Wolfram Hannemann
Filmkritiker / Freelance Journalist / Filmemacher

Wolfram Hannemann | Talstr. 11 | D-70825 Korntal | Germany | Phone: +49 (0) 711 838 06 49 | Fax: +49 (0) 711 8 38 05 18
e-mail: info (at) wolframhannemann.de

Home      Referenzen      Filmblog      Videoproduktion    Jugendschutzbeauftragter      Impressum
Filmblog Aktuell           Filmblog-Archiv           Filmtitel-Index
Freitag, 31. Oktober 2014
Reise ins Weltall und in die irische Natur
Zum Abschluss der Pressewoche ging es ins Weltall und durch irisches Moos

INTERSTELLAR (1:2.35, DD 5.1)
OT: Interstellar
Verleih: Warner
Land/Jahr: USA 2014
Regie: Christopher Nolan
Darsteller: Matthew McConaughey, Anne Hathaway, Jessica Chastain
Kinostart: 06.11.2014

Es herrscht eine apokalyptische Stimmung auf der Erde. Die Lebensmittelvorräte werden aufgrund zunehmend schlechter Ernten knapp. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die Menschheit ausstirbt. Ihre einzige Chance: das Erschließen anderer Planeten, die ein Weiterleben der Menschen ermöglichen. Die NASA schickt ein Forscherteam ins Weltall, um ein sogenanntes Wurmloch zu erforschen, mit Hilfe dessen ein Sprung in andere Galaxien möglich sein soll. Zum Team gehört Cooper, ein Vater und Ex-Pilot, der inzwischen als Farmer lebt. Für ihn gilt es, die Zukunft seiner Kinder zu retten... Geht man mit sehr hohen Erwartungen in einen Film, begibt man sich in Gefahr. Gefahr deshalb, weil die zu hohen Erwartungen zu großer Enttäuschung führen können. Leider ist man selbst als Filmkritiker vor solch gefährlichen Situationen nicht gewappnet. Als begeisterter Fan breitformatiger Filme war Christopher Nolans INTERSTELLAR von Anfang an ein hoch interessantes Projekt. Denn der Perfektionist drehte seinen neuen Film nicht etwa digital, wie das fast alle Filmemacher inzwischen tun, sondern er ließ ihn auf Negativfilm drehen. Und zwar sowohl in 35mm als auch im hochauflösenden IMAX 65mm Format. Die Vorfreude stieg ins Unermessliche, als bekannt wurde, dass INTERSTELLAR nicht nur als 4K DCP in die Kinos kommen würde, sondern auch mit 35mm-, 70mm- und IMAX 70mm-Kopien! Für Nolan selbst war die Auswertung speziell in IMAX 70mm enorm wichtig, da genau diese Fassung seinen künstlerischen Ambitionen am nächsten kommt. Da die Pressevorführung “nur” als 4K DCP (also digital) präsentiert wurde, muss ich meine Rezension als vorläufig betrachten. Ein finales Urteil wird es also erst geben, wenn ich mir die analoge IMAX-Fassung angesehen habe, was in Kürze passieren wird. Bis dorthin gilt mein vorläufiges Urteil. Will man INTERSTELLAR mit anderen Filmen vergleichen, so würde ich sagen, dass es sich um eine Mischung aus 2001 – ODYSSEE IM WELTRAUM und CONTACT handelt. An beide Filme gibt es in Nolans Werk unglaublich viele Reminiszenzen. Visuell ist der Film sehr beeindruckend, obgleich sich der richtige “Wow!”-Effekt nie einstellen mag. Dass der Film zu großen Teilen in hochauflösendem IMAX aufgenommen wurde, sieht man dem DCP nicht an. Leider. Was den Inhalt angeht, so bietet Nolan zweifelsohne intelligentes Sci-Fi-Kino, was allerdings etliche Zuschauer überfordern könnte. Überfordern deshalb, weil Nolan wissenschaftliche Erklärungen zu Schwarzen Löchern und Wurmlöchern auf ein Minimum reduziert. Immerhin gelingt es ihm, nachvollziehbare Charaktere in seinem Film zu präsentieren. Seine Vater-Tochter-Geschichte funktioniert perfekt. Warum Nolan allerdings fast drei Stunden (ohne Pause) benötigt, um seine Geschichte zu erzählen, bleibt etwas rätselhaft. Zwei Stunden hätten dafür ausgereicht. Als Komponist wird wie bei Nolan üblich Hans Zimmer genannt. Ob die Musik tatsächlich von ihm stammt oder nicht, sei einmal dahingestellt. Zumindest in Teilen unterstützt sie den Film hervorragend. Insbesondere der Einsatz einer Kirchenorgel gibt dem Film eine zusätzliche Dimension. Dass die Inspiration hierfür nichts anderes als das bei Kubrick verwendete “Also sprach Zarathustra”-Motiv von Richard Strauss war, lässt sich nicht leugnen. Achten Sie mal darauf, wenn Sie den Film sehen. Fazit: Christopher Nolans Film war für mich zwar keine Liebe auf den ersten Blick, aber eine Liebe, die sich durchaus noch entwickeln kann. Stay tuned!

Nachtrag 10.11.2014: Ich habe mir den Film nun ein zweites Mal angeschaut – im IMAX-Kino des National Media Museums in Bradford, wo er als IMAX 15/70 (also 70mm-Film, der horizontal durch den Projektor läuft) zu sehen ist. Was für ein grandioses Erlebnis! Der Wechsel zwischen Letterbox-Sequenzen und echten, leinwandfüllenden IMAX-Sequenzen erscheint zwar manchmal ziemlich willkürlich, doch wann immer sich das Bild über die gesamte Leinwand ausbreitet, zieht es den Betrachter förmlich in den Film hinein. Insbesondere der Flug durch Wurmloch und Schwarzes Loch verführt zum Atemanhalten! Der Werbeslogan von IMAX bewahrheitet sich hier: man sieht nicht nur einen Film, sondern man wird selber zum Teil des Films! Auch die extrem dynamische Tonspur überzeugte im Bradforder IMAX-Saal – definitiv besser als in anderen Kinos. In “normalen” Kinos (und hier ziehe ich explizit die 35mm- und 70mm-Präsentationen mit ein!) reduziert sich Nolans Film auf seine Story. In echtem IMAX passiert das nicht. Hier kann sich der Film vollständig entfalten und wird vollkommen anders wahrgenommen. Erst hier wird Nolans künstlerisches Konzept sichtbar. Fazit: wer den Film nicht in echtem IMAX 15/70 gesehen hat, der hat ihn nicht gesehen. Trust me!


THE BACHELOR WEEKEND (1:1.85, 5.1)
OT: The Stag
Verleih: Drei-Freunde
Land/Jahr: Irland 2013
Regie: John Butler
Darsteller: Andrew Scott, Hugh O'Conor, Amy Huberman
Kinostart: 06.11.2014

Wider seinen Willen wird der kurz vor der Hochzeit mit Ruth stehende Fionnan von seinen Kumpels auf eine Junggesellenabschiedstour mitgenommen. Gemeinsam wollen die Freunde mit ihrem Trip in freier Natur noch einmal so richtig abfeiern. Dumm nur, dass sich Ruths Bruder, von allen nur “The Machine” genannt, der Gruppe anschließt. Denn ab jetzt ist Schluss mit lustig... Glaubt man der Marketing-Kampagne für diesen Film, so stellt sich schnell der Eindruck ein, es könnte ein unterhalb der Gürtellinie orientierter Film im Stile von AMERICAN PIE sein. In Wirklichkeit jedoch entpuppt sich John Butlers Komödie als eine durchaus liebenswerte Geschichte über das Finden zu sich selbst. Fast jeder in der auf Abenteuertrip gehenden Männergruppe schlägt sich mit unbewältigten Problemen herum, die sich aus der Distanz wesentlich besser erkennen lassen und auch zu Lösungen führt. Allerdings leidet der Film hin und wieder an Längen, beispielsweise wenn der Trauzeuge abends am Lagerfeuer einen Song zum Besten gibt – mit gefühlten 300 Strophen! Natürlich gibt es auch ein paar Griffe unter die Gürtellinie (“The Machine” hat eine unappetitliche Masturbationsszene), doch halten die sich in Grenzen. THE BACHELOR WEEKEND ist ein kleiner Film für Zwischendurch, den man nach dem Kinobesuch vermutlich gleich wieder vergessen hat.
Donnerstag, 30. Oktober 2014
Was die Seele wiegt und was Menschen im Keller verstecken
Zwei schwerwiegende Fragen, denen die heutigen Filme auf den Grund gingen

1001 GRAMM (1:2.35, DD 5.1)
OT: 1001 Gram
Verleih: Pandora
Land/Jahr: Norwegen, Frankreich, Deutschland 2014
Regie: Bent Hamer
Darsteller: Ane Dahl Torp, Laurent Stocker, Stein Winge
Kinostart: 18.12.2014

Wie ihr alter Vater arbeitet auch Marie als Wissenschaftlerin im norwegischen Eichamt. Als ihr Vater stirbt und sie sich auch noch mit der Trennung von ihrem Lebensgefährten herumschlagen muss, fast sie den Entschluss, in die Fußstapfen ihres alten Herrn zu treten und das letzte noch verbliebene physikalische Referenzmaß, das Kilo, zu einer Konferenz nach Paris zu bringen, um es dort neu kalibrieren zu lassen. Eine Reise, die ihr Leben nachhaltig verändern wird... Alleine schon Christian Rosenlunds CinemaScope-Bilder lohnen den Besuch dieses Films. Da werden beispielsweise Ortschaften zu geometrischen Figuren, wenn man sie von oben betrachtet. Oder wird ein Haus zu einem Ort der Einsamkeit, wenn man es ins richtige Licht rückt. Rosenlunds Bilder sprechen eine klare Sprache. Und da Bent Hamer den Film inszeniert hat, fehlen natürlich auch skurrile Elemente nicht. Da tragen beispielsweise die Wissenschaftler aus aller Herren Länder ihre in Metallbehälter verstaute Eich-Kilos wie Urnen durch die Gegend, in der anderen Hand einen blauen Regenschirm haltend. Was wiegt ein Menschenleben, was die Seele? Hamer erzählt in seinem Film davon, wie Marie ihr Leben ins Gleichgewicht bringt – das einer nüchternen Wissenschaftlerin und das einer warmherzigen, verletzlichen Frau. Von seiner Stimmung her jedenfalls würde der Film ein wunderbares Double Feature mit MR. MAY UND DAS FLÜSTERN DER EWIGKEIT zusammen ergeben.

IM KELLER (1:1.85, DD 5.1)
Verleih: Neue Visionen
Land/Jahr: Österreich 2014
Regie: Ulrich Seidl
Kinostart: 04.12.2014

Was genau tun Sie eigentlich, wenn Sie in den Keller gehen? Der Österreicher Ulrich Seidl wollte das ganz genau wissen. In seinem Film präsentiert er einige ungewöhnliche Exemplare der Spezies Mensch, die in ihren jeweiligen Kellern ihren wahren Leidenschaften frönen: Schießen, Trinken, Pythons hüten, Sex haben. Grenzen gibt es hier nicht. Und auch nicht in Seidls Film. In seinem Dokumentarfilm kommt das Hinabsteigen in den Keller einem Abstieg in die dunkle Seite der Seele der Menschen gleich. Zumindest in den überwiegenden Fällen, die er kommentarlos zeigt. Ob das auf Sado-Maso-Dienstleistungen spezialisierte Pärchen, der Nazi-Fan oder die Ehefrau, die ihre Mann als Sklaven hält – sie alle präsentieren sich derart offenherzig vor Seidls Kamera, dass einem bei soviel Exhibitionismus fast schon angst und bang wird. Speziell die Praktiken, die die Eheleute vorführen, sind für den Betrachter alles andere als angenehm (vom gepeinigten Ehemann ganz zu schweigen) und könnten durchaus zu einer Freigabe nicht unter 18 Jahren führen. Zwischen seinen Protagonisten zeigt Seidl immer wieder in Form von Stilleben weitere Personen, die ihrem Hobby im Keller frönen (den Einfall mit den regungslos vor laufender Kamera posierenden Menschen hat sich Seidl offensichtlich aus BARAKA geborgt). Bleibt die spannende Frage, wie der Regisseur an seine “Kellerbewohner” gekommen ist und wie es ihm gelang, sie davon zu überzeugen, sich für sein Projekt zu outen.

HAPPY NEW YEAR (1:2.35, 5.1)
OT: Happy New Year
Verleih: Rapid Eye Movies
Land/Jahr: Indien 2014
Regie: Farah Khan
Darsteller: Shah Rukh Khan, Deepika Padukone, Abhishek Bachchan
Kinostart: 30.10.2014

Um eine alte Rechnung zu begleichen, beschließen vier Freunde, einen fiesen Millionär um ein paar kostbare Diamanten zu erleichtern. Um jedoch überhaupt in die Nähe des Tresors zu kommen, müssen die Kumpels einen Tanzwettbewerb gewinnen. Da keiner von ihnen tanzen kann, holen sie sich professionelle Hilfe... Mit HAPPY NEW YEAR inszenierte die mit OM SHANTI OM als Regisseurin berühmt gewordene Farah Khan ganz typisches Blockbuster Bollywood-Kino. Exotische Locations, grelle Farben, viel nackte Haut, faltenretuschierte Hochglanzkörper und eine hanebüchene Story, die sämtliche Genres abdecken muss – das sind die Zutaten, die darauf abzielen, einen Überflieger aus dem Film zu machen. Doch das Konzept wirkt inzwischen recht abgedroschen und so hält sich die Begeisterung in Grenzen. Der in zwei Teile gegliederte Film nimmt im zweiten Teil deutlich an Fahrt auf und präsentiert dann sogar einige überraschende Plot-Twists. Song & Dance Nummern gibt es freilich auch, doch sind die meist relativ einfallslos inszeniert. Echte Bollywood-Fans dürfte Farah Khans Film ziemlich enttäuschen.
Mittwoch, 29. Oktober 2014
Das Erbe, das man nicht ausschlagen kann
Zur Wochenmitte stand eine vergnügliche Dokumentation auf dem Programm

TITOS BRILLE (1:1.85, 5.1)
Verleih: X Verleih (Warner)
Land/Jahr: Deutschland 2014
Regie: Regina Schilling
Darsteller: Adriana Altaras
Kinostart: 11.12.2014

Dass Dokumentarfilme nicht unbedingt vollkommen trocken und ohne jeglichen Witz ablaufen müssen, beweist Regina Schilling mit TITOS BRILLE. In Szene gesetzt hat sie ihre Doku nach einem Bestsellerbuch von Adriana Altaras. Die 1960 im ehemaligen Jugoslawien geborene Schauspielerin, glücklich verheiratet in Berlin und Mutter zweier Söhne, wird die Geister ihrer jüdischen Eltern einfach nicht los. Ihr Erbe besteht aus unzähligen Fotografien und Super 8 Filmen, die ihre inzwischen verstorbenen Eltern im Laufe der vielen Jahre gemacht haben. So macht sich Adriana jetzt mit viel jüdischem Witz und deutscher Gründlichkeit in ihrem Mercedes auf eine Reise in die Vergangenheit. Ihr Weg führt sie von Berlin nach Gießen, von dort schließlich nach Slowenien, Italien, Kroatien. In Split, auf Vis, in Zagreb und auf Rab besucht sie Weggefährten ihrer Eltern, die einst eifrige Partisanen unter General Tito waren. Entstanden ist dabei ein höchst vergnügliches, aber ebenso bewegendes Porträt einer Familie, die zwar den Holocaust überlebt hat, aber dennoch aus ihrem Land fliehen musste. Ein Porträt, an dessen Ende die Erkenntnis steht, dass man weder Herkunft noch Vergangenheit ausblenden kann. Sie sind ein Erbe, das man nicht ausschlagen kann.
Dienstag, 28. Oktober 2014
Eine Frau steht ihren Mann
Western sind in der heutigen Filmlandschaft äußerst rar geworden. Eines dieser seltenen Exemplare gab es heute in der Pressevorführung zu sehen.

THE HOMESMAN (1:2.35, DD 5.1)
OT: The Homesman
Verleih: Universum Film (24 Bilder)
Land/Jahr: USA 2014
Regie: Tommy Lee Jones
Darsteller: Tommy Lee Jones, Hilary Swank, Grace Gummer, John Lithgow, Meryl Streep
Kinostart: 18.12.2014

Autoritär, direkt und rechthaberisch – so wird sie von den Männern in ihrer Umgebung bezeichnet. Emanzipiert würde man sie heutzutage nennen. Doch Mitte des 19. Jahrhunderts wollten die Männer davon nichts wissen. Dabei möchte die 31jährige Mary Bee Cuddy einfach nur heiraten, damit sie ihre kleine Farm im kargen Nebraska gemeinschaftlich bewirtschaften kann. Doch anders als die Frauen um sie herum ist Cuddy eine sehr starke Persönlichkeit, die sich auch nicht scheut, sich ganz allein hinter den Pflug zu stellen und in mühseliger Arbeit den Acker zu bestellen. Cuddy ist ihrer Zeit einfach viel zu weit voraus. Da wundert es auch nicht, dass es ausgerechnet sie ist, die drei vom Westen in den Wahnsinn getriebene Frauen zurück in den Osten zur Zivilisation transportieren soll. Durch Zufall kann sie dem alten Rauhbein Briggs das Leben retten. Im Gegenzug verspricht der, sie auf der strapaziösen Reise zu begleiten. Gemeinsam trotzen die beiden allen Gefahren... Bereits zu Beginn des Films verrät Marco Beltramis Filmmusik, dass der glorifizierte Westen für viele nicht das ist was er hätte sein können: die Melodie klingt wehmütig, weit entfernt, als wolle sie an längst vergangene Zeiten erinnern. Tommy Lee Jones‘ zweite Regiearbeit widmet sich einem Thema, das so noch nicht gezeigt wurde. Denn für viele Frauen wurde das gelobte Land zum Alptraum. Das abgeschiedene Leben und das kompromisslose Land trieben sie in den Wahnsinn. So ist Jones‘ Film auch kein Western im üblichen Sinne. Er selbst mag eigentlich gar nicht von einem Western sprechen. Es ist ein Melodrama, angesiedelt im Wilden Westen, in dem es um den Zusammenhalt der Menschen geht. Cuddy und Briggs, zwei grundverschiedene Menschen, werden durch ihre Reise zusammengeschweißt – ob sie es haben wollen oder auch nicht. Gespielt werden die beiden von einer grandiosen Hilary Swank und einem noch grandioseren Tommy Lee Jones. Er ist vielleicht sogar etwas überzeichnet, trägt Züge einer Karikatur, aber man mag ihn eigentlich von der ersten Sekunde an. Swank als Frau die Anpacken kann, trotzdem aber auch eine verletzliche Seite offenbart, ist das perfekte Pendant zu Jones. Neben den beiden Protagonisten glänzen auch die Nebendarsteller, z.B. Grace Gummer, Sonja Richter und Miranda Otto als das äußerst fragile Transportgut – drei Frauen mit leeren Gesichtern, vom Westen gezeichnet. Der dritte Protagonist im Spiel ist Kameramann Rodrigo Prieto, der wundervolle CinemaScope-Bilder zaubert – Bilder, die oft nur vom Horizont begrenzt werden. Optimal darauf abgestimmt Beltramis Filmmusik – gefühlvoll und wehmütig. Tommy Lee Jones (der auch am Drehbuch mitarbeitete) inszenierte mit sicherer Hand einen Film, der sich durch seine epische Ruhe ganz bewusst zeitgenössischen Sehgewohnheiten entzieht und den Zuschauer damit voll in seinen Bann schlägt.
Freitag, 24. Oktober 2014
Kino in der Wüste
Ein filmisches Essay bildete den Abschluss einer quantitativ recht dürren Pressewoche

SAHARA SALAAM – DIE ACHSE DES LÄCHELNS (1:1.85, 5.1)
Verleih: Eigenverleih des Regisseurs
Land/Jahr: Deutschland 2013
Regie: Wolf Gaudlitz
Kinostart: bereits gestartet

Eine leere Plastikflasche wird vom Wind durch den Wüstensand gerollt, ein leerer Plastikbecher überholt sie. Die Wüste ist riesig, die Einstellung dauert lange. In seinem Dokumentarfilm (oder besser: in seinem filmischen Essay) gibt Regisseur Wolf Gaudlitz dem Zuschauer alle Zeit der Welt, um über diese Szene zu sinnieren, ihre Bedeutung zu ergründen. Alles ist anders in der Sahara, in der Raum und Zeit keine Bedeutung mehr zu haben scheinen. In dieser unwirtlichen Gegend ist Wolf Gaudlitz schon seit über einem Jahrzehnt unterwegs. Anfangs noch einzig als Kinomacher, der den Tuaregs Kino in ihre Dörfer bringt, später als Filmemacher, der uns die Menschen näher bringen möchte, die ihm auf seinen Reisen begegnen. Einen Kommentar aus dem Off gibt es nicht, dafür erklärende Texteinblendungen sowie direkt in die Kamera gesprochene Kommentare des Regisseurs. Leider lässt die Bildqualität des in einem Zeitraum von über 10 Jahren gesammelten Filmmaterials sehr zu wünschen übrig, da nicht in HD produziert wurde. - Regisseur Wolf Gaudlitz kam heute eigens für die Pressevorführung aus Sizilien angereist, um sich den Fragen der anwesenden Filmkritiker zu stellen. Und das war auch gut so. Denn erst im Gespräch mit dem Filmemacher wurde die politische Dimension seines Films klar. Zu Recht kam dann natürlich auch gleich die Frage, warum eine solch klare Aussage nicht bereits Bestandteil des Films sei – worauf es zumindest für mich keine wirklich befriedigende Antwort gab. Vielleicht wäre Gaudlitzs Kommentierung des Films und der von ihm erlebten Abenteuer ein wesentlich spannenderer Film geworden als es SAHARA SALAAM jetzt ist. Ohne ein Vorwissen an bestimmte Ereignisse in Algier, die schon viele Jahre zurückliegen, fällt es dem Zuschauer sehr schwer, eine Brücke zu Gaudlitzs Anliegen zu schlagen. Vielmehr werden unvorbereitete Zuschauer den Film als ein Essay über die Erlebnisse eines Wanderkinobetreibers in der Sahara sehen, sozusagen als einen Reiseabenteuerfilm.
Donnerstag, 23. Oktober 2014
Ein Amerikaner in Paris
Heute stand mal wieder eine Theaterverfilmung auf meinem Filmfahrplan

MY OLD LADY (1:2.35, DD 5.1)
OT: My Old Lady
Verleih: Ascot Elite (Paramount)
Land/Jahr: USA, Frankreich 2014
Regie: Israel Horovitz
Darsteller: Kevin Kline, Maggie Smith, Kristin Scott Thomas
Kinostart: 20.11.2014

Mathias, ein abgebrannter Amerikaner, kommt nach Paris, um das Erbe seines Vaters, eine riesige Wohnung in der Innenstadt, anzutreten. Doch seine Pläne, die Wohnung zu verkaufen, scheitern erst einmal an der Tatsache, dass die Wohnung von der 90jährigen Mathilde sowie deren Tochter Chloe auf Basis einer Immobilienleibrente bewohnt wird! Während Mathias verzweifelt nach einer Lösung sucht, die Wohnung schnellstmöglich in Geld zu verwandeln, wird er durch die beiden Frauen mit seiner eigenen Vergangenheit konfrontiert und kommt einem Familiengeheimnis auf die Spur... Regisseur Israel Horovitz hat mit MY OLD LADY sein eigenes Theaterstück verfilmt. Leider kann diese Dramödie ihre Herkunft nicht komplett kaschieren, da naturgemäß das Hauptaugenmerk hier bei den Dialogen liegt. Vorgetragen werde diese zwar von einem guten Darstellerensemble, doch wirkt der Film insgesamt recht träge. Auf der Bühne funktioniert so etwas bestimmt hervorragend, jedoch stellt man an einen Film ganz andere Ansprüche. Fazit: nur bedingt zu empfehlen.
Mittwoch, 22. Oktober 2014
Love Food
Hat mir der heutige Film Appetit gemacht? Die Kurzkritik verrät‘s

DER KOCH (1:2.35, 5.1)
Verleih: Senator
Land/Jahr: Deutschland, Schweiz, Indien 2013
Regie: Ralf Huettner
Darsteller: Hamza Jeetooa, Jessica Schwarz, Hanspeter Müller-Drossaart
Kinostart: 27.11.2014

Gemeinsam mit seiner ehemaligen Kollegin Andrea verwirklicht der vom Bürgerkrieg in Sri Lanka nach Zürich geflohene tamilische Koch Maravan seine Geschäftsidee: die aphrodisische Küche. Mit seinen Menüs aus der Molekularküche soll wieder Schwung in eingerostete Liebesbeziehungen gebracht werden. Der Erfolg bleibt nicht aus. Bald schon gehören zahlungskräftige Männer aus Politik und Wirtschaft zur Kundschaft der beiden. Als er eines Tages einen schleimigen Waffenhändler, der Waffen nach Sri Lanka liefert, verköstigen soll, fasst Maravan einen folgenschweren Entschluss... Wenn schon erotisierendes Essen im Mittelpunkt eines Films steht, dann sollte das zumindest ansatzweise auch so fotografiert werde, dass diese Wirkung für den Zuschauer nachvollziehbar wird. Doch genau das passiert in diesem Film nicht. Weder die Zubereitung der Menüs noch der Genuss des Essens werden “erotisch” in Szene gesetzt! Stattdessen darf man in Großaufnahme sehen, wie ein Fisch zerlegt wird – und das nicht nur einmal. Und das ist nicht das Einzige, was bei Ralf Huettners Verfilmung des Romans von Martin Suter schiefgeht. Die Beweggründe des Kochs, den Waffenhändler umzubringen, sind leider nicht gänzlich nachvollziehbar. Auch dass Maravans Großmutter irgendwann sang- und klanglos vom Radar verschwindet, ist etwas merkwürdig. Jedoch passt es zu der holprigen Inszenierung. Richtiges Kino geht anders.
Dienstag, 21. Oktober 2014
Der selbstgefällige Zyniker
Das heutige Motto lautete einmal mehr “Vorsicht! Filmkunst!” – der Cannes-Gewinner wurde uns kredenzt

WINTERSCHLAF (1:2.35, DD 5.1)
OT:
Verleih: Weltkino
Land/Jahr: Türkei, Deutschland, Frankreich 2014
Regie: Nuri Bilge Ceylan
Darsteller: Haluk Bilginer, Melisa Sözen, Demet Akbag
Kinostart: 11.12.2014

Die karge Berglandschaft von Kappadokien. Hier betreibt der ehemalige Schauspieler Aydin ein kleines Hotel sowie mehrere Mietshäuser. Mit ihm zusammen leben seine deutlich jüngere Frau Nihal sowie seine geschiedene Schwester Necla. Die Drecksarbeit lässt Aydin von seinem Hausmeister durchführen, während er sich dem Schreiben einer Kolumne widmet – einer Kolumne, mit der er stets seine Leserschaft zu belehren versucht. Während sich der Winter zunehmend des Landes bemächtigt, kommt es zwischen Aydin und seinem gesamten Umfeld zu immer größeren Spannungen, bei denen Aydin als selbstgefälliger Zyniker demaskiert wird... Das mit der Goldenen Palme in Cannes ausgezeichnete Werk ist im Grunde genommen ein Kammerspiel. Hier geht es weit weniger um Bilder denn um Dialoge. Die sind zwar durchaus interessant, etwa wenn Aydin mit seiner Schwester philosophische Gedanken diskutiert, doch die sich schier endlos hinziehenden Gespräche ermüden auf Dauer, was bei dem 196 Minuten langen Film (es gibt keine Pause) ohnehin schon grundsätzlich der Fall ist. Was es mit dem Titel des Films auf sich hat, erläutert Laut Regisseur Nuri Bilge Ceylan wie folgt. Laut Ceylan befinden sich viele türkische Intellektuelle – besonders ehemalige Schauspieler – in einer Art Winterschlaf: “Denn sie haben ihr ganzes Leben lang in Shakespeare-Stücken gespielt. Sie leben ein sehr intellektuelles Leben in geschlossenen Kreisen zusammen mit anderen Schauspielern. In jedem Land gibt es solche Unterschiede, die Intellektuellen sind immer ein wenig von der Gesellschaft isoliert. Vielleicht kommt dieses Phänomen in der Türkei etwas mehr zum Tragen.”
Donnerstag, 16. Oktober 2014
Der Berg ruft
Die magischen Landschaften des Engadins dienten heute als Kulisse für ein Drama um eine reife Diva

CLOUDS OF SILS MARIA (1:2.35, DD 5.1 EX)
OT: Clouds Of Sils Maria
Verleih: NFP (Filmwelt)
Land/Jahr: Deutschland, Frankreich, Schweiz 2014
Regie: Olivier Assayas
Darsteller: Juliette Binoche, Kristen Stewart, Chloe Grace Moretz, Lars Eidinger
Kinostart: 18.12.2014

20 Jahre ist es her, dass die gefeierte Bühnen- und Filmschauspielerin Maria Enders in einem Stück die 18jährige Sigrid spielte, die ihre Chefin in den Selbstmord treibt. Jetzt soll Maria wieder im selben Stück spielen. Doch nicht mehr die Rolle der verführerischen Sigrid, sondern die der Chefin. Während sie sich zusammen mit ihrer Assistentin Valerie in der Abgeschiedenheit der Schweizer Bergwelt auf die Rolle vorbereitet, wird sie unfreiwillig mit ihrer eigenen Vergangenheit konfrontiert... Der wirklich Herausragende in diesem Film ist seine Besetzung. Juliette Binoche als alternde Diva, die mit ihrer eigenen Vergangenheit konfrontiert wird, Kristen Stewart als ihre loyale Assistentin mit übergroßer Brille sowie Chloe Grace Moretz als das skandalumwitterte Starlet – dieses Damen-Trio ist unglaublich gut! Sie verleihen dem Film dadurch Authentizität. Aber auch die Nebenrollen sind bestens besetzt. Ob Lars Eidinger als deutscher Theaterregisseur oder Hanns Zischler als schleimiger Schauspielerkollege – hier stimmt einfach alles. Weniger stimmig hingegen die teils eigenwilligen Szenenübergänge, die etwas zuviel von der Überblendung Gebrauch machen. Irgendwie seltsam anmutend dann die Naturaufnahmen der Bergwelt des Engadin, die allesamt irgendwie unwirklich, fast schon künstlich aussehen.
Dienstag, 14. Oktober 2014
Ein Friseur und ein Whistleblower
Was recht seicht begann setzte sich recht spannend fort

COMING IN (1:2.35, 5.1)
Verleih: Warner
Land/Jahr: Deutschland 2014
Regie: Marco Kreuzpaintner
Darsteller: Kostja Ullmann, Aylin Tezel, Ken Duken, Katja Riemann
Kinostart: 23.10.2014

Starfriseur Tom Herzner, Leitfigur der Berliner Schwulenszene, will seine erfolgreiche Shampoo-Serie von der männlichen Kundschaft auf weibliche Kundschaft erweitern. Damit das aber klappt, muss der überzeugte Homo zunächst erkunden, was Frauen eigentlich wollen. So lässt er sich inkognito als Lehrling im Salon der feschen Heidi anstellen – mit ungeahnten Folgen für beide... Heteros sind die neuen Schwulen – das könnte tatsächlich das Fazit aus Marco Kreuzpaintners Romantik-Komödie sein. Eine Komödie, die leider kein Klischee aus der Schwulenszene auslässt. Frei nach dem Motto: Frauen verlieben sich immer in ihren besten schwulen Freund und Schwule wollten ja immer schon mal mit einem Mädchen. Dass unser schwuler Protagonist selbstverständlich Friseur ist, ist eines der vielen Klischees, mit dem der Film Lacher auf seine Seite ziehen möchte. Das aber gelingt freilich nur dann, wenn man so etwas zum allerersten Mal sieht und hört. Weitaus störender als das schwache Drehbuch sind die oft akustisch nicht verständlichen Dialoge. Liegt’s am Nuscheln der Darsteller oder haben die Mischtonmeister versagt? Immerhin gibt es einen Sonnenschein im Cast: Aylin Tezel! Sie spielt die Rolle der Heidi so herzerfrischend, dass man alles andere bequem ausblenden kann.

CITIZENFOUR (1:1.85, 5.1)
Verleih: Piffl
Land/Jahr: Deutschland, USA 2014
Regie: Laura Poitras
Darsteller: Edward Snowden
Kinostart: 06.11.2014

Die Dokumentarfilmemacherin Laura Poitras erhält im Januar 2013 anonyme E-Mails, in der Beweise für Massenüberwachungsprogramme der NSA und anderer Geheimdienste in Aussicht gestellt werden. Der Absender der E-Mails nennt sich “Citizenfour”. Damit beginnt einer der spannendsten Dokumentarfilme der letzten Zeit. Kurze Zeit später sitzt Laura Poitras mit laufender Kamera und zwei Journalisten in Hong Kong im Hotelzimmer des Unbekannten. Noch ahnt niemand, dass hier Geschichte geschrieben wird. “Citizenfour” ist niemand anderer als Edward Snowden, jener Whistleblower, dessen Enthüllungen die Welt für immer verändern werden. Minute um Minute, Tag um Tag erleben wir hautnah, was sich in diesem Hotelzimmer abspielt. Hier ist nichts geprobt oder nachgestellt – alles ist authentisch: hochbrisantes Filmmaterial, das die Geheimdienste ganz sicher am liebsten hätten verschwinden lassen. Man blickt gebannt auf die Leinwand, als plötzlich der Feueralarm im Hotel ausgelöst wird, leidet mit Snowden, der als Einziger ganz genau zu wissen scheint, was auf ihn zukommt. History in the Making – sehenswert.
Freitag, 10. Oktober 2014
Blutiger Schnee
Das letzte Doppel in dieser Woche hatte viel im Gepäck: Schnee, Blut, Leichen, Anwälte und einen Richter.

EINER NACH DEM ANDEREN (1:2.35, 5.1)
OT: Kraftidioten
Verleih: Neue Visionen
Land/Jahr: Norwegen, Schweden, Dänemark 2014
Regie: Hans Petter Moland
Darsteller: Stellan Skarsgård, Bruno Ganz, Pål Sverre Valheim Hagen
Kinostart: 20.11.2014

Mit seinem Schneepflug räumt Nils Tag für Tag die verschneiten Straßen eines dünn besiedelten Landstrichs irgendwo in Norwegen, was ihn jüngst zum “Bürger des Jahres” ausgezeichnet hat. Doch als sein Sohn unverschuldet ermordet wird und die Polizei nichts unternimmt, mutiert er zum eiskalten Racheengel... Die Leiche ist an ein Verkehrsschild gebunden, das gerade noch so aus dem tiefen Schnee herausragt. Verblüfft stehen die beiden Kleinstadtpolizisten davor. Sagt der Eine: “So war das hier doch noch nie”. Erwidert der Andere: “Jetzt ist es aber so.” Nur einer von vielen komischen Momenten, mit denen Regisseur Hans Petter Moland seine schwarze Komödie ausstaffiert. Da gibt es dann nicht nur den “Grafen”, einen ganz bösen Psychopathen, der sich neben seinem schwierigen Job als Drogenhändler auch noch um das Wohlergehen seines kleinen Sohnes kümmern muss (was ihm den letzten Nerv raubt), sondern auch den “Chinesen”, der eigentlich ein Japaner ist, der in Dänemark geboren wurde. Nicht zu vergessen die Helfershelfer, die sich mit ganz alltäglichen Dingen herumschlagen müssen wie beispielsweise Zahnschmerzen. Und es wird gestorben was das Zeug hält! Als Running Gag versorgt uns der Regisseur immer wieder mit Sterbetafeln, die anzeigen, wer in der jeweiligen Szene denn nun tatsächlich umgekommen ist. Was sich am Anfang noch als knallharter Rachekrimi anfühlt, entwickelt sich im Laufe des Films (wenn auch recht schleppend) zu einer gut besetzten, rabenschwarzen Komödie, die richtig Spaß macht

DER RICHTER – RECHT ODER EHRE (1:2.35, DD 5.1)
OT: The Judge
Verleih: Warner
Land/Jahr: USA 2014
Regie: David Dobkin
Darsteller: Robert Downey Jr., Robert Duvall, Leighton Meester, Billy Bob Thornton
Kinostart: 16.10.2014

Ein New Yorker Staranwalt kehrt in seine alte Heimat zurück, um seinen Vater, einen angesehenen Richter, in einem Mordprozess zu verteidigen. Mit DER RICHTER präsentiert Regisseur David Dobkin vorzügliches Schauspielerkino. Robert Downey Jr. und Robert Duvall überzeugen als Vater-Sohn-Duo, das seine zerbrochene Beziehung neu überdenken muss. Allerdings lässt das Drehbuch dabei keine Klischees aus: die zerrüttete Ehe, die kleine Tochter, die alte Liebe, der Patriarch – alle diese Ingredienzien kennt man aus vielen anderen Filmen bereits. So trägt am Ende alleine der Vater-Sohn-Konflikt den Film. Der ist zwar mit 140 Minuten überlang, doch – und das muss man der Inszenierung anrechnen – es kommt keine Langeweile auf.
Donnerstag, 09. Oktober 2014
Scheidung auf israelisch
Lessons learned today: Andere Länder, andere (Un)Sitten.

GET – DER PROZESS DER VIVIANE AMSALEM (1:1.85, DD 5.1)
OT: GETT - Le Procès De Viviane Amsalem
Verleih: Salzgeber
Land/Jahr: Israel, Frankreich, Deutschland 2014
Regie: Ronit Elkabetz, Shlomi Elkabetz
Darsteller: Ronit Elkabetz, Menashe Noy, Simon Abkarian
Kinostart: 15.01.2015

Viviane und Elisha leben schon lange getrennt, Viviane will die Scheidung haben. Doch Elisha verweigert ihr den “GET”, den Scheidungsbrief. Ohne den aber läuft sie Gefahr, zur sozialen Außenseiterin in der Gesellschaft zu werden. Was folgt ist ein sich über fünf Jahre erstreckender Prozess vor einem jüdisch-orthodoxen Rabbinatsgericht, der alles von ihr abverlangt... Die staatliche Ehe in Israel ist bis zum heutigen Tag nicht existent. An ihre Stelle rückt religiöses Recht. Was das insbesondere für Frauen bedeutet, schildern Ronit und Shlomi Elkabetz in ihrem Film auf sehr eindringliche Weise. Inszeniert haben die beiden ihren Film als Theaterstück. Es gibt nur zwei Räume (den Gerichtssaal und das Vorzimmer), Großaufnahmen und Halbtotale dominieren. Schon gleich zu Beginn des Films macht der Schnitt klar, dass in der orthodoxen israelischen Gesellschaft die Frau nichts zählt: es dauert eine ganze Zeit, bis die Kamera endlich auch den Blick freigibt auf die Protagonistin. Was folgt ist ein vollkommen absurder und grotesker Prozess vor dem jüdisch-orthodoxen Rabbinatsgericht, der zudem kafkaeske Züge trägt. Vieles von dem was hier abläuft ist zwar urkomisch, doch das Lachen bleibt einem eigentlich im Halse stecken. Co-Regisseurin Ronit Elkabetz, ein Star in ihrer Heimat und auch hierzulande durch Filme wie DIE BAND VON NEBENAN, hat selbst die Hauptrolle übernommen. Sie glänzt in der Rolle der Viviane, einer Frau, die bis zur letzten Minute um ihre Rechte kämpft. Sehenswertes Arthaus-Kino.
Mittwoch, 08. Oktober 2014
Neues von den Turtletäubchen
Hirn aus, Film ab – mein Mittwoch!

TEENAGE MUTANT NINJA TURTLES (1:2.35, 3D, DD 5.1 + 7.1 + Atmos)
OT: Teenage Mutant Ninja Turtles
Verleih: Paramount
Land/Jahr: USA 2014
Regie: Jonathan Liebesman
Darsteller: Megan Fox, Will Arnett, William Fichtner
Kinostart: 16.10.2014

Eine New Yorker TV-Reporterin kommt dem “Foot Clan” auf die Schliche, einer skrupellosen Verbrecherbande, angeführt von Bad Guy “Shredder”. Dabei macht sie zu ihrem Erstaunen Bekanntschaft mit einem überlebensgroßen Schildkröten-Quartett, das nicht nur vorzüglich Englisch spricht, sondern auch hervorragend mit dem Schwert umzugehen versteht! Ausgebildet von einer vermenschlichten Riesenratte haben die Turtles Shredder den Kampf angesagt. Lasst die Party beginnen! - Kaum zu glauben, dass die Turtles ein Reboot bekommen haben! Was in den 1990er-Jahren zum ersten Mal den Weg ins Kino fand, soll jetzt die nachwachsende Generation von Kinogängern aus den Wohnstuben in die Plexe locken. Wer überlautes, schrilles, von visuellen Effekten dominiertes Kino mag, der wird sich an den Schildkröten sowie Megan Fox ergötzen. Wer etwas mehr Tiefe in der Geschichte verlangt, der ist hier fehl am Platz. Tiefe gibt es nämlich nur in technischer Hinsicht – 3D sei Dank. Immerhin imponiert zumindest jene Sequenz, in der die Turtles mit Kind und Kegel einen schneebedeckten Abhang hinabgleiten. Diese Sequenz ist wirklich atemberaubend choreographiert und lohnt das Wachbleiben in einem Film, der seine flache Story durch ein optisch und akustisches Bombardement zu kaschieren versucht. Wer sich trotz dieser Rezension den Film unbedingt anschauen will, dem sei der Besuch eines IMAX-Kinos ans Herzen gelegt. Denn für genau solche Spielstätten ist das Spektakel konzipiert.
Dienstag, 07. Oktober 2014
Urlaub? Schottland!
Nach einer deutschen Komödie mit Schauplatz Frankfurt ging es anschließend mit einer britischen Komödie in die schottischen Highlands

ALLES IST LIEBE (1:2.35, 5.1)
Verleih: Universal
Land/Jahr: Deutschland 2014
Regie: Markus Goller
Darsteller: Nora Tschirner, Tom Beck, Heike Makatsch, Wotan Wilke Möhring, Christian Ulmen, Fahri Yardim, Friedrich Mücke, Katharina Schüttler, Elmar Wepper, Inez Bjørg David, Cordula Stratmann, Nina Eichinger, Bernd Herzsprung, Dunja Rajter
Kinostart: 04.12.2014

Frankfurt, Deutschland. Es sind noch drei Tage bis Weihnachten, dem großen Fest der Liebe. Und genau damit haben fünf unterschiedliche Paare zu kämpfen. Kiki trifft ihre große Liebe wieder; Klaus weiß nicht, ob er seinen Viktor heiraten soll; Kerem versucht verzweifelt, seine Familie vor dem finanziellen Ruin zu bewahren; Hannes und Clara leben getrennt, können aber nicht ohne den Anderen; und Martin sucht die Frau, die er vor 30 Jahren hat sitzen lassen... Wenn bei Markus Gollers Film ein anderer Film Pate gestanden hat, dann kann es sich nur um TATSÄCHLICH...LIEBE aus dem Jahre 2003 handeln. Die Ähnlichkeiten im Aufbau sind leider unübersehbar. So wundert es denn auch nicht weiter, dass hier alles nur wie eine Kopie mit Variationen des Originals aussieht und eingefleischte Filmfans daher ziemlich enttäuschen dürfte. Irgendwie passt der in Gollers Film aufgezogene Weihnachtsrummel eigentlich ganz und gar nicht nach Deutschland. Sein Film ist zwar in Frankfurt angesiedelt, doch die Weihnachtshysterie erinnert an englische oder amerikanische Verhältnisse, fühlt sich aber in Frankfurt an wie ein Fremdkörper. Einige der im Film entwickelten Episoden werden nicht weitergeführt, wodurch die Erwartungen der Zuschauer leider enttäuscht werden. Ebenso gehen manche Schnitte schief, etwa wenn das kleine Mädchen ins Wasser springt und vom Weihnachtsmann gerettet wird. Diese Sequenz wird einfach unterbrochen und erst später weitergeführt, wodurch natürlich die Dramatik verlorengeht. Leider wurde uns der Film in einer nicht fertiggestellten Version gezeigt, die neben anderen Unzulänglichkeiten mit Musik aus der Konserve unterlegt war und nicht mit der Originalmusik, die Annette Focks für den Film komponierte. Eine finale Beurteilung des Films ist dadurch leider nicht möglich.

EIN SCHOTTE MACHT NOCH KEINEN SOMMER (1:1.85, 5.1)
OT: What We Did In Our Holiday
Verleih: Tobis
Land/Jahr: Großbritannien 2014
Regie: Andy Hamilton, Guy Jenkin
Darsteller: David Tennant, Rosamund Pike, Billy Connolly
Kinostart: 20.11.2014

Abi, Doug und ihre drei Kinder sind ein Paradebeispiel für eine dysfunktionale Familie. Seit seiner Affäre lebt Doug getrennt vom Rest. Doch jetzt heisst es lieb Kind machen, denn Opa feiert seinen 75. Geburtstag in seinem Heim in Schottland. Und da Opa nicht mehr lange zu leben hat, soll er mit der deprimierenden Wahrheit nicht konfrontiert werden. Doch Opa ist alles andere als auf den Kopf gefallen und durchschaut das scheinheilige Spiel sofort. Und gewieft wie er ist, dreht er den Spieß um und erteilt allen Anwesenden eine Lektion in Sachen Leben... Jede Wette: wer diesen Film gesehen hat, will sofort Urlaub in Schottland machen! Kameramann Martin Hawkins fängt die schottischen Highlands derart grandios ein, dass kein Zweifel daran besteht, dass es das schönste Fleckchen Erde auf der Welt ist. Hinzu kommt die ebenso rührende wie schwarzhumorige Geschichte, die eine Ode an das Leben selbst darstellt. Mit typisch britischem Witz und grandiosen Darstellern (inklusive der Kinder!) sowie einer faszinierenden Filmmusik aus der Feder von Alex Heffes macht der Film richtig Spaß und regt darüber hinaus auch noch dazu an nachzudenken, was es heisst zu leben. Fazit: ein Geheimtipp!
Montag, 06. Oktober 2014
Wenn eine Puppe böse wird
Halloween naht. Kein Wunder gab es zum Auftakt der Pressewoche gleich doppelte Horrorkost – einmal ernst, einmal lustig

ANNABELLE (1:2.35, DD 5.1)
OT: Annabelle
Verleih: Warner
Land/Jahr: USA 2014
Regie: John R. Leonetti
Darsteller: Annabelle Wallis, Ward Horton, Tony Amendola
Kinostart: 09.10.2014

Mitten in der Nacht werden John und Mia durch einen Schrei aus dem Schlaf gerissen: ihre Nachbarn werden umgebracht, sie selber entkommen nur ganz knapp dem Tode. Die Angreifer, Mitglieder eines satanischen Kults, werden getötet. Doch der Geist von Annabelle, eine der Satanisten, nistet sich in jener riesigen Puppe im Vintage-Stil ein, die John seiner schwangeren Frau schenkte. Ab jetzt geschehen unheimliche, unerklärliche Dinge im Haus des Paares. Fast scheint es so, als ob es ein Dämon auf das noch ungeborene Kind abgesehen hat... Bei CONJURING – DIE HEIMSUCHUNG war er noch Kameramann, jetzt hat sich John R. Leonetti in den Regiestuhl gesetzt, um die Vorgeschichte zu dem Gruselstreifen aus 2013 zu inszenieren. Wie bereits in dem von James Wan inszenierten Film setzen die Filmemacher auch jetzt wieder auf Atmosphäre und Schauerstimmung und nicht etwa auf billigen Splatter-Zunder. Zu ihrem Horrorwaffenarsenal gehören unter anderem eine von Geisterhand betriebene mechanische Nähmaschine, ein knarrender Schaukelstuhl, eine Menge zufallende Türen und natürlich auch jene riesige Puppe, die als Auslöser des ganzen Spuks gilt. Alleine schon ihr Äußeres ist derart beängstigend eingefangen (Kamera: James Kniest), dass man selber so eine Puppe nie ins Regal stellen würde. Auch wenn die Handlung nach bewährten Gruselmuster abläuft, so gelingt es Leonetti und seinem Kameramann, eine ganze Handvoll an Schockmomenten zu inszenieren. Und zwar so perfekt, dass es bestimmt den einen oder anderen Zuschauer aus dem Kinosessel heben wird. Großen Anteil daran haben das Sounddesign und die Filmmusik. Joseph Bisharas vorwiegend atonale Musik trumpft mit großer Dynamik auf und verleiht vielen Szenen eine psychische Brutalität, der man nicht entrinnen kann. Damit der Film jedoch auch tatsächlich schlaflose Nächte bereitet, bedarf es bei der Vorführung eines tontechnisch auf hohem Niveau arbeitendes Kino. In einem “normalen” Kino wird der Film seine Wirkung gänzlich verlieren.

5 ZIMMER, KÜCHE, SARG (1:1.85, 5.1)
OT: What We Do In The Shadows
Verleih: Weltkino
Land/Jahr: Neuseeland, USA 2014
Regie: Taika Waititi, Jemaine Clement
Darsteller: Taika Waititi, Jemaine Clement, Jonathan Brugh
Kinostart: 30.10.2014

Einem Filmteam wurde es gestattet, eine WG bestehend aus vier Vampiren über mehrere Monate zu begleiten und ihre Alltagsprobleme zu dokumentieren. Die ergeben sich schon alleine dadurch, dass jeder der vier Blutsauger aus einem komplett anderen Zeitalter stammt... Was denn – schon wieder eine Fake-Doku? Hatten wir davon nicht schon genug in den letzten Jahren? Eigentlich schon. Aber – und jetzt kommt es - eine solche Fake-Doku, wie sie Jemaine Clement und Taika Waititi hier vorlegen, gab es definitiv noch nicht! Hier wird das Zwerchfell gefordert. Alleine schon die vier unterschiedlichen Vampirtypen sind zum Brüllen komisch. Ganz zu schweigen von den absurden Situationen, mit denen diese Charaktere im Film konfrontiert werden. Einfach herrlich, wenn der penible Viago fein säuberlich Zeitungspapier unter den Füßen seines Dates auslegt und beim Biss ausgerechnet auf die Halsschlagader seines Opfers trifft. Da hilft Zeitungspapier nicht wirklich – das gibt eine echte Sauerei! Wer die Möglichkeit hat, den Film im englischen Original anzuschauen, dem sei dringend dazu geraten (Anmerkung zur deutschen Synchronfassung: diese darf durchaus als gelungen betrachtet werden, zumindest dann, wenn man das Original nicht kennt). Denn die verschiedenen Dialekte, die die Protagonisten sprechen, lassen sich nicht Eindeutschen. Und wer glaubt, dass Softwareentwickler oder IT-Fuzzies in diesem Film gut wegkommen, der irrt – und der Irrtum wird mit schallendem Gelächter belohnt werden. WHAT WE DO IN THE SHADOWS ist schwarzer Humor vom Feinsten. Unbedingt ansehen!
Donnerstag, 02. Oktober 2014
Alleine und gemeinsam
Die letzte Pressevorführung der Woche – und jetzt rasch zum 70mm-Festival nach Karlsruhe!

DAS VERSCHWINDEN DER ELEANOR RIGBY (1:2.35, 5.1)
OT: The Disappearance Of Eleanor Rigby: Them
Verleih: Prokino (Fox)
Land/Jahr: USA 2013
Regie: Ned Benson
Darsteller: Jessica Chastain, James McAvoy, Nina Arianda, Isabelle Huppert, William Hurt
Kinostart: 27.11.2014

Ein schwerer Schicksalsschlag hat Conor und Eleanor getroffen und sie entzweit. Während sie versucht, sich das Leben zu nehmen, versucht er sein bisheriges Leben weiterzuleben. Erst ganz allmählich beginnen beide gemeinsam mit der Aufarbeitung ihrer Liebe zueinander... Im Herbst 2013 hatten Ned Bensons Filme HIM und HER ihre Uraufführung beim Toronto Filmfestival. Beide Filme enthielten dieselbe Geschichte, die aus zwei verschiedenen Blickwinkeln erzählt wurde. Jetzt hat der Regisseur beide Teile zu einem einzigen Film, dem “Director’s Cut” zusammengefasst, der den Untertitel THEM trägt. Er vereint jetzt die beiden unterschiedlichen Blickwinkel. Aber vielleicht war es doch zuviel des Guten, denn DAS VERSCHWINDEN DER ELEANOR RIGBY ist mit seinen 123 Minuten leider etwas über das Ziel hinausgeschossen: der Film beginnt irgendwann auf der Stelle zu treten. Bis dahin allerdings gelingt Benson ein packendes Drama über eine Liebe im Ausnahmezustand. Mit vorzüglichen Darstellern schildert er die unterschiedliche Art und Weise von Conor (James McAvoy) und Eleanor (Jessica Castain), einem jungen Ehepaar, die von einem schweren Schicksalsschlag getroffen wurden und damit fertig werden müssen. Auch mit renommierten Altstars wie Isabelle Huppert und William Hurt ist die Besetzung bis in die Nebenrollen gelungen.
Mittwoch, 01. Oktober 2014
Mit der Videokamera auf der Pirsch
Nicht jeder Film kann ein Meisterwerk sein. Aber muss er deshalb gleich so schlecht sein wie unser erster Film heute?

BOCKSPRÜNGE (1:1.78, 5.1)
Verleih: Movienet (24 Bilder)
Land/Jahr: Deutschland 2013
Regie: Eckhard Preuß
Darsteller: Eckhard Preuß, Jule Ronstedt, Julia Koschitz, Friedrich Mücke
Kinostart: 20.11.2014

Udo und Maya werden inflagranti von Udos Frau Doris erwischt. Die plaudert dummerweise auch noch aus, dass Mayas Freund ein Verhältnis mit der jungen Valerie hat und diese von ihm schwanger sei. Das Chaos im Gefühlsleben der Freunde und Freundinnen ist perfekt... Oh je, was ist da nur passiert! Regisseur, Drehbuchautor und Hauptdarsteller Eckhard Preuß sollte ganz dringend Nachhilfestunden in Sachen Filmschnitt nehmen. Denn wenn an diesem Film etwas ganz aus dem Ruder gelaufen ist, dann ist es die zähe und verwirrende Aneinanderreihung der Szenen, die er für seinen Film aufgenommen hat. Da wirkt so manche Szene komplett zusammenhangslos in den Raum gestellt. Zu allem Überfluss wurde dann wohl noch Filmmusik in rauher Menge bestellt: die nicht enden wollende Soundtracksoße geht schon nach kurzer Zeit ziemlich auf die Nerven. Weniger ist manchmal mehr. Was an Technik in diesem Film schiefläuft kann das Drehbuch am Ende leider auch nicht mehr retten. Der Komödie fehlt es an Biss und Witz, auch wenn sich die Darsteller noch so sehr bemühen. Fazit: ein Film auf den man gerne verzichten kann.

NIGHTCRAWLER – JEDE NACHT HAT IHREN PREIS (1:2.35, DD 5.1)
OT: Nightcrawler
Verleih: Concorde
Land/Jahr: USA 2014
Regie: Dan Gilroy
Darsteller: Jake Gyllenhaal, Rene Russo, Bill Paxton
Kinostart: 13.11.2014

Bisher hat sich Lou mit Diebstählen mehr schlecht als recht über Wasser gehalten. Jetzt aber startet der junge Mann mit schneller Auffassungsgabe richtig durch: mit neu erstandener Videoausrüstung will er als freier Kameramann für Nachrichtensender tätig werden. Um sein Ziel in die Tat umzusetzen, ist ihm jedes Mittel recht. Je blutiger die Aufnahmen, umso besser. Nachrichtenchefin Nina ist eine dankbare Abnehmerin für Lous Videofootage. Doch sie ahnt nicht, wozu Lou fähig ist, um seinen Erfolg zu forcieren... So hat man Jake Gyllenhaal wohl noch nicht gesehen: abgemagert, mit fettigen dunklen Haaren und absolut eiskalt. In Dan Gilroys sarkastischem Blick auf die Sensationsgier amerikanischer Nachrichtensender verkörpert er Lou Bloom, den Dieb, der über sich selbst hinauswächst und zum skrupellosen Geschäftsmann und Nachrichtenjäger wird. Robert Elswits faszinierende Bilder vom nächtlichen Los Angeles unterstreichen die Gefühlskälte, mit der Bloom an sein Werk geht. Der sich zwischen Drama und Mediensatire bewegende Film lohnt den Gang ins Kino.

© 2009-2024 Wolfram Hannemann
Datenschutzerklärung
All displayed Logos and Product Names may be ©, TM or ® by their respective rights holding companies.
No infringement intended.