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Freitag, 28. Oktober 2016 Die Täter sind die Opfer Ein aufrüttelnder Dokumentarfilm brachte die Pressewoche zu Ende. WRONG ELEMENTS (1:1.37, 5.1) OT: Wrong Elements Verleih: Neue Visionen Land/Jahr: Frankreich, Deutschland, Belgien 2016 Regie: Jonathan Littell Kinostart: 27.04.2017
Was Buchautor Jonathan Littell in seinem Debütfilm zeigt, ist harter Tobak. Nicht etwa, weil es da harte Bilder zu sehen
gäbe (in der Tat hält sich der Film hier dezent zurück), sondern vielmehr wegen der Schilderungen der Protagonisten.
Sie alle wurden im Teenager-Alter von der LRA, der Lord’s Resistance Army, Ende der 1980er Jahre aus ihren Dörfern
in Uganda heraus entführt und in den weiten afrikanischen Busch verschleppt, um dort zu wahren Killermaschinen
umerzogen zu werden. Das war der perfide Plan von Joseph Kony, der 1989 seinen spirituellen Eingebungen folgte und
die LRA ins Leben rief, um gegen die Regierung zu rebellieren. Geofrey, Nighty, Mike und Lapisa waren Opfer von
Kony und mussten in seinem Namen Menschen töten. Erst viele Jahre später gelang ihnen die Flucht aus dem
Schreckensregime. Die ugandische Regierung erließ eine Amnestie für diese ehemaligen Kindersoldaten, die töteten, um
nicht selber getötet zu werden. Sie waren Opfer und Täter zugleich und müssen bis heute damit leben. In seinem
Dokumentarfilm lässt Regisseur Littell die jungen Erwachsenen noch einmal die Stätten besuchen, wo ihnen viel Leid
angetan wurde und auch sie viel Leid anrichten mussten. Sie lachen jetzt zwar, während sie ihre Erinnerungen
auffrischen, doch das Lachen hat mehr die Funktion eines Schutzes – ein Schutz, der es ihnen ermöglicht, überhaupt
über die grausame Vergangenheit zu sprechen. Formal beschränkt sich Littell auf das inzwischen gewöhnungsbedürftige,
aber klassische 4:3 Bildformat, wodurch der Film auf das Wesentlichste reduziert wird, oft unterlegt mit lautstarker
klassischer Musik (u.a. von Johann Sebastian Bach). Littell möchte seinen Film nicht nur als Anklage gegen das
Terrorregime in Afrika verstanden wissen, sondern gegen alle Regime, in denen aus Kinder als Soldaten missbraucht
werden.
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Donnerstag, 27. Oktober 2016 Nur echt mit Strickpullunder Was im Fernsehen funktioniert muss noch lange nicht im Kino funktionieren SCHUBERT IN LOVE (1:1.85, 5.1) Verleih: Wild Bunch (Central) Land/Jahr: Deutschland 2016 Regie: Lars Büchel Darsteller: Olaf Schubert, Mario Adorf, Marie Leuenberger Kinostart: 08.12.2016
Als Junggeselle Olaf von seinem Übervater unter Druck gesetzt wird, er möge ihm doch endlich einen Enkel schenken,
kommt er in arge Bedrängnis: woher so schnell eine Frau nehmen? Olaf schreibt viel lieber an seinem Musical, das ihm
Millionen einbringen soll, die er in Brot für die Welt investieren möchte. Oder arbeitet in seinem winzigen, dunklen
Büro auf dem Sozialamt, wo er seine Kunden unbewusst in den Suizid treibt. Nach erfolgloser Partnersuche via Anzeige
verirrt sich eines Tages die schöne Pamela in sein karges Büro – und Olaf ist hin und weg! Man lernt sich näher kennen,
zieht zusammen und – da war doch noch etwas? Richtig: der Geschlechtsakt muss noch vollzogen werden, damit Olaf
endlich Vater werden kann... Man kennt ihn als den sympathischen Comedian mit sächsischem Akzent und trockenem
Humor aus seinen TV-Auftritten u.a. in der “Heute Show”. Dort sind seine von Wortwitz triefenden Kurzauftritte immer
äußerst amüsant und zudem meist recht tiefgründig. Die Erwartungen an einen abendfüllenden Spielfilm mit Olaf
Schubert sind damit bereits sehr hoch. Irgendwie wundert es daher nicht, dass SCHUBERT IN LOVE zum Fiasko
wird. Das liegt dabei gar nicht mal so sehr an Schuberts inszeniertem Loser-Image mit DDR-Nostalgie, sondern am
Drehbuch, das sich auf pubertäre Peinlichkeiten konzentriert anstatt mit der Kernkompetenz des Hauptdarstellers zu
punkten. Der ganze Film ist ein in die Länge gezogener Gag, bei dem am Ende vermutlich aus lauter Langeweile
niemand mehr lachen wird. Treffende One-Liner wie etwa “Beim Sex muss man halt an was Schönes denken (hier: um ihn zu
genießen)” oder “Der Pullunder bleibt aber an (hier: beim Sex)" sind äußerst rar gestreut. Beim extrem verklemmten Paar
Olaf/Pamela könnten übrigens Sheldon und Amy aus der “Big Bang Theory” Pate gestanden haben. Neben Olaf
Schubert und Marie Leuenberger gibt sich Mario Adorf als Schuberts Vater die Ehre. Doch zu tun gibt es nicht viel für
ihn – die meiste Zeit verbringt er im Krankenbett. Mein Tipp: wer Olaf Schuberts Humor aus dem Fernsehen kennt und
ihn mag, der sollte sich einen Bogen um den Film machen.
JACK REACHER: KEIN WEG ZURÜCK (1:2.35, DD 5.1 + 7.1 + Atmos) OT: Jack Reacher: Never Go Back Verleih: Paramount Land/Jahr: USA 2016 Regie: Edward Zwick Darsteller: Tom Cruise, Cobie Smulders, Aldis Hodge Kinostart: 10.11.2016
Als sich Ex-Major Jack Reacher zum Date mit einer Majorin einfindet, muss er feststellen, dass diese zwischenzeitlich
wegen Hochverrats ins Militärgefängnis gesperrt wurde. Von ihrer Unschuld überzeugt, macht sich Jack daran, die
Schöne zu befreien und die Hintermänner der Verschwörung ausfindig zu machen... So gefällt sich unser Tom: er ist
nicht nur der Held in diesem Film, sondern auch gleichzeitig der Produzent. Leider erweist sich der zweite Teil der
“Jack Reacher”-Reihe gegenüber dem ersten Teil als nur mäßig spannend. Action gibt es zwar genug, aber die Story ist
dabei recht dünn geraten. Als Sahnehäubchen entpuppt sich dieses Tausendsassa Jack Reacher auch noch als
vermeintlicher Vater eines blonden Tennie-Mädels. Definitiv zu lang geraten ist der Showdown des Films, der auch
noch unnötig Brutalitäten ausspielt. Fazit: es gibt schlechtere Filme. Ein wirklich guter ist dieser aber nicht.
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Mittwoch, 26. Oktober 2016 Der verlorene Sohn Xavier Dolans neuer Film hat heute alle anderen Pressevorführungen dieser Woche glatt an die Wand gespielt EINFACH DAS ENDE DER WELT (1:1.85, 5.1) OT: Juste La Fin Du Monde Verleih: Weltkino Land/Jahr: Kanada, Frankreich 2016 Regie: Xavier Dolan Darsteller: Gaspard Ulliel, Marion Cotillard, Vincent Cassel, Nathalie Baye, Léa Seydoux Kinostart: 29.12.2016
12 Jahre lang hat sich Louis nicht mehr bei seiner Mutter und den beiden Geschwistern blicken lassen. Jetzt kehrt er
wieder heim. Nicht ohne Grund: Louis wird bald sterben. Und er möchte es der Familie schonend beibringen. Er möchte
nur den geeigneten Augenblick dazu abpassen. Doch alte Wunden platzen wieder auf und schnell wird klar: die
Familienmitglieder sind unfähig miteinander zu sprechen... Mit seinem neuen Film erweist sich Kanadas Regiewunder
Xavier Dolan einmal mehr als Ausnahmeregisseur. Was er hier abgeliefert hat ist schlicht und ergreifend ein grandioses
Stück Kino! Dolan versteht es auf bemerkenswerte Weise, die Theatervorlage von Jean-Luc Lagarce dergestalt
aufzubrechen, dass der Film alles andere ist als ein verfilmtes Theaterstück. Besonders grandios: die ohne Worte, aber
dafür umso mehr mit Blicken und Großaufnahmen in Szene gesetzte Begegnung zwischen Gaspard Ulliel und Marion
Cotillard, die ganz klar zeigt, dass die von Cotillard gespielte Catherine die Einzige ist, die den Grund von Louis‘
Besuch versteht. Überhaupt ist das Ensemble handverlesen: Nathalie Baye als ständig quasselnde Mutter, Vincent
Cassel als Louis‘ aggressiver Bruder Antoine, Gatte von Catherine, sowie die auf beiden Armen tätowierte und ständig
paffende Léa Seydoux als die kleine Schwester. Weiteres stilprägendes Element in Dolans Film: die orchestrale
Filmmusik von Gabriel Yared, erweitert um ein paar sehr wirkungsvoll platzierte Songs. Fazit: unbedingt im Kino
anschauen!
WILLKOMMEN BEI DEN HARTMANNS (1:2.35, 5.1) Verleih: Warner Land/Jahr: Deutschland 2016 Regie: Simon Verhoeven Darsteller: Senta Berger, Heiner Lauterbach, Elyas M'Barek, Palina Rojinski, Florian David Fitz, Ulrike Kriener, Uwe Ochsenknecht, Eric Kabongo Kinostart: 03.11.2016
Aus einem Anfall von Helfersyndrom heraus nimmt die gut situierte Münchner Familie Hartmann auf Mutters Wunsch
einen Flüchtling aus Nigeria in ihrer noblen Villa auf. Das sorgt nicht nur für Unmut in der Nachbarschaft, sondern
belastet zunehmend auch die Ehe der Hartmanns, die ohnehin in der Krise steckt... Ein bisschen grenzwertig ist dieser
Unterhaltungsfilm schon. Da wird das tragische Schicksal eines Flüchtlings in eine turbulente Klamotte gepackt. Fast so,
als ob man das Drama sonst Niemandem zumuten könnte. Wenn der Comedy-Teil dann wenigstens noch originell und
etwas dezenter ausgefallen wäre, hätte man das vielleicht noch durchgehen lassen. Doch gerade der Comedy-Teil ist –
abgesehen von ein oder zwei guten Kalauern - derart langweilig und klischeehaft in Szene gesetzt, dass sie als Störfaktor
wirkt. Eigentlich ist das, was man hier zu sehen bekommt, ein TV-Film, der keine Chance verstreichen lässt, um
Münchens Vorzeigespots fotogen ins Bild zu rücken. Das aber wirkt derart gewollt, dass es schon wieder nervt.
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Dienstag, 25. Oktober 2016 Eine Witwe au Männerfang Lange ist es her, dass wir eine Jane Austen Verfilmung zu sehen bekamen LOVE & FRIENDSHIP (1:1.85, 5.1) OT: Love & Friendship Verleih: KSM (24 Bilder) Land/Jahr: Irland, Niederlande, Frankreich, USA 2016 Regie: Whit Stillman Darsteller: Kate Beckinsale, Chloë Sevigny, Xavier Samuel Kinostart: 29.12.2016
Um sich den skandalträchtigen Gerüchten über ihre Affären zu entziehen, nistet sich die schöne Witwe Susan Vernon im
Anwesen ihrer Verwandtschaft ein. Dort will sie in aller Ruhe nach guten Partien für ihre Tochter und auch für sich
selbst suchen.... Nach Jane Austens Roman “Lady Susan” inszeniert Whit Stillman seinen höchst amüsanten Blick auf
die gehobene englische Gesellschaft und schickt damit ein exquisites Figurenkabinett ins Rennen. Dass hier das gesamte
Ensemble mit Begeisterung bei der Sache ist, spürt man sofort. Begleitet von orchestraler Barockmusik (Komponist:
Benjamin Esdraffo) wird man als Zuschauer Zeuge von Sitten und Gebräuchen sowie ausgefeilter
Beziehungsschachzüge jener Zeit, in der die Autorin groß geworden ist. Ein bisschen Kitsch, ein bisschen
Gesellschaftskritik, aber stets gut unterhaltend.
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Montag, 24. Oktober 2016 Verrückte on the Road Eine Tragikomödie aus Italien eröffnete eine recht vollgepackte Pressewoche DIE ÜBERGLÜCKLICHEN (1:2.35, 5.1) OT: La Pazza Gioia Verleih: Neue Visionen Land/Jahr: Italien, Frankreich 2016 Regie: Paolo Virzì Darsteller: Valeria Bruni Tedeschi, Micaela Ramazotti, Valentina Carnelutti Kinostart: 29.12.2016
Bei den Insassen der rustikalen Villa Bondi in der Toskana handelt es sich allesamt um Frauen, die psychische Probleme
haben und hier mehr oder weniger eingesperrt sind. Die überquirlige Beatrice, eine Gräfin, wurde hier von der Justiz
“entsorgt” und ist nur darauf bedacht, endlich abzuhauen. Als die junge, abgewrackte und am ganzen Körper mit Tattoos
bedeckte Donatella ebenfalls eingeliefert wird, freundet sich Beatrice mit der labilen jungen Frau an. Bei der erstbesten
Gelegenheit büxen die beiden aus. Ihr Ziel: Donatellas kleinen Sohn finden, der von einer anderen Familie adoptiert
wurde... Besonders beeindruckt Micaela Ramazotti in diesem Reigen der Verrückten. Sie spielt die Rolle der nach ihrem
Sohn suchenden Mutter Donatella auf höchst überzeugende Art und Weise – eine Frau, der man alles zutraut, auch einen
erneuten Suizidversuch. Ehrlich gesagt war es genau dieser Charakter, der mich bei diesem Film bei Laune gehalten hat.
Denn Regisseur Paolo Virzi macht es seinen Zuschauern nicht gerade einfach. So schildert er in aller Breite die
Eskapaden der beiden ausgebüxten Ladies und man weiß sehr lange Zeit überhaupt nicht, wohin der Film steuert.
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Samstag, 22. Oktober 2016 Berliner Schnauze Weil der Film in Stuttgart nicht der Presse gezeigt wurde, habe ich ihn mir ausnahmsweise Online angeschaut LOTTE (1:1.78, 5.1) Verleih: Daredo Media Land/Jahr: Deutschland 2016 Regie: Julius Schultheiß Darsteller: Karin Hanczewski, Zita Aretz, Paul Matzke Kinostart: 27.10.2016
Lotte ist gerade heraus. Immer. Konfrontationen scheut sie nicht, boxt sich immer irgendwie durch. Jetzt aber ist die
gelernte Krankenschwester mal wieder auf der Suche nach einer Bleibe. Gar nicht so einfach in Berlin. Und im
Krankenhaus lernt sie ein junges Mädchen kennen, das offenbar irgendwie zu jenem Typ gehört, mit dem sie vor
Urzeiten gebrochen hat. Und Greta, so der Name des Teenagers, sucht den Kontakt zu Lotte... Es müssen nicht immer
zwei Stunden sein, um ein Drama oder eine Tragikomödie kinowirksam umzusetzen. Manchmal genügen auch nur 78
Minuten. Insbesondere dann, wenn sie wie im Flug vergehen wie in Julius Schultheiß‘ Debütfilm LOTTE. Wer oder
was diese Lotte ist, erfahren wir als Zuschauer erst ganz allmählich. Karin Hanczewski spielt sie mit soviel Elan, dass
man anfangs nie auf den Gedanken kommen würde, dass Lotte eine bewegte Vergangenheit hat, vor der sie wegzulaufen
versucht und sich sogar als Mutter einer Teenager-Tochter entpuppt! Der gut fotografierte und hervorragend
geschnittene Film ist ein Beweis dafür, dass es kein großes Budget braucht, um eine interessante Geschichte zu erzählen.
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Freitag, 21. Oktober 2016 Die Frau des Radiums Die letzte Pressevorführung der Woche hatte für mich einen historischen Stoff auf Lager MARIE CURIE (1:2.35, 5.1) OT: Marie Curie Et La Lumiere Bleue Verleih: NFP (Filmwelt) Land/Jahr: Polen, Deutschland, Frankreich 2016 Regie: Marie Noëlle-Sehr Darsteller: Karolina Gruszka, Arieh Worthalter, Charles Berling Kinostart: 01.12.2016
Marie Curie war die erste Frau, die den Nobelpreis für Physik erhielt – gemeinsam mit ihrem Mann. Als der durch einen
tragischen Unfall stirbt und sie mit den beiden Töchtern zurücklässt, stürzt sich die Wissenschaftlerin nicht nur in ihre
Arbeit, sondern auch in eine Liebesaffäre mit dem verheirateten Wissenschaftler Paul Langevin... Habe ich da etwas
verpasst? Mich zumindest hat dieses etwas wirre Biopic genau mit dieser Frage nach seinen 95 Minuten Spielzeit aus
dem Kinosaal entlassen. Man wird einfach den Eindruck nicht los, dass verschiedene Handlungsstränge gekappt wurden.
Vieles aus dem aufreibenden Leben der Nobelpreisträgerin bleibt damit unklar. So ist der mit Karolina Gruszka in der
Titelrolle gut besetzte Film leider weder Fisch noch Fleisch. Äußerst seltsam dann der Abspann, der Marie Curie zeigt,
wie sie ihr Fahrrad durch das heutige Paris schiebt, unterlegt mit einem beschwingten Song. Sorry, aber das passt zum
restlichen Film ganz und gar nicht!
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Donnerstag, 20. Oktober 2016 Einer fällt durch die Maschen des Sozialstaats Ein hochbrisantes Thema eindringlich vor Augen geführt ICH, DANIEL BLAKE (1:1.85, 5.1) OT: I, Daniel Blake Verleih: Prokino (Fox) Land/Jahr: Großbritannien, Frankreich 2016 Regie: Ken Loach Darsteller: Dave Johns, Hayley Squires, Micky McGregor Kinostart: 24.11.2016
Zeitlebens hat der gelernte Zimmermann Daniel Blake gearbeitet und brav seine Steuern gezahlt. Doch ein Herzinfarkt
hat ihn aus dem Arbeitsleben gerissen. Sein Arzt rät ihm, noch nicht zu arbeiten. Doch genau deshalb will ihm das
Sozialamt die Unterstützung verweigern. Daniel steht vor der Entscheidung: geht er arbeiten, wäre das für seine
Gesundheit abträglich. Geht er nicht arbeiten, gibt es kein Geld vom Staat. Als er schließlich Beschwerde auf dem Amt
einlegen möchte, bekommt er die volle Härte des Sozialstaates zu spüren... Nachdem er letztens angekündigt hatte,
keinen Film mehr machen zu wollen, hat sich Altmeister Ken Loach doch wieder in den Regiestuhl gesetzt und mit
seinem neuesten Film gleich die Goldene Palme in Cannes abgeräumt. Zu Recht. Sein Film zeigt auf sehr eindringliche
Weise, wie ein guter Mensch und Bürger unverschuldet in die Mühlen des britischen Sozialstaates gerät und dabei quasi
zugrunde gerichtet wird. Das fängt bereits beim Vorspann des Films an: man sieht keine Bilder, hört aber, welche
seltsame Fragen die Dame auf dem Sozialamt an Daniel Blake stellt. Zum Schießen komisch, wenn es nur nicht so ernst
wäre! Dave Johns spielt diesen Wutbürger, der sich mit einer Henne-und-Ei-Situation konfrontiert sieht, die ihm die
letzten Kräfte abverlangt und ihm seinen Selbstrespekt kostet. In düsteren, matten Farben zeigt Loach in seinem
Sozialdrama ein England, das alles andere ist als die einst große Seefahrernation. Und wenn man so will, dann macht
das Drama längst nicht Halt an den britischen Grenzen, sondern weitet sich über ganz Europa aus. ICH, DANIEL
BLAKE ist alles andere als Feel-Good-Kino, trifft dafür aber direkt ins Mark.
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Donnerstag, 13. Oktober 2016 Der Katastrophenfilm ist zurück! Bei meinem Aufenthalt in Bradford habe ich mir heute die volle IMAX-Dröhnung gegeben DEEPWATER HORIZON (1:2.35, DD 5.1 + 7.1 + Atmos) OT: Deepwater Horizon Verleih: Studiocanal Land/Jahr: USA 2016 Regie: Peter Berg Darsteller: Mark Wahlberg, Kurt Russell, Dylan O'Brien, John Malkovich, Kate Hudson Kinostart: 24.11.2016
April 2010. Aufgrund schwerster Versäumnisse seitens Ölgigant BP gerät die Ölbohrinsel “Deepwater Horizon” nach
einem Blowout in Brand. Für Mike Williams und seine Männer beginnt damit ein Überlebenskampf... Mit seiner
Inszenierung einer der größten Umweltkatastrophen aller Zeiten belebt Regisseur Peter Berg das gute alte Genre des
Katastrophenfilms wieder. In der Tradition von Filmen wie ERDBEBEN oder FLAMMENDES INFERNO. Berg
entwickelt seinen Film ganz langsam und führt die Personen behutsam ein, bevor er ganz allmählich die
Spannungsschraube anzieht. Auch wenn DEEPWATER HORIZON auf Tatsachen beruht, kommt der Film nicht ohne
gewisse Klischees aus. Doch bei einem Film, in dessen Mittelpunkt die Katastrophe an sich steht, lässt sich das
verschmerzen. Berg fackelt ein grandioses Feuerwerk an Effekten ab, das insbesondere IMAX-Kinos zur Hochform
auflaufen lassen. Mit guter Bildqualität und brachialem Surround-Sound zieht der Film alle Register, um die
Katastrophe mitten in den Zuschauerraum zu katapultieren. Und dass es genau dafür nicht einmal 3D bedarf, beweist der
Film aufs Vortrefflichste. DEEPWATER HORIZON ist spannendes Action-Kino.
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Dienstag, 11. Oktober 2016 Dunkle Familiengheimnisse Noch zwei Pressevorführungen – und dann ab zum “Widescreen Weekend” in Bradford! PETER HANDKE – BIN IM WALD. KANN SEIN, DASS ICH MICH VERSPÄTE... (1:1.85, 5.1) Verleih: Piffl Land/Jahr: Deutschland 2016 Regie: Corinna Belz Darsteller: Peter Handke Kinostart: 10.11.2016
Wer glaubt, dass die Dokumentation von Corinna Belz den Schriftsteller und Mensch Peter Handke näher bringt, den
wird der Film enttäuschen. Viel zu wenig erfährt man vom Werdegang des “Enfant Terrible” der deutschsprachigen
Literatur. Im Gegenteil: es wird ziemlich viel an Wissen vorausgesetzt! Somit dient der Film lediglich als eine Art
Momentaufnahme, die den Künstler in seinem Haus in Frankreich zeigt, ein paar kurze Rückblicke einflicht und seine
Frau sowie die beiden Töchter unkommentiert ins Spiel bringt. Fazit: die Doku eignet sich nur für Kenner von Peter
Handke.
DIE HÄNDE MEINER MUTTER (1:2.35, 5.1) Verleih: farbfilm Land/Jahr: Deutschland 2016 Regie: Florian Eichinger Darsteller: Andreas Döhler, Jessica Schwarz, Katrin Pollitt, Heiko Pinkowski, Peter Maertens, Sebastian Fräsdorf, Katharina Behrens, Rasmus Dahlstedt Kinostart: 01.12.2016
Die harmonische Beziehung von Markus und Monika gerät kräftig ins Wanken, als in Markus – längst selbst schon
Familienvater – plötzlich Erinnerungen an seine Kindheit wach werden und ihm dabei bewusst wird, dass er von seiner
Mutter missbraucht wurde... Florian Eichingers intensives Familiendrama besticht vor allem durch seine Darsteller, die
sehr authentisch (und möglicherweise oft improvisiert) spielen. Eichinger zeigt sehr deutlich, wie sexuelle Übergriffe in
der Kindheit durch die eigenen Eltern bis ins Erwachsenenalter prägen und wie ein Mensch daran zerbrechen kann.
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Montag, 10. Oktober 2016 Die Frau, die nicht singen kann Mit einem Dokumentarfilm starteten wir in die neue Woche DIE FLORENCE FOSTER JENKINS STORY (1:1.85, 5.1) Verleih: Salzgeber Land/Jahr: Deutschland 2016 Regie: Ralf Pleger Darsteller: Joyce DiDonato, Adam Benzwi, Jan Rekeszus Kinostart: 10.11.2016
Keine zwei Wochen ist es her, dass wir die Geschichte der Florence Foster Jenkins als Spielfilm mit hochkarätiger
Besetzung (Meryl Streep, Hugh Grant) sehen durften, so schiebt jetzt Ralf Pleger mit seinem Doku-Drama die
Hintergrundgeschichte zu Amerikas Sängerin mit der fürchterlichsten Stimme aller Zeiten nach. Und die unterscheidet
sich kaum vom Spielfilm, was bedeutet, dass sich Stephen Frears in seiner Kinoversion sehr genau an die Tatsachen
hält. In Interview-Segmenten mit nicht weniger als sieben sogenannten “Experten” (darunter der Archivar der Carnegie
Hall) wird das bewegte Leben von Foster Jenkins in allen Facetten beleuchtet und der Frage nachgegangen, wie es sein
kann, dass sie selbst nie gewusst hat, wie schräg ihre Stimme klingt. Den Dreh- und Angelpunkt in Plegers Film bildet
dabei ein Interview der Foster Jenkins mit einem Zeitungsreporter, das mit Schauspielern nachempfunden wurde.
Ausgeschmückt wird die Dokumentation durch viele Gesangseinlagen, mal in der original Foster Jenkins Interpretation,
mal in ausgefeilten Darbietungen von Joyce DiDonato. Etwas störend am Film ist die optische Gestaltung, die ständig
Bildfehler simuliert und damit so etwas wie einen "Found Footage”-Charakter erzeugen möchte.
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Freitag, 07. Oktober 2016 Telefonwanderung Eigentlich schade, dass uns der beste Film der Pressewoche nur von Blu-ray Disc vorgeführt wurde... ALOYS (1:2.35, 5.1) Verleih: Film Kino Text Land/Jahr: Schweiz, Frankreich 2016 Regie: Tobias Nölle Darsteller: Georg Friedrich, Tilde von Overbeck, Kamil Krejci Kinostart: 24.11.2016
Normalerweise ist es Aloys, der durch seine Kamera andere Menschen beobachtet – von Berufs wegen: er ist
Privatdetektiv. Als jedoch sein Vater stirbt, wird Aloys komplett aus der Bahn geworfen. Nach durchzechter Nacht
wacht er in einem abgestellten Bus wieder auf und muss feststellen, dass alle seine Videobänder verschwunden sind. Da
meldet sich eine mysteriöse Anruferin bei ihm und dreht den Spieß um. Ab sofort ist er derjenige, der beobachtet wird.
Die Anruferin, in deren Besitz sich die Videobänder angeblich befinden, geht einen Schritt weiter und erpresst den in
sich gekehrten Aloys zu einer “Telefonwanderung”. Der Beginn einer magischen Reise... Gleich zu Beginn erkunden die
farbreduzierten, atmosphärischen CinemaScope-Bilder von Kameramann Simon Guy Fässler eine leerstehende
Wohnung. Einsamkeit strömt hier aus jeder Pore. Was danach folgt, bezeichnet man Neudeutsch als “Mindfuck”. Denn
was der Zuschauer zu sehen bekommt ist eine kunstvolle Verflechtung von Realität und Imagination. Das ist die Welt
des Aloys Adorn, der vollkommen vereinsamt dahinvegetiert und sich mittels der “Telefonwanderung” eine Scheinwelt
aufbaut. Wie bei einem Puzzle darf jetzt der Zuschauer die Einzelstücke zu einem Gesamtbild zusammensetzen. Tobias
Nölles Drama mit Psychothriller-Touch arbeitet nicht nur extrem mit Schnitt, sondern auch mit einem ausgefeilten
Sounddesign, um Aloys‘ reduzierte Welt spürbar zu machen. Mit Georg Friedrich hat Nölle die perfekte Besetzung für
seinen Aloys gefunden. Wie keinem anderen gelingt es ihm, vollständig in der Rolle aufzugehen und die innere
Einsamkeit nach außen zu transportieren. ALOYS ist mit Sicherheit einer der interessantesten Filme der letzten Zeit und
macht neugierig auf weitere Filme des Regisseurs.
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Donnerstag, 06. Oktober 2016 Schmachtendes, Singendes und Schlüpfriges Bereits das zweite Presse-Triple in dieser Woche – so many movies, so little time! TINI: VIOLETTAS ZUKUNFT (1:2.35, 5.1) OT: Tini: El Gran Cambio De Violetta Verleih: Walt Disney Land/Jahr: Spanien 2016 Regie: Juan Pablo Buscarini Darsteller: Martina Stoessel, Ángela Molina, Jorge Blanco Kinostart: 03.11.2016
Weil das populäre Schlagersternchen Violetta glaubt, dass sie von ihrem Freund betrogen wird, nimmt sie Reißaus und
flüchtet nach Italien, wo sie sich im Künstlerhaus einer Bekannten ihres Vaters einnistet. Während sie versucht, zu sich
selber zu finden und neue Songs zu schreiben, bandelt der gutaussehende Caio mit ihr an...
Da haben sich die Filmemacher aber kräftig ins Zeug gelegt, um diesen Schmachtfetzen mit möglichst viel “Schmacht”
auszustatten: ein immer scheinender Vollmond, romantisches Flügelspiel direkt am Abgrund, ein malerisches
italienisches Dorf, Rettung in letzter Sekunde, und und und. Nach Plausibilität und Logik wagt man bei derartigem
Bombardement schon gar nicht mehr zu fragen. Klar gehöre ich persönlich ganz sicher nicht zur Zielgruppe dieser auf
Kinoformat aufgeblasenen TV-Serie. Die dürfte mehr bei den Backfisch-Teens vornehmlich weiblicher Art liegen, die
Shoppen, Schminken, Tanzen und Singen als das höchste zu erreichende Lebensziel betrachten. Schwamm drüber.
EIN LIED FÜR NOUR (1:2.35, 5.1) OT: Ya Tayr El Tayer / The Idol Verleih: Koch Media (Filmagentinnen) Land/Jahr: Großbritannien, Palästina, Katar, Niederlande, Vereinigte Arabische Emirate 2015 Regie: Hany Abu-Assad Darsteller: Qais Atallah, Hiba Atallah, Ahmad Qassim Kinostart: 01.12.2016
Schon seit seiner Kindheit versucht Mohammed sein außergewöhnliches Talent als Sänger in bare Münze umzuwandeln.
Gemeinsam mit seiner Schwester Nour und zwei Freunden gründet er eine Band und tritt bei Hochzeiten und anderen
Gelegenheiten auf. Als er als junger Mann erfährt, dass ein Vorsingen für eine Castingshow in Kairo stattfindet, versucht
er trotz aller gesellschaftlichen und politischen Widrigkeiten daran teilzunehmen... Ohne es zu wollen wurde
Mohammed Assaf zur Stimme einer ganzen Nation. In dem auf wahren Begebenheiten beruhenden Film schildert
Regisseur Hany Abu-Assad die schier unglaubliche Geschichte eines Palästinenser, der im Gazastreifen aufwuchs und
sich seinen Traum erfüllte: den Wettbewerb “Arab Idol” (dem arabischen Pendant zu “Deutschland sucht den
Superstar”) zu gewinnen. So sehr sich der Film auch bemüht, Sympathien für seinen Protagonisten und dessen Freunde
aufzubauen, es gelingt ihm leider nur bedingt. Etwas Filmmusik hätte die Sache ganz bestimmt in die richtige Richtung
gebracht, aber sie gibt es nicht wirklich. Auch die Tatsache, dass sich der Film in der ersten Hälfte auf Mohammeds
Kindheit konzentriert, funktioniert nicht wirklich. Denn sie hat fast keine direkte Verbindung zur eigentlichen
Geschichte des Films, die damit beginnt, dass Mohammed Student in Gaza ist. Aufgrund der fehlenden emotionalen
Ebene hinterlässt der Film leider kaum einen nachhaltigen Eindruck, was sehr schade ist.
VERRÜCKT NACH FIXI (1:2.35, 5.1) Verleih: Constantin Land/Jahr: Deutschland 2016 Regie: Mike Marzuk Darsteller: Lisa Tomaschewsky, Jascha Rust, Roland Schreglmann Kinostart: 13.10.2016
Tom und Dodie waren schon immer die Außenseiter in ihrer Klasse – und wurden deswegen zu besten Freunden. Mit
den Mädchen will es aber ganz und gar nicht klappen. Das ändert sich allerdings spontan, als Tom beim Abiball von
seinen Mitschülern aus Gehässigkeit eine lebensgroße Sexpuppe aus Gummi überreicht bekommt und diese durch ein
kleines Wunder zum Leben erwacht... Man lese den Titel des Films einmal laut vor – dann wird schnell klar, dass man
Fixi auch noch mit einer anderen Bedeutung belegen kann. Und genau die ist hier gemeint. So wird die von der
Plastikpuppe zum heissen Feger mutierte Fixi in schöner Regelmäßigkeit in aufreizenden Outfits (drüber und drunter,
wohlgemerkt) vorgeführt und muss für allerlei Zoten herhalten. Das aber ist derart tröge inszeniert, dass man krampfhaft
überlegt, wie man die Zeit bis zum Ende des Films totschlagen kann. Kleiner Tipp: man nehme eine Begleitung mit ins
Kino – dann kann man wenigstens zu zweit die Zeit totschlagen (oder angenehmere Dinge tun). In der Metaebene des
Films (jawoll, es gibt sie tatsächlich!) geht es um echte Freunde und falsche Freunde und wie man sie unterscheiden
kann. Aber auch das ist so langweilig (und auch vollkommen unglaubwürdig) in Szene gesetzt, dass man auch daran
schnell die Lust verliert. Gibt es wenigstens gute Lacher in dieser Komödie? Fehlanzeige. Es ist jedoch zu befürchten,
dass ausgerechnet die blöden Sprüche zu Lachsalven in den Multiplex-Einsätzen führen könnten.
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Mittwoch, 05. Oktober 2016 Karten der Wahrheit und eine verschwundene Tochter Mein heutiges Presse-Doppel führte nach Berlin und nach Newark JEDER STIRBT FÜR SICH ALLEIN (1:2.35, 5.1) Verleih: X Verleih (Warner) Land/Jahr: Deutschland, Frankreich, Schweiz, Großbritannien 2016 Regie: Vincent Perez Darsteller: Brendan Gleeson, Emma Thompson, Daniel Brühl Kinostart: 17.11.2016
Berlin 1940. Als die Nachricht vom Tode ihres Sohnes das Ehepaar Quangel erreicht, beschließen die beiden, dem
Führer den Rücken zu kehren und gegen das NS-Regime Front zu machen – auf ihre ganz eigene Art und Weise. Sie
schreiben die unbequeme Wahrheit auf Karten und verteilen diese zufällig in der Stadt in der Hoffnung, dass andere
diese Karten finden und ebenfalls weiterverteilen. Es dauert nicht lange, bis ihnen die Polizei im Nacken sitzt... Vincent
Perez hat seinen Film nach dem Roman von Hans Fallada inszeniert, der nach wie vor hochaktuell ist. Am Beispiel des
Ehepaars Quangel zeigt er sehr deutlich, dass jeder Einzelne in der Gesellschaft in der Lage ist, etwas zu bewirken, um
einen Missstand zu ändern. Man muss es nur tun und darf sich nicht einfach wegducken. Ruhig erzählt, mit stimmiger
Farbgebung und passendem Zeitkolorit, regt der Film durchaus zum Nachdenken an. Warum der in Berlin angesiedelte
Film ausgerechnet mit einer Engländerin und einem Iren in den Hauptrollen als deutsches Ehepaar besetzt ist, bleibt ein
kleines Rätsel.
AMERIKANISCHES IDYLL (1:2.35, 5.1) OT: American Pastoral Verleih: Splendid (Tobis) Land/Jahr: USA 2016 Regie: Ewan McGregor Darsteller: Ewan McGregor, Jennifer Connelly, Dakota Fanning Kinostart: 17.11.2016
Als die 16jährige rebellische und stotternde Tochter eines Fabrikanten im Amerika während der Zeit der Rassenunruhen
spurlos verschwindet und ihr zudem ein Bombenattentat in die Schuhe geschoben wird, hebt dies das bisherige Leben
ihres Vaters komplett aus den Angeln... Gleich eines vorweg: Ewan McGregor als liebender Vater, der bereits ist, alles
für seine verschollene Tochter zu tun, ist eine grandiose Fehlbesetzung in seinem eigenen Film. Man nimmt ihm die
Rolle einfach nicht ab – er agiert viel zu emotionslos! Was den Film selbst angeht: mit viel Zeitkolorit wird eine
Geschichte erzählt, die sich über viele Jahre erstreckt und die – so scheint es – auf keinen Höhepunkt zuläuft. “Much
Ado About Nothing” würde wohl Shakespeare dazu sagen. Ohne erkennbaren Grund wird um die eigentliche Story auch
noch eine Rahmenhandlung gebaut, aus der heraus dann im Rückblick erzählt wird. Seine knapp über zwei Stunden
Spielzeit merkt man dem Film zwar nicht an, fühlt sich am Ende aber etwas an der Nase herumgeführt. Immerhin liefert
Vielkomponierer Alexandre Desplat eine ordentliche Filmmusik dazu.
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Dienstag, 04. Oktober 2016 Indiana Jones für ganz Arme Das erste von zwei Triple Feature in dieser Woche war nicht unbedingt erbaulich ALLEIN GEGEN DIE ZEIT – DER FILM (1:2.35, 5.1) Verleih: X Verleih (Warner) Land/Jahr: Deutschland 2016 Regie: Christian Theede Darsteller: Timon Wloka, Timmi Trinks, Janina Fautz Kinostart: 27.10.2016
Bei ihrem Schulausflug nach Hildesheim gerät eine Schulklasse samt Lehrer in die Fänge einer radikalen Sekte, die auf
der Jagd nach der ewigen Jugend ist. Doch die Gruppe um Leo und Sophie weiß sich zu helfen... Als Indiana Jones für
ganz Arme könnte man diesen Fantasy/SciFi-Film bezeichnen, der sich an Kinder und Jugendliche richtet. Basierend auf
einer erfolgreichen TV-Serie, die in Echtzeit abläuft, vergehen diese knapp 90 Minuten leider nicht wie im Fluge –
gefühlte zweieinhalb Stunden dauert dieses Machwerk. Zwischen die Actionhandlung werden regelmäßig peinliche
Liebesbekenntnisse zwischen den Protagonisten eingeschoben, um auch noch die Romantikquote zu erfüllen, mit der
man vermutlich die weiblich Zuschauergruppe einfangen möchte. Christian Theedes Film ist ein Beweis dafür, dass man
nicht alles ins Kino holen sollte, nur weil es zuhause am Fernseher funktioniert.
NIRGENDWO (1:2.35, 5.1) Verleih: Polyband (24 Bilder) Land/Jahr: Deutschland 2016 Regie: Matthias Starte Darsteller: Ludwig Trepte, Frederik Götz, Amelie Kiefer Kinostart: 27.10.2016
Seinem Vater zuliebe hat Danny seinen kleinen Heimatort im Nirgendwo verlassen, um BWL zu studieren. Jetzt, nach
dem Tod seines Vaters, kehrt er wieder heim. Er trifft alte Freunde wieder und vor allem Susu, die er damals einfach
sitzen ließ. Gerne würde Danny wieder eine Beziehung mit ihr eingehen, doch Susu gibt sich reserviert. Auch seine
Kumpels haben ähnliche Probleme mit der Liebe und dem Job und dem Rest des Lebens... Bei dem optisch sehr schön
aufbereiteten Film wird man das Gefühl nicht los, dass sich Regisseur und Drehbuchautor Matthias Starte an
amerikanischen Vorbildern orientiert. Sein “Young Adult” Drama gerät zu einer Aneinanderreihung von Einzel- und
Gruppentherapien, in denen sich die Protagonisten mit dem Beginn ihres Erwachsenseins arrangieren müssen. Dabei
erscheinen leider gerade die Dialoge zwischen den Jungs ziemlich künstlich. Es fällt sehr schwer, sich vorzustellen, dass
junge Männer in diesem Alter tatsächlich derart tiefschürfende und komplexe Gedanken untereinander austauschen.
TROLLS (1:2.35, 3D, Auro 11.1, DD 5.1 + 7.1 + Atmos) OT: Trolls Verleih: Fox Land/Jahr: USA 2016 Regie: Mike Mitchell Kinostart: 20.10.2016
Trolls sind süße kleine Wesen, die gerne singen, tanzen und kuscheln. Dumm nur, dass ihre natürlichen Feinde, die
riesigen Bergens, der Meinung sind, dass man nur durch das Fressen eines Trolls glücklich werden kann. So leben die
Trolls in ständiger Gefahr Bergensfutter zu werden. Als eines schönen Tages ein kleiner Troll in die Hände der Bergens
fällt, beschließt Prinzessin Poppy, dem armen Kerl zu helfen und ihn vor dem sicheren Tod zu retten... Man wird den
Eindruck nicht los, dass Dreamworks jetzt seine eigenen Minions haben möchte. Zumindest erinnern die Trolls an die
kleinen gelben Biester. Allerdings sind sie bei weitem nicht so witzig! Und dazu noch eher grobschlächtig animiert.
Mike Mitchells Film, der in schöner Regelmäßigkeit Popmusiknummern einflicht, bei denen sich die Trolls austoben
dürfen, richtet sich vor allem an ganz kleine Zuschauer. Die sind noch am ehesten für etwas zu begeistern, bei sich dem
Erwachsene einfach nur langweilen. Klare Botschaft des computeranimierten Films: ein Jeder kann glücklich sein – dazu
bedarf es keines Trolls!
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