Wolfram Hannemann
Filmkritiker / Freelance Journalist / Filmemacher

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Donnerstag, 28. August 2014
Die Suche nach der richtigen Frau
Doku-Drama oder Dokumentarfilm, das ist hier die Frage

(K)EIN BESONDERES BEDÜRFNIS (1:1.85, 5.1)
OT: The Special Need
Verleih: farbfilm
Land/Jahr: Deutschland, Italien 2013
Regie: Carlo Zoratti
Darsteller: Enea Gabino, Alex Nazzi, Carlo Zoratti
Kinostart: 11.12.2014

Enea ist ein feiner Kerl. Der 29jährige Italiener ist bei seinen Kumpels beliebt, arbeitet in der Textilfabrik und mag alle Frauen. Die Richtige aber hat er noch nicht gefunden: er ist Autist! Seine besten Freunde Alex und Carlo finden, dass es an der Zeit ist, ein Mädchen für Enea zu finden, das all seine Bedürfnisse zufriedenstellen kann. Und schon geht das Trio auf eine Reise durch Europa. Carlo Zoratti, der Enea während seines Sozialdienstes kennengelernt hat und ihn mittlerweile seit 16 Jahren kennt, hat ein Kamerateam mit auf die Reise genommen und gibt mit diesem dokumentarischen Spielfilm sein Debüt. Er soll nach eigenem Bekunden zeigen, “wie spannend es sein kann, das Leben aus einer anderen Perspektive zu betrachten”. Das gelingt dem Film nur bedingt. Vielmehr drängt sich dem Betrachter die Feststellung auf, dass auch behinderte Menschen dieselben zwischenmenschlichen Bedürfnisse haben wie die nicht Behinderten. Es ist natürlich bemerkenswert, wie sich die beiden Freunde für Enea einsetzen, doch bleibt der Wahrheitsgehalt etwas fragwürdig. Auf die Form seines Films angesprochen verweigert der Regisseur eine Klassifizierung. Doku-Drama oder Dokumentarfilm – für Carlo Zoratti zählt nur, dass er einen Film gemacht hat. Die Reise der Jungs mit ihrem VW-Bus zu einem Bordell in Österreich oder ein auf Behinderte spezialisiertes Etablissement wirkt länger als die 84 Minuten, die der Film dauert. Eine Reise, während der man sich auch die Frage stellt, ob Enea tatsächlich ein Autist ist oder nicht unter einer ganz anderen Behinderung leidet. Um eine Beantwortung dieser Frage bemüht sich der Film in keiner Weise.
Mittwoch, 27. August 2014
Was für ein Theater!
Ist der heutige Film tatsächlich so gut wie der Ruf, der ihm vorauseilt?

EIN GESCHENK DER GÖTTER (1:2.35, 5.1)
Verleih: Arsenal
Land/Jahr: Deutschland 2014
Regie: Oliver Haffner
Darsteller: Katharina Marie Schubert, Adam Bousdoukos, Canan Kir
Kinostart: 09.10.2014

Als Anna ihren Job als Schauspielerin am örtlichen Theater verliert, soll sie einer Gruppe Langzeitarbeitsloser helfen, Selbstvertrauen aufzubauen. Doch schon bald findet sich der bunt zusammengewürfelte Haufen inmitten der Proben für das Theaterstück “Antigone” wieder... Oliver Haffners Versuch eines deutschen GANZ ODER GAR NICHT (dort war es Männerstrip, hier ist es Theater) ist leider viel zu sehr bemüht. Das Komödiantische weicht schon früh einem Sozialdrama, Pointen funktionieren nur bedingt. Das schwäbisch sprechende Ehepaar mutet wie ein Fremdkörper an in einem Film, in dem ausschließlich Hochdeutsch gesprochen wird. Immerhin gibt es eine gelungen Szene gleich zu Beginn des Films, in der Anna vom Intendanten (souverän: Bernd Grawert) auf eine derart perfide Art und Weise entlassen wird, dass man dem Kerl am liebsten an den Hals springen möchte – und die Gute merkt überhaupt nicht wie ihr geschieht.
Dienstag, 26. August 2014
Eine elitäre Burschenschaft
Das erste von nur drei Pressescreenings in dieser Woche führte mich nach Oxford...

THE RIOT CLUB (1:2.35, DD 5.1)
OT: Posh / The Riot Club
Verleih: Prokino (Fox)
Land/Jahr: Großbritannien 2014
Regie: Lone Scherfig
Darsteller: Sam Claflin, Max Irons, Douglas Booth
Kinostart: 09.10.2014

Die beiden Oxford-Studenten Miles und Alistair werden als neue Mitglieder des geheimen und sehr elitären “Riot Club” nominiert, einem Club, der maximal zehn Mitglieder haben darf und diese über reichlich finanzielle Mittel verfügen müssen. Für die beiden Anfänger ist das eine große Ehre und so lassen sie die exzessiven Aufnahmerituale über sich ergehen. Den Höhepunkt der Club-Aktivitäten bildet die Jahresversammlung, die immer in einem anderen Pub abgehalten wird und auf der die zehn Elite-Studenten die Sau rauslassen. Doch es kommt noch schlimmer... Für ihre Adaptation des sehr erfolgreichen Bühnenstücks “Posh” von Laura Wade hat die dänische Regisseurin Lone Scherfig das Who-is-Who der britischen Nachwuchstalente vor der Kamera versammelt, um gemeinsam mit ihnen die elitären Geheimclubs der reichen Studenten zu beleuchten. Der “Riot Club” ist zwar nur fiktiv, doch gibt es in der britischen Upper Class tatsächlich vergleichbare “Institutionen”. Hier regiert das Geld, für das man alles kaufen kann. Das ist umso erschreckender, da genau diese Elite im späteren Leben sehr wichtige Posten innehaben wird. Finanzkrise und Korruption sind die Folge und der brave kleine Bürger wird hinterher zur Kasse gebeten. Dass der Oberschicht nichts passiert versteht sich von selbst. Auch wenn Scherfigs Film gut besetzt ist, so überwiegen hier dennoch die Schwächen. Würde man den Film auf 30 Minuten reduzieren – es würde nichts fehlen und die Aussage wäre nach wie vor dieselbe. Der Ablauf der Geschichte ist einfach zu vorhersehbar, als dass sie fesseln könnte. Und wenn der Riot Club schließlich einen ganzen Pub zerlegt, um der Dekadenz freie Bahn zu lassen, so wundert man sich zurecht, warum der Besitzer nicht einfach die Polizei alarmiert. Das hätte natürlich nicht ins dramaturgische Konzept gepasst (es wurde dringend ein Opfer benötigt!), ist aber irgendwie ärgerlich.
Sonntag, 24. August 2014
Supergirl
Am Wochenende habe ich mir mal wieder einen ganz regulären Kinobesuch gegönnt. Regulär? Bei IMAX wohl kaum...

LUCY (1:2.35, DD 5.1 + Atmos, Barco 11.1)
OT: Lucy
Verleih: Universal
Land/Jahr: USA, Frankreich 2014
Regie: Luc Besson
Darsteller: Scarlett Johansson, Morgan Freeman, Amr Waked
Kinostart: 14.08.2014

Weil sie ihrer Disco-Bekanntschaft einen Gefallen tun will, bekommt es Studentin Lucy in Taipeh mit der brutalen Chinesenmafia zu tun, die ihr einen Beutel mit einer neuen Droge in den Bauch einnähen, um sie als Kurier zu benutzen. Doch das Paket wird undicht und setzt die Droge in Lucys Körper frei und steigert Lucys Hirnaktivitäten ins Unermessliche. Ausgestattet mit vollkommen neuen physischen wie psychischen Möglichkeiten will Lucy die anderen Kuriere stoppen – und wird gleichzeitig von den Chinesen gejagt. Wer Luc Bessons Action-Film unbedingt an seiner Geschichte oder gar seinen Charakteren festmachen will, begeht einen großen Fehler. Denn beides – Story und Charaktere – sind bei Besson eigentlich nur Mittel zum Zweck. Und der Zweck? Furiose, optisch brillante Action! Bessons Botschaft am Ende des Films ist klar: “Das Leben wurde Euch gegeben – also macht etwas daraus”. Und die geht auch vollkommen in Ordnung, würde er sie nicht ständig und holzhammerartig immer wieder heraufbeschwören, anstatt einfach dem Bilderfluss freien Lauf zu lassen. LUCY ist genau dann absolut grandios, wenn wir mit diesen schnell montierten Bildern regelrecht bombardiert werden und das Sounddesign ein Übriges dafür tut, dass es uns in den Kinosessel drückt. Wer das vollkommen anders empfindet, hat den Film garantiert nicht in seiner IMAX-Version goutiert. Ein derart optisch starker Film wie LUCY ist wie geschaffen für die riesige IMAX Leinwand. Und sie hilft wesentlich bei der Verdrängung der missglückten Story und seiner Protagonisten. Bessons Film steckt zudem voller Filmzitate. Nicht nur, dass er in seine beschleunigten Bilderfluten Sequenzen aus BARAKA und SAMSARA gepackt hat. Auch bei den wirklich eigenen Kreationen wird beispielsweise mehrfach auf 2001 verwiesen. Die visuellen Effekte sind überwältigend und sprudeln nur so mit wirklich netten Ideen. Wenn sich Scarlett Johansson alias Lucy am Ende des Films in einen Supercomputer verwandelt, von dem schließlich nur ein USB-Stick übrigbleibt, erwartet man eigentlich, dass das IMAX-Logo aufgedruckt ist. Das zumindest wäre ein brillanter Gag gewesen. Weit weniger brillant ist die Entscheidung der FSK, die den ziemlich blutigen und gewaltgetränkten Film bereits ab 12 Jahren freigegeben hat. Vielleicht sollten sich die Juroren das Werk zur Abwechslung mal in einem richtigen Kino anschauen.
Freitag, 22. August 2014
Wunderlich
Wohl dem, der gut interpretieren kann...

LAND DER WUNDER (1:1.85, DD 5.1)
OT: Le Meraviglie
Verleih: Delphi (Central)
Land/Jahr: Italien, Deutschland 2014
Regie: Alice Rohrwacher
Darsteller: Monica Bellucci, Alba Rohrwacher, André Hennicke
Kinostart: 02.10.2014

Gelsomina und ihre Schwestern leben mit ihren Eltern auf einem kleinen Hof in der Toskana, der sich vor allem der Honiggewinnung verschrieben hat. Doch neue staatliche Auflagen bringen den Familienbetrieb in arge Bedrängnis und die Nachbarn verwenden Düngemittel, der Gift für die Bienen ist. Damit etwas mehr Geld in die Kasse kommt, nimmt der Vater einen Jungen aus einem Resozialisierungsprogramm auf. Gelsomina aber hat ganz andere Pläne: sie möchte den Familienbetrieb bei einer TV-Show anmelden, in der es viel Geld zu gewinnen gibt. Der Vater aber ist strikt dagegen... Über LAND DER WUNDER habe ich mich gewundert. Denn der Film hat doch tatsächlich den Grand Prix in Cannes gewonnen. Immerhin war es der beste Film, den ich heute gesehen habe. Und es war der bisher einzige Film an diesem Tag. An dieser Stelle muss ich einmal mehr meine These bemühen, dass wenn ich es nicht verstanden habe, es sich um Filmkunst handeln muss. Also jene Art von Film, in die man als Schüler vom Deutsch- oder Kunstlehrer geschleppt wurde, damit man mal ein bisschen hochwertige Kultur mit auf den Weg bekommt. Wie auch immer – ich konnte mit Alice Rohrwachers Film leider nichts anfangen (und habe damit vermutlich wieder ein Meisterwerk nicht erkannt). Die ganze Inszenierung wirkte wie eine Doku-Soap – mit Wackelkamera und was sonst noch dazu gehört. Dazu ein Dialogwirrwarr aus Italienisch und Deutsch, das nicht weiter erklärt wird. Wer auf Kunstkino steht – bitte schön!
Donnerstag, 21. August 2014
Auf der Couch
Eine Persönlichkeit amerikanischer Psychoanalyse war heute das Thema meiner Kinomatinee

YALOMS ANLEITUNG ZUM GLÜCKLICHSEIN (1:1.85, 5.1)
OT: Yalom’s Cure
Verleih: Alamode (Filmagentinnen)
Land/Jahr: Schweiz 2014
Regie: Sabine Gisiger
Kinostart: 02.10.2014

Er zählt als einer der ganz Großen der amerikanischen Psychoanalyse: Dr. Irvin D. Yalom. Von ihm stammen so essentielle Erkenntnisse wie “Je besser wir uns selber kennen, desto besser wird unser Leben. Wenn wir Probleme bekommen, hat das oft mit Teilen unserer Selbst zu tun, die wir nicht kennen”. Die Filmemacherin Sabine Gisiger ist dem Psychotherapeuten und Buchautor jetzt mit der Kamera auf den Leib gerückt und hat auch seine Ehefrau Marilyn mit einbezogen. Denn die beiden sind schon eine Ewigkeit miteinander verheiratet – und das glücklich! Ganz anders als ihre vier Kinder, die alle bereits Scheidungen hinter sich haben. Was ist das Geheimnis dieser glücklichen Ehe? Nur eine der Fragen, der die Filmemacherin auf den Grund geht. Entstanden ist dabei das Porträt zweier sehr sympathischen Menschen, die sich ihr ganzes Leben lang mit der Psychoanalyse auseinandergesetzt haben, um anderen Menschen zu helfen. Ein Ergebnis, das Irvin Yalom aus seiner langjährigen Arbeit als Therapeut dabei gewonnen hat, ist die Erkenntnis, dass wir alle Patienten sind und nicht nur jene, bei denen dies ganz offensichtlich ist. Für Kenner von Yaloms Büchern sowie für Menschen mit Interesse an moderner Psychoanalyse ist Sabine Gisigers schön fotografierter Film Pflicht.
Mittwoch, 20. August 2014
In tiefen Wassern
Ein Thriller aus Norwegen zog mich heute in seinen Bann

PIONEER (1:2.35, 5.1 + 7.1)
OT: Pioneer
Verleih: farbfilm
Land/Jahr: Norwegen, Deutschland, Schweden 2013
Regie: Erik Skjoldbjaerg
Darsteller: Wes Bentley, Stephen Lang, Aksel Hennie
Kinostart: 30.10.2014

Als Anfang der 1980er Jahre vor Norwegens Küste große Erdöl- und Gasvorkommen entdeckt werden, geht es nur darum, wem es gelingt, den Schatz zu heben. Eigens dafür ausgebildete Taucher wie Petter und sein Bruder Knut gehören zu den Pionieren, die in über 300 Metern Tiefe Arbeiten für eine Pipeline ausführen sollen. In Zusammenarbeit mit einem amerikanischen Team wird ein spezielles Gasgemisch erprobt, das es den Tauchern ermöglichen soll, in derartigen Tiefen zu überleben. Bei einem Test auf offener See kommt es jedoch zu einem Unfall, den Knut mit dem Leben bezahlt und der Petter in die Schuhe geschoben wird. Petter aber glaubt nicht an diese Theorie und beginnt mit Nachforschungen, die ihn bald in eine äußert brenzlige Lage bringt... Die Unterwasser-Bilder, die der schwedische Kameramann Jallo Faber liefert, sind recht beeindruckend und erinnern ein wenig an jene aus Luc Bessons Taucherfilm IM RAUSCH DER TIEFE. Faber visualisiert dadurch perfekt das Gefühl der Klaustrophobie, dem die Taucher bei ihrer Arbeit ausgesetzt sind. Gleichzeitig aber funktioniert diese Klaustrophobie auch als Metapher für die Verschwörung, der Petter auf die Spur kommt. Und offenbar hat es sie wirklich gegeben. Denn Regisseur Erik Skjoldbjaergs Film beruht auf wahren Begebenheiten, die sich in den 1980er-Jahren in Norwegen zugetragen haben, jener Zeit also, in der das Land angesichts der massiven Öl- und Gasvorkommen vor der norwegischen Küste in eine Art Goldrausch verfiel und die das Land schließlich zu einem der reichsten Länder der Welt gemacht hat. Skjoldbjaerg, dem wir einen Thriller wie INSOMNIA zu verdanken haben (das norwegische Original wohlgemerkt, nicht das weichgespülte amerikanische Remake!), inszeniert seinen Film routiniert spannend und extrem flott. Mit Aksel Hennie in der Hauptrolle hat er den Film mit einem zumindest in Deutschland unverbrauchten Gesicht besetzt. Und Hennie füllt seine Rolle sehr gut aus – physisch wie psychisch. In guten Momenten wirkt die Filmmusik von Air sehr atmosphärisch unterstützend, doch genauso schlägt sie leider hin und wieder ins Gegenteil um. Nichtsdestotrotz eignet sich PIONEER als Spannungskino und sollte auf einer möglichst großen Leinwand konsumiert werden.
Dienstag, 19. August 2014
Der Wahnsinn steht ihm ins Gesicht geschrieben
Deutsches Kino beherrschte heute meinen Vormittag

HIRNGESPINSTER (1:1.85, 5.1)
Verleih: Movienet
Land/Jahr: Deutschland 2013
Regie: Christian Bach
Darsteller: Tobias Moretti, Stephanie Japp, Jonas Nay
Kinostart: 09.10.2014

Simons Leben läuft in geordneten Bahnen so gut es geht. Der 23jährige fährt einen Schulbus, hängt in der Disco ab und kümmert sich liebevoll um die wesentlich jüngere Schwester. Sein Vater, ein verschuldeter Architekt, der sein großes Comeback bei einer Ausschreibung machen möchte, ist das Problemkind in der Familie: er ist schizophren und will sich nicht behandeln lassen. Als Simon die junge Verena kennenlernt, gerät sein fragiles Familienidyll aus den Fugen... Ihm steht der Wahnsinn ins Gesicht geschrieben: Tobias Moretti liefert in der Rolle des psychisch kranken Vaters eine überzeugende Leistung ab. Seine Unberechenbarkeit trägt den ganzen Film. Leider jedoch überzeugt alles andere nicht genauso deutlich. Denn Christian Bachs Film ist weniger ein Film für die große Kinoleinwand als vielmehr fürs Fernsehformat, eine Eigenschaft, die der Film nicht abschütteln kann. Hinzu kommen einige inszenatorische Schwächen, die insbesondere die im Film auftretenden Polizisten als ziemliche Deppen erscheinen lässt. Etwas bemüht wirkt auch die Liebesgeschichte zwischen Simon und Verena. Fazit: der Gang ins Kino ist nicht lohnenswert.
Montag, 18. August 2014
Western von gestern
Der Auftakt der neuen Pressewoche macht heute ein Western

THE SALVATION (1:2.35, 5.1)
OT: The Salvation
Verleih: Concorde
Land/Jahr: Dänemark, Südafrika, Großbritannien 2014
Regie: Kristian Levring
Darsteller: Mads Mikkelsen, Eva Green, Jeffrey Dean Morgan, Jonathan Pryce, Mikael Persbrandt
Kinostart: 09.10.2014

Als seine Frau und sein 10jähriger Sohn von brutalen Banditen ermordet werden, nimmt Jon das Gesetz selber in die Hand und erschießt die Mörder. Das aber ruft den skrupellosen Delarue auf den Plan, der mit seinen Revolverhelden die ganze Stadt in Schach hält... Es ist schon erstaunlich, dass es eines solch genialen Drehbuchautors wie Anders Thomas Jensen bedarf, um einen solch konventionellen Western zu skripten! Hier gibt es in der Tat keine einzige Situation, die es nicht schon längst in mindestens einem Dutzend anderer Western gegeben hätte. Es ist fast so, als wäre THE SALVATION nur eine Art Fingerübung für Regisseur Kristian Levring, der mit diesem Film demonstriert, dass er auch durchaus einen Western inszenieren kann. Ein wortkarger Mads Mikkelsen, eine stumme Eva Green und ein sadistischer Jeffrey Dean Morgan sind die Protagonisten in diesem immerhin gut fotografierten (Kasper Winding) und in Südafrika (!) aufgenommenen Film, dessen Score zu deutlich Anleihen bei Maestro Ennio Morricones Gitarrenklängen hat. Fazit: ein Film, den die Welt nicht braucht.
Mittwoch, 13. August 2014
Boys will be Boys
Meine letzte Pressevorführung in dieser Woche gestaltete sich recht actionreich

THE EXPENDABLES 3 (1:2.35, DD 5.1 + 7.1 + Atmos)
OT: The Expendables 3
Verleih: Splendid (Fox)
Land/Jahr: USA 2014
Regie: Patrick Hughes
Darsteller: Sylvester Stallone, Jason Statham, Antonio Banderas, Jet Li, Wesley Snipes, Dolph Lundgren, Kelsey Grammer, Randy Couture, Terry Crews, Mel Gibson, Harrison Ford, Arnold Schwarzenegger
Kinostart: 21.08.2014

Die Söldnerschar um Barney Ross soll einen Altbekannten den Behörden ausliefern: Conrad Stonebanks, einst Barney rechte Hand, jetzt skrupelloser Waffenhändler. Weil er der Meinung ist, dass seine treuen Mitkämpfer inzwischen zu alt für den Job sind, rekrutiert er eine neue, junge Garde. Doch alte Haudegen lassen sich nicht so einfach entsorgen – zum Glück... Einmal mehr ist es dem Tausendsassa Sylvester Stallone gelungen, eine Altherrenriege zusammenzustellen, die wohl bei jedem 1980er-Jahre Action-Fan das Herz höher schlagen lässt. Fast so als wolle er seiner Fangemeinde mitteilen, dass er und seine Kumpels noch lange nicht zum alten Eisen gehören. Und da er selbst das Drehbuch zu diesem Actionfilm verfasst hat, sorgt er natürlich dafür, dass die “Next Generation” zwar technisch brillanter ist als die vernarbte alte Crew, sich dafür aber in eine ausweglose Situation manövriert, aus der sie genau diese vernarbte alte Crew retten wird! Gut gemacht, alter Knabe – da hast Du es den Jungspunden aber tüchtig gezeigt. Ernst nehmen sollte man diesen Spaß für die (fast) ganze Familie natürlich nicht. Der Body Count schnellt astronomisch in die Höhe, aber den Schaden zeigt die Kamera nicht. Was die Kamera jedoch zeigt, sind fulminant in Szene gesetzte Actionsequenzen, in denen es mächtig kracht und scheppert. Spätestens dann, wenn Harrison Ford (ja, er ist es wirklich!) selbst in den Helikopter steigt und auch mal kräftig Dampf ablässt, ist der Spaß komplett. Jetzt können die Jungs endlich wieder Jungs sein und sich nach Herzenslust prügeln. Dieses “Treffen der Generationen” macht Laune und gleichzeitig Vorfreude auf die bereits in den Startlöchern stehenden “Expendebelles”. Das Sahnehäubchen des Films wird übrigens ganz am Schluss serviert. Nämlich dann, wenn die neue Generation den alten Haudegen mit Neil Youngs “Old Man” ein Ständchen gibt. Einen schöneren Schluss könnte man sich kaum vorstellen.
Dienstag, 12. August 2014
Wenn Hormone Amok laufen
Bin ich zu alt für solche Filme? Ich fürchte ja...

DOKTORSPIELE (1:2.35, 5.1)
Verleih: Fox
Land/Jahr: Deutschland 2014
Regie: Marco Petry
Darsteller: Merlin Rose, Lisa Vicari, Max von der Groeben
Kinostart: 28.08.2014

Als Kinder haben sie zusammen Doktor gespielt: der schüchterne Andi und die süße Lilli. Eine traumatische Erfahrung für Andi, glaubt er doch seither, dass sein “Ding” viel zu klein ist. Zehn Jahre sind vergangen, es sind Ferien und Andi ist in Katja verliebt. Die aber hat nur Augen für Bobby, der alle Mädels anbaggert. Als Lilli zu Besuch kommt, werden die Karten allerdings neu gemischt... Pubertierende Jungs haben es heute verdammt schwer. Denn die Mädels haben einfach zu große Erwartungen an das erste Mal. Und das wortwörtlich. Denn in den übers Netz frei zugänglichen Pornofilmen geht es ja meist um Quantität und weit weniger um Qualität. Da wundert es nicht, dass die jungen Männer ziemlich verunsichert werden, wenn es um das “Eine” geht. Das ist die Grundlage der Komödie, mit der Regisseur Marco Petry gleichzeitig etwas Zeitgeist in den Kinosaal versprüht. Und damit das alles auch ganz sicher ein Kassenschlager wird (beim Zielpublikum wenigstens), suhlt sich der Film in allerlei Anzüglichkeiten, die man eigentlich schon nicht mehr als solche bezeichnen kann, da diese viel zu direkt sind. Will heissen: es wird nicht mehr um den heissen Brei geredet, sondern man kommt (im doppelten Sinne!) gleich zur Sache. Was für Teens damit vielleicht noch lustig ist, ist für alte Säcke wie den hier schreibenden Rezensenten eigentlich nur noch langweilig. Langweilig deshalb, weil das Drehbuch tatsächlich – so scheint es zumindest – nach dem großen Masterplan vorgeht und auch brav jeden Punkt abarbeitet, den es abzuarbeiten gibt. Originell ist so etwas nicht. Leider. Und damit niemand auf die Idee käme, dass hier Langeweile und platte Pointen vorherrschen, wird das gesamte Werk in einen musikalischen Klangteppich gepackt, der sich vermutlich gut verkaufen lässt. Aber was schreibe ich hier – schließlich möchte ich die jungen Leute nicht davon abhalten, ins Kino zu gehen. Also: tut es, solange es noch Kinos gibt!
Montag, 11. August 2014
Vom Verrat an der Liebe
Ein deutsches Drama aus der Nachkriegszeit eröffnete heute den kleinen Pressereigen

PHOENIX (1:2.35, 5.1)
Verleih: Piffl
Land/Jahr: Deutschland 2014
Regie: Christian Petzold
Darsteller: Nina Hoss, Nina Kunzendorf, Ronald Zehrfeld
Kinostart: 25.09.2014

Mit entstelltem Gesicht wird Nelly aus dem KZ Auschwitz gerettet und von ihrer Freundin Lene wieder nach Berlin gebracht, wo sie sich einer Gesichtsoperation unterzieht. Kaum davon genesen, macht sie sich entgegen dem Rat von Lene auf die Suche nach ihrem Mann. Sie findet Johnny schließlich als Kellner im Phoenix-Club. Doch er erkennt sie nicht und ist sich sicher, dass Nelly tot ist. Weil er findet, dass die für ihn Unbekannte seiner Nelly ähnelt, heuert er sie für seinen Plan an: sie soll Nelly spielen, damit er an das große Familienerbe kommt... Wie Phoenix aus der Asche steht Nelly wieder vor ihrem geliebten Johnny – der sie aber nicht wieder erkennt. Und sie muss auf schmerzhafte Weise erfahren, dass ihre Liebe verraten wurde. Nina Hoss und Ronald Zehrfeld sind die Protagonisten in diesem Drama, in dem beide gute Leistungen abliefern. Weit weniger überzeugend hingegen sind einige der Nebenrollen, wie beispielsweise der Arzt, der Nelly behandelt. Er mag nicht in die Zeit passen, in der der Film spielt. Unpassend auch die Filmmusik, die ziemlich belanglos und vollkommen unverbindlich auf die Tonspur gelegt wird. Es ist schade, dass der Film dadurch an Wirkung und Glaubhaftigkeit einbüßt.
Freitag, 08. August 2014
Griechische Mythologie trifft auf moderne Malerei
Die letzten zwei Filme der Woche waren recht unterschiedlicher Natur

HERCULES (1:2.35, 3D, DD 5.1 + 7.1 + Atmos)
OT: Hercules
Verleih: Paramount
Land/Jahr: USA 2014
Regie: Brett Ratner
Darsteller: Dwayne Johnson, Ian McShane, Rufus Sewell, John Hurt
Kinostart: 04.09.2014

Hercules und seine treuen Freunde werden von König Cotys zu Hilfe gerufen, um ihm im Kampf gegen den teuflischen Centaur Rhesus zu helfen. Doch Cotys spielt ein doppeltes Spiel... Eines gleich vorweg: wer aufgrund des Trailers in diesen Film geht, der wird herb enttäuscht werden. Denn die 12 Aufgaben, die Hercules erfüllen muss, und die den Trailer bilden, werden bereits in den ersten fünf Minuten des Films abgearbeitet. Was danach folgt ist ein Schlachtenfilm, der versucht, in die Fußstapfen eines 300 zu treten. Zwar gibt es hin und wieder ganz kurze, witzige Einlagen, doch können die nicht über die Langeweile hinwegtäuschen, mit der dieses Epos zu unterhalten versucht. Kaum hat man das Kino verlassen, weiß man schon nichts mehr von diesem Trivialfilm, für den Ungarn als Griechenland aus Kostengründen herhalten musste. Wer einer Enttäuschung entgehen möchte, der meide diesen Film.

SHIRLEY – VISIONEN DER REALITÄT (1:1.85, 5.1)
OT: Shirley – Visions Of Reality
Verleih: Rendezvous
Land/Jahr: Österreich 2013
Regie: Gustav Deutsch
Darsteller: Stephanie Cumming, Christoph Bach, Florentin Groll
Kinostart: 18.09.2014

Der Untertitel macht gleich zu Beginn klar, um was es in Gustav Deutschs Film geht: “Der Maler Edward Hopper in 13 Bildern”. So erweckt Deutsch 13 Bilder Hoppers, die zwischen 1931 und 1963 entstanden, zum Leben und verknüpft diese durch die Hauptfigur Shirley zu einer Geschichte. Dieses filmische Experiment beeindruckt vor allem durch seine Bilder, die oftmals nicht von einem Gemälde zu unterscheiden sind. Der Regisseur war dabei Drehbuchautor, Szenenbildner und Schnittmeister in Personalunion. Unterlegt werden die einzelnen (Bewegt)Bilder teilweise mit Musik sowie Toncollagen. Rundfunkmeldungen aus dem Off bilden die Übergänge zwischen den Szenen. Gustav Deutschs Film ist ein entschleunigter Film, der sich zeitgenössischem Filmemachen komplett entzieht und dadurch vermutlich nur einem Nischenpublikum erschließen wird. Leider verzichtet der Film darauf, Hoppers Bilder zu zeigen. Nicht einmal am Ende des Films, im Abspann, werden die Gemälde gezeigt. Somit eignet sich der Film eigentlich nur für Zuschauer, die mit dem Werk des Künstlers bereits vertraut sind.
Donnerstag, 07. August 2014
Nach dem Krieg ist vor dem Krieg
Ein ungewöhnlicher Dokumentarfilm und ein Drama aus Stuttgart hielten mich heute auf Trab

IM KRIEG (1:1.85, 3D, 5.1)
Verleih: Neue Visionen
Land/Jahr: Deutschland 2014
Regie: Nikolai Vialkowitsch
Kinostart: 25.09.2014

Es ist ein Irrglaube zu meinen, dass es 3D erst seit der Digitaltechnik gibt. Einige wissen immerhin, dass es 3D-Filme bereits in den 1950er-Jahren gegeben hat. Fast niemand weiß jedoch, dass es stereoskopische Bilder bereits seit 1840 gibt. Und das in Hülle und Fülle! Jetzt hat sich Regisseur Nikolai Vialkowitsch daran gemacht, stereoskopische Fotografien aus der Zeit des Ersten Weltkriegs auszugraben und diese als Basis für einen Dokumentarfilm zu machen. Anhand der alten Aufnahmen, die um Filmfragmente aus jener Zeit sowie neuzeitlichen 3D-Aufnahmen der Kriegsschauplätze ergänzt wurden, sollte sowohl der Beginn des großen Krieges als auch das ungeheure Ausmaß der Schlachten mit all dem Elend, das sie brachten, dokumentiert werden. Die teilweise fesselnden Bilder, geschickt durch Kamerabewegung zum Leben erweckt, werden mit aus dem Off gesprochenen Texten unterlegt. Bei diesen Texten handelt es sich sowohl um Briefe einfacher Soldaten von der Front in die Heimat als auch um literarische Texte von Zeitzeugen wie Stefan Zweig. Die Kombination aus den Bildern, Texten und der darunter liegenden groß angelegten sinfonischen Musik von Henrik Albrecht lassen den Film zu einem ergreifenden Aufschrei gegen Krieg werden. Und macht an seinem Ende, der gleichzeitig das Ende des Ersten Weltkriegs ist, klar: nach dem Krieg ist vor dem Krieg.

OHNE DICH (1:2.35, 5.1)
Verleih: Camino
Land/Jahr: Deutschland 2014
Regie: Alexandre Powelz
Darsteller: Katja Riemann, Charly Hübner, Helen Woigk
Kinostart: 04.09.2014

Drei Geschichten, drei Schicksale. Hebamme Rose hat Krebs und wird bald sterben. Ihr Mann Marcel kann sich nicht vorstellen, ohne sie zu sein. Putzfrau Layla kann ihren Ex-Geliebten nicht vergessen und stellt ihm nach. Die junge Kellnerin Motte, ohne festes Zuhause, wird schwanger, ihr Freund ist schwul. Alle drei Storys sind miteinander verflochten und die Liebe steht immer im Mittelpunkt... Eine schwere Geburt – im wahrsten Sinne des Wortes passt dies zum Film selbst. Die Verflechtungen der Protagonisten untereinander an sich wirkt schon ziemlich konstruiert. Ebenso konstruiert wirken aber auch deren Probleme! Und ob das alles nicht schon genug wäre, wird auf ziemlich nervige Art und Weise die Location Stuttgart ins Bild gerückt, so als gelte es, eine neue Tourismusattraktion zu schaffen. So etwas wirkt leider extrem peinlich. Wer künstliches, depressives Kino mag – bitte sehr, hier ist Euer Film.
Mittwoch, 06. August 2014
Wenn das Leben die Kunst imitiert
Der heutige Vormittag hielt eine sinnlich-schöne Begegnung für mich bereit...

GEMMA BOVERY (1:2.35, DD 5.1)
OT: Gemma Bovery
Verleih: Prokino (Fox)
Land/Jahr: Frankreich 2014
Regie: Anne Fontaine
Darsteller: Gemma Arterton, Fabrice Luchini, Jason Flemyng
Kinostart: 18.09.2014

Die blühende Fantasie und seine Leidenschaft für große Literatur sind das Einzige, was Martin von seiner Zeit als Bohemian geblieben sind. Jetzt verdingt sich der Familienvater als Bäcker in einem kleinen Dorf in der Normandie. Alles ändert sich jedoch, als ein englisches Ehepaar das Haus gegenüber seinem Wohnhaus kauft. Nicht nur ihre Namen – Gemma und Charles Bovery - , auch alles andere, was die beiden machen, erinnert ihn sofort an Flauberts großes Werk “Madame Bovary”. Gemma wird für Martin zur Obsession, in der er bald nur noch Flauberts Romanheldin sieht, die er vor ihrem Schicksal bewahren möchte. Doch Gemma ist alles andere als eine Madame Bovary... Christophe Beaucarnes Kameraarbeit schafft von Anfang an die perfekte Stimmung für Anne Fontaines Filmadaptation nach Posy Simmonds Graphic Novel (die wiederum inspiriert wurde von Flauberts “Madame Bovary”): das weiche Licht, mit etwas Schmelz versetzt, suggeriert viel Sinnlichkeit! Verstärkt wird diese Sinnlichkeit durch Gemma Arterton, die in der Rolle der Gemma Bovery herrlich leichte Sommerkleider zur Schau stellen darf. Das ist sehr sexy, aber nie vulgär. Und entspricht damit dem Geiste nach Flauberts Romanheldin Madame Bovary. Das Leben imitiert die Kunst, stellt Bäcker Martin im Film einmal fest. Und er tut wirklich alles dafür, dass es auch so kommt – jedoch ohne es jemals zu wollen. “Self-fullfilling Prophecy” würde man wohl auf Neudeutsch dazu sagen. Gespielt wird Martin von dem großartigen Fabrice Luchini, der die Rolle des in Wallung kommenden Bäckermeisters wie kaum ein anderer zu spielen vermag. Wenn er eines Tages Gemma in seiner Backstube den Brotteig kneten lässt und er dabei nur starr zusehen darf, so spürt man förmlich sein Verlangen nach dieser sinnlich-schönen Engländerin. Anne Fontaine ist eine melancholische Komödie gelungen, die dank der beiden großartigen Hauptdarsteller “funktioniert”.
Dienstag, 05. August 2014
He Zwerge, Ho!
“Zwerg”fellerschütterndes wurde uns heute kredenzt

DER 7BTE ZWERG (1:1.85, 3D, DD 5.1)
Verleih: Universal
Land/Jahr: Deutschland 2014
Regie: Boris Aljinovic, Michael Coldewey, Harald Siepermann
Kinostart: 25.09.2014

Nachdem die böse Eishexe den gesamten Königspalast in Tiefschlaf versetzt hat, liegt es einzig an den sieben Zwergen, den Liebsten der Prinzessin aus dem Kerker der Hexe zu befreien, um dadurch das Böse zu überkommen. Ob das den kleinen Freaks tatsächlich gelingen wird, steht in den Sternen. Denn die Heldenschar nimmt statt dem unsichtbar machenden Mittel und auch statt dem unbesiegbar machenden Mittel nur eine Dose Bohnerwachs mit auf die Reise. Und die führt sie direkt in die Höhle eines Drachen... Mit strammem Schritt und einem Liedchen auf den Lippen marschieren die sieben Zwerge durch die Lande, um Jack zu befreien, der der Prinzessin den erlösenden Kuss der wahren Liebe verabreichen kann. Animiert wurden die Zipfelmützenträger dabei nach ihren Synchronsprechern. So hat Zwerg Bubi beispielsweise etwas von Ottos unschuldigem Grinsen im Gesicht und Speedy etwas von “Maddin” Schneiders Langsamkeit. In dem computeranimierten 3D-Film treten aber nicht nur Schneewittchens sieben Zwerge auf, sondern viele weitere Märchengestalten, z.B. Rotkäppchen und der Wolf, die sich als TV-Moderatoren hinter einer TV-Attrappe versuchen – was dem behaarten Wolf natürlich schwer fällt, weil er doch großen Appetit auf die junge Dame hat! An solchen Stellen bricht sich dann immer wieder Anarchohumor seine Bahn und man wünscht sich, dass dies wesentlich öfters passieren würde. So aber bleibt das an den Live-Action-Filmen mit Otto Waalkes angelehnte Märchen meist in geregelten Bahnen, was vermutlich einem vorwiegend ganz jungen Publikum geschuldet ist. Auf der Tonebene erklingt der Animationsspaß recht imposant und zieht alle Register des 5.1-Sound-Layouts. Damit könnte das Knurren und Fauchen des Drachen ganz kleinen Zuschauern durchaus etwas Angst machen. Aber keine Sorge: Rettung naht!
Montag, 04. August 2014
So geht Spannung
Erfreulicher Auftakt für die neue Pressewoche

A MOST WANTED MAN (1:2.35, DD 5.1)
OT: A Most Wanted Man
Verleih: Senator
Land/Jahr: Großbritannien, Deutschland 2014
Regie: Anton Corbijn
Darsteller: Philip Seymour Hoffman, Rachel McAdams, Willem Dafoe
Kinostart: 11.09.2014

Als ein rätselhafter Flüchtling in Hamburg untertauchen will, schlagen bei Geheimdienstler Günter Bachmann die Alarmglocken. Könnte es sich bei dem Tschetschenen Issa Karpov um einen islamistischen Terroristen handeln? Eine idealistische Anwältin sowie ein undurchsichtige Bankier sind weitere Figuren in einem Netz, in das Bachmann liebend gerne Dr. Faisal Abdullah locken möchte, jenen Mann, der wohltätige Gelder angeblich für terroristische Ziele einsetzt. Doch auch die CIA hat Interesse an Karpov... Mit A MOST WANTED MAN wurde ein weiterer Spionage-Roman von Altmeister John Le Carre verfilmt. Wer seine Romane und auch die dazugehörigen Verfilmungen kennt, der weiß längst, dass diese Geschichten ohne Action auskommen. Denn nichts kann spannender sein als Geheimdienste bei ihrer tagtäglichen Arbeit über die Schulter zu schauen. Regisseur Anton Corbijn bleibt diesem Konzept treu. Minutiös und detailverliebt schildert er, wie der deutsche Geheimdienst versucht, nicht nur den kleinen Fisch zu fangen, sondern insbesondere dadurch an die großen Fische heranzukommen. Ein Unterfangen, das recht kompliziert ist, zumal auch andere internationale Player mitmischen wollen. Corbijn inszeniert seinen Film konsequent spannend. Was zunächst gemächlich und etwas unüberschaubar beginnt, steigert sich kontinuierlich, bis sich die verschiedenen Puzzleteile zu einem großen Ganzen zusammenfügen. Der vor wenigen Monaten verstorbene Philip Seymour Hoffman gibt hier seine Abschiedsvorstellung – als Geheimdienstler, der raucht, Kaffee trinkt und am Whiskey nippelt, oft schwer atmend. A MOST WANTED MAN empfiehlt sich für anspruchsvolle Thriller-Fans. Allerdings – und das ist die Ausnahme von der Regel! – sollte man sich den Film in der Deutsch synchronisierten Version anschauen. Denn es macht einfach keinen Sinn, dass deutsche Charaktere von amerikanischen Schauspielern gespielt werden, die ausnahmslos in Englisch kommunizieren – auch untereinander.
Freitag, 01. August 2014
Von Affen und Menschen
Der letzte Pressetag der Woche präsentierte ein sehr interessantes Doppelprogramm.

PLANET DER AFFEN: REVOLUTION (1:1.85, 3D, DD 5.1 + 7.1 + Atmos)
OT: Dawn Of The Planet Of The Apes
Verleih: Fox
Land/Jahr: USA 2014
Regie: Matt Reeves
Darsteller: Andy Serkis, Jason Clarke, Gary Oldman
Kinostart: 07.08.2014

Zehn Jahre sind vergangen, seit die Menschheit von einem tödlichen Virus fast komplett dezimiert wurde. Die Affen unter Führung von Caesar, dem ehemaligen Versuchstier, haben sich im Wald ihr eigenes Reich aufgebaut. Derweil versuchen die letzten Überlebenden der Menschheit, ein Kraftwerk in Gang zu setzen, um wieder Energie gewinnen zu können. Da das Kraftwerk jedoch im Gebiet der Affen liegt, kommt es zu einer Konfrontation. Während Caesar nicht abgeneigt ist, mit den Menschen zu kooperieren, hat sein Artgenosse Koba ganz andere Pläne... Dass amerikanisches Blockbuster-Kino nicht immer nur bunt und laut und langweilig sein muss, beweist Regisseur Matt Reeves mit der Fortsetzung zu PLANET DER AFFEN: PREVOLUTION, der 2011 in die Kinos kam. Sein Film ist konsequent spannend inszeniert und fesselt trotz seiner Länge von über zwei Stunden über die gesamte Laufzeit. Großen Anteil daran haben die sehr überzeugenden Affen – ein Paradebeispiel dafür, wie weit die Motion Capture Technologie inzwischen entwickelt ist. Abzulesen immer wieder an der genialen Mimik der Menschenaffen, die perfekt suggeriert, dass man hier mit echten Affen gedreht haben könnte. Diese visuellen Effekte demonstrieren gleichzeitig hervorragend, dass es wesentlich effektvoller ist, sie sehr subtil einzusetzen und nicht in den Fokus zu rücken wie es in Filmen wie TRANSFORMERS gehandhabt wird. Erwähnenswert im neuen AFFEN-Film ist auch die Filmmusik von Michael Giacchino, der mit großem Orchester und Chor zu Werke geht und den Film dadurch bereichert. Die exzellente Tonmischung sorgt bestens dafür, dass man sich im Kinosaal mehr als nur einmal von Affen umzingelt fühlt. Erklärtes Ziel der Filmemacher ist es, mit dem Ende ihres nächsten Films direkt an den Anfang der Verfilmung aus dem Jahre 1968 anzuknüpfen. Es bleibt spannend. Fazit: PLANET DER AFFEN: PREVOLUTION ist Blockbusterkino, das prächtig unterhält.

MAPS TO THE STARS (1:1.85, DD 5.1)
OT: Maps To The Stars
Verleih: MFA (Filmagentinnen)
Land/Jahr: Kanada, USA, Deutschland, Frankreich 2014
Regie: David Cronenberg
Darsteller: Julianne Moore, Robert Pattinson, Mia Wasikowska
Kinostart: 11.09.2014

Eine von Kindheitstraumata geplagte Schauspielerin, die unbedingt ihre eigene Mutter im Film verkörpern möchte. Ein arroganter Kinderstar auf Entzug. Eine junge Frau, die nicht nur durch Verbrennungen entstellt ist, sondern auch noch ein Geheimnis hütet. Nur drei der Figuren, die in der Traumfabrik Hollywood aufeinandertreffen und ins Verderben rennen... Es ist bezeichnend, dass der Kanadier David Cronenberg den ersten Film, der er auf amerikanischem Boden drehte, gleich zur Generalabrechnung mit Hollywood nutzt. In seinem Hollywood-Universum gibt es keinen einzigen normalen Menschen. Alles dreht sich nur darum, wer hier wen f**** oder wie man am schnellsten an seine Drogen kommt. Und genau die werden in rauhen Mengen benötigt, um die eigenen Psychosen zu überwinden – nur um damit andere Psychosen zu entwickeln! Cronenbergs Protagonisten (sensationell gut: Julianne Moore) nehmen kein Blatt vor den Mund (was dem Film sicherlich Probleme in Amerika machen wird) – hier geht es verbal ohne Tabus zur Sache. Cronenberg findet mit diesem Film endlich wieder zu seiner gewohnten Form zurück. Sein Film ist unangenehm und hält den Finger stets in die offene Wunde. So muss Kino sein, das auch nach dem Ende des Films noch nachwirkt. Anschauen!

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