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Freitag, 29. April 2016 Willkommen in den 1980ern! Letzte Pressevorführung vor dem Wochenende EVERYBODY WANTS SOME!! (1:1.85, DD 5.1) OT: Everybody Wants Some!! Verleih: Constantin Land/Jahr: USA 2016 Regie: Richard Linklater Darsteller: Zoey Deutch, Blake Jenner, Tyler Hoechlin Kinostart: 02.06.2016
Jake kommt als Frischling aufs College, wo er zusammen mit seinen Mitbewohnern in der College-Mannschaft Baseball
spielen soll. In dem bunt zusammengewürfelten Haufen wimmelt es nur so von Angebern, Frauenhelden und
Draufgängern. Für Jake beginnt damit die wildeste Zeit seines bisherigen Lebens... Das wirklich Interessante an diesem
Film ist seine Tonspur, die mit Bestimmtheit nicht billig war. Denn sie entspricht genau dem, was man als ein “Best of
80s Hits” bezeichnen könnte. Fast Non-Stop zieht sich der Hit-Soundtrack durch den ganzen Film. Und der ist höchst
amüsant. Mit sehr viel Gefühl für Authentizität lernen wir eine ganze Gang von College-Bubis kennen, die sich für alles
außer Sport und Schule begeistern. Thema Nummer 1 sind natürlich die Mädels, die man in der Disco kennenlernt. Es
kommt zu Rivalitäten, Saufgelagen und Freundschaften auf dem Weg ins Erwachsenwerden. Ohne große Schauwerte,
dafür aber mit geschliffenen Dialogen fängt Richard Linklater das Feeling dieser ganz besonderen Zeit ein.
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Donnerstag, 28. April 2016 Ein Amerikaner in Paris Not again Liam Neesen, is it? No – different colour, same s***. DER MOMENT DER WAHRHEIT (1:2.35, DD 5.1) OT: Truth Verleih: SquareOne/Universum (DCM) Land/Jahr: USA 2015 Regie: James Vanderbilt Darsteller: Cate Blanchett, Robert Redford, Topher Grace Kinostart: 02.06.2016
New York 2004: mitten im Wahlkampf “Bush vs Kerry” werden Mary Mapes, erfolgreiche Produzentin des
TV-Nachrichtenmagazins “60 Minutes”, brisante Informationen über die militärische Vergangenheit von Bush
zugespielt, die sie nach vielen Recherchen schließlich in der Sendung publik macht. Binnen kürzester Zeit stehen jedoch
plötzlich die Journalisten selbst unter schwerem Beschuss... Beruhend auf einer wahren Geschichte erzählt James
Vanderbilt in seinem Filmdrama von der großen Verantwortung, die Journalisten auf sich nehmen, um letztendlich die
Wahrheit ans Licht zu bringen – auch gegen sämtliche Einflussnahmen seitens der Politik. Vanderbilt inszeniert
routiniert und macht den Alltag des TV-Journalismus Anfang der 2000er-Jahre erlebbar. Bei seinem Darstellerensemble
beeindrucken vor allem Cate Blanchett als Mary Mapes sowie Robert Redford in gewohnter Gutmenschenmanier als
Nachrichtensprecher Dan Rather. Etwas übertrieben: die pathetische Filmmusik von Brian Tyler.
BASTILLE DAY (1:2.35, DD 5.1 + 7.1 + Atmos) OT: Bastille Day Verleih: Studiocanal Land/Jahr: USA, Frankreich 2015 Regie: James Watkins Darsteller: Idris Elba, Adèle Exarchopoulos Kinostart: 23.06.2016
Zusammen mit einem Taschendieb macht sich ein knallharter CIA-Agent in den Straßen von Paris auf die Jagd nach
Terroristen, die offenbar am Nationalfeiertag einen großen Anschlag planen. Zu dumm nur, dass es sich bei den
Übeltätern um eine Polizei-Sondereinheit handelt... - “Wenn Sie mit ihm fertig sind, lassen Sie etwas für uns übrig!” –
So lautet der Marschbefehl, den die Chefin des französischen CIA-Büros dem kompromisslosen Sean Briar erteilt.
Dieser Satz ist natürlich Programm für diesen Actionfilm, der geneigten Zuschauern vornehmlich männlichen
Geschlechts das Adrenalin im Körper ankurbeln dürfte. Und Schwarzweiß ist seine Farbe. Natürlich nicht die Farbe der
Bilder, aber die Farbe des Drehbuchs. Gut und Böse sind eindeutig zu erkennen, Zwischentöne stören nur. Dass der
Protagonist unkaputtbar ist, muss ja hier nicht extra erwähnt werden. Einmal mehr rettet ein Amerikaner in Paris ganz
Europa vor dem Untergang. Was soll ein Ami auch sonst in Frankreich machen? James Watkins‘ Film ist im Grunde
genommen eine völlig alberne Cowboy-und-Indianer-Geschichte, die nur dann wirkt, wenn man das entsprechende Alter
dafür hat. Leider dürfte aber genau dieses Alter Probleme haben, den Film zu sehen zu bekommen. Die Brutalitäten
darin erfordern mindestens eine Freigabe ab 16.
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Dienstag, 26. April 2016 Von Mathematikern und Eheleuten Außer Spesen nichts gewesen – das Resümee aus den heutigen Screenings DIE POESIE DES UNENDLICHEN (1:2.35, 5.1) OT: The Man Who Knew Infinity Verleih: Wild Bunch (Central) Land/Jahr: USA 2015 Regie: Matt Brown Darsteller: Dev Patel, Jeremy Irons, Stephen Fry Kinostart: 12.05.2016
1913 macht sich der 25jährige Srinavasa Ramanujan, ein kleiner Büroangestellter, vom fernen Indien auf den Weg zum
Trinity College im englischen Cambridge. Dort will er seiner wahren Leidenschaft nachgehen: der Mathematik. Doch
einzig der Mathematikprofessor G.H. Hardy erkennt Ramanujans Genialität, die beim restlichen Lehrkörper nur auf
Missgunst trifft... Coby Browns Filmmusik macht es überdeutlich: jetzt bitte zum Taschentuch greifen! Die Musik
braucht es auch tatsächlich, um jene Gefühle heraufzubeschwören, die die Darsteller leider nicht in den Zuschauersaal
transportieren können. Zumindest die Liebesgeschichte zwischen dem von Dev Patel gespielten Ramanujan und seiner
in der indischen Heimat zurückgelassenen Frau Janaki funktioniert nicht sonderlich überzeugend. Weitaus besser fügt
sich Patel in die Rolle des Underdogs, der sein mathematisches Genie nur mit großer Mühe gegenüber den alt
eingesessenen Gelehrten von Cambridge offenbaren darf. Gefühlskalt und in gewisser Weise an Sherlock Holmes
erinnernd gibt Jeremy Irons den perfekten Mathematiker, der anfangs nur an Zahlen und Formeln, jedoch nicht an
Menschen interessiert zu sein scheint. Matt Browns auf einer wahren Geschichte beruhender Film erweist sich insgesamt
leider nicht als der große Wurf.
SKY – DER HIMMEL IN MIR (1:1.85, 5.1) OT: Sky Verleih: Alamode (Filmagentinnen) Land/Jahr: Frankreich, Deutschland 2015 Regie: Fabienne Berthaud Darsteller: Diane Kruger, Norman Reedus, Gilles Lellouche, Lou Diamond Phillips Kinostart: 09.06.2016
Gemeinsam mit ihrem Ehemann durchquert Romy den Westen der USA. Es soll eine Reise der Spiritualität werden, um
die zu brechen drohende Ehe zu retten. Doch nach einem heftigen Streit verlässt Romy ihren Mann und setzt die Reise
auf eigene Faust fort... Spätestens seit VALLEY OF LOVE – TAL DER LIEBE wissen wird, dass sich französische
Ehepaare in die amerikanische Wüste aufmachen, um ihre marode Ehe noch zu retten. Jetzt also ist es Diane Kruger, die
ihren Mann vermeintlich tot im Hotelzimmer zurücklässt und sich auf einen Selbstfindungstrip im fremden Land begibt.
So ganz kann man sich jedoch nicht in diese Frau hineindenken, die – so scheint es zumindest – die wiedergewonnene
Freiheit nur für Dummheiten nutzt. So lässt sie sich darauf ein, als Bunny verkleidet in Las Vegas gemeinsam mit zwei
Elvis-Imitatoren Touristen für kostenpflichtige Erinnerungsfotos zu gewinnen, nur um dann einen abgewrackten
Cowboy kennenzulernen, der den schnellen Sex sucht. Gewürzt wird Frau Krugers Trip mit indianischer Spiritualität,
die dann alles erklären soll. Na ja, prickelndes Kino geht anders.
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Montag, 26. April 2016 Er sagt es mit Musik Mein prall gefüllter Terminkalender führte mich heute erst einmal nach Dublin - virtuell, versteht sich SING STREET (1:2.35, DD 5.1) OT: Sing Street Verleih: Studiocanal Land/Jahr: Irland, USA, Großbritannien 2016 Regie: John Carney Darsteller: Ferdia Walsh-Peelo, Aidan Gillen, Lucy Boynton, Maria Doyle Kennedy Kinostart: 26.05.2016
Dublin 1985. Die vorherrschende Rezession und Arbeitslosigkeit zwingen die Eltern des 15jährigen Conor dazu, ihren
Sprössling auf eine andere Schule zu schicken. Dort machen ihm fortan nicht nur der extrem strenge Schulleiter
Probleme, auch die meisten seiner Mitschüler mobben ihn. Außer der kleine rothaarige Darren, der Conors Blick auf die
16jährige Raphina lenkt: hübsch, sexy, stylisch – nicht von dieser Welt. Für Conor ist es Liebe auf den ersten Blick. Um
ihr zu imponieren erzählt Conor seinem Schwarm von seiner Band. Und mehr noch: weil sie ein Model sei, könne sie
vielleicht beim Musikvideodreh mitmachen. Das Anbaggern hat tatsächlich Erfolg. Doch jetzt hat Conor ein weiteres
Problem: er hat gar keine Band! Darren sieht das ganz pragmatisch: “Dann gründen wir eben eine!”. Gesagt, getan. Mit
drei weiteren Schülern formiert Conor eine Band und schreibt die ersten Songs. Schon bald wird es zum Videodreh mit
Raphina kommen... Mit SING STREET kehrt der irische Filmemacher John Carney wieder zu seinen filmischen
Wurzeln zurück, die er vor ein paar Jahren mit dem wundervollen ONCE der gesamten Filmwelt präsentierte. Auch
heuer handelt sein Film wieder von einer Liebesgeschichte. Doch im Gegensatz zu ONCE sind die Protagonisten jetzt
keine Erwachsenen, sondern Teenager. Aber – und genau das ist der gemeinsame Schnittpunkt – ihre Liebe füreinander
erwächst wieder aus der Musik. Mit dem sehr wandlungsfähigen Ferdia Walsh-Peelo und der an eine junge Elisabeth
Shue erinnernden Lucy Boynton hat Carney ein perfektes Liebespaar gefunden, dem man gerne bereit ist, alle Höhen
und Tiefen der ersten großen Liebe Glauben zu schenken. Nicht minder perfekt besetzt sind die restlichen Mitglieder der
Schülerband – herrlich exotisch und spießig zugleich. Nicht zu vergessen Conors älterer Bruder Brendan, der von Jack
Reynor dargestellt wird und für Conor in allen Fragen der Musik, der Liebe und des Lebens zur Leitfigur wird. Viel
Wert hat Carney auf das Zeitkolorit gelegt, das passend zu den 1980er-Jahren von den ersten Videoclips (im 4:3
Fernseher natürlich!), Cassettenrecordern und VHS-Camcordern geprägt ist. Auch die Farbgebung mit ihren fahlen, oft
in nostalgisches Braun tendierenden Tönen macht deutlich, dass das Ganze schon 30 Jahre zurückliegt. Seine besten
Momente entwickelt der Film stets aus der Musik heraus. Ob Conor und Eamon zusammen einen Song komponieren, ob
die ganze Crew einen Videoclip zur Musik inszeniert (und diese Inszenierung dann quasi selbst wieder zum Musikclip
gerät) oder sich ein Videoclipdreh vor Conors geistigem Auge in den Highschool-Ball aus ZURÜCK IN DIE
ZUKUNFT entwickelt – hier sind ebenso gute Laune und wie tiefe Gefühle garantiert. Der mitreißende Soundtrack, der
auch gerne angesagte Hits zitiert, die aus genau jener Zeit stammen, in der der Film spielt, sowie die höchst
sympathischen Underdogs, denen man als Zuschauer nur das Beste wünscht, garantieren einen gelungen Kinoabend.
Tipp: wer die Möglichkeit hat, den Film im Original mit Untertiteln zu sehen, sollte sich diese Gelegenheit nicht
entgehen lassen. Die eingedeutschte Fassung tut nicht gut.
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Donnerstag, 21. April 2016 Es gibt viel zu tun – packen wir es an! In der zweiten und damit auch schon letzten Pressevorführung in dieser Woche gab es heute den jüngst mit dem César als “Bester Dokumentarfilm” ausgezeichneten Film zu sehen TOMORROW (1:2.35, DD 5.1) OT: Demain Verleih: Pandora Land/Jahr: Frankreich 2015 Regie: Cyril Dion, Mélanie Laurent Kinostart: 02.06.2016
In jüngster Zeit gibt es eine ganze Flut von Dokumentarfilmen im Kino zu sehen, die sich mit den Themenkomplexen
Klimawandel, Weltbevölkerung, Ernährung und der Verknappung der Ressourcen auseinandersetzen und damit auf
die großen Probleme hinweisen möchten, die den Fortbestand der Menschheit und der Welt gefährden. Viele der
Dokumentarfilme schüren nur Ängste, die natürlich berechtigt sind, aber sie zeigen oft keine Alternativen auf. In ihrem
Dokumentarfilm wollten Cyril Dion und Schauspielerin Mélanie Laurent beim Zuschauer nicht nur das Bewusstsein
dafür schaffen, dass uns nicht mehr viel Zeit bleibt, etwas zu ändern, sondern insbesondere auch an praktizierten
Beispielen deutlich machen, dass wir es tatsächlich schaffen können. Mit Kinobildern in CinemaScope sowie
ansprechender Musik sprechen sie mit Experten und besuchen weltweit Projekte und Initiativen, die alternative
ökologische, wirtschaftliche und demokratische Ideen verfolgen. Wie z.B. die Stadt Kopenhagen, die gerade dabei ist,
ein autarkes Energieversorgungssystem zu schaffen, das vollkommen ohne fossile Brennstoffe auskommt. Oder die Stadt
Detroit im US-Bundesstaat Michigan, in der die Bürger ihre Nahrungsmittel selbst auf Feldern anbauen und ernten. Die
beiden Filmemacher machen aber auch deutlich, dass ein Wandel nur dann erfolgreich in Gang gesetzt werden kann,
wenn er keinen Märkten dienen muss. Demokratie wie wir sie heutzutage kennen muss sich deswegen genauso
reformieren, damit große Konzerne keinen Einfluss auf die Politik nehmen können, um ihre Profitsucht zu stillen. Dem
abwechslungsreich gestalteten Film gelingt es, den Zuschauer für sich zu gewinnen und ihm viele interessante Ideen an
die Hand zu geben, die sich tatsächlich ohne viel Aufwand realisieren lassen. “Tu etwas - jetzt!” könnte die Quintessenz
lauten. Cyril Dion und Mélanie Laurent haben recht – es ist bereits 5 vor 12.
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Dienstag, 19. April 2016 Der Schriftsteller im Exil Deutsches Kino kann beeindruckend sein. Den Beweis lieferte die heutige Pressevorführung VOR DER MORGENRÖTE (1:2.35, 5.1) Verleih: X Verleih (Warner) Land/Jahr: Deutschland, Frankreich, Österreich 2016 Regie: Maria Schrader Darsteller: Josef Hader, Barbara Sukowa, Aenne Schwarz, Matthias Brandt, Charly Hübner Kinostart: 02.06.2016
Auf dem Höhepunkt seines Ruhms wird der österreichische Schriftsteller Stefan Zweig in die Emigration getrieben.
Episodisch zeigt der Film Zweig im Laufe von sechs Jahren in seinem Exil in Amerika, wo er trotz wunderbarer Natur
und freundlichen Menschen nie zur Ruhe kommt angesichts des Wissens um den Untergang Europas. Auch wenn es sich
bei Maria Schraders Film um einen historischen Stoff handelt, so könnte er dennoch nicht besser in die jetzige Zeit
passen, in der sich die Anzeichen dafür verdichten, dass sich eine ähnliche Katastrophe wie damals wiederholen könnte.
Mit Josef Hader, Barbara Sukowa und Aeene Schwarz in den Hauptrollen hervorragend besetzt, wird der Zuschauer
zum Beobachter von Stefan Zweigs Alltag. Die Sequenz, die Zweig mit Teilen der Familie in einer New Yorker
Wohnung zeigt, mutet fast schon an wie der Blick auf eine Bühne, auf der ein Theaterstück gespielt wird. Ohne
Filmmusik, ohne Effekthascherei. Abgesehen von den wunderbaren Leistungen des Ensembles begeistert insbesondere
die Kameraarbeit von Wolfgang Thaler, der das CinemaScope-Format richtig zu nutzen versteht. Es prägen sich hier vor
allem die statischen Einstellungen ein, die am Anfang und am Ende von Maria Schraders Film stehen. Ganz besonders
die letzte Einstellung im Schlafzimmer der Zweigs begeistert: das leblos im Bett liegende Ehepaar sieht man nur indirekt
als Spiegelung in der Schranktür. Als sich die Tür ein wenig bewegt, sieht man im Spiegel den Flur der Wohnung, in
dem sich Menschen versammeln, bestürzt von dem was geschah. Ernst Feder (gespielt von Matthias Brandt) verliest den
Abschiedsbrief: “(...) Ich grüße alle meine Freunde! Mögen sie die Morgenröte noch sehen nach der langen Nacht! Ich,
allzu Ungeduldiger, gehe ihnen voraus.” - Es ist diese eine und sehr lange Einstellung, mit der der Film abschließt und
damit seine Zuschauer ebenso nachdenklich wie bewegt aus dem Kinosaal entlässt. (Hinweis: der Film wurde
mehrsprachig gedreht und uns in der heutigen Vorführung auch so gezeigt – allerdings ohne Untertitel! Das geht für die
deutschen und auch englischen Dialoge in Ordnung, jedoch hätte man sich bei den nicht gerade wenigen Dialogen in
Französisch sowie südamerikanischen Sprachen eine Untertitelung gewünscht)
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Sonntag, 17. April 2016 Sein Idol wird zum Feind Heute gab es wieder Gelegenheit aktuellstes Bollywood-Kino auf großer Leinwand zu sichten FAN (1:2.35, DD 5.1 + Atmos) OT: Fan Verleih: Substance Film Land/Jahr: Indien 2016 Regie: Maneesh Sharma Darsteller: Shah Rukh Khan Kinostart: 09.06.2016
Für Gaurav Chandna, Betreiber eines kleinen Internetshops, gibt es keinen größeren Filmstar als Aryan Khanna. Er ist
wie besessen von seinem großen Idol, das er regelmäßig bei einem jährlichen Wettbewerb erfolgreich imitiert und stets
den ersten Preis dafür erhascht. Gaurav fasst schließlich den Entschluss, nach Delhi zu reisen, um sein Idol persönlich zu
treffen und ihm seine Loyalität zu beweisen sowie die Trophäen zu zeigen. Doch Gaurav geht zu weit und wird auf
Aryan Khannas Geheiß ins Gefängnis gesteckt. Er schmiedet einen perfiden Plan, um sich an seinem Idol zu rächen...
Maneesh Sharmas Thriller-Drama dürfte für Hardcore-Bollywood-Fans eine herbe Enttäuschung sein: im gesamten Film
gibt es keine Song & Dance Nummern! Dafür kommen Shah Rukh Khan umso mehr auf ihre Kosten, sehen sie ihren
Liebling gleich in zwei Rollen. Denn aufgrund modernster Maskenbildnerei (das Werk keines Geringeren als
Hollywood-Legende Greg Cannom) sowie State-of-the-Art Digitaltechnik schlüpft der Mime sowohl in die Rolle des
Stars als auch seines psychopathischen Fans. Der überlange Film hat ein paar ausgefeilte Action-Sequenzen zu bieten,
bleibt aber in puncto Bildgestaltung und Tonmischung unter den Erwartungen, die man an gängige indische Blockbuster
stellt. Offenbar versucht man dort momentan, sich an die Sehgewohnheiten der westlichen Welt anzugleichen. Zu
befürchten ist, dass man in Zukunft des Öfteren derartig westlich gebürstete Filme aus Indien zu sehen bekommt und
damit auf genau das, was den Reiz dieser Filme gerade für westliche Filmfans ausmacht, verzichten muss.
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Donnerstag, 14. April 2016 Schach als Medizin Die zweite und letzte Pressevorführung in dieser Woche ist absolviert – hallo Wochenende! DAS TALENT DES GENESIS POTINI (1:2.35, DD 5.1) OT: The Dark Horse Verleih: Koch Media (Neue Visionen) Land/Jahr: Neuseeland 2014 Regie: James Napier Robertson Darsteller: Cliff Curtis, James Rolleston, Kirk Torrence Kinostart: 16.06.2016
Einst war Genesis Potini gefeierter Schachmeister in Neuseeland, doch seine manische Depression brachte ihn viele
Jahre lang in die Psychiatrie. Nach seiner Entlassung findet er Unterschlupf bei seinem Bruder Ariki, der einer
kriminellen Biker-Gang angehört. Die Zukunft seines Neffen Mana bereitet Genesis große Sorgen, denn Ariki besteht
darauf, dass sein Sohn in seine Fußstapfen tritt. Als Genesis die Chance erhält, sozial unterprivilegierte Kinder im
Schach zu unterrichten, gelingt es ihm sogar seinen Neffen dafür zu begeistern. Mit aller Kraft will Genesis seinen
Schachclub beim Jugendschachturnier in Auckland zum Sieg führen. Doch Ariki ist das ein Dorn im Auge... Basierend
auf einer wahren Geschichte erzählt James Napier Robertson in seinem Drama von dem neuseeländischen Schachgenie
Genesis Potini, der mit manischen Depressionen zu kämpfen hatte, aber dennoch eine Gruppe unterprivilegierter
Jugendlicher durch das Schachspiel zu neuem Lebensmut verhalf. Cliff Curtis beeindruckt in der Titelrolle des
gefallenen Genies, das sich auch liebevoll um seinen Neffen kümmert, der aufgrund seines sozialen Umfelds auf die
schiefe Bahn zu geraten droht. Ohne viel Pathos, dafür aber realistisch gibt sich die Inszenierung, die trotz der 124
Filmminuten nie langweilig wird. Frei nach dem Motto “Du hast keine Chance, also nutze sie” setzt der Film Potini ein
würdiges Denkmal und macht Hoffnung.
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Mittwoch, 13. April 2016 Ich sehe was was Du nicht siehst Die erste von nur zwei Pressevorführungen in dieser Woche brachte einen interessanten Genremix DER NACHTMAHR (1:2.35, 5.1) Verleih: Koch Media (Filmagentinnen) Land/Jahr: Deutschland 2015 Regie: Akiz Darsteller: Carolyn Genzkow, Wilson Gonzalez Ochsenknecht, Sina Tkotsch Kinostart: 26.05.2016
Tina ist 17 und sehr hübsch und macht mit ihren Freundinnen zusammen die Nacht zum Tag. Es geht von einer
Technoparty zur nächsten. Bis sie plötzlich zusammenbricht. Denn ab da beginnt sie ein unheimliches Wesen zu sehen,
das ihr Angst macht. Und offenbar kann nur sie diese Kreatur sehen. Ihre Eltern machen sich Sorgen und möchten sie
einweisen, ihre Freundinnen gehen auf Distanz. Mit der Zeit muss Tina immer mehr erkennen, dass das seltsame Wesen,
das bei Nacht den Kühlschrank leert und seltsam grunzt, sehr viel mehr mit ihr selbst zu tun hat als sie noch anfangs
dachte... Der von Akiz inszenierte Film vereint Horrorelemente und Coming-of-Age Drama zu einem alle Sinne
fordernden Werk, das der Absolvent der Filmakademie Baden-Württemberg selbst als “Narcotic-Mindfuck-Melodram”
bezeichnet. Mit peitschendem Techno-Soundtrack und Stroboskop-Effekten erzählt er von den Ängsten eines
Teenagers: der Angst, verlassen zu werden und nicht mehr dazuzugehören. Die nicht lineare Erzählstruktur macht den
Film für den Zuschauer interessant, da sie zum Mitdenken anregt. Trotzdem fühlt sich der nur 88 Minuten lange Film
stellenweise etwas zäh an. Vielleicht wäre der Stoff als Kurzfilm besser geraten. Mitunter wirkt er auch leider etwas
albern, insbesondere weil der Nachtmahr fast wie E.T. aussieht und auch so tönt. Überhaupt ist der Bezug zu E.T.
unübersehbar: alles, was dem Nachtmahr angetan wird, passiert auch Tina. Dieselbe symbiotische Verbindung wie wir
sie aus dem Spielberg-Film kennen. Bei aller Kritik muss man jedoch die handwerkliche Qualität des Films anerkennen
und dankbar dafür sein, dass es ein deutscher Regisseur überhaupt wagt, einen solchen Genre-Mix anzugehen.
Beeindruckend: gleich zu Beginn des Films gibt es eine Texttafel auf der zu lesen ist: “Dieser Film sollte laut vorgeführt
werden!”. Also Referenzpegel, liebe Kinobetreiber!
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Donnerstag, 07. April 2016 Zwei Brüder und drei Mädchen Zum Abschluss der Pressewoche gab es immerhin zwei Spielfilme zu begutachten CAFE BELGICA (1:2.35, 5.1) OT: Café Belgica Verleih: Pandora Land/Jahr: Belgien, Frankreich, Niederlande 2016 Regie: Felix van Groeningen Darsteller: Stef Aerts, Tom Vermeir, Stefaan De Winter Kinostart: 23.06.2016
Die beiden Brüder Jo und Frank haben sich schon lange aus den Augen verloren. Jetzt treffen sie sich zufällig wieder –
in Jos Cafe. Der sich in seiner Ehe gefangen fühlende Frank fängt schnell Feuer und steigt bei seinem jüngeren Bruder
ein. Das Cafe wird vergrößert und bietet jetzt auch Live Acts auf der Bühne. Der Laden brummt. Doch er fördert auch
Franks weniger schönen Eigenschaften zu Tage: er kokst und betrügt seine Frau mit jedem Rockzipfel. Jo dagegen
erlebt seine erste große Liebe, wird aber schwer enttäuscht, als seine schwangere Freundin abtreiben will. Die
Beziehung der beiden Brüder droht zu zerbrechen... Hat er bei BROKEN CIRCLE noch mit einem zu Tränen
rührenden, nicht linear erzählten Film begeistert, so wirkt Felix van Groeningens neuer Film CAFE BELGICA mit
seiner linearen Erzählweise dagegen fast schon banal. Gemeinsam mit den ungleichen Brüdern erleben wir das Auf und
Ab des “Cafe Belgica”. Wir freuen uns über ihre Erfolge und wir müssen ihre Niederlagen mit ansehen. Stef Aerts als
der sensible Jo und Tom Vermeir als der treulose und unberechenbare Frank überzeugen in ihren Rollen. Überzeugend
auch das Produktionsdesign sowie die äußerst dynamische Tonspur, die den Zuschauer immer wieder direkt ins Herz des
kleinen Konzertsaals im “Belgica” holt. Wer schon immer einmal mit dem Gedanken spielte, seine eigene Kneipe
aufzumachen, der sollte sich diesen Film ansehen. Und wer sich darüber hinaus auch noch auf Geschäfte mit seinen
entfremdeten Geschwistern einlassen möchte, dem könnte van Groeningens kleines Epos als Warnung dienen.
ENTE GUT! MÄDCHEN ALLEIN ZU HAUS (1:2.35, 5.1) Verleih: Weltkino Land/Jahr: Deutschland 2016 Regie: Norbert Lechner Darsteller: Lynn Dortschack, Lisa Bahati Wihstutz, Linda Phuong Anh Dang Kinostart: 26.05.2016
Die burschikose Pauline ist 12 Jahre alt und wird im Gymnasium als Außenseiterin gehänselt. Am liebsten betätigt sie
sich mit ihrem Fernrohr als Spionin. Penibel genau beobachtet sie ihre Nachbarschaft durchs Fenster. Schnell merkt sie,
dass in der Wohnung der vietnamesischen Familie gegenüber etwas nicht stimmt. Tatsächlich: die beiden 11 und 9 Jahre
alten Mädchen Linh und Tien sind ganz alleine zuhause. Ihre Mutter musste dringend nach Vietnam reisen, weil die
Oma erkrankt ist. Einen Vater haben die Kinder nicht. Linh würde liebend gerne aufs Gymnasium gehen, doch sie muss
sich jetzt um ihre kleine Schwester und um den Imbiss der Mutter kümmern. Spionin Pauline droht die beiden Mädchen
zu verraten. Doch aus der anfänglichen Erpressung wird bald eine Freundschaft, die so manches Abenteuer überstehen
muss... Macht man sich als Erwachsener mal ein paar Gedanken über diesen Kinderfilm, so fallen sofort einige
Ungereimtheiten auf. Speziell wenn es um die Mutter der beiden Vietnamesenmädchen geht. Denn so arm sie angeblich
ist, kann sie sich doch kurzerhand ein teures Flugticket zurück in ihre Heimat leisten. Und obgleich sie angeblich kein
Bleiberecht in Deutschland hat, leitet sie einen Imbiss. Doch solche Gedanken macht man sich eben nur als
Erwachsener. Die Zielgruppe des Films – Mädchen im Alter der Protagonistinnen – ist primär am Spaß- und
Abenteuerfaktor des Films interessiert. Und der bricht sich hin und wieder auch tatsächlich Bahn. Doch es hält sich alles
in Grenzen und das Drama überwiegt in Norbert Lechners Inszenierung. Etwas einfallslos und sich ständig wiederholend
enttäuscht die Filmmusik leider. Dafür sind immerhin die drei Hauptrollen gut besetzt und das Drehbuch behandelt
wichtige Themen wie Freundschaft, Solidarität und das Schicksal von Migranten.
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Mittwoch, 06. April 2016 Von der Sklavin zur Aktivistin Im vierten und letzten Dokumentarfilm der aktuellen Pressewoche begegnete ich einer beeindruckenden jungen Frau URMILA – FÜR DIE FREIHEIT (1:1.85, 5.1) Verleih: farbfilm Land/Jahr: Deutschland 2015 Regie: Susan Gluth Kinostart: 26.05.2016
Mit sechs Jahren wurde Urmila von ihrer Familie als Kamalari, eine Haushaltssklavin, verkauft, um die bittere Armut in
den Griff zu bekommen. Damit begann für Urmila ein Leidensweg, den viele Mädchen in ihrer Heimat Nepal zu gehen
gezwungen werden. Ein Martyrium voller Schläge, Demütigungen und auch sexueller Übergriffe durch die
ausbeuterischen Arbeitgeber. Erst 12 Jahre später erhält sie ihre Freiheit wieder zurück und fasst einen Entschluss: sie will
allen Mädchen helfen, denen das gleiche Schicksal widerfährt. In ihrem Film porträtiert Regisseurin Susan Gluth nun die
23jährige Urmila als eine extrem engagierte junge Frau voller Hoffnung, die gegen das Unrecht in ihrer Heimat kämpft.
In einer Szene des Films sehen wir die Aktivistin und ihre Kolleginnen bei ihrer Arbeit vor Ort: eine ältere Frau fällt auf,
weil sie ein sehr junges Mädchen bei sich hat. Als die beiden in einen Bus steigen, schalten sich die Aktivistinnen ein.
Ob es ihr Kind sei, fragen sie die ältere Frau. Es sei die Tochter des Onkels, erwidert die. Das junge Mädchen sagt kein
Wort, auch nicht als sie von den jungen Frauen direkt gefragt wird. Schließlich werden die beiden aus dem Bus geholt
und in das Büro der FKDF gebracht. Das junge Mädchen bleibt schließlich in der Obhut der Aktivistengruppe. Mit
dieser Szene führt Regisseurin Susan Gluth dem Zuschauer hautnah vor Augen, mit welchen Problemen die engagierte
Urmila tagtäglich konfrontiert wird. Wie es Urmila gelang aus ihrer eigenen Gefangenschaft zu entkommen, wird leider
nicht thematisiert. Hier liegt die Vermutung nahe, dass die Erfahrung möglicherweise zu schmerzhaft war um darüber zu
sprechen. Dafür konzentriert sich die Regisseurin aber auf die vielen Projekte, mit denen Urmila den Kamalaris in ihrem
Land helfen will. Dazu gehören auch improvisierte Theaterstücke, die sie in den kleinen Dörfern aufführt, um die
Menschen auf die Missstände aufmerksam zu machen. Dazu gehört aber auch eine Rede, die sie auf dem Oslo Freedom
Forum hält. Ein Punkt aber ist Urmila fast noch wichtiger als ihr Kampf gegen die Ungerechtigkeit: ihre Bildung. Mit
aller Kraft will sie einen Schulabschluss machen, der ihr als Sklavin verwehrt wurde. Denn Urmila weiß allzu gut, dass
nur ein Schulabschluss sie dazu befähigen wird, ihren Traumberuf als Anwältin zu ergreifen. Über einen Zeitraum von
drei Jahren beobachtet die Kamera diese hoffnungsvolle junge Frau, die es am Ende vielleicht sogar noch schaffen wird,
ihren Traum zu verwirklichen. Ohne Off-Kommentar oder Effekthascherei gestaltet, beeindruckt der Film alleine durch
Urmilas Stärke.
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Dienstag, 05. April 2016 Essen und Tanzen Gesundes und ungesundes Essen und ein faszinierender Choreograph waren Thema des heutigen Doku-Doppels HOPE FOR ALL – UNSERE NAHRUNG – UNSERE HOFFNUNG (1:1.78, 5.1) Verleih: Tiberius Film (24 Bilder) Land/Jahr: Österreich 2016 Regie: Nina Messinger Kinostart: 12.05.2016
Essen Sie um Gottes Willen kein Fleisch mehr! Und erst gar keine Milchprodukte! Stellen Sie Ihren gesamten
Speiseplan auf pflanzliche Ernährung um, wenn Sie Probleme mit dem Herzen vermeiden wollen und auf ein hohes
Krebsrisiko verzichten möchten. So könnte die Botschaft lauten, die Nina Messinger mit ihrer Dokumentation an die
Zuschauer bringen möchte. Untermauert werden diese Warnungen von Ernährungsexperten und Medizinern, die sie
dafür vor die Kamera holt. Aber nicht nur die bestätigen die Theorie, sondern auch ein paar ganz normale Menschen, die
von Wunderheilungen durch Umstellung auf pflanzliche Ernährung erzählen. Soll man’s glauben? Messingers Doku
malt in Schwarz und Weiß. Graustufen und Zwischentöne gibt es nicht. Plakativer geht es kaum. Dazu die furchtbar
aufdringliche Musik, die kaum schweigt und zumindest mir extrem auf die Nerven ging! Mit einer aus vielen TV-Dokus
bekannten Voice Over Stimme erhält der Film dann auch noch diesen pseudo-wissenschaftlichen TV-Anstrich, der
Kopfschmerzen fördert. Keine Frage: einiges von dem, was der Film behandelt, ist wichtig und wird von Messinger auf
den Punkt gebracht. Beispielsweise die Massentierhaltung, die in ihrer Konsequenz an die KZs der Nazizeit erinnert und
dafür sorgt, dass die Ware Fleisch auch von jedermann bezahlbar bleibt. Für den Profit werden Tiere auf bestialische
Weise gequält und abgeschlachtet und man mag die im Film gezeigten Bilder gar nicht anschauen. Dass hier
Handlungsbedarf besteht ist unbestritten. Fazit: HOPE FOR ALL ist nur bedingt zu empfehlen.
MR. GAGA (1:1.85, 5.1) OT: Mr. Gaga Verleih: farbfilm Land/Jahr: Israel, Schweden, Deutschland, Niederlande 2015 Regie: Tomer Heymann Kinostart: 12.05.2016
Ohad Naharin ist einer der bedeutendsten zeitgenösssichen Choreographen. In seinem Film porträtiert Tomer Heymann
den Israeli anhand von sehr persönlichen Interviews und jeder Menge Ausschnitte von Naharins Choreographien von
heute und damals und beobachtet das vom Tänzer zum Choreographen mutierte Talent bei Proben mit seinem Ensemble.
Naharin entwickelte als künstlerischer Leiter des israelischen Ensembles eine komplett neue Bewegungssprache:
“Gaga”. Dabei werden bekannte Bewegungsmuster durchbrochen, “Gaga” sucht nach der Interaktion zwischen den
Beteiligten, die sich gemeinsam einen Bewegungsraum von Freiheit und Wohlbehagen erarbeiten. Heymann gelingt es
eine Dokumentation über eine Persönlichkeit anzufertigen, bei der man auch als Ungeübter in Sachen Ausdruckstanz
keine Langeweile empfindet. Handwerklich ist der Film vorzüglich gestaltet. Für Freunde des Tanzes ein Muss.
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Montag, 04. April 2016 Berg-Welten Nicht weniger als gleich vier Dokumentarfilme gibt es in der neuen Pressewoche zu sehen – ein Rekord. Doku Nummer Eins gab es gleich heute. WER HAT ANGST VOR SIBYLLE BERG (1:1.78, 5.1) Verleih: Zorro (24 Bilder) Land/Jahr: Deutschland 2015 Regie: Wiltrud Baier, Sigrun Köhler Darsteller: Sibylle Berg Kinostart: 28.04.2016
Ich muss zugeben, dass ich von Sibylle Berg bis heute Vormittag noch nie etwas gehört habe. Vermutlich ein
untrügliches Zeichen dafür, dass ich Kunst- und Kulturbanause bin. Aber gerade um solche Menschen wie mich der
Kultur dann doch noch etwas näher zu bringen, gibt es ja Filmemacherinnen wie das Duo “Böller und Brot”, oder
Wiltrud Baier und Sigrun Köhler, wenn man es bei den bürgerlichen Namen belassen möchte. Mit ihrem neuen
Dokumentarfilm haben die beiden mich jetzt an die Person Sibylle Berg herangeführt. Wohl gemerkt: an die Person,
nicht an das, wodurch sie populär wurde. Die Dame hat es mittlerweile auf immerhin 11 Romane, 20 Theaterstücke
sowie unzählige Reportagen, Essays und Kolumnen gebracht – ein Multitalent also, das seine Karriere einst als
DDR-Flüchtlingskind begann. Die “Doku-Schlampen” (Originalton Sibylle Berg!) haben Frau Berg ein ganzes Jahr lang
immer wieder mit ihrer Kamera und einem Sack voller Fragen begleitet – weltweit. Los Angeles, Tessin, Deutschland.
Berg verweigert sich oft den Fragen, beantwortet sie aber doch. Oder nicht? Vielleicht soll’s ja auch nur ein Spaß sein.
So ganz sicher kann man das nicht sagen. Man kann sie einfach nicht fassen. Und in eine Schublade lässt sie sich schon
gar nicht stecken. Dass sie so manchem Mann durchaus Angst machen kann, liegt wohl an ihrem tabulosen Mundwerk,
dem man doch irgendwie gerne lauscht. Alles in allem eine ziemlich originelle Persönlichkeit. Originell dann auch die
Gestaltung des Films. Immer wieder gibt es Untertitel, obgleich es dieser überhaupt nicht bedarf: “Wir lieben
Untertitel”, sagen “Böller und Brot”. Und: “Gerade bei einem Film über eine Schriftstellerin hat sich dieses Stilmittel
angeboten”. Das geht dann sogar so weit, dass oft das Bild verschwindet und man nur weiße Untertitel auf schwarzem
Hintergrund sieht, während auf der Tonspur genau der Text zu hören ist, den die Untertitel zeigen. Mit ihrem
84minütigen Film zeigen Wiltrud Baier und Sigrun Köhler, dass man das Phänomen “Sibylle Berg” weder mit diesen 84
noch mit mehr Filmminuten begreifen lässt. Vielleicht ist genau das der Reiz dieser Dokumentation.
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