit seiner Mitschülerin Penny bekommt, will Peabody die Wogen damit glätten, indem er Penny und ihre Eltern zu einem Essen einlädt. Doch das ganze Vorhaben droht zu scheitern, als Penny mit dem von Peabody erfundenen Zeitomat in die Vergangenheit verschwindet. Peaboy und Sherman reisen ihr hinterher und finden sie im alten Ägypten wieder – als Braut des Pharao. Und damit beginnen die haarsträubenden Abenteuer erst! – Bis dieser computeranimierte 3D-Film in die Gänge kommt, dürfte er sein Zielpublikum der 6- bis 10-jährigen schon längst verloren haben. Was so wirkt, als solle es den kleinen Zuschauern die Weltgeschichte innerhalb von 90 Minuten nahebringen, ist derart zäh inszeniert, dass man sehr schnell die Lust am Schauen verliert. Dass es aber noch schlimmer geht, beweist der vor dem Hauptfilm gezeigte und ebenfalls computeranimierte Kurzfilm über Aliens auf der Suche nach einem neuen Heimatplaneten – eine Art “Teletubbies in Outer Space”.

NYMPHOMANIAC TEIL 1 (1:1.85 & 1:2.35, 5.1)
OT: Nymphomaniac Volume 1
Verleih Concorde
Land/Jahr: Dänemark, Deutschland, Frankreich, Belgien 2013
Regie: Lars von Trier
Darsteller: Charlotte Gainsbourg, Stellan Skarsgård, Stacy Martin, Shia LaBeouf, Christian Slater, Jamie Bell, Uma Thurman, Willem Dafoe, Mia Goth, Connie Nielsen, Michael Pas, Jean-Marc Barr, Udo Kier
Kinostart: 20.02.2014

Eines Abends entdeckt der fast einsiedlerisch lebende Seligman in einer dunklen Gasse nicht unweit seiner Wohnung eine Frau zusammengeschlagen auf dem Boden liegend. Er nimmt sie mit zu sich nach Hause und versorgt ihre Wunden. Joe, so ihr Name, erzählt dem Alten ihre Geschichte. Es ist die Geschichte einer Nymphomanin... Das Enfant Terrible des dänischen Kinos hat wieder zugeschlagen. Und das so stark, dass es gleich für zwei Filme reicht. Oder besser: der Meister hat in zwei Teile gepackt, was eigentlich zusammengehört. Das aber wohl nur deshalb, weil der Film sonst nahe an die Vier-Stunden-Grenze gekommen wäre. Aber was liefert von Trier? Schlicht und ergreifend betrachtet handelt es sich um einen Porno. Um das Ganze jedoch vermarkten zu können, tarnt sich der harte Kern mit einem Gewand aus Kunst. Kunst im Sinne von künstlich. Denn so wirkt die spärlich eingerichtete und dunkle Wohnung von Seligman, der der verwundeten Joe Unterschlupf gewährt und wie ein Psychiater ihren Schilderungen lauscht und sie gleichzeitig aufzubauen versucht. In ihren Gesprächen werden Bezüge zwischen Sexualität und Religion, Kunst, Philosophie sowie anderen Themen hergestellt. Wer’s mag – bei mir löste Herr von Trier eigentlich nur ein Achselzucken aus. Bewundernswert hingegen ist die Freizügigkeit der Darsteller, denen Dänemarks Meisterregisseur wirklich alles abverlangt. Erstaunlich auch, dass im Cast fast ausschließlich Prominente vertreten sind. Zumindest einen wahren Kernsatz aber hat der Film: “Die geheime Zutat beim Sex ist die Liebe!”. Stimmt. (Übrigens: wer von Triers Werk kennt und bei diesem Film genau hinsieht, der wird eine Szene aus GEISTER wiedererkennen).

NYMPHOMANIAC TEIL 2 (1:1.85 & 1:2.35, 5.1)
OT: Nymphomaniac Volume 2
Verleih Concorde
Land/Jahr: Dänemark, Deutschland, Frankreich, Belgien 2013
Regie: Lars von Trier
Darsteller: Charlotte Gainsbourg, Stellan Skarsgård, Stacy Martin, Shia LaBeouf, Christian Slater, Jamie Bell, Uma Thurman, Willem Dafoe, Mia Goth, Connie Nielsen, Michael Pas, Jean-Marc Barr, Udo Kier
Kinostart: 20.02.2014

Der zweite Teil von Lars von Triers Porno-Kunstfilm beginnt genau da, wo Teil 1 aufhörte. Allerdings nimmt der Film jetzt an Härte zu. Joe erzählt ihre Lebens- und Liebesgeschichte weiter, erzählt von ihrer Hochzeit, dem Kind, dem Verlust ihrer Orgasmusfähigkeit und dem sich anschließenden Abdriften in die Sado-Maso-Szene. Hier sein vorgewarnt, wer zart besaitet ist! Wie schon im ersten Teil des Films, so wird auch hier im Abspann wieder darauf hingewiesen, dass keine der Darstellerinnen und Darsteller explizite sexuelle Handlungen vollzogen haben. Wenn also Hardcore-Einlagen in dem Mammutwerk zu sehen sind, so handelt es sich dabei um täuschend echt aussehende Requisiten. Dass man trotz der sehr surreal wirkenden Inszenierung beim zweiten Teil weiterhin am Ball bleibt liegt an den ausgezeichneten Darstellern. Und sonst? WTF!?
Samstag, 15. Februar 2014
Made in China
Da ich keine filmfreien Wochenenden mag, bin ich kurz entschlossen zu einer Stippvisite ins nächstgelegene IMAX aufgebrochen, um einen Film nachzusitzen, der der Stuttgarter Presse vorenthalten wurde

ROBOCOP (1:2.35, DD 5.1)
OT: Robocop
Verleih: Studiocanal
Land/Jahr: USA 2014
Regie: José Padilha
Darsteller: Joel Kinnaman, Gary Oldman, Michael Keaton, Samuel L. Jackson
Kinostart: 06.02.2014

Als Polizist Alex Murphy einem Attentat zum Opfer fällt, besteht seine einzige Chance zum Überleben darin, dass der von ihm übrig gebliebene Fleischklumpen mittels hochgezüchteter Technik made in China als Hybride weiterlebt. In ihm sieht der für die Robotertechnik verantwortliche, skrupellose Konzernchef Raymond Sellars die Chance, dem robophoben Amerika endlich seine Produkte zu verkaufen. Da das Land noch immer mehrheitlich die Maschinen zur Gewährleistung der Sicherheit der Bürger ablehnt, soll die Mensch-Maschine Abhilfe schaffen. Dass jedoch “Robocop” Alex Murphy nach wie vor seinen eigenen Willen hat, stört den Boss und er erteilt seinem Chef-Wissenschaftler Dr. Norton den Befehl, Murphys Willen auf ein Minimum zu senken... Ein Vierteljahrhundert ist es her, seit Paul Verhoeven seinen “Robocop” erstmals auf die Menschheit losgelassen hat. Und das ebenso sarkastische wie brutale Werk wurde erst vor ein paar Wochen in Deutschland vom Index gestrichen. An Popularität hat es nichts eingebüßt. Trotzdem meinte jetzt jemand in Hollywood, dass man diesem Stoff eine Frischzellenkur verpassen müsste. Die jedoch ist nur ein Stück weit gelungen. Politische und auch ethische Untertöne gibt es auch im neuen Film, jedoch leider nicht mehr so präzise auf den Punkt gebracht wie es Verhoeven 1987 gelang. Aber man ist ja heute schon froh, wenn ein Actionfilm überhaupt eine tiefere Botschaft transportiert. Apropos Action: man sollte den Neulingen in Hollywood endlich einmal beibringen, dass Action nicht gleichzusetzen ist mit diffuser Wackelkamera! Insbesondere wenn Filme wie ROBOCOP auch auf IMAX-Leinwänden zum Einsatz kommt, nervt das ständige Wackeln und die schnellen Schnitte. Was die Tonebene angeht, so ist die zwar ziemlich lautstark und gibt auch den Subwoofern einiges an Arbeit, insgesamt aber wenig dynamisch, da fast nur am oberen Ende der Soundskala gemischt. Schauspielerisch ist der Film mit Joel Kinnaman als Robocop, Gary Oldman als Dr. Norton (eine Art Dr. Frankenstein) und Michael Keaton als profitgieriger Konzernchef Raymond Sellars gut besetzt. Zu wünschen übrig lässt allerdings die Rolle der Clara Murphy, Gattin des Hypriden, gespielt von Abbie Cornish. Sie hätte man sich als wesentlich stärker gewünscht und nicht als das zerbrechliche Blondinchen. Als Pendant zu den im Originalfilm eingespielten TV-Werbeclips gibt sich Samuel L. Jackson als provokanter Talk-Moderator Pat Novak die Ehre. Aber auch ihn hätte man sich weitaus sarkastischer gewünscht. Fazit: der neue ROBOCOP macht deutlich, wie gut doch der Urfilm nach wie vor ist.
Mittwoch, 12. Februar 2014
Der Biss der Ameise
Aus Mangel an Pressevorführungen habe ich heute mal wieder einen Screener aus der Schublade geholt.

ANTBOY (1:1.85, 5.1)
OT: Antboy
Verleih: MFA (Filmagentinnen)
Land/Jahr: Dänemark 2013
Regie: Ask Hasselbalch
Darsteller: Oscar Dietz, Nicolas Bro, Samuel Ting Graf
Kinostart: 27.03.2014

Der 12jährige Pelle möchte alles andere als normal sein. Liebend gerne würde er mit dem Nerd Wilhelm in seiner Klasse tauschen. Denn der bezieht immerhin regelmäßig Prügel, um ihn selbst jedoch kümmert sich niemand. Und schon gar nicht Anna, die er heimlich anhimmelt. Alles ändert sich, als Pelle eines Tages von einer Ameise gebissen wird. Jetzt verfügt er plötzlich über Superkräfte. Mit Hilfe von Wilhelm lernt Pelle nicht nur seine Kräfte gezielt einzusetzen, um Menschen zu helfen, sondern erhält auch noch ein dazu passendes Kostüm um unerkannt zu bleiben. Bald schon machen die Heldentaten von Antboy, wie sich Pelle nennt, die Runde in der Stadt. Sogar Anna beginnt sich für Antboy zu interessieren. Ein großes Abenteuer beginnt... ANTBOY unterstreicht die Theorie, dass die guten Kinderfilme sehr oft aus skandinavischen Ländern stammen. Hier werden Themenkomplexe wie Freundschaft, Liebe und Solidarität spielerisch in eine ebenso witzige wie phantastische Geschichte eingebunden und sind dank der guten Kinderdarsteller für die jüngeren Zuschauer leicht nachzuvollziehen. Allerdings gibt es auch ein paar recht gruselige Szenen, die speziell zart Besaiteten Angst einjagen könnten. Der vorzüglich fotografierte Film wartet zudem noch mit einem überraschenden Ende auf, das alles andere als klischeehaft ist.
Dienstag, 11. Februar 2014
Von Kunstliebhabern und Freeclimbern
Die ersten beiden Vorführungen der neuen Pressewoche waren zugleich auch die letzten beiden.

MONUMENTS MEN – UNGEWÖHNLICHE HELDEN (1:2.35, DD 5.1)
OT: The Monuments Men
Verleih: Fox
Land/Jahr: USA, Deutschland 2014
Regie: George Clooney
Darsteller: George Clooney, Matt Damon, Bill Murray, John Goodman, Jean Dujardin, Cate Blanchett
Kinostart: 20.02.2014

Als das Deutsche Reich kurz vor der Kapitulation steht, soll ein kleiner Trupp der Alliierten die von den Nazis geraubten Bilder und Skulpturen auffinden und ihren rechtmäßigen Besitzern wieder zurückgeben. Dumm nur, dass sich die Kunstschätze hinter den feindlichen Linien befinden... Kaum erklingen die ersten Töne der Filmmusik von Alexandre Desplat (der im Film selbst auch eine kleine Rolle übernommen hat), fühlt man sich unweigerlich an Filmklassiker wie DAS DRECKIGE DUTZEND, STROSSTRUPP GOLD oder auch GESPRENGTE KETTEN erinnert. Und das ist ganz sicher kein Zufall, denn der gesamte Film schlägt in dieselbe Kerbe wie jene amerikanischen Kriegsfilme aus den 1960er Jahren. Hauptdarsteller, Drehbuchautor und Regisseur in Personalunion George Clooney hat ganz offensichtlich ein Faible für diese stets mit Humor angereicherten Kriegsgeschichten. Auch wenn der nach wahren Begebenheiten recht kurzweilig inszenierte Film ab und an Probleme damit hat, Pointen richtig auszuspielen, kann man sich mit ihm anfreunden. Insbesondere dann natürlich, wenn man selbst Fan jener Filme ist, in dessen Geiste Clooney sein Werk realisierte.

CERRO TORRE – NICHT DEN HAUCH EINER CHANCE (1:2.35, 5.1)
Verleih: Red Bull
Land/Jahr: Österreich 2013
Regie: Thomas Dirnhofer
Darsteller: David Lama, Peter Ortner, Toni Ponholzer
Kinostart: 13.03.2014

Wie ein Mahnmal erhebt sich der Cerro Torre inmitten der Gebirgswelt Padagoniens. Seit seiner Erstbesteigung Ende der 1950er Jahre gilt er als eine der größten Herausforderungen für Bergsteiger. David Lama ist einer davon und er ist Protagonist in diesem Dokumentarfilm. Nicht weniger als drei Anläufe in unterschiedlichen Jahren waren notwendig, um Lamas Idee, den Cerro Torre im Freikletterstil zu besteigen, in die Tat umzusetzen. Die äußert schwierigen Witterungsverhältnisse machten nicht nur ihm und seinem Partner Peter Ortner immer wieder zu schaffen, sondern auch der Filmcrew, die das Wagnis für die Nachwelt konservieren wollte. Doch Lamas Beharrlichkeit sollte das Ziel schließlich zum Greifen nahe bringen... Regisseur Thomas Dirnhofer und seinem Filmteam gelangen mit diesem Extremkletterfilm wahrhaftig spektakuläre Aufnahmen, deren Wirkung man sich auf der großen Kinoleinwand nicht entziehen kann. Die sind so schwindelerregend, das man immer wieder den Atem anhalten möchte und versucht ist, in spannenden Momenten die Augen zu schließen und sich im Geheimen wünscht, dass alles gut ausgehen wird! Auch sonst lässt der Film in Bild- und Tongestaltung nichts zu wünschen übrig. Seien es die dokumentarischen Bilder, die durch digitale Nachbearbeitung extrem lebendig wirken, oder die sehr abwechslungsreich eingestreuten Schlagzeilen, die in schnellen Bildfolgen ablaufen. Michael Kadelbachs Musik sorgt ständig dafür, dass der Spannungsfaden nicht reißt und versorgt die atemberaubenden Kletterszenen mit der notwendigen Dramatik. Nicht zuletzt durch die Nähe zu seinen Protagonisten fängt CERRO TORRE – NICHT DEN HAUCH EINER CHANCE perfekt eines der letzten Abenteuer der Menschheit ein und entlässt die Zuschauer am Ende schließlich mit dem sicheren Gefühl, immer nur auf hohem Niveau zu jammern. Zumindest dann, wenn man nicht selbst zu den Gipfelstürmern gehört.

Video: Cerro Torre - Filmpremiere in Stuttgart
Freitag, 07. Februar 2014
Die skurrile Welt des Wes Anderson
Mit einem der aufregendsten Filme der letzten Zeit wurde der Presse-Freitag eingeläutet.

GRAND BUDAPEST HOTEL (1:1.37, 1:1.85, 1:2.35, DD 5.1)
OT: The Grand Budapest Hotel
Verleih: Fox
Land/Jahr: USA, Deutschland 2013
Regie: Wes Anderson
Darsteller: Ralph Fiennes, F. Murray Abraham, Mathieu Amalric, Adrien Brody, Willem Dafoe, Jeff Goldblum, Harvey Keitel, Jude Law, Bill Murray, Edward Norton, Saoirse Ronan, Jason Schwartzman, Léa Seydoux, Tilda Swinton, Tom Wilkinson, Owen Wilson, Tony Revolori, Bob Balaban
Kinostart: 06.03.2014

Im Rückblick wird die Geschichte des Gustave H. erzählt, der als Concierge des “Grand Budapest Hotels” in der osteuropäischen Republik Zubrowka zur Legende wurde. Gemeinsam mit seinem besten Freund, dem Lobby-Boy Zero, wird er Anfang des 20. Jahrhunderts in einen Mordfall verwickelt, dessen Hauptverdächtiger er plötzlich ist, muss ein wertvolles Gemälde stehlen, das ihm vererbt wurde und viele andere haarsträubende Abenteuer bestehen... Von einem Kinofilm erwarte ich in der Regel Bilder, die ich noch nie gesehen habe und auch eine Story, die vollkommen neu ist. Alles andere wäre ja langweilig. Wes Anderson ist einer jener Regisseure, die meine Sucht nach stets Neuem zutiefst befriedigen kann. Ein Beweis dafür ist sein neues Meisterwerk, GRAND BUDAPEST HOTEL. Andersons fulminanter Mikrokosmos aus phantastischen Bildern und skurrilen Einfällen verlangt gerade dazu, sich den Film mehrmals anzuschauen und dabei ständig das Gefühl zu haben, einen ganz neuen Film zu sehen. Sein Film weigert sich beharrlich, in irgendein Genre eingereiht zu werden – ein Fakt, das alle seine bisherigen Werke teilen. Die verschiedenen Epochen, in denen die Story erzählt wird, werden durch Verwendung verschiedener Bildformate sowie unterschiedlicher Farbgebung charakterisiert (Anmerkung: verwunderlich dabei ist, dass alle drei Formate in einen 1:1.85-Rahmen gepresst werden und nicht etwa in den größtmöglichen Rahmen von 1:2.39). Man kann sich gar nicht sattsehen an den Bildern, die oft wie Gemälde wirken oder gar wie dreidimensionale Aufklappbilderbücher. Die Spielhandlung wurde nach Europa verlegt, und zwar in die fiktive Republik Zubrowka. Schon alleine die Wahl der Namen von Orten, Krankheiten oder auch Personen ist derart skurril, dass man schon eine sehr blühende Phantasie benötigt, um sich diese auszudenken. Bis in die kleinsten Rollen hinein wurden Weltstars gecastet, von denen manche nur Kurzauftritte absolvieren. Alexandre Desplats Filmmusik stellt einmal mehr unter Beweis, dass es sich bei dem Komponisten um einen der fähigsten Filmmusiker der Gegenwart handelt. GRAND BUDAPEST HOTEL empfiehlt sich als Geheimtipp für alle, die mehr vom Kino erwarten.

WINTER’S TALE (1:2.35, DD 5.1)
OT: Winter’s Tale
Verleih: Warner
Land/Jahr: USA 2013
Regie: Akiva Goldsman
Darsteller: Colin Farrell, Jessica Brown Findlay, Jennifer Connelly, William Hurt, Russell Crowe, Will Smith, Eva Marie Saint
Kinostart: 13.02.2014

New York zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Als Meisterdieb Peter Lake in ein hochherrschaftliches Haus einsteigt, wird er von der jungen wie schönen Beverly Penn überrascht. Zwischen den Beiden funkt es sofort. Doch ihre Liebe steht unter keinem guten Stern. Nicht nur wird Peter von einem Dämon namens Pearly Soames gejagt, auch leidet Beverly unter der tödlichen Schwindsucht. Doch das Schicksal hat bereits ganz andere Pläne für Peter... Akiva Goldsmans Film tut sich relativ schwer damit, ein Gemisch aus Fantasy und Romantik zu sein. Für Ersteres ist er einfach zu abgedroschen, für Letzteres oft einfach nur lächerlich. Als das weiße Pferd plötzlich und genau im richtigen Moment auf dem Dach eines Hochhauses erscheint, um die Protagonisten zu retten, muss man sich ziemlich zusammenreißen, um nicht in schallendes Gelächter zu verfallen. Russell Crowe als der Antagonist wirkt über weite Strecken des Films als sei er nicht von dieser Welt. Das könnte rein theoretisch zwar zu seiner Rolle passen, sieht aber eher so aus, als ob der gute Mann gar nicht wusste, was er überhaupt auf dem Filmset verloren hat. Immerhin gibt es passable Schauspielerleistungen von Colin Farrell (in einer für ihn sehr atypischen Rolle) und Jessica Brown Findlay. Leider taucht Jennifer Connelly nur in einer Nebenrolle auf – was für eine Verschwendung. Was den Score des Films angeht, so werden im Abspann gleich zwei Komponisten genannt: Hans Zimmer und Rupert Gregson-Williams (Bruder von Harry Gregson-Williams). Wie sich die beiden die Arbeit geteilt haben, lässt sich nur schwer sagen. Tatsache ist jedoch, dass das Finale des Films ganz offensichtlich von Thomas Newmans Finale aus RENDEZVOUS MIT JOE BLACK inspiriert wurde. Braucht es dafür gleich zweier Komponisten? Wie dem auch sei – die Vermutung liegt nahe, dass Newmans Stück als sogenannter “Temp Track” verwendet wurde. Fazit: keine optimale Wahl für ein Valentinstag-Date.
Mittwoch, 05. Februar 2014
Eine Familie zerfleischt sich
Nachdem die Pressevorführung gestern aufgrund massiver technischer Probleme nicht stattfinden konnte, freute ich mich heute umso mehr über eine funktionierende Technik

IM AUGUST IN OSAGE COUNTY (1:2.35, DD 5.1)
OT: August: Osage County
Verleih: Tobis
Land/Jahr: USA 2013
Regie: John Wells
Darsteller: Meryl Streep, Julia Roberts, Ewan McGregor, Abigail Breslin, Margo Martindale, Chris Cooper, Julianne Nicholson, Benedict Cumberbatch, Juliette Lewis, Dermot Mulroney, Sam Shepard
Kinostart: 06.03.2014

Seit vielen Jahren schon haben sich die Mitglieder der Weston-Familie aus den Augen verloren. Die drei Töchter sind längst aus dem Haus und leben ihre eigenen Leben. Einzig Vater Beverly und Mutter Violet harren in ihrem Haus mitten auf dem Land aus. Er ist Alkoholiker, Sie versucht ihren Mundhöhlenkrebs mit Tabletten abzutöten. Als Beverly eines Tages spurlos verschwindet, trommelt Violet die ganze Familie zusammen. Im elterlichen Haus prallen sie alle wieder aufeinander. Man ist um Frieden bemüht, doch unterschwellig tun sich Abgründe auf. Als Beverly schließlich ertrunken aufgefunden wird und die Polizei von einem Suizid ausgeht, nimmt das eigentliche Drama erst seinen Lauf... Es gehört schon ein gewisses Talent dazu, ein Theaterstück für die Kinoleinwand so umzusetzen, dass der Film am Ende nicht einfach nur wie eine abgefilmte Theateraufführung wirkt. Mit der Filmadaptation von IM AUGUST IN OSAGE COUNTY beweist Regisseur John Wells (THE COMPANY MEN) genau dieses Talent. Dass das Drehbuch vom Bühnenautor Tracy Letts höchstpersönlich stammt, war der Sache dabei mit Sicherheit sehr dienlich. Die Spielorte wurden so für den Film aufgebrochen, dass das Theaterhafte verschwindet. Immer wieder werden Außenaufnahmen vom schwülheißen Oklahoma eingestreut, die dafür sorgen, dass die Hitze auch beim Zuschauer ankommt. Inmitten dieser Hitze pfercht Wells sein vorzügliches Ensemble in das viel zu dunkle Elternhaus und lässt die Teilnehmer ungehemmt aufeinander los – in bester WER HAT ANGST VOR VIRGINIA WOOLF-Manier. Der Schlagabtausch zwischen den Familienmitgliedern ist von ebensoviel Bitterkeit wie schwarzem Humor geprägt. Hier bleibt kein Stein mehr auf dem anderen. Und nicht nur Meryl Streep als Tabletten-Junkie läuft zur Hochform auf. Auch Julia Roberts, Juliette Lewis und Julianne Nicholson in der Rolle ihrer erwachsenen Töchter können ihr Paroli bieten. Nicht zu vergessen Margo Martindale als Tante Fattie, die nicht nur ihren von Chris Cooper gespielten Ehemann, sondern auch ihrem Sohn (Benedict Cumberbatch) das Leben zur Hölle macht. IM AUGUST IN OSAGE COUNTY ist brillantes Schauspieler-Kino über eine dysfunktionale Familie mit all ihren Abgründen und Lebenslügen.
Montag, 03. Februar 2014
Ein Bilderbuchklassiker
Zum Auftakt einer recht überschaubaren Pressewoche gab es einen Film für die Kleinen, der auch den Großen gefallen könnte

PETTERSSON UND FINDUS – KLEINER QUÄLGEIST - GROSSE FREUNDSCHAFT (1:1.85 & 1:2.35, 5.1)
Verleih: Senator
Land/Jahr: Deutschland 2014
Regie: Ali Samadi Ahadi
Darsteller: Ulrich Noethen, Marianne Sägebrecht, Max Herbrechter
Kinostart: 13.03.2014

Der alte Pettersson, ein Bastler und Erfinder, lebt ganz allein in seinem roten Haus irgendwo in Schweden. Eines Tages bringt ihm seine Nachbarin ein kleines Geschenk vorbei: das Kätzchen Findus. Damit sich Pettersson nicht mehr so einsam fühlt, sagt sie. Zu seiner großen Überraschung fängt Findus an zu sprechen. Fortan sind die beiden unzertrennlich - auch wenn Findus hin und wieder ein richtiger Qäulgeist sein kann. Mit großer Detailverliebtheit wurden jetzt vier der bekannten Kinderbücher von Sven Nordquist für die Kinoleinwand umgesetzt. Dabei ist die Kombination aus Real- und Animationselementen sehr gut gelungen, da sie den Bilderbuchcharakter der Originale beibehält. Selbst die Mehrfachinkarnationen des Pettersson, die es immer wieder in den Büchern innerhalb eines Bildes zu entdecken gibt, wurden von den Filmemachern in das Werk integriert. Ulrich Noethen gibt einen wunderbar schrulligen Pettersson und auch seine Mitspieler passen hervorragend zu den Figuren. Einzige Kritik sei an dem animierten Kätzchen Findus erlaubt. Denn das kleine Tier wirkt wie eine Plastikversion der Bilderbuchvorlage. Vermutlich fielen hier sehr viele Details dem Budget zum Opfer. Gewünscht hätte man sich einen richtig flauschigen Findus und kein Abziehbild. Mit den nur 80 Minuten Spielzeit und ein paar sehr einfachen Liedern zum Mitsingen eignet sich der Film hervorragend für die 5- bis 8-jährigen und dürfte darüber hinaus auch jung gebliebene Erwachsene erfreuen. Die eingesetzte Filmmusik sowie das Sounddesign lassen nichts zu wünschen übrig.

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