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Freitag, 19. Dezember 2014 Alles dreht sich um die Liebe Die beiden letzten Pressevorführungen des Jahres widmeten sich der Liebe in all ihren Schattierungen SEHNSUCHT NACH PARIS (1:1.85, DD 5.1) OT: Paris Follies / La Ritournelle Verleih: Wild Bunch (Central) Land/Jahr: Frankreich 2013 Regie: Marc Fitoussi Darsteller: Isabelle Huppert, Jean-Pierre Darroussin, Michael Nyqvist Kinostart: 12.02.2015
Brigitte und Xavier sind schon seit vielen Jahren verheiratet und arbeiten erfolgreich als Rinderzüchter. Seit ihr Sohn
aus dem Haus ist, geht alles nur noch seinen geregelten Gang. Das ändert sich erst, als Brigitte auf einer Party den
jüngeren Stan kennenlernt, der heftig mit ihr flirtet. Brigitte wird klar, was sie in der Beziehung mit Xavier vermisst und
beschließt, sich auf ein Abenteuer einzulassen. Unter falschem Vorwand reist sie nach Paris, um dort Stan wieder zu
treffen... Marc Fitoussis kleine Komödie mit melancholischem Einschlag richtet sich hauptsächlich an Menschen im
gesetzteren Alter. Jene Altersgruppe also, die schon auf einen gewissen Erfahrungsschatz zurückgreifen kann was
zwischenmenschliche Beziehungen angeht. Und es würde nicht mit rechten Dingen zugehen, wenn sich gestandene
Eheleute nicht mit den Protagonisten identifizieren könnten. Gespielt werden die beiden von Isabelle Huppert und
Jean-Pierre Darroussin und es macht Spaß, ihnen bei dieser Auszeit von der Ehe zuzuschauen.
BRASSERIE ROMANTIEK – DAS VALENTINS-MENÜ (1:2.35, 5.1) OT: Brasserie Romantiek Verleih: Rendezvous (Filmagentinnen) Land/Jahr: Belgien 2012 Regie: Joël Vanhoebrouck Darsteller: Filip Peeters, Koen de Bouw, Barbara Sarafian Kinostart: 12.02.2015
Pascaline betreibt zusammen mit ihrem Bruder ein kleines Restaurant, das es immerhin auf einen Stern gebracht hat. Am
Abend des Valentinstages wartet die Küche mit einem besonderen Menü auf und ein Sammelsurium an Gästen gibt sich
die Ehre – und an jedem Tisch tun sich bald Abgründe auf... Die Idee zum Film ist nicht schlecht: an jedem der
besetzten Tische im netten, kleinen Restaurant spielt sich ein anderes Schicksal ab. Ob es der verflossene Liebhaber der
Chefin ist, eine sitzengelassene Ehefrau, ein Ehepaar in schwerer Krise oder der mit extremen Komplexen behaftete
Single – jedes dieser Schicksale wird an diesem Valentinstag eine Wendung nehmen. Während ein Gang nach dem
anderen zubereitet und serviert wird, eskaliert die Situation sowohl in der Küche als auch im Restaurant. Das exzellent
in Szene gesetzte Essen steht dabei zunehmend im krassen Gegensatz zu dem, was hier an Zwischenmenschlichem
abläuft. Leider zieht sich hier nicht nur das Mehr-Gänge-Menü in die Länge, der Film selber tut es auch – und das trotz
nur 97 Minuten Laufzeit. Es wurde hier wohl einfach zuviel ins Drehbuch gepackt, frei nach dem Motto “Zu viele
Köche verderben den Brei”. Manchmal ist weniger einfach mehr.
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Donnerstag, 18. Dezember 2014 Bodyguard und Hubschraubereltern Heute gab es Action physischer und verbaler Art in der Doppel-Presse WILD CARD (1:2.35, DD 5.1) OT: Wild Card Verleih: Universum Film (Walt Disney) Land/Jahr: USA 2014 Regie: Simon West Darsteller: Jason Statham, Michael Angarano, Dominik García-Lorido Kinostart: 12.02.2015
Ex-Söldner Nick Wild verdient sich sein Geld im Zockerparadies Las Vegas als freischaffender Bodyguard. Eines Tages
bittet ihn eine alte Freundin um Hilfe: sie will den Mann zur Strecke bringen, der sie vergewaltigte und von seinen
Schlägern krankenhausreif schlagen ließ. Nur zögernd geht Nick auf ihren Wunsch ein, ahnt er doch bereits, dass er es
mit einem äußerst einflussreichen Mafiosi zu tun bekommt... An diesem Film scheitern sich die Geister. Was sich für
Andere schlichtweg als Meisterwerk offenbarte, ließ mich nur mit einem Kopfschütteln zurück. Es gibt ein paar ganz
wenige Action-Szenen, die - wie heutzutage üblich - mit viel Slow Motion und schnellen Schnitten ordentlich in Szene
gesetzt sind, doch was dazwischen passiert wollte sich mir nicht erschließen. Die Beziehung zwischen Nick Wild und
seinem Protege Cyrus Kinnick beispielsweise scheint nicht von dieser Welt zu sein. Und Nicks plötzliche Spielsucht
fühlt sich so an, als wäre man in einem ganz anderen Film. Das gesamte dramaturgische Konzept ist hanebüchen und
dürfte alle Jason Statham Fans verwirren und enttäuschen. Fazit: ich habe vermutlich wieder mal ein Meisterwerk nicht
erkannt.
FRAU MÜLLER MUSS WEG! (1:2.35, 5.1) Verleih: Constantin Land/Jahr: Deutschland 2014 Regie: Sönke Wortmann Darsteller: Gabriela Maria Schmeide, Justus von Dohnányi, Anke Engelke Kinostart: 15.01.2015
Die Elternverteter sind sich einig: Grundschullehrerin Müller ist kontraproduktiv für ihre Kinder und muss deshalb
verschwinden. Als sie die Lehrerin mit ihren Absichten konfrontieren, liest die den Anwesenden erst einmal die Leviten,
bevor sie aus dem Zimmer läuft und verschwindet. Alleingelassen beginnt die kleine Gruppe von Eltern untereinander
zu diskutieren. Schon bald liegen die Nerven blank: jetzt herrscht Krieg! - Basierend auf dem gleichnamigen
Theaterstück lässt uns Regisseur Sönke Wortmann teilhaben an elterlichen Eitelkeiten, die bis zur Selbstzerfleischung
führen. Nicht unähnlich dem Polanskis brillanten DER GOTT DES GEMETZELS prallen auch hier die verschiedenen
Charaktere aufgrund ihrer sehr unterschiedlichen Interessen ungebremst aufeinander und beweisen damit, dass Eltern
wesentlich schlimmer sind als ihre Kinder. Vermutlich um den Theatercharakter der Vorlage zu kaschieren, gibt es ein
paar Slapstickeinlagen (z.B. muss Anke Engelke ihr Handy aus dem schuleigenen Swimmingpool fischen), die das
Niveau des Stoffes leider in den Keller absacken lassen, fast so, als gelte es, einen zweiten FACK JU GÖHTE zu
inszenieren. Angesichts der guten Darsteller und ihrer herrlichen Wortgefechte lassen sich diese Abschweifungen jedoch
verkraften.
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Mittwoch, 17. Dezember 2014 Mitrate-Krimi Nur eine einzige Pressevorführung heute und die dauerte auch nur 76 Minuten DAS BLAUE ZIMMER (1:1.33, 5.1) OT: La Chambre Bleue Verleih: Arsenal Land/Jahr: Frankreich 2014 Regie: Mathieu Amalric Darsteller: Léa Drucker, Mathieu Amalric, Stéphanie Cléau Kinostart: 02.04.2015
Auf der Tonspur sind deutlich die Laute eines Paares beim Liebesspiel zu hören, während die Kamera bereits die Bilder
“danach” präsentiert: ein leeres, zerwühltes Bett, sonnendurchflutet, irgendwo in einem kleinen, abgelegenen Hotel. Erst
nach und nach enthüllt die Kamera die beiden Menschen, um die es geht. Zuerst in Detailaufnahmen, dann irgendwann
in der Totalen. Es ist eine Art von Spurensuche, die hier passiert. Plötzlich verrät uns die Tonspur, dass Er offenbar
einem Verhör unterzogen wird. Dazu im Bild ein Tropfen Blut, der auf ein Handtuch fällt. Sie hat Ihn gebissen. Hat es
eine Bedeutung? Noch weiß man als Zuschauer gar nichts, stellt nur Vermutungen an. Genauso wie die Polizei und der
Richter, die dem Protagonisten unermüdlich Fragen teils intimer Art stellen. Ein Verbrechen ist geschehen. Doch wer ist
das Opfer? Mit DAS BLAUE ZIMMER hat Hauptdarsteller Mathieu Amalric höchstpersönlich einen Roman von
Georges Simenon inszeniert, der in seiner Art an die “Noir”-Filme der vierziger Jahre erinnert: ein großes Orchester
stimmt zu Herrmannesker Klangfülle an, eine Femme Fatale dominiert das Geschehen. Schnelle Schnitte,
ungewöhnliche Perspektiven, ein noch ungewöhnlicheres Bildformat (weder CinemaScope noch Breitwand, sondern
klassisches 4:3!) machen aus der Vorlage ein überaus spannendes Krimi-Drama zum Mitraten. Empfehlenswerte
Kinokost für Freunde anspruchsvoller Krimiunterhaltung.
DER HOBBIT: DIE SCHLACHT DER FÜNF HEERE (1:2.35, HFR 3D, DD 5.1 + 7.1 + Atmos ) OT: The Hobbit: The Battle Of The Five Armies Verleih: Warner Land/Jahr: USA 2014 Regie: Peter Jackson Darsteller: Sir Ian McKellen, Martin Freeman, Richard Armitage Kinostart: 10.12.2014
Nachdem der Drache Smaug getötet wurde, nehmen die Zwerge um Thorin Eichenschild wieder Erebor in ihren Besitz.
Doch die unermesslichen Reichtümer in den Höhlen führen dazu, dass Thorin Eichenschild der Drachenkrankheit zum
Opfer fällt, seine Gier nach Reichtum steigert sich ins Unermessliche. Derweil bezieht ein Elbenheer vor den Toren
Erebors Stellung. Und es ist nicht das einzige Heer, das die Reichtümer für sich beansprucht... Um es gleich vorweg zu
sagen: der Film ist besser als der Ruf, der ihm vorauseilt! Nachdem ich aufgrund von Krankheit leider die
Pressevorführung nicht wahrnehmen konnte, habe ich den Film jetzt dafür gleich im IMAX-Kino “nachgesessen”. Und
das obgleich ich von meinen Kollegen vorgewarnt wurde: “Nur Schlachten, sonst nichts” war der Tenor. Weit gefehlt!
Zwar konzentriert sich Peter Jackson in seiner finalen Mittelerde-Geschichte auf die letzte entscheidende Schlacht, doch
es gelingt ihm, diese aufzulösen. So gibt es neben Massenszenen auch sehr viele Einzelschicksale sowie einige
spannende Duelle zu bestaunen. Auch dringt Jackson beeindruckend nah zum Kern der Geschichte vor: der Gier nach
Reichtum und wie dadurch Kriege entstehen. Das alles wird wie immer fulminant in Szene gesetzt und zu einem
perfekten Abschluss gebracht, an den sich die HERR DER RINGE-Trilogie nahtlos anschließt. Fazit: ein “muss man
gesehen haben”-Event.
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Dienstag, 16. Dezember 2014 Hoppe hoppe, Reiter! Heute gab es mal wieder nur einen einzigen Film. Der war dafür dann umso skurriler. VON MENSCHEN UND PFERDEN (1:2.35, 5.1) OT: Hross I Oss Verleih: NFP (Filmwelt) Land/Jahr: Island 2013 Regie: Benedikt Erlingsson Darsteller: Charlotte Bøving, Helgi Björnsson, Ingvar E. Sigurdsson Kinostart: 19.02.2015
Die Stute bleibt mitten auf dem Weg mitsamt ihrem Reiter einfach stehen und wartet. Schon kommt ein heissblütiger
Hengst angallopiert und besteigt die weiße Stute. Dass da noch ein Mensch auf ihr im Sattel sitzt stört die beiden
Vierbeiner in keiner Art und Weise. Und das ist nur eine von vielen seltsamen und vorzüglich fotografierten Szenen
made in Island, die es hier zu sehen gibt. Man ist ja inzwischen so Einiges an Skurrilem aus skandinavischen Ländern
gewohnt. Benedikt Erlingssons tragisch-komisch anmutender Film setzt dem Ganzen aber noch die Krone auf. Und nicht
genug damit: der Regisseur lässt seine Zuschauer eigentlich im Ungewissen darüber, ob das hier einfach nur typisch
isländischer Humor ist oder ob er es am Ende gar ernst meint. Wer sich also nicht davor scheut zuzuschauen, wie ein
Mann in arktisch kalter Nacht sein Pferd ersticht und dieses ausweidet, um dann Schutz in der warmen Hülle zu finden,
dem könnte dieses Sammelsurium an Merkwürdigkeiten wohl gefallen. Dass die Isländer überhaupt ein sehr inniges
Verhältnis zu ihren Pferden haben, wird in allen gezeigten Episoden thematisiert. Das hat dann allerdings ganz und gar
nichts mit der verklärt-romantischen Sichtweise gängiger Teenager-Pferde-Geschichten zu tun.
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Montag, 15. Dezember 2014 Alles alte Leute Ein Ex-Agent im Ruhestand und zwei Gigolos gesetzten Alters waren die Protagonisten am ersten Tag einer vollen Pressewoche 96 HOURS – TAKEN 3 (1:2.35, DD 5.1) OT: Taken 3 Verleih: Universum Film (Walt Disney) Land/Jahr: Frankreich 2014 Regie: Olivier Megaton Darsteller: Liam Neeson, Maggie Grace, Famke Janssen, Forest Whitaker Kinostart: 08.01.2015
Der sich eigentlich auf seinem Altenteil ausruhende Ex-Agent Bryan Mills sieht sich einem Komplott ausgesetzt, als er
beschuldigt wird, seine Ex-Frau ermordet zu haben. Er befreit sich aus den Fängen der Polizei und taucht in den
Untergrund ab, um auf eigene Faust den Mörder zu finden... Unglaublich aber wahr: da wendet Ex-Agent und
Saubermann Bryan Mills alias Liam Neeson doch tatsächlich jene “erweiterte Verhörmethode” an, die inzwischen als
äußerst verpönt gilt. Die Rede ist von Waterboarding. Und natürlich gibt ihm der Erfolg Recht! Damit erhält jetzt das
von Luc Besson und Robert Mark Kamen entworfene Saubermann-Image ihres Protagonisten leider ein sehr unfeines
“Geschmäckle”, wie man im Schwabenland dazu sagen würde. Abgesehen von diesem Fauxpas gibt es außer
Kollateralschäden (da wirbelt ein schwerer Blechcontainer durch die Luft und zerquetscht ein paar Autos mitsamt
Insassen!) nichts wirklich Böses in dieser dritten Auflage von 96 HOURS. Es sei vermerkt, dass weder der englische
Originaltitel noch die freie deutsche “Übersetzung” irgendetwas mit dem Film zu tun haben. Hier wollte man eigentlich
nur einen Querverweis zu Liam Neesons anderen Bryan Mills Abenteuern herstellen. Gemessen mit den ersten beiden
(recht hanebüchenen) Teilen wirkt der neue Filme allerdings extrem harmlos. Die hauptsächlich durch schnelle Schnitte
erzeugte Action ist weitaus weniger fulminant als in den Vorgängerfilmen. Auch muss der geneigte Fan eine gefühlte
halbe Stunde warten, bis überhaupt etwas passiert. Denn der Film plätschert mit beschaulichem Familienkram lange vor
sich hin bis er sich dazu entschließt in die Gänge zu kommen. Man darf natürlich dann nicht vergessen, rechtzeitig das
Hirn auszuschalten. Versäumt man das, so läuft man Gefahr, sich tödlich zu langweilen oder sich über die nicht
vorhandene Logik im Plot zu ärgern. Dass dem guten Herrn Mills keine Kugel etwas anhaben kann und auch eine
Übermacht an Polizeikräften vollkommen machtlos gegen diesen Superhelden ist, kennt man ja aus den vorherigen
Filmen zur Genüge. Fazit: 96 HOURS heisst nicht nur so, sondern fühlt sich auch genauso lange an. Gute Unterhaltung
geht anders.
DIE LETZTEN GIGOLOS (1:2.35, 5.1) Verleih: Neue Visionen Land/Jahr: Deutschland 2014 Regie: Stephan Bergmann Kinostart: 29.01.2015
Da schwebt das Traumschiff auf dem purpurfarbenen Ozean der Sonne entgegen. Mit an Bord: Peter Nemela und Heinz
Löffelbein, zwei Profis ihres Faches. Als Gigolos haben die beiden Herren im gesetzten Alter auf der MS Deutschland
angeheuert, um die zumeist weiblichen Passagiere ebenfalls gesetzten Alters zu betanzen und zu beflirten. Ungehemmt
geben die beiden Männer in Stephan Bergmanns wunderbar fotografiertem Dokumentarfilm Auskunft über das, was sie
tun, was einen Gigolo ausmacht. Nicht weniger scheu lassen sich auch die aufgetakelten Weiblein bei ihrem Stelldichein
mit den grauen Panthern über die Schulter schauen. Dabei entstehen wunderbar lustige Momente für den Zuschauer, die
sicherlich so von den Akteuren gar nicht wahrgenommen werden. Bergmanns Film wird das Publikum vermutlich
spalten in solche, die Kreuzfahrten als ihren heiligen Gral für sich entdeckt haben und solche, die endlich vorgeführt
bekommen, warum sie solchen Schiffen fern bleiben. In seinem Film lässt der Regisseur auch viele weitere Gäste des
Kreuzfahrtschiffes zu Wort kommen und sich erklären, warum diese überhaupt an solchen Veranstaltungen teilnehmen.
Dadurch ergeben sich tiefe Einblicke in eine extrem künstliche Welt, die nur noch am Genuss interessiert ist und das
wahre Leben weit hinter sich lässt. Fazit: extrem vergnügliche Dokumentation!
DIE ENTDECKUNG DER UNENDLICHKEIT (1:2.35, DD 5.1) OT: The Theory Of Everything Verleih: Universal Land/Jahr: Großbritannien 2014 Regie: James Marsh Darsteller: Eddie Redmayne, Felicity Jones, Charlie Cox Kinostart: 25.12.2014
1963 verliebt sich die Sprachstudentin Jane in den etwas absonderlichen Physikstudenten Stephen. Die beiden werden
ein Paar. Obwohl bei Stephen eine schwere, unheilbare Krankheit diagnostiziert wird und ihm die Ärzte gerade einmal
eine Lebenserwartung von maximal zwei Jahren prophezeien, heiraten Jane und Stephen und bekommen sogar Kinder.
Stephen promoviert schließlich und revolutioniert die gesamte Physik mit seinen Theorien über die Zeit. Doch der
fortschreitende körperliche Zerfall des Genies wird zu einer zunehmenden Belastung für die Ehe... Regisseur James
Marsh, dem wir einen so großartigen Dokumentarfilm wie MAN ON WIRE verdanken, inszenierte seinen Film nach
dem autobiographischen Buch “Travelling to Infinity: My Life with Stephen” von Hawkings Ex-Frau Jane. Sein Film
konzentriert sich also eigentlich auf die Beziehung zwischen den beiden Eheleuten, doch kann man die Geschichte
natürlich nicht erzählen ohne dass dabei auch gleichzeitig ein Biopic über den genialen Physiker entsteht. Aber genau
das ist etwas grenzwertig, da die zentrale Figur nach wie vor unter den Lebenden weilt (Hawking ist heute 72 Jahre alt).
Für seine CinemaScope-Bilder bemüht Kameramann Benoît Delhomme in diesem Biopic oft und gerne Weichzeichner.
Die Bilder wirken dadurch verklärt romantisch. Passend dazu liefert Jóhann Jóhannsson eine Orchestermusik, die man
durchaus als kitschig bezeichnen kann. Beides zusammen fühlt sich dick aufgetragen an, ein Sturmangriff auf des
Zuschauers Tränendrüsen. Dass der Tränenausfluss dennoch minimal ausfällt, liegt insbesondere an der Darstellung
jener großen Liebe, die Stephen Hawking und seine Frau verbindet. Denn zumindest Felicity Jones gelingt es leider
nicht, diese Liebe mit Leben auszufüllen: man kann ihre Liebe für Stephen einfach nicht nachvollziehen. Immerhin
gelingt es dem Drehbuch und auch den Darstellern im Laufe des Films das Ehepaar Hawking als ein ganz normales
Ehepaar zu zeigen, das mit genau denselben Beziehungsproblemen zu kämpfen hat wie jedes andere Paar auch (auch
wenn diese im Falle Hawking natürlich durch seine Krankheit ausgelöst wurden). Richtig grandios ist dann der
Regieeinfall am Ende des Films, wo versucht wird, die Zeit einfach zurückzudrehen, sozusagen alles nochmal auf
Anfang zu setzen. Diese Bilder stehen dann im Einklang mit Hawkings Theorien über die Zeit, die ihn so berühmt
gemacht haben. Insgesamt aber ein eher enttäuschender Film.
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Donnerstag, 11. Dezember 2014 Von Zockern und Nachtwächtern Die letzten beiden Pressevorführungen dieser Woche wurden gleich in einem Doppelpack abgehandelt THE GAMBLER (1:2.35, 5.1) OT: The Gambler Verleih: Paramount Land/Jahr: USA 2014 Regie: Rupert Wyatt Darsteller: Mark Wahlberg, Brie Larson, Jessica Lange, John Goodman Kinostart: 15.01.2015
Tagsüber unterrichtet er an der Uni, nächtens steht er am Spieltisch. Literaturprofessor Jim Bennett liebt das Risiko:
alles oder nichts ist das Motto, das er mit seiner Spielsucht jeden Tag aufs neue füttert. Doch der aus wohlhabendem
Hause stammende Mann hat ein riesiges Problem: sein Geld ist alle! In seiner Verzweiflung begibt er sich in die Hände
sehr unliebsamer Kredithaie – was die Sache für ihn definitiv nicht besser macht! Ausgerechnet in seiner größten Not
beginnt er auch noch eine Affäre mit einer seiner Studentinnen... Dank der ausgezeichneten Fotografie von Greig Fraser
gelingt Regisseur Rupert Wyatt ein atmosphärisch dichtes Thriller-Drama, das gleichsam eine faszinierende
Milieustudie der Zockerszene darstellt. Mark Wahlberg spielt den dem Spiel verfallenen Literaturprofessor mit überzeugendem
Understatement: in seinen Gesichtszügen gibt es keine Gefühlsregungen! John Goodman mimt den Kredithai Frank mit
vollem Körpereinsatz – eine weitere einprägsame Rolle in seinem endlos erscheinenden Portfolio. Rupert Wyatts THE
GAMBLER ist die Adaptation eines Drehbuchs von Regisseur James Toback, das 1974 mit James Caan in der
Hauptrolle verfilmt wurde und das Tobacks autobiographische Züge trägt. Abgerundet wird Wyatts Version durch einen
ausgezeichneten Soundtrack, der eine perfekte Mischung aus stimmungsvollen Songs und einem Orchesterscore
darstellt. Kino für Anspruchsvollere.
NACHTS IM MUSEUM – DAS GEHEIMNISVOLLE GRABMAL (1:1.85, DD 5.1 + Atmos) OT: Night At The Museum: Secret Of The Tomb Verleih: Fox Land/Jahr: USA 2014 Regie: Shawn Levy Darsteller: Robin Williams, Ben Stiller, Owen Wilson Kinostart: 18.12.2014
Die in einem Pharaonengrab entdeckte, goldene Steintafel ist der Grund dafür, dass Museumswärter Larry mitsamt
einigen seiner zum Leben erweckten Ausstellungsstücke eine Reise ins britische Museum nach London unternehmen
muss. Denn die Tafel beginnt ihre Magie zu verlieren und bedroht damit alle Museumsbewohner. Nur der ursprüngliche
Besitzer, der im britischen Museum aufbewahrte Pharao, kann deren Geheimnis lüften... Wer die beiden ersten Teile der
NACHTS IM MUSEUM Trilogie nicht gesehen hat, dem machen es Regisseur Shawn Levy und sein Drehbuch leider
nicht einfach. So wird hier einfach vorausgesetzt, dass man schon längst mit den Museumsfiguren bestens vertraut ist,
denn diese werden gar nicht mehr erst eingeführt. Neueinsteiger landen damit direkt im kalten Wasser. Aber auch alten
Hasen macht es der Film nicht ganz einfach: er langweilt nämlich. Der dritte Teil zeigt deutlich, dass die Grundidee
längst aufgebraucht ist und so gibt es reichlich wenig wirklich witzige Einfälle zu erleben. Da darf dann schon jene
Sequenz als Ausreißer gewertet werden, in der sich ein zum Leben erweckter Lancelot in die Londoner Musicalversion
von “Camelot” verirrt und dem singenden Hauptdarsteller Hugh Jackman das Leben schwer macht. Damit konnten
freilich die Kinder, die man eigens zur Pressevorführung eingeladen hatte, ganz und gar nichts anfangen. Von denen gab
es nur dann wahrnehmbares Gelächter zu hören, wenn das Kapuzineräffchen mal wieder seine Blase entleerte. Es ist
irgendwie entwürdigend, dass ausgerechnet mit diesem Film von zwei Hollywood-Größen Abschied genommen werden
muss: Robin Williams und Mickey Rooney sind in ihrer jeweils letzten Rolle zu sehen. Eine Bitte an Hollywood: keinen
weiteren Museums-Film, auch wenn die visuellen Effekte berauschend sind!
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Dienstag, 09. Dezember 2014 Neulich in Memphis Krankheitsbedingt musste ich eine ganze Woche ohne Kino auskommen. Da kamen mir die zweieinhalb Stunden heute gerade recht EXODUS: GÖTTER UND KÖNIGE (1:2.35, 3D, DD 5.1 + 7.1 + Atmos) OT: Exodus: Gods And Kings Verleih: Fox Land/Jahr: Großbritannien, USA, Spanien 2014 Regie: Ridley Scott Darsteller: Christian Bale, Joel Edgerton, John Turturro Kinostart: 25.12.2014
Zur Zeit der Pharaonen werden die Hebräer von den Ägyptern unterjocht und zu Sklavenarbeit gezwungen. Als sich
herausstellt, dass Moses, der Halbbruder von Pharao Ramses, ebenfalls ein Hebräer ist, wird er in die Verbannung
geschickt. Viele Jahre später folgt er dem Willen Gottes und kehrt wieder nach Memphis zurück, um sein Volk in das
gelobte Land zu führen. Doch Ramses ist extrem uneinsichtig... 1956 versuchte sich Cecil B. DeMille bereits ein zweites
Mal an der Geschichte Moses. 1923 lieferte er eine Stummfilmfassung ab, 1956 dann alles lautstark, in herrlichen
Farben und in VistaVision. Jetzt hat Ridley Scott offenbar den Stoff für sich entdeckt. Und es wird bestimmt nicht bei
der einen Fassung bleiben, auch wenn diese bereits mit ihren 150 Minuten einfach zu lang geraten ist. Es gibt deutliche
Anzeichen dafür, dass ganze Passagen für die Kinoauswertung der Schere zum Opfer gefallen sind, die dann aller
Voraussicht nach wieder in einer integralen Heimkinofassung auftauchen werden. Doch die spannende Frage ist: ist
Scotts EXODUS sehenswert? Meine ganz subjektive Antwort darauf lautet “Nein”. Zwar präsentiert der
Meisterregisseur prächtige Schaubilder, doch dank der Farbreduzierung und der überbordenden visuellen Effekte
erinnern diese zu stark an Peter Jacksons Interpretation von Mittelerde. Übergossen werden die Schlachtengetümmel
von einem Orchesterscore, der alles andere als prägnant, sondern extrem beliebig erscheint. Wenn es dann im Film nach
über der Hälfte an die Plagen geht, die über Memphis hereinbrechen, fackelt Scott typisch Hollywood’sches
Effektfeuerwerk ab. Das sieht freilich wesentlich ausgereifter aus als damals bei DeMille, doch wundert man sich über
jene Plage, in der sich Heerscharen riesiger und extrem gefräßiger Krokodile über die Menschheit hermachen. Das ist
dann doch ziemlich trashig und erinnert mich – keine Ahnung warum – an Filme wie SHARKNADO. Interessant
hingegen Moses Begegnung mit Gott. Anders als bei DeMille, wo eine tiefe Stimme zu hören ist, zeigt sich der Schöpfer
Moses gegenüber in der Gestalt eines kleinen Jungen. Trotzdem liefert Scott in seinem Film keine nachhaltig wirkenden
Momente. Für zweieinhalb Stunden Kino eine schwache Bilanz.
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Montag, 08. Dezember 2014 Lost in Thailand Angesichts verschwindend geringer Pressevorführungsdichte in dieser Woche greift der Rezensent mal wieder zu etwas, was er gar nicht mag - einem Screener PATONG GIRL (1:1.85, 5.1) Verleih: Barnsteiner Land/Jahr: Deutschland 2014 Regie: Susanna Salonen Darsteller: Max Mauff, Aisawanya Areyawattana, Victoria Trauttmansdorff Kinostart: 25.12.2014
Der 18jährige Felix verbringt die Weihnachtsferien zusammen mit seinen Eltern und dem älteren Bruder im
thailändischen Phuket. Dort verliebt er sich in eine bildschönes Thai-Girl, das ebenfalls auf Urlaub ist. Trotz aller
Warnungen seitens der Eltern, dass es sich bei Fai höchstwahrscheinlich um eine Prostituierte handele, lässt sich der
junge Mann von seinem Herzen leiten – so wie es Mama ja schon immer gepredigt hat: am Abreisetag erscheint er nicht
am Flughafen, sondern sitzt neben Fai im Bus, der die beiden in Fais Heimat bringen soll. Kurzerhand entschließt sich
Felix‘ Mutter auch zu bleiben und ihren Sohn zu finden... Es gibt Passagen in Susanna Salonens Film, die richtig nerven.
Meist steht dann Mama (etwas weltfremd gespielt von Victoria Trauttmansdorff) im Mittelpunkt und entpuppt sich als
Alptraum von Mutter, bei der man(n) nicht freiwillig Sohn sein möchte. Überhaupt ist diese Figur jene, die im Film
eigentlich nachhaltig stört. Dramaturgisch gibt es für diese Figur keine Notwendigkeit. Zumindest nicht in der zweiten
Hälfte des Films, wenn Sohn Felix auf eigene Faust Thailand durchquert, um mit Fai glücklich zu sein. So wirken dann
die Zwischenschnitte mit der Mutter wie Füllmaterial, um den Film auf Länge zu bekommen. Die Liebesgeschichte
zwischen Felix und Fai hingegen schildert der Film ziemlich realistisch. Hier gibt es keine komischen Elemente so wie
bei Mama, Melancholie und Drama beherrschen die Szenen. Max Mauff und Aisawanya Areyawattana spielen beide
ihre Rollen sehr überzeugend. Das Thema Geschlechtsumwandlung im Film zu thematisieren ist zwar ein ehrenvolles
Anliegen, doch werden Hintergrundinformationen nur in unzureichendem Umfang geliefert. Das offene Ende der
Geschichte indes stimmt versöhnlich. Fazit: mehr Fernseh- als Kinokost, aber in den Hauptrollen gut besetzt.
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Dienstag, 02. Dezember 2014 Nachmittags im Museum Wenn es draußen nur kalt ist, dann freut man sich doch auf einen Museumsbesuch im Kino FINN UND DIE MAGIE DER MUSIK (1:2.35, 5.1) OT: Finn Verleih: Arsenal Land/Jahr: Niederlande, Belgien 2013 Regie: Frans Weisz Darsteller: Mels van der Hoeven, Daan Schuurmans, Jan Decleir Kinostart: 04.12.2014
Der 10jährige Finn lebt alleine bei seinem Vater, die Mutter ist bei der Geburt gestorben. Weder der Vater noch Finn
haben den Verlust überwunden. Eines Tages trifft Finn auf einen alten Mann, der in einem verlassenen Bauernhaus
Geige spielt. Von der Musik auf wundersame Weise berührt, erscheint Finn das Bild seiner Mutter. Der Junge bittet den
Alten, ihm Geigenunterricht zu geben. Allerdings darf sein Vater nichts davon erfahren. Der glaubt nämlich, dass Finn
Fußball spielt. Doch schon bald bemerkt Finn, dass es zwischen dem Alten und seinem Vater ein Geheimnis gibt, das
offenbar mit dem Tod der Mutter zu tun hat... Mit wunderschöner Musik und stimmungsvollen Bildern beweist Frans
Weisz, dass Musik etwas Magisches hat. Sie öffnet die Herzen aller, die sie berührt und hilft, alte Wunden zu heilen,
Trauer zu überwinden und neue Kraft zu schöpfen. Geschickt verwebt der Film Realität und Phantasie fast unmerklich
miteinander und nimmt dadurch die kindliche Perspektive ein. Ein wunderbarer Kinderfilm, der nicht nur zur
Weihnachtszeit passt.
NATIONAL GALLERY (1:1.78, Mono) OT: National Gallery Verleih: Kool (Filmagentinnen) Land/Jahr: Frankreich, USA 2014 Regie: Frederick Wiseman Kinostart: 01.01.2015
Sie gehört zweifelsfrei zu den berühmtesten Kunstmuseen der Welt: die “National Gallery” an Londons Trafalgar
Square. Frederick Wiseman hat sie jetzt als Protagonistin für einen Dokumentarfilm auserkoren. Kein gewöhnlicher
Dokumentarfilm. Denn alle Personen, die er vor der Kamera (immer indirekt) zu Wort kommen lässt, werden dem
Zuschauer nicht vorgestellt. D.h. es gibt weder Namenseinblendungen noch ein erklärendes “Voice Over”. Als
Zuschauer muss man sich selbst einen Reim darauf machen, um wen es sich dabei im Einzelnen handelt. Wisemans
Kamera ist bei allen Anlässen präsent. Sei es eine Vorstandssitzung oder eine Ausschusssitzung, die Eröffnung einer
Ausstellung, ein Workshop für Aktmalerei oder einer für sehbehinderte Menschen, eine Führung usw. Es ist zwar
interessant, den vielen Ausführungen und Erläuterungen zu einzelnen Bildern oder dem Restaurieren solcher zu
lauschen, doch erscheint die Zusammenstellung der Sequenzen recht willkürlich und lässt ein dramaturgisches
Gesamtkonzept vermissen. Bei einer Lauflänge von 173 Minuten ohne Pause ist das kontraproduktiv. Vielmehr gewinnt
man den Eindruck, dass Wiseman hier nur einen ganz kleinen Querschnitt aus dem gesamten Material präsentiert, das
vielleicht irgendwann einmal zu einer mehrere Episoden umfassenden TV-Serie ausgeweitet wird. Für Kunstinteressierte
sicherlich interessant, für Kinogänger aber unbefriedigend.
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Montag, 01. Dezember 2014 Denn sie wissen nicht was sie tun Junges deutsches Kino kann verdammt stark sein WIR SIND JUNG. WIR SIND STARK. (1:1.85 & 1:2.35, 5.1) Verleih: Zorro (24 Bilder) Land/Jahr: Deutschland 2014 Regie: Burhan Qurbani Darsteller: Devid Striesow, Saskia Rosendahl, Jonas Nay Kinostart: 22.01.2015
Rostock-Lichtenhagen am 24. August 1992. Seit Tagen schon wird Hass gegen die Bewohner des Asylantenheims
geschürt. Die Stimmung ist hochgradig explosiv. Auch Stefan und seine Kumpels, allesamt orientierungslos und
desillusioniert ob ihrer nicht allzu rosigen Zukunft, wollen mitmischen. Rechtsradikales Gedankengut bricht sich Bahn.
Im Heim selbst regiert die Angst: die Vietnamesin Lien hat zwar eine unbeschränkte Aufenthaltsgenehmigung
bekommen, will aber aufgrund der Krawalle lieber fortgehen. Während sich die politisch Verantwortlichen nur um
Wählerstimmen kümmern und sich die Polizei sogar vom Ort des Geschehens zurückzieht, eskalieren die Krawalle am
Abend. Molotovcocktails fliegen... Regisseur Burhan Qurbani, der vor vier Jahren mit SHAHADA sein Kinodebüt gab,
liefert nun mit seinem zweiten Kinofilm wieder starkes deutsches Kino. Auch wenn im Vorspann “ZDF – Das kleine
Fernsehspiel” als einer der Produzenten auftaucht, hat Qurbanis Film alles andere als TV-Qualität: dieser Film gehört
auf die große Leinwand! Das liegt insbesondere an seinen Bildern, die Kameramann Yoshi Heimrath hier aus dem
Ärmel schüttet. Seine oft ungewöhnlichen Perspektiven geben dem Film seinen ganz besonderen Reiz. Hinzu kommt
das Spiel mit der Farbe und Kadrierung: nur die letzte halbe Stunde ist farbig und in CinemaScope. Bis dahin gibt es
ausschließlich Schwarzweiß und kaschiertes Breitwand. Durch die Nähe zu seinen jugendlichen Darstellern gelingt es
Qurbani Sympathien für seine orientierungslosen Protagonisten aufzubauen. Wenn die Gruppe dann schließlich
entschlossen (und unterstützt von entsprechender Powermusik auf der Tonspur!) der randalierenden Menge anschließt,
wird man als Zuschauer geradewegs dazu verführt, mitzumachen. In der gleich darauf folgenden Sequenz holt uns der
Regisseur aber gleich wieder zurück auf den Boden der Tatsachen. Da nämlich werden die Jugendlichen von einem
Fernseh-Reporter zu ihren Gründen für die Teilnahme befragt. Betretenes Schweigen ist die Antwort. Weniger ist
manchmal eben mehr. Als etwas zu dick aufgetragen könnte man dagegen eine Szene empfinden, in der Stefans Vater,
der Lokalpolitiker, die klassische Musik in seinen Kopfhörern extra laut einstellt, um weder die Lärmkulisse der
Krawalle noch das ohne Halt klingelnde Telefon hören zu müssen. Doch damit ist die Aussage unmissverständlich: die
Verantwortlichen haben einfach weggeschaut an jenem Abend des 24. August 1992. Laut eigenem Bekunden möchte
Qurbani mit seinem Film nicht anklagen oder denunzieren, sondern erinnern. Das ist ihm recht eindrucksvoll gelungen.
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