Wolfram Hannemann
Filmkritiker / Freelance Journalist / Filmemacher

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Freitag, 30.01.2015
Im Wald da sind die Räuber
Was haben Friedrich Schiller und die Hochfinanz miteinander zu tun? Die Frage sollte heute geklärt werden...

DIE RÄUBER (1:2.35, DD 5.1)
Verleih: farbfilm
Land/Jahr: Luxemburg, Deutschland, Belgien 2014
Regie: Frank Hoffmann, Pol Cruchten
Darsteller: Eric Caravaca, Robinson Stévenin, Isild Le Besco, Tchéky Karyo
Kinostart: 19.03.2015

Er wurde von der Bankiersfamilie geopfert: Karl Escher saß drei Jahre hinter Gittern. Wegen Urkundenfälschung und Unterschlagung. Getan hat er es nur, um seinen Vater zu schützen. Jetzt aber will er sich für das Unrecht rächen: er wird Mitglied in einer Bande, die es auf genau diese Bank abgesehen hat. Doch sein Bruder Franz erhält einen Tipp und fackelt nicht lange. Der Familienzwist nimmt einen tragischen Verlauf... Friedrich Schillers Drama von einst umgesetzt in die Neuzeit – geht das überhaupt? Theoretisch ja, doch in Frank Hoffmanns und Pol Cruchtens Film missglückt das Wagnis leider. Visuell und tontechnisch ist der Film zwar wirklich bestechend, doch spätestens wenn sich die fliehenden Räuber vor der Polizei in den Wald flüchten, wird die ganze Geschichte ziemlich hanebüchen. Um den Film vollends zu ruinieren, engagierten die Filmemacher den vor Kurzem verstorbenen Maximilian Schell, der hier die mit Abstand schlechteste Performance seiner Karriere abliefert. Seine Art und Weise zu spielen und zu reden passt ganz gut in Schillers Zeit, ist aber leider hier ziemlich fehl am Platz. Ein groteskes Stück Kino glamourös verpackt.

A MOST VIOLENT YEAR (1:2.35, DD 5.1)
OT: A Most Violent Year
Verleih: SquareOne/Universum (24 Bilder)
Land/Jahr: USA 2014
Regie: J.C. Chandor
Darsteller: Oscar Isaac, Jessica Chastain, David Oyelowo
Kinostart: 19.03.2015

Abel Morales steht massiv unter Druck. Nicht nur weil er gerade eine hohe Anzahlung auf ein riesiges Grundstück geleistet hat, das als Umschlagplatz für sein Heizölgeschäft fungieren soll, sondern auch wegen der immer häufiger werdenden Überfälle auf seine Tanklastwagen, die langsam aber sicher seinen Betrieb in den Ruin treiben könnten. Zu allem Überfluss erwägt jetzt auch noch ein Staatsanwalt Anklage gegen ihn zu erheben wegen angeblich illegaler Geschäfte. Doch Abel ist von seiner Unschuld überzeugt. Und er möchte weiter saubere Geschäfte machen und verweigert seinen Fahrern das Tragen einer Waffe. Doch die ohnehin schon brenzlige Situation droht zu eskalieren, als es trotzdem zu einer Schießerei kommt... Das Jahr 1981 ist als das gefährlichste in die Geschichte der Stadt New York eingegangen. Nie gab es so viele Gewaltverbrechen wie in jenem Jahr. J.C. Chandors Thriller-Drama ist im Winter des Jahres 1981 angesiedelt und schildert mit oft fast stoischer Ruhe den verzweifelten Kampf eines Immigranten, den eigenen Grundsätzen treu zu bleiben, mit denen er sein inzwischen florierendes Unternehmen aufgebaut hat. Oscar Isaac spielt diesen Geschäftsmann, der möglichst sauber bleiben möchte, aber damit an die eigenen Grenzen stößt. Jessica Chastain spielt die Frau an seiner Seite, eine sehr pragmatische Mutter mit einer dunklen Seite, von der ihr Mann am liebsten nichts wissen möchte. Die CinemaScope-Bilder von Bradford Young und die Filmmusik von Alex Ebert erzeugen eine ungewöhnliche, oft bedrohliche Grundstimmung, die von der ersten bis zur letzten Minute fesselt. Geschickt integrierte Action-Sequenzen sorgen für eine willkommene Abwechslung in diesem eher ruhigen, aber extrem spannenden Film, der in seinen Grundzügen an Sylvester Stallones F.I.S.T. erinnert.
Donnerstag, 29.01.2015
Dauer-Brenner und Afrika-Faszination
In Österreich ist mal wieder etwas passiert und in Afrika ist der Regen die Quelle des Lebens. Oder anders ausgedrückt: mein Presse-Double-Feature.

DAS EWIGE LEBEN (1:2.35, 5.1)
Verleih: Majestic (Fox)
Land/Jahr: Österreich, Deutschland 2015
Regie: Wolfgang Murnberger
Darsteller: Josef Hader, Tobias Moretti, Nora von Waldstätten
Kinostart: 19.03.2015

Ex-Polizist Brenner ist ganz unten angekommen. Ohne Job und ohne Geld bleibt ihm nur noch der Rückzug in sein altes Elternhaus in Graz. Dort regnet es natürlich schon durchs Dach und Strom gibt es nur beim Nachbarn, der bereits ein Auge auf das Grundstück geworfen hat. Kein Wunder also, dass Brenner von einer fürchterlichen Migräne heimgesucht wird. Ein Schuss fällt und Brenner wird mit schwerer Kopfverletzung ins Krankenhaus eingeliefert. Alle sagen ihm, dass er sich selber umbringen wollte. Doch so einen Schmarn hat der Brenner noch nie gehört! Bei der erstbesten Gelegenheit büxt er aus dem Krankenhaus aus und macht sich auf die Suche nach seinem Mörder. Die endet – wie könnte es auch anders sein – bei einem weiteren Toten... “Jetzt ist schon wieder etwas passiert” flüstert die vertraute Stimme aus dem Off. Wer die Brenner-Krimis von Wolf Haas kennt, der weiß jetzt auch schon, was da auf ihn oder sie zukommen wird! Mit typisch lakonisch österreichischem Witz lädt Regisseur Wolfgang Murnberger zur nunmehr vierten Haas-Verfilmung. Wie immer hat er gemeinsam mit seinem Hauptdarsteller Josef Hader sowie dem Romanautor Wolf Haas das Drehbuch verfasst. Skurril, irrwitzig, mit einem Quentchen Perversion und abgerundet mit herrlich schwarzem Humor servieren uns die Filmemacher mit DAS EWIGE LEBEN den ersten Brenner-Krimi im CinemaScope-Format (der uns in der heutigen Pressevorführung leider von einer unterdurchschnittlich schlechten DVD präsentiert!). Nicht der Krimi selbst spielt hier die Hauptrolle, sondern seine abgewrackten Typen. Wenn Brenner (herrlich: Josef Hader) gleich zu Beginn beim Arbeitsamt vorsprechen muss (in abgetragenen Klamotten, unrasiert und mit leerem Blick versteht sich) und ihm die freundliche Dame am Computer vorrechnet, dass er noch bis 84 arbeiten muss, gibt es bereits den ersten hintergründigen Lacher. Und wenn Brenner mit seine Uralt-Moped in eine Polizeikontrolle gerät, wird die gesamte Szenerie zu einem Kabinettstückchen. Da werden seine Erklärungsversuche, warum er keinen Helm tragen muss, nur noch von dem Kartonstückchen mit aufgemalten Zahlen und Buchstaben getoppt, das als Nummernschild herhalten muss. Eingefleischte Brenner-Fans dürfen sich auf zwei Neuerungen gefasst machen: Berti ist (leider) dieses Mal nicht mit von der Partie und (jetzt kommt’s) wir erfahren, dass Brenner tatsächlich einen Vornamen hat! Auch wenn DAS EWIGE LEBEN etwas von dem Biss verloren hat, der im Vorgänger-Film DER KNOCHENMANN noch vorhanden war, so enttäuscht der neue Murnberger dennoch nicht. Hierfür sorgt alleine schon die bis in kleinste Nebenrollen gut besetzte Darstellerriege, zu der dieses Mal Tobias Moretti als Brenners Ex-Chef sowie die laszive Nora von Waldstätten als dessen Ehefrau gehören. Fazit: unbedingt anschauen!

AFRIKA – DAS MAGISCHE KÖNIGREICH (1:1.85, 3D, DD 5-1 + Atmos)
OT: Enchanted Kingdom
Verleih: Constantin
Land/Jahr: Großbritannien 2014
Regie: Patrick Morris, Neil Nightingale
Kinostart: 05.03.2015

Der Regen als die Quelle allen Lebens bildet den roten Faden in dieser faszinierend bebilderten Reise in den schwarzen Kontinent. Mit mehreren Kamerateams haben sich Patrick Morris und Neil Nightingale aufgemacht, Afrikas Tierwelt dreidimensional einzufangen. Hautnah rücken sie damit exotische Bewohner des Regenwalds sowie der Namib-Wüste in das Zentrum ihres Films. Da gibt es unter anderem eine tanzende Echse, ein hungriges Chamäleon, das in bester Italo-Western-Manier auf die Jagd geht, oder balzende Flamingos in großer Formation zu erleben. Patrick Doyles orchestrale Filmmusik mit Chorpassagen hat großen Anteil am Gelingen des Films, der auch mit ein paar gruseligen Momenten aufwartet. Beispielsweise wenn eine Herde von trinkenden Gnus von Krokodilen angegriffen wird oder eine Zwergpuffotter im Wüstensand ihre Mahlzeit anlockt. Etwas enttäuschend an der ganzen Umsetzung ist jedoch das auf 1:1.85 reduzierte Bildformat. Denn die grandiosen Landschaften schreien geradezu nach kinogerechtem CinemaScope.
Mittwoch, 28. Januar 2015
Lost in Space
Die Wachowskis melden sich wieder mit einem Science-Fiction-Film auf der Leinwand zurück

JUPITER ASCENDING (1:2.35, 3D, DD 5.1 + 7.1 + Atmos)
OT: Jupiter Ascending
Verleih: Warner
Land/Jahr: USA 2014
Regie: Andy Wachowski, Lana Wachowski
Darsteller: Mila Kunis, Channing Tatum, Sean Bean
Kinostart: 05.02.2015

Tagsüber jobbt sie als Putzfrau, nachts träumt sie von einem besseren Leben. Jupiter Jones kriegt ihr Leben nicht auf die Reihe. Doch das wird nicht so bleiben. Eines Tages rettet sie der genmanipulierter Ex-Soldat Caine aus den Klauen seltsamer Wesen, die ihr nach dem Leben trachten. Caine erklärt der Überraschten, dass er aus einer anderen Welt kommt, einer Welt, in der man sie sehnsüchtig als Erbin eines Imperiums erwartet... Perspektivwechsel bei den Geschwistern Wachowski. Haben sie sich im innovativen Sci-Fi-Film MATRIX in die Untiefen des menschlichen Gehirns vorgewagt, betrachten sie in ihrem neuesten Sci-Fi-Actioner JUPITER ASCENDING unseren sowie viele andere Planeten aus der Tiefe des Universums. Was dabei allerdings herausgekommen ist, ist höchst unbefriedigend. Denn ihr bildgewaltiges, mit visuellen Effekten überladenes Stück Film erweist sich als ein nicht gares Konglomerat aus allen gängigen Sci-Fi- und Fantasy-Filmen. Man wird den Eindruck einfach nicht los, nicht nur alles schon woanders gesehen zu haben, sondern auch noch besser dazu. Das gilt für die Kreaturen, die Situationen, die Szenenbilder und sogar für die bombastische Filmmusik von Michael Giacchino, der sich mehr als nur einmal bei John Williams bedient. Man ist wahrhaftig versucht, den Film als JUPITER DESCENDING umzutaufen – es geht wirklich nur bergab im Verlauf des Films. Langeweile bricht sich Bahn. Oder um es anders auszudrücken: der Film ist tatsächlich so schlecht, wie Filmplakat und Trailer suggerieren. Einzige Ausnahme: der Gastauftritt von Terry Gilliam, der zweifelsfrei von BRAZIL inspiriert wurde. Da wundert es nicht weiter, dass sich diese wunderbare Sequenz wie ein Fremdkörper im restlichen Film anfühlt.
Dienstag, 27. Januar 2015
Seniorenresidenz und beste Freundinnen
Mit zwei sehr unterschiedlichen Filmen habe ich heute den Vormittag und den Nachmittag verbracht

BEST EXOTIC MARIGOLD HOTEL 2 (1:2.35, DD 5.1)
OT: The Second Best Exotic Marigold Hotel
Verleih: Fox
Land/Jahr: USA, Großbritannien 2014
Regie: John Madden
Darsteller: Dame Judi Dench, Maggie Smith, Bill Nighy, Dev Patel
Kinostart: 02.04.2015

Sonnys Worte klingen noch im Ohr: “Am Ende wird alles gut. Und wenn es nicht gut ist, dann kann es noch nicht das Ende sein!” – Mit diesem optimistischen Spruch verabschiedete sich vor fast genau drei Jahren Dev Patel in der Rolle eines Hotelbesitzers, dessen “Best Exotic Marigold Hotel” im fernen Indien für einen bunt zusammengewürfelten Haufen von Engländern zur Seniorenresidenz wird. In der Fortsetzung der erfolgreichen Komödie von 2012 bildet nun die bevorstehende Hochzeit von Sonny und seiner Braut Sunaina den roten Faden der Geschichte. Dabei unterscheidet sich sein Schicksal freilich nicht von dem seiner Gäste: die Vorbereitungen zur Hochzeit stehen unter keinem guten Stern. Ausgerechnet sein alter Freund Kushal scheint nicht nur ein Auge auf Sunaina geworfen zu haben, sondern wird auch noch zu Sonnys geschäftlichem Konkurrenten. Denn er will ausgerechnet jenes leerstehende Hotel aufkaufen, mit dem Sonny als seinen zweiten Hotelstandort liebäugelt. Doch ihm fehlen die finanziellen Mittel, weshalb er gemeinsam mit Dauergast Muriel Donnelly (die von ihm sagt, dass er viele Fehler macht, nur nicht dann wenn es drauf ankommt) eine amerikanische Hotelkette als Investor gewinnen möchte. In seinem neuen Gast Guy (Richard Gere) meint er genau jenen Mann zu erkennen, den ihm der potenzielle Geldgeber als Hoteltester inkognito ins Haus schickt. Dass der aber ausgerechnet mit Sonnys Mutter anbändelt, gefällt ihm nicht. Überhaupt dreht sich wieder alles um die Liebe. Madge kann sich nicht zwischen zwei gut betuchten indischen Verehrern entscheiden, Evelyn (Judi Dench) und Douglas (wie immer brillant: Bill Nighy) trauen sich nicht ihre gegenseitige Liebe einzugestehen und Norman und Carol (Ronald Pickup und Diana Hardcastle) wandeln auf für Sie vollkommen neuem Terrain – der Monogamie! Mit seinem Fortsetzungsfilm zeigt Regisseur John Madden auf ebenso witzige wie gefühlvolle Weise, dass man immer nur so alt ist wie man sich fühlt und dass auch die Liebe vor dem Alter nicht Halt macht. Mit einem spielfreudigen Ensemble, das insbesondere im englischen Original die Sprüche von Maggie Smith und Judi Dench exzellent pointiert einsetzt, der überbordenden indischen Lebensfreude, dem sorgfältig eingesetzten Score von Thomas Newman sowie einer ganzen Reihe von Lebensweisheiten bietet diese köstliche Komödie beste Kinounterhaltung, die nicht nur älteren Zuschauern gefallen wird. Wer allerdings den ersten Teil (noch) nicht gesehen hat, dem sei geraten dies vorher nachzuholen. Denn erst dann erschließen sich die Charaktere wirklich.

EINE NEUE FREUNDIN (1:1.85, 5.1)
OT: Une Nouvelle Amie
Verleih: Weltkino
Land/Jahr: Frankreich 2014
Regie: François Ozon
Darsteller: Romain Duris, Jean-Claude Bolle-Reddat, Raphaël Personnaz
Kinostart: 26.03.2015

Seit Kindertagen gehen Claire und Laura durch dick und dünn. Sie sind beste Freundinnen und bleiben es auch nachdem beide geheiratet haben. Doch dann beginnt das Drama: kurz nach der Geburt ihres Babys wird Laura unheilbar krank und stirbt. Zuvor muss ihr Claire noch versprechen, dass sie sich um das Baby und ihren Mann David kümmert, wenn sie tot ist. Noch mit ihrer eigenen Trauer kämpfend, sucht sie die beiden kurz nach der Beerdigung auf. Dabei erlebt sie eine Überraschung, die ihr gesamtes Leben verändern wird... In seinem neuesten Film bedient sich Frankreichs Arthaus-Regisseur François Ozon gewisser Elemente des Film Noir, um seine Geschichte zu erzählen. Hier sind es vornehmlich die Filmmusik von Philippe Rombi und die exzellente Kameraarbeit von Pascal Marti, die diesem Drama das ganz besondere Thriller-Feeling verleihen. Ozon erzählt eine Geschichte, in der die Abgrenzung zwischen den Geschlechtern ihre Bedeutung zu verlieren scheint und sie sich miteinander zu vermischen beginnen. Spannend, erotisch und gut besetzt fasziniert diese Geschlechterstudie, fühlt sich aber zum Ende hin zu lang an. Für anspruchsvolle Kinogänger jedoch durchaus den Gang ins Kino wert.
Donnerstag, 22. Januar 2015
Barbarei in Äthiopien und eine Renter-Band auf Tour
Die letzten beiden Pressevorführungen in dieser Woche gab es heute im Doppelpack

DAS MÄDCHEN HIRUT (1:2.35, 5.1)
OT: Difret
Verleih: Alamode (Filmagentinnen)
Land/Jahr: Äthiopien, USA 2014
Regie: Zeresenay Berhane Mehari
Darsteller: Meron Getnet, Tizita Hagere
Kinostart: 12.03.2015

Die 14jährige Hirut wird auf dem Heimweg von der Schule von einer Gruppe berittener Männer entführt und vergewaltigt. Als sie ihren Peiniger in Notwehr erschießt, wollen sie die Behörden zur Verantwortung ziehen und mit dem Tode bestrafen. Doch die Anwältin und Frauenrechtlerin Meaza nimmt sich des Falles an. Ein mühseliger Kampf mit den von Männern dominierten Behörden beginnt... Beruhend auf wahren Ereignissen erzählt Regisseur Zeresenay Berhane Mehari die ergreifende Geschichte des Bauernmädchens Hirut, mit deren Fall in Äthiopien ein neues Zeitalter der Rechtsprechung begann. Denn bis dahin wurde die Entführung und Zwangsverheiratung junger Mädchen auf dem Land als Tradition angesehen. Gruselig ist dabei alleine der Gedanke, dass dies erst ein paar Jahre her ist. Hiruts unerschrockener Anwältin Meaza Ashenafi ist es zu verdanken, dass diese Unsitte inzwischen unter Strafe gestellt wurde. Meron Getnet als Anwältin und Tizita Hagere als Hirut glänzen in ihren Rollen in einem Film, für den Angelina Jolie als Exekutivproduzentin verantwortlich zeichnet.

FOREVER AND A DAY (1:1.33 & 1:1.85, 5.1)
Verleih: Tempest Film
Land/Jahr: Deutschland 2014
Regie: Katja von Garnier
Darsteller: Scorpions
Kinostart: 26.03.2015

Sie sind bereits seit 50 Jahren eine feste Institution in der Musik-Landschaft: die deutsche Band “The Scorpions” hat es an die Spitze des Rock-Firmaments geschafft. Die renommierte deutsche Regisseurin Katja von Garnier hat die alten Herren auf ihrer monatelangen Farewell-Tour um den Globus begleitet. Entstanden ist dabei das Porträt einer Band, die insbesondere von Lead-Sänger Klaus Meine und Gitarrist Rudolf Schenker geprägt wurde. Beide erzählen von den Anfängen der Band bis zum wehmütigen Abschied auf der Bühne. Natürlich kommen auch die anderen Band-Mitglieder sowie Musikjournalisten und –produzenten zu Wort. Neben vielen privaten Archivaufnahmen gibt es auch Ausschnitte vom Abschiedskonzert der Gruppe. Leider – und das ist einer der beiden Schwachpunkte der Dokumentation – wird keiner der Songs als Komplettversion “Live on Stage” präsentiert, sondern immer wieder von Interviewsegmenten unterbrochen. Kritikpunkt Nummer Zwei: anstatt die Kommentare der Englisch sprechenden Bandmitglieder zu untertiteln, hat man sich für ein störendes Voice-Over entschieden, das die Dokumentation in die Niederungen einer TV-Produktion hinunterzieht. Insgesamt aber für Fans der Scorpions allemal sehenswert.
Mittwoch, 21. Januar 2015
Mein Name ist nicht Bond
Eine fulminant inszenierte Agentenkomödie hielt mich heute bei Laune

KINGSMAN: THE SECRET SERVICE (1:2.35, DD 5.1 + 7.1 + Atmos)
OT: Kingsman: The Secret Service
Verleih: Fox
Land/Jahr: Großbritannien 2014
Regie: Matthew Vaughn
Darsteller: Colin Firth, Tom Egerton, Samuel L. Jackson, Mark Strong, Michael Caine, Mark Hamill
Kinostart: 26.02.2015

Eggsy, ein Londoner Tunichtgut, wird von dem mysteriösen Harry Hart unter die Fittiche genommen. Denn Hart ist nicht nur Gentleman, sondern gehört auch der Geheimorganisation “Kingsman” an, für die er Nachwuchs rekrutieren möchte. Eggsy erscheint für ihn die perfekte Wahl, denn auch dessen Vater war bereits ein Kingsman und wurde bei einem Einsatz getötet. Eggsy lässt sich auf die Sache ein und muss sich – zusammen mit anderen Rekruten – einem wortwörtlich mörderischen Training unterziehen... Man könnte sagen, dass KINGSMAN da anfängt, wo John Steed, Emma Peel und James Bond aufhören. Ein wahnsinnig tolles Produktionsdesign, das offensichtlich Ken Adam huldigt, ein Score, der sich als Quintessenz aller Bond-Musiken erweist und die Gentlemen-mäßige Ausstaffierung der Protagonisten lassen eigentlich keinen Zweifel daran, dass Regisseur Matthew Vaughn ein Fan dieser Vorbilder ist. Wer mich kennt, der weiß, dass ich Comic-Verfilmungen nicht sonderlich mag. Doch mit KINGSMAN fühlte ich mich köstlich unterhalten. Samuel L. Jackson (in der deutschen Fassung mit starkem Lispeln) mimt den Oberschurken, der mit seinem teuflischen Plan die gesamte Menschheit dezimieren möchte. Das ganze Unterfangen mündet in eine grandiose Sequenz, in der exakt im Takt von Elgars “Pomp and Circumstance”-Marsch menschliche Köpfe in schillernden Farben explodieren und damit ein Brillantfeuerwerk darstellen. Aber keine Sorge: auch wenn es comichafte, exzessive Gewalt und explodierende Schädel zu sehen gibt: Blut fließt hier nicht. Dafür gibt es jede Menge adrenalintreibende Action, die einen fulminanten Mix aus visuellen Effekten und Stunts bietet. Die Farbgebung der Bilder erinnert an die guten, alten Agentenstreifen der 1960er-Jahre. Und für die Rentner unter uns gibt es sogar ein Wiedersehen mit Luke Skywalker alias Mark Hamill. Fazit: rasante, witzige Kinokost, das nach einer großen Popcorntüte verlangt!

UNBROKEN (1:2.35, DD 5.1 + 7.1 + Atmos)
OT: Unbroken
Verleih: Universal
Land/Jahr: USA 2014
Regie: Angelina Jolie
Darsteller: Jack O'Connell, Domhnall Gleeson, Miyavi
Kinostart: 15.01.2015

Louis Zamperine, Sohn italienischer Einwanderer, tritt als Sprinter für die USA bei den Olympischen Spielen in Berlin an. Dann bricht der Zweite Weltkrieg aus. Als Soldat bei der US-Luftwaffe kämpft er gegen die Japaner, wird abgeschossen und kämpft im Ozean ums Überleben. Nach über einem Monat auf offener See wird er schließlich gerettet – von den Japanern. Von nun an durchläuft er alle Härten japanischer Gefangenenlager. Doch Louis gibt nicht auf... Es bedarf reichlich Sitzfleisch, um Angelina Jolies überlangen Film und auf einer wahren Geschichte beruhenden Film ganz durchzuhalten. Ein Film, der im Grunde genommen eine Zweiteilung erfährt: die Odyssee im Schlauchboot und die Gefangenschaft in japanischen Lagern. LIFE OF PI trifft auf DIE BRÜCKE AM KWAI. Beeindruckend ist hierbei zumindest der erste Teil, der die fast 50tägige Irrfahrt der drei Soldaten auf hoher See ziemlich eindringlich schildert. Was danach kommt ist zwar grausam, nutzt sich aber leider aufgrund der immer gleichen sadistischen Methoden des japanischen Lagerkommandanten erschreckend schnell ab.
Freitag, 16. Januar 2015
Drei sind einer zuviel
Mit einem interessanten Melodram ging eine anstrengende Pressewoche versöhnlich zu Ende.

3 HERZEN (1:2.35, DD 5.1)
OT: 3 Coeurs
Verleih: Wild Bunch (Central)
Land/Jahr: Frankreich, Deutschland, Belgien 2014
Regie: Benoît Jacquot
Darsteller: Charlotte Gainsbourg, Catherine Deneuve, Chiara Mastroianni, Benoît Poelvoorde
Kinostart: 19.03.2015

Liebe ist Schicksal: wegen eines verpassten Zuges lernt Marc in einer kleinen Provinzstadt die attraktive Sylvie kennen. Ohne Namen oder Telefonnummern auszutauschen verabreden sich die beiden zu einem Date in Paris. Doch das Date platzt und so verlieren sich die beiden aus den Augen. March geht weiter seiner Arbeit nach, Sylvie begleitet ihren Freund nach Amerika. Eines Tages lernt Marc die junge Sophie kennen und bietet an, ihr bei der Steuererklärung für ihr kleines Geschäft. Die beiden verlieben sich ineinander. Marc ahnt nicht, dass Sophie die Schwester von Sylvie ist... Charlotte Gainsbourg dürfte inzwischen zu einer der meistbeschäftigsten Schauspielerinnen Frankreichs gehören. Und das ist nicht weiter verwunderlich. Denn in der Rolle der Sylvie versteht es die Tochter von Jane Birkin und Serge Gainsbourg auch wieder hervorragend, eine magische, ja fast unwiderstehliche Aura um sich herum aufzubauen. Die ist so stark, dass man sofort versteht, warum sich Benoît Poelvoorde in der Rolle des Steuerprüfers Marc ausgerechnet in die ranke und schlanke Sylvie verliebt. Und Poelvoorde ist nicht weniger überzeugend in seiner Rolle. Die Zerrissenheit zwischen Sylvie und Sophie, die ihm auch physische Schmerzen bereitet, nimmt man ihm ab ohne mit der Wimper zu zucken. Die Dritte im Bunde, Chiara Mastroianni (die übrigens die leibliche Tochter ihrer Filmmutter Catherine Deneuve ist), verkörpert Sophie, jene Frau, die Marc heiratet ohne zu wissen, dass es Sylvies Schwester ist. Auch sie spielt ihre Rolle wundervoll zurückhaltend. Und wieder kann man Marc verstehen, dass er sich auch in diese Frau verliebt. Mit 3 HERZEN ist Drehbuchautor und Regisseur Benoît Jacquot ein überzeugendes, packendes und sehr ergreifendes Melodram gelungen, das man durchaus auch als einen Liebesthriller bezeichnen könnte. Die Filmmusik von Bruno Coulais allerdings suggeriert oftmals die falsche Stimmung. So kündigen tiefe Streicherpassagen etwas Kriminelles an, was allerdings nie vorhanden ist. So sehr Coulais Score unter musikalischen Gesichtspunkten auch begeistert, als Musik für 3 HERZEN scheint sie etwas verfehlt zu sein. Nichtsdestotrotz lohnt die Menage-a-Trois durchaus einen Gang ins Arthaus-Kino.
Donnerstag, 15.01.2014
Der Präsident, der Tod und fünf Freunde
Wenn eine Präsident mit dem kleinen Tod konfrontiert wird und ihm fünf Freunde dabei zusehen, dann bezeichne ich das als einen vollen Pressekalender

PEPE MUJICA – LEKTIONEN EINES ERDKLUMPENS (1:1.85, 5.1)
Verleih: Piffl
Land/Jahr: Deutschland 2014
Regie: Heidi Specogna
Kinostart: 05.03.2015

Er sieht sich selbst nur als einen Erdklumpen mit Füßen. Pepe Mujica ist Präsident von Uruguay und damit der ärmste Präsident der Welt. Gleichzeitig jedoch gibt der inzwischen 80jährige durch seinen bescheidenen Lebensstil sowie durch seine tiefgründigen und gleichsam leicht verständlichen Ansichten über Politik und Leben ein Vorbild für die gesamte Republik ab. In ihrem Dokumentarfilm zeigt Heidi Specogna den charismatischen Alten, der einst gegen die Diktatur kämpfte und deswegen jahrelang im Gefängnis war, sowohl von seiner privaten wie dienstlichen Seite. Ihr Film bleibt unkommentiert, alles was es zu sagen gibt erfahren wir aus dem Mund des Präsidenten höchst persönlich. Und man ist als Zuschauer mehr als gewillt, den weisen Worten Pepe Mujicas zu lauschen. Ein wunderbarer Dokumentarfilm über einen großartigen Menschen.

DER KLEINE TOD. EINE KOMÖDIE ÜBER SEX (1:2.35, 5.1)
OT: Little Death
Verleih: Weltkino
Land/Jahr: Australien 2014
Regie: Josh Lawson
Darsteller: Bojana Novakovic, Josh Lawson, Damon Herriman
Kinostart: 09.04.2015

Mehrere Paare – mehrere Sex-Fetische. Paul und Maeve leiden zunehmend unter Maeves Vergewaltigungsphantasie. Phil leidet unter seiner strengen Frau Maureen und entwickelt eine Somnophilie, der er gerne mit einem Schlafmittel nachhilft. Evie und Dan entdecken das Rollenspiel, das Dan allerdings etwas zu ernst nimmt. Rowena hat richtig guten Sex nur dann, wenn sie ihren Mann Richard weinen sieht. Und als ob das nicht schon genug an Problemen wäre ist der neue Nachbar aller dieser Paare ein entlassener Sexualstraftäter... In seiner leicht schwarzen Komödie präsentiert Regisseur Josh Lawson einige Paare mit Sex-Problemen und lässt uns dabei zuschauen, wie sie versuchen, diese Probleme zu kurieren. Nach einem recht langsamen Start entwickeln sich die verschiedenen Geschichten, die Kreuzungspunkte haben, zu teils recht amüsanten Episoden. Diese finden ihren klaren Höhepunkt (!) in jener Geschichte, in der eine Gebärdendolmetscherin ihrem tauben Kunden, mit dem sie über Videotelefonie verbunden ist, dessen Anruf zu einer Telefonsexdame übersetzen muss. Nur bedingt empfehlenswert.

FÜNF FREUNDE 4 (1:2.35, 5.1)
Verleih: Constantin
Land/Jahr: Deutschland 2014
Regie: Mike Marzuk
Darsteller: Valeria Eisenbart, Quirin Oettl, Justus Schlingensiepen
Kinostart: 29.01.2015

Kaum sind die fünf Freunde zu Gast bei ihrem Onkel, dem Kurator einer Ausstellung über das antike Ägypten, beginnt auch schon ein neues Abenteuer: sie ertappen einen Einbrecher, der sich an einer Mumie zu schaffen machte und unerkannt fliehen kann. Die Clique findet ein Goldamulett, das in der Mumie versteckt ist. Es ist eines von drei Amuletten, mithilfe derer man den mysteriösen Schatz des allerersten Pharaos finden kann. Zusammen mit ihrem Onkel reisen sie nach Ägypten, um sich dort mit Farouk, dem Leiter des Instituts für Altertum, zu treffen. Denn der hat allem Anschein nach ebenfalls eine Mumie, in der ein Teil des Puzzles steckt. Doch es kommt ganz anders... Es ist inzwischen zur Tradition geworden, dass uns im Jahresabstand neue Abenteuer der FÜNF FREUNDE frei nach Enid Blyton angeboten werden. Mit ihrem neuesten Abenteuer füllen die Fünfe zum ersten Mal die CinemaScope-Bildwand. Und das ist mehr als passend für die exotische Location Ägypten, für die Tunesien herhalten musste. Gleichzeitig muss man aber auch konstatieren, dass es noch nie soviel Gewalt bei den fünf Freunden gegeben hat wie in diesem Film. Das ist zwar für abgebrühte Vielgucker fast nicht bemerkbar, für die Zielgruppe der Kinder allerdings sehr wohl. Was die Geschichte angeht, so ist dieses Mal wohl die Phantasie mit den Drehbuchautoren durchgegangen. In bekannter INDIANA JONES Manier geht es in Ägypten auf Schatzsuche, inklusive mystischer Elemente. Will heissen: die Story ist derart weit entfernt von der Realität, dass es manchmal schon richtig weh tut. Fazit: der vierte Teil der FÜNF FREUNDE ist ganz bestimmt nicht der beste.
Dienstag, 13. Januar 2014
Bürgerproteste, Zeitreisen und Superhelden
Eines von gleich zwei Triple Features in dieser Woche hielt mich heute in Atem

WEM GEHÖRT DIE STADT? – BÜRGER IN BEWEGUNG (1:1.78, 5.1)
Verleih: Film Kino Text
Land/Jahr: Deutschland 2014
Regie: Anna Ditges
Kinostart: 19.02.2015

Das Heliosgelände im Kölner Stadtteil Ehrenfeld. Auf dem teils verwahrlosten Gelände will ein Großinvestor eine Shoppingmall errichten. Doch den Bewohnern des Viertels passt das gar nicht. Eine Bürgerinitiative formiert sich, Ideen für eine bessere Umgestaltung gesammelt. Es kommt zu einem moderierten Bürgerbeteilungsverfahren. Die Filmemacherin Anna Ditges hat zwei Jahre lang das Tauziehen um die Nutzung des Viertels mit der Kamera dokumentiert und lässt nicht nur den Großinvestor zu Wort kommen, sondern auch den Stadteilbürgermeister sowie viele der Bürger, die aktiv mitgestalten wollen. Ihr Film geht letztendlich der Frage nach, wie Demokratie heutzutage funktioniert. Funktioniert sie überhaupt? Ist es tatsächlich sinnvoll Bürger mit in eine Stadtteilplanung einzubeziehen? Das Helios-Areal in Köln steht im Film nur exemplarisch für viele andere Projekte ähnlicher Natur mit den gleichen Problemen. Ein diskussionswerter Stoff, der alle angeht.

PROJECT ALMANAC (1:2.35, DD 5.1)
OT: Project Almanac
Verleih: Paramount
Land/Jahr: USA 2014
Regie: Dean Israelite
Darsteller: Jonny Weston, Sofia Black-D'Elia, Amy Landecker
Kinostart: 05.03.2015

Ein Schüler entdeckt im Keller seines verstorbenen Vaters eine versteckte technische Apparatur mitsamt Bauanleitung. Das Gerät entpuppt sich als eine Zeitmaschine. Gemeinsam mit seinen Freunden und Freundinnen beginnt er Zeitreisen zu unternehmen. Doch durch ihren Eingriff in die Zeit gerät das Raum-Zeit-Kontinuum aus den Fugen – mit dramatischen Folgen. Auch wenn ich Zeitreisefilme eigentlich sehr mag, so konnte mich Dean Israelites leider nicht begeistern. Das lag insbesondere am visuellen Stil des Films. Denn wieder einmal hat sich ein Regisseur am sogenannten “Found Footage”-Stil versucht. Die Folge: Wackelkamera, unsaubere Schnitte, gewollte Artefakte. Das Ganze nervt schon nach kürzester Zeit gehörig. Gewiss: die visuellen Effekte sind grandios, da nicht als solche erkennbar. Aber man kann einen Film ja nicht unbedingt auf die von einer wuchtigen Tonspur begleiteten Effekte reduzieren. Auch die Geschichte sollte interessant sein. Im vorliegenden Fall ist sie es leider nicht. Und last but not least werden anstelle von richtigen Schauspielern nur langweilige Nachwuchsdarsteller präsentiert.

BAYMAX – RIESIGES ROBOWABOHU (1:2.35, 3D, DD 5.1 + 7.1 + Atmos)
OT: Big Hero 6
Verleih: Walt Disney
Land/Jahr: USA 2014
Regie: Don Hall, Chris Williams
Kinostart: 22.01.2015

Nach dem Tod ihrer Eltern lebt Hiro mit seinem älteren Bruder bei ihrer Tante. Während sein Bruder im Forschungslabor der Universität arbeitet, verbringt Hiro seine Zeit zumeist bei Bot-Fights, wo er die von ihm selbst entwickelten Roboter gegen andere antreten lässt. Sein größter Wunsch jedoch ist es, ebenfalls an der Universität zugelassen zu werden. Um sich zu qualifizieren entwickelt er Mirco-Bots, die neue ungeahnte Möglichkeiten für alle Menschen bieten. Da geschieht ein Unglück: Hiros Bruder kommt bei einer mysteriösen Explosion in der Universität ums Leben. Alles was er Hiro hinterlässt, ist Baymax, ein Gesundheitsroboter, der sich um alle medizinischen Belange von Hiro kümmert. Doch das ist erst der Anfang eines großen Abenteuers, denn jemand Böses hat es auf Hiros Micro-Bots abgesehen... Verlässt man sich allzu sehr auf das, was der Disney-Konzern an Teasern und Trailern für diesen Film im Vorfeld veröffentlichte, läuft man extreme Gefahr, massiv enttäuscht zu werden. Natürlich ist Baymax ein richtig knuddeliger Typ von einem Roboter, den man von der ersten Minute an ins Herz schließt. Etwas tapsig zwar, dafür aber mit gutem Kern. Zweifelsfrei sind jene Szenen, in denen es um die Freundschaft zwischen Hiro und Baymax geht die schönsten Momente im Film. Leider gibt es davon viel zu wenig. Das dreidimensionale Computeranimationsspektakel mutiert nämlich ziemlich schnell zu einem Superhelden-Film! Da kracht es dann nur noch so vor Action, die feinen Aspekte verschwinden komplett aus dem Radar der Filmemacher. BAYMAX ergeht sich in Langeweile und man kann es kaum erwarten, bis der Film dann endlich vorüber ist. Hier wäre Originalität gefragt. Aber nicht einmal die Filmmusik ist originell: Komponist Henry Jackman imitiert das von Alan Silvestri komponierte Hauptthema aus ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT.
Freitag, 09. Januar 2015
Ab in den Wald!
Das erste Double Feature des Jahres glänzte mit einem Musical und floppte mit einer Satire

INTO THE WOODS (1:2.35, DD 5.1 + 7.1)
OT: Into The Woods
Verleih: Walt Disney
Land/Jahr: USA 2014
Regie: Rob Marshall
Darsteller: Meryl Streep, Emily Blunt, James Corden, Johnny Depp
Kinostart: 19.02.2015

Ein Bäcker und seine schwangere Frau werden von einer Hexe heimgesucht, die ihnen offenbart, dass die beiden mit einem Fluch belegt sind. Gelingt es nicht, diesen Fluch zu brechen, wird das ungeborene Kind sterben. Um ihn zu brechen, müssen die Bäckersleute eine schneeweiße Kuh, ein blutrotes Mäntelchen, einen goldenen Schuh und gelbfarbenes Haar binnen drei Tagen finden und der Hexe übergeben. Vor diese schier unlösbare Aufgabe gestellt macht sich das Ehepaar auf in den Wald, um die Gegenstände zu finden... Es ist inzwischen immer wieder etwas ganz Besonderes, wenn eine Musical-Verfilmung das Licht der Kinoleinwand erblickt. Was in den 1950er- und 1960er-Jahren noch Gang und Gäbe war, ist heutzutage fast komplett ausgestorben. Ein bisschen unternehmerisches Risiko gehört also schon dazu, jetzt das fast 30 Jahre alte Musical INTO THE WOODS von Stephen Sondheim als Verfilmung in die Kinos zu bringen. Doch zumindest in künstlerisches Hinsicht hat sich das Unternehmen gelohnt. Visuell und akustisch höchst beeindruckend inszeniert entwickelt sich die Geschichte zu einem Märchen für Erwachsene. Freilich können sich auch Kinder das Werk anschauen, doch werden sie es mit ganz anderen Augen sehen. Den in den Texten verborgenen Subtext werden sie nicht wahrnehmen. Erfreulicherweise werden alle Lieder von den Darstellern selbst gesungen, also auch von Meryl Streep in der Rolle der Hexe, die ihr fast auf den Leib geschrieben sein könnte. Musikalisch begeistert insbesondere der Auftakt des Films. Hier wird fast Nonstop gesungen, Soli verwandeln sich in Duette, Duette in Quartette. Gerade als man sich daran gewöhnt hat, dass fast alle Dialoge im Film gesungen werden, wird diese wunderbare Idee allerdings abrupt unterbrochen und der Film wird als “normaler” Fantasyfilm fortgesetzt. Das stört das Gesamtkonzept ziemlich. Wenigstens findet der Film dann zu einem späteren Zeitpunkt wieder auf den Pfad des Musicals zurück. Und wer glaubt, dass man nur die zu einer einzigen Geschichte verwobenen Märchen wie Rotkäppchen, Aschenputtel, Rapunzel und Hans und die Bohnenranke kennen muss, um das Ende des Films vorherzusagen, der darf sich auf eine Überraschung gefasst machen. Denn nichts ist mehr so, wie es einmal war.

JACKY IM KÖNIGREICH DER FRAUEN (1:1.85, DD 5.1)
OT: Jacky Au Royaume Des Filles
Verleih: Pandastorm (Neue Visionen)
Land/Jahr: Frankreich 2014
Regie: Riad Sattouf
Darsteller: Vincent Lacoste, Charlotte Gainsbourg, Didier Bourdon
Kinostart: 19.02.2015

Die Volksrepublik Bubunne: hier herrschen die Frauen, die Männer tragen Burkas und beten zu Pferdchen. Der junge Jacky, der noch bei seiner Mutter lebt, schwärmt für die zukünftige Diktatorin Bubunne XVII. Auf dem im Regierungspalast stattfindenden Ball möchte er von ihr zum Ehemann erwählt werden. Doch die Eintrittskarte zum Ball ist unerschwinglich teuer. Zudem ist die ganze Sache seinem Onkel Jutin gar nicht recht. Denn der kämpft im Untergrund für die Rechte der Männer. Aber das Schicksal spielt Jacky eine Eintrittskarte in die Hände... Ein Staat, in dem Frauen das Sagen haben und Männer die unterdrückte Masse bilden – aus dieser Grundidee hätte man durchaus eine höchst bissige wie witzige Satire machen können. Aber bereits in der ersten Einstellung wird die Messlatte ziemlich tief angelegt: man sieht den verschleierten Protagonisten vor dem Bild seiner Angebeteten stehend masturbieren. An geschmacklosen Einfällen fehlt es dieser Produktion auch in den folgenden 87 Minuten (die sich mehr wie drei Stunden anfühlen!) keineswegs. Was Monty Python mit einem kleinen Sketch auf den Punkt gebracht hätte, dauert hier leider eine Ewigkeit. Es ist nicht einfach damit getan, die Geschlechter auszutauschen. Denn Frauen verhalten sich nun einmal nicht so wie Männer – auch wenn sie wie hier die Hosen anhaben. Dass dazu noch sämtliche Frauen im Film mehr hässlich als schön aussehen, könnte man fast schon wieder als sexistisch interpretieren. Aber das fällt dann auch nicht mehr weiter ins Gewicht. Wer sich dennoch dafür interessiert, wie es in einem Staat mit dem Charme Syriens gepaart mit dem Nordkoreas aussehen könnte, der darf sich gerne diese verunglückte Komödie anschauen. Aber dass hinterher niemand sagt, man hätte ihn oder sie nicht gewarnt.
Donnerstag, 08. Januar 2015
Ohne Einmaleins geht es nicht
Zum Jahresauftakt gab es heute in der Presse pädagogisch wertvolle Lektionen – oder auch nicht.

ELLA UND DER SUPERSTAR (1:2.35, 5.1)
OT: Ella Ja Kaverit 2 - Paterock
Verleih: Film Kino Text (Filmagentinnen)
Land/Jahr: Finnland 2013
Regie: Marko Mäkilaakso
Darsteller: Freja Teijonsalo, Jyry Kortelainen, Eero Milonoff, Armi Toivanen, Malla Malmivaara
Kinostart: 12.02.2015

Als Pekka im Schulunterricht beim kleinen Einmaleins den Faden verliert, beschließt er, ein berühmter Rockstar zu werden. Denn die haben schließlich jemanden, den sie für das Einmaleins bezahlen. Seine Klassenkameradinnen und –kameraden unterstützen ihn tatkräftig dabei, was dem Herrn Lehrer allerdings gar nicht gefällt. Über ein paar Umwege gelingt es der Schülerbande sogar, Pekka als Stargast beim Konzert der berühmten Elviira unterzubringen. Die allerdings ist wie vom Erdboden verschollen... Knapp ein Jahr ist vergangen seit die erste Verfilmung der “Ella”-Bücher von Timo Parvela bundesdeutsche Leinwände erblickte. Mit ELLA UND DER SUPERSTAR gehen nun die Geschichten der kleinen Ella und ihrer Freunde in die zweite Runde. Mit denselben Darstellern besetzt schließt das zweite Abenteuer nahtlos an ELLA UND DAS GROSSE RENNEN an. Auch heuer gibt es für kleine Zuschauer pädagogisch wertvolle Lektionen zu lernen, verpackt in allerlei – man muss es leider so sagen - Blödsinn. Leider jedoch erweist sich das Drehbuch als nicht richtig konsequent. Denn die Weisheit, dass man lieber etwas in der Schule für das Leben lernen soll anstatt als berühmter, aber dummer Star durch selbiges zu wandern, wird am Ende eigentlich fast schon ins Gegenteil verkehrt. Ganz unmerklich allerdings, so dass es vielleicht nur die Erwachsenen mitbekommen. Dass die Geschichte und ihre Personen hier und da etwas skurril wirkt, muss man wohl als “skandinavisches Kolorit” verbuchen. Warum jedoch ausgerechnet die kleine Ella immer so prominent im Filmtitel auftaucht, bleibt auch jetzt wieder etwas rätselhaft. Man hört ihre Stimme zwar ab und zu als Erzählerin aus dem Off, aber ansonsten trägt das kleine Mädchen auch nicht mehr zur Handlung bei als ihre Freunde.

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