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Donnerstag, 28. September 2017 Eine Frau kämpft an zwei Fronten Gerade erst hatten wir einen Tennisfilm, heute gab es Nachschub BATTLE OF THE SEXES – GEGEN JEDE REGEL (1:2.35, 5.1) OT: Battle Of The Sexes Verleih: Fox Land/Jahr: USA 2017 Regie: Jonathan Dayton, Valerie Faris Darsteller: Emma Stone, Steve Carell, Elisabeth Shue, Andrea Riseborough Kinostart: 23.11.2017
1973. Die Nummer Eins des Frauentennis, Billie Jean King, kämpft mit ihren Kameradinnen für die Gleichberechtigung
der Frauen im Tennissport. Als Zünglein an der Waage soll ein Match zwischen dem männlichen Champion Bobby
Riggs und Billie Jean King ausgetragen werden. Gewinnt Billie Jean, wird es zukünftig gleiche Preisgelder für Männer
und Frauen geben. Das Match entwickelt sich zum Sport- und Medienereignis des Jahres. - Nach dem Match des
Jahrhunderts in BORG/McENROE legen nun Jonathan Dayton und Valerie Faris mit ihrem Film BATTLE OF THE
SEXES – GEGEN JEDE REGEL nach und präsentieren eine ebenfalls wahre Geschichte aus der Welt der
Tennis-Profis. Eine Geschichte mit weitreichenden Konsequenzen – ein Meilenstein für die Emanzipation der Frauen.
Nach LA LA LAND kaum wiederzuerkennen, mimt Oscar-Gewinnerin Emma Stone Tennis-As Billie Jean King, die
sich nicht nur für die Gleichstellung der Frau im Tennissport einsetzt, sondern durch die Begegnung mit ihrer Friseurin
gleich weiteres Neuland erschließt: die lesbische Liebe. Stones Porträt einer starken Frau, die sich gleich an zwei
Fronten kämpfen sieht, könnte ihr die nächste Oscar-Nominierung bescheren. Ihr männlicher Kontrahent,
Tennis-Champion Bobby Riggs, wird von Steve Carell gespielt, der hier ein weiteres Mal sein besonderes Talent für die
Komödie unter Beweis stellt. Nicholas Britells Filmmusik sorgt besonders im Duell King vs Riggs dafür, dass atemlose
Spannung vorherrscht, die dann am Ende in Euphorie mündet. Mit ihrem Film beweisen Jonathan Dayton und Valerie
Faris, dass sich die richtig interessanten Geschichten nicht auf dem Tenniscourt ereignen, sondern dahinter. Damit
empfiehlt sich ihr Film nicht nur für Sportfans.
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Mittwoch, 27. September 2017 Drogensüchtige Mutter trifft auf waffenfähiges Plutonium Anspruchsvolles und Grenzdebiles im Doppelpack DIE BESTE ALLER WELTEN (1:1.85, 5.1) Verleih: Filmperlen Land/Jahr: Österreich, Deutschland 2017 Regie: Adrian Goiginger Darsteller: Verena Altenberger, Jeremy Miliker, Lukas Miko Kinostart: 28.09.2017
Eine kleine Stadt irgendwo in Österreich in den 1990er Jahren. Das ist die Welt des kleinen Adrian, der bei seiner
Mutter aufwächst und der später im Leben einmal ein großer Abenteurer werden will. Doch es ist keine normale
Kindheit, in die Adrian geboren wurde: seine Mutter ist drogensüchtig... Am Ende seines Films verrät uns Regisseur
Adrian Goiginger, dass es sich um die Geschichte seiner eigenen Kindheit handelt – und dass er seinen Traum,
Abenteurer zu werden, wahr gemacht hat. Dadurch erhält der Film gleich eine ganz andere Dimension und es wird dann
auch klar, warum er gerade in den 1990er Jahren angesiedelt ist. Goiginger liefert farbentsättigte Bilder, in denen nur
wenig Fröhlichkeit zu finden ist. Zumindest für Außenstehende. Aus Sicht des kleinen Adrian jedoch ist es seine ganze
Welt, ein einziger großer Abenteuerspielplatz mit einer Mutter, die er über alles liebt und von deren Problemen er nichts
weiß. Immer wieder zeigt uns der Film aber auch Adrians Innenleben in Form von Albträumen, die als düsteres
Fantasy-Epos inszeniert werden. Großartig besetzt sind Mutter (Verena Altenberger) und Sohn (Jeremy Miliker), die
derart authentisch spielen, dass der Film bisweilen dokumentarische Qualität erreicht. Das subtile Sounddesign und die
spärlich eingesetzte Filmmusik unterstützen die Wirkung des Films perfekt. Das ist harter Tobak.
AMERICAN ASSASSIN (1:2.35, DD 5.1 + 7.1 + Atmos) OT: American Assassin Verleih: Studiocanal Land/Jahr: USA 2017 Regie: Michael Cuesta Darsteller: Dylan O'Brien, Taylor Kitsch, Michael Keaton Kinostart: 12.10.2017
Weil seine Verlobte durch die Kugeln islamistischer Terroristen starb, begibt sich Mitch Rapp auf Rachefeldzug und
wird alsbald vom CIA rekrutiert. Dort nimmt ihn der knallharte Stan Hurley unter seine Fittiche und schleift ihn zur
perfekten Kampfmaschine. Als eines Tages eine große Menge waffenfähiges Plutonium gestohlen wird, soll Hurleys
schlagkräftiger Trupp die Diebe aufspüren und das Plutonium sichern. Ihr Weg führt über Istanbul bis nach Rom, wo
Rapp und Hurley fündig werden. Doch Ghost, ein Ex-CIA-Mann, ebenfalls von Hurley ausgebildet, kommt ihnen in die
Quere... Mit AMERICAN ASSASSIN nimmt uns Regisseur Michael Cuesta mit in die Untiefen des amerikanischen
Action-Kinos. Zweifelsohne ist die Action dort unten wirklich rasant inszeniert und reicht sogar bis hin zur Explosion
einer Plutoniumbombe im Mittelmeer, die tricktechnisch wirklich hübsch anzusehen ist. Aber nachdenken darüber solle
man tunlichst vermeiden! Und weil es eben ein durch und durch amerikanisches Produkt ist, detoniert die Bombe im
weit entfernten Europa. Also genau dort, wo es die Amis am allerwenigsten schert, wenn das gesamte Gelände
radioaktiv verseucht wird! Waren einst bei Bond & Co. noch die Russen der angesagte Feind der westlichen Weltmacht,
so ist es jetzt der Iran, der – so im Film – trotz Atomabkommen natürlich weiterhin an Bomben bastelt, um die
Vorherrschaft Amerikas auf unserem Planten zu brechen. Dass der Film ausgerechnet jetzt in die Kinos kommt ist
freilich kein Zufall. Ein Herr Trump würde sicher Beifall klatschen, wenn Dylan O’Brien in der Rolle des unkaputtbaren
Mitch Rapp die amerikanische Kriegsflotte vor dem Untergang rettet und würde auch sonst alles in diesem Film mögen.
Seine Lieblingsfigur wäre ohnehin Michael Keaton als knallharte und vollkommen emotionslos agierende
Killermaschine Stan Hurley – ein Ausbilder, wie er im Buche steht. Cuestas Film lässt leider wirklich kein Klischee aus
– und meint es alle ernst. Finger weg von diesem No-Brainer!
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Dienstag, 26. September 2017 Wenn der Glaube fanatisch wird Das heutige Presse-Doppel war thematisch sehr verwandt TEHERAN TABU (1:2.35, 5.1) Verleih: Camino Land/Jahr: Deutschland, Österreich 2017 Regie: Ali Soozandeh Darsteller: Elmira Rafizadeh, Zahra Amir Ebrahimi, Arash Marandi Kinostart: 16.11.2017
Pari, Babak, Sara und Donya leben in der iranischen Hauptstadt Teheran. Um sich und ihren stummen Sohn über
Wasser halten zu können, arbeitet Paris als Prostituierte. Ihre Nachbarin Sara fristet ein unglückliches Dasein als
Heimchen am Herd, möchte aber viel lieber arbeiten gehen, was ihr Mann seiner schwangeren Frau jedoch verbietet.
Donya steht kurz vor ihrer Hochzeit, lässt sich jedoch unter Drogeneinfluss auf einen One Night Stand ein. Jetzt benötigt
sie viel Geld, um sich per OP wieder jungfräulich machen zu können. Babak ist der junge Musiker, mit dem sich Donya
eingelassen hat und der jetzt das Geld für die OP herbeischaffen soll. Er träumt von seinem ersten eigenen Album, das
ihm jedoch von den staatlichen Behörden verboten wird. - “Rotoscoping” nennt sich das Verfahren, mit dem aus real
gefilmten Aufnahmen Animationen entstehen. Ralph Bakshi hat es einst für seinen HERR DER RINGE aus der Taufe
gehoben und Richard Linklater benutzte es für A SCANNER DARKLY. Jetzt wendet es Ali Soozandeh für sein
erschütterndes Drama an, das die Missstände im Iran anprangert. Im streng religiösen Regime trifft es dort vor allem die
Frauen, die dadurch gnadenlos unterdrückt werden. Wie pervers das ganze System ist, zeigt Soozandeh anhand der
Doppelmoral seiner männlichen Protagonisten, die Huren verachten und bestrafen wollen, selbst jedoch deren Dienste
ständig beanspruchen. TEHERAN TABU widmet sich vier jungen Menschen in Teheran, deren Schicksale bei ihrer
verzweifelten Suche nach Freiheit und Glück aufeinanderprallen. Ein Happy End gibt es hier nicht. Diesen
gesellschaftskritischen Animationsfilm sollte man keinesfalls verpassen!
VOLL VERSCHLEIERT (1:2.35, 5.1) OT: Cherchez La Femme Verleih: NFP (Filmwelt) Land/Jahr: Frankreich 2017 Regie: Sou Abadi Darsteller: Camélia Jordana, Félix Moati, William Lebghil Kinostart: 28.12.2017
Gerade als die beiden Studenten und Liebenden Armand und Leila beschließen, für ein Praktikum bei der UNO von
Paris nach New York zu gehen, taucht Leilas Bruder Mahmoud auf. Sein langer Aufenthalt im Jemen hat ihn zu einem
wahren Religionsfanatiker werden lassen, der jetzt dafür sorgen will, dass seine Schwester einen von ihm Auserwählten
heiraten soll. Die Verbindung zwischen ihr und Armand unterdrückt er mit aller Macht. Da greift Armand zu einer List:
bekleidet mit einem Niqab, der nur seine Augen freigibt, kommt er als Leilas Freundin Sheherazade in die Wohnung.
Dumm nur, dass sich Mahmoud auf der Stelle in die unbekannte Schöne verliebt, nicht wissend, dass ein Kerl in der
Burka steckt... Da reisst der zurückgekehrte Bruder das Filmplakat von LA DOLCE VITA, das in der Wohnung seiner
Geschwister an der Wand hängt, energisch ab und hängt ein edles Bild aus Seidenstoff auf, das seinen islamistischen
Guru porträtiert. In dieser Szene verdeutlicht die aus dem Iran stammende Regisseurin Sou Abadi, was die religiöse
Unterdrückung eines Volkes bedeutet: vorbei mit dem “süssen Leben”. Vieles von dem, was Abadi in ihrem Film zeigt
und für den Zuschauer lächerlich wirkt, hat die Regisseurin selbst erlebt. Sogar das “Cross Dressing” als lebensrettende
Funktion (das ja schon Billy Wilder in MANCHE MÖGENS HEISS perfekt demonstrierte). VOLL
VERSCHLEIERT möchte natürlich zuallererst eine Komödie sein, die zeigt, wie lächerlich fanatischer Islamismus
tatsächlich ist. Das gelingt dem Drehbuch auch durchaus, wenn auch wesentlich bemühter als das ein Billy Wilder
machen würde. Doch wenn der streng religiöse Bruder so weit geht und die SIM-Karte vom Handy seiner Schwester
hinunterschluckt, um so die Verbindung zu ihrem Freund zu unterbinden und sie ihn darauf hinweist, dass die SIM-Karte
Bestandteile von Schweinefleisch enthält, dann darf kräftig gelacht werden ob des Gesichtsausdrucks des Fantatikers.
Natürlich werden auch sämtliche Klischees der Verwechslungskomödie bedient, da sich unter einer Burka ziemlich viel
verbergen kann. Das funktioniert dann mal gut und auch mal weniger gut, zumal derlei Situationen schon oft genug im
Film thematisiert wurden. Dass man als Zuschauer jedoch eher verhalten lacht, liegt vor allem am zugrunde liegenden
ernsten Thema des Films. Vor 20 Jahren hätte man darüber vermutlich noch ganz anders gelacht, doch die jüngere
Geschichte hat hier Barrieren aufgebaut. Die gilt es natürlich zu durchbrechen und Sou Abadi liefert ihren Beitrag dazu.
Die Leichtigkeit eines MONSIEUR CLAUDE jedoch erreicht sie auch trotz eines sehr spielfreudigen Ensembles nie.
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Montag, 25. September 2017 Unerkannt in Berlin Ein Doku-Drama eröffnete eine bunte Pressewoche DIE UNSICHTBAREN – WIR WOLLEN LEBEN! (1:2.35, 5.1) Verleih: Tobis Land/Jahr: Deutschland 2017 Regie: Claus Räfle Darsteller: Max Mauff, Alice Dwyer, Ruby O. Fee Kinostart: 26.10.2017
Eigentlich ist Claus Räfle Dokumentarfilmer. Doch für seinen neuesten Film hat er jetzt einen neuen Weg beschritten
und präsentiert ein bislang recht unbekanntes Kapitel aus dem Nazi-Deutschland des Jahres 1943 als Mixtur aus Spiel-
und Dokumentarfilm. Ausgangspunkt dabei ist der 19. Juni 1943, jener Tag, an dem Propagandaminister Joseph
Goebbels Berlin für “judenrein” erklärte. Dass es trotzdem noch 7000 Juden seinerzeit geschafft haben, unerkannt in
Berlin unterzutauchen, war eine Information, die Räfle während der Recherchearbeit für seine Dokumentation über den
Salon Kitty erlangte und die ihn weiter beschäftigte. So gelang es ihm schließlich tatsächlich, einige der
überlebenden Juden aufzuspüren. Vier der interessantesten Zeitzeugen hat er für seinen Film ausgewählt und lässt sie in
Interviewsegmenten über ihre Erlebnisse in jener Zeit erzählen. Erzählungen, die immer wieder in Form eines Spielfilms
inszeniert werden. Der Film dokumentiert damit ein wichtiges Kapitel deutscher Kriegsgeschichte, das belegt, dass es
viele Deutsche gab, die das Nazi-Regime ablehnten und den verfolgten Juden Hilfe leisteten. DIE UNSICHTBAREN ist
ein spannend erzähltes Doku-Drama
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Donnerstag, 21. September 2017 Revue der Eitelkeiten Als wäre es aus dem Leben gegriffen – meine letzte PV für diese Woche CASTING (1:1.78, 5.1) Verleih: Piffl Land/Jahr: Deutschland 2017 Regie: Nicolas Wackerbarth Darsteller: Andreas Lust, Judith Engel, Milena Dreißig Kinostart: 02.11.2017
Regisseurin Vera will für das Fernsehen Fassbinders “Die bitteren Tränen der Petra von Kant” neu verfilmen. Schon seit
Wochen hält sie Castings ab, um endlich die Idealbesetzung zu finden. Nur noch wenige Tage bis Drehstart – und noch
keine Hauptrolle besetzt. Die Crew beginnt allmählich zu verzweifeln. Nicht Gerwin, der sich als Proben-Anspielpartner
über die zusätzlichen Stunden freut. Und wer weiß, vielleicht springt am Ende ja sogar eine Rolle für ihn heraus? - Mit
gutem Gespür für Personen und Situationen schildert Nicolas Wackerbarth das, was im Schauspielermilieu das ist, was
man im Berufsleben als Vorstellungsgespräch bezeichnet: das Casting. Hier werden in kleinem Kreis sämtliche
Eitelkeiten der Aktricen und Akteure offengelegt – mal freiwillig, doch weitaus öfter unfreiwillig. Da zeigt sich, was
Darsteller alles tun, um eine Rolle zu bekommen und dass sie oft genug gar keine Chance haben, die Rolle zu
bekommen, weil die in der Chefetage des Senders bereits jemand Anderem versprochen wurde. Künstlerische
Entscheidungen werden zu Gunsten kommerzieller Belange einfach weggebügelt. Das ist für Aussenstehende (sprich:
Zuschauer) dann oft witzig, aber hin und wieder auch fast unerträglich. Wackerbarths Film gibt sich dokumentarisch,
verzichtet auf Filmmusik, hat abrupte Schnitte und versammelt ein tolles Ensemble, das derart authentisch spielt, dass
man oft genug versucht ist zu glauben, dass das alles echt sei. Sehenswert.
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Dienstag, 19. September 2017 Der Mann, der Deep Throat war Ein Politthriller und ein Kinderfilm hielten mich heute vom Nichtstun ab THE SECRET MAN (1:2.00, 5.1) OT: Mark Felt: The Man Who Brought Down The White House Verleih: Wild Bunch (Central) Land/Jahr: USA 2017 Regie: Peter Landesman Darsteller: Liam Neeson, Diane Lane, Marton Csokas Kinostart: 02.11.2017
Im Sommer des Jahres 1972 schlägt die Watergate-Affäre wie eine Bombe ein. Während noch viele Journalisten im
Dunkeln tappen, weiß ein Mann mehr – sehr viel mehr: Mark Felt, Vize-Chef des FBI... Spannend inszenierter
Polit-Thriller nach dem Buch von Mark Felt, der als erster amerikanischer Whistle Blower in die Geschichte einging.
Fernab seiner sonstigen Action-Kost spielt Liam Neeson endlich mal wieder in einer altersgerechten Rolle. Als “Deep
Throat” versorgt er die Watergate-Journalisten mit seinen Insider-Informationen, die schließlich zum Sturz des
US-Präsidenten Richard Nixon führen. Der treibende Score aus der Feder von Daniel Pemberton und die düsteren Bilder
von Kameramann Adam Kimmel erzeugen dabei eine Atmosphäre ständiger Bedrohung.
HEXE LILLI RETTET WEIHNACHTEN (1:2.35, 5.1) Verleih: Universum Film (Walt Disney) Land/Jahr: Deutschland, Österreich, Belgien 2017 Regie: Wolfgang Groos Darsteller: Hedda Erlebach, Jürgen Vogel, Anja Kling Kinostart: 09.11.2017
Als die kleine Hexe Lilli durch einen Zauber den Knecht Ruprecht aus seinem Verließ in einer längst vergangenen Zeit
in die Gegenwart holt, wirkt sich das entgegen ihrem eigentlichen Wunsch ziemlich negativ aus: Ruprecht bestraft die
Kinder und lässt sie verschwinden. Jetzt ist guter Hexenrat teuer... Mit einem spielfreudigen Ensemble thematisiert
Wolfgang Groos‘ Kinderfilm das Weihnachtsfest, das nicht für alle Kinder die gleiche Bedeutung hat. So leidet
beispielsweise Lilli Schulfreundin Leyla darunter, dass sie als Kind muslimischer Eltern nie Weihnachten feiern kann.
Mit schönen visuellen Effekten und tollen Sets sowie dem computeranimierten Drachen Hektor (gesprochen von
Michael Mittermeier) richtet sich der Film vor allem an Kinder, die bereits wissen, dass es den Nikolaus eigentlich gar
nicht gibt. Unterlegt ist der Film mit einer sehr ambitionierten Filmmusik von Anne Kathrin Dern, der ein Thema von
Klaus Badelt zugrunde liegt. Passable Unterhaltung für die Kleinen.
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Montag, 18. September 2017 Menschen auf Reisen Im Montagsdoppel waren zwei Brüder nach Hamburg und ein Maler nach Tahiti unterwegs SIMPEL (1:2.35, 5.1) Verleih: Universum Film (DCM) Land/Jahr: Deutschland 2017 Regie: Markus Goller Darsteller: Frederick Lau, David Kross, Emilia Schüle, Devid Striesow, Axel Stein Kinostart: 09.11.2017
Schon immer hat sich Ben um seinen jüngeren Bruder Barnabas gekümmert. Der ist zwar schon 22, hat aber den
Verstand eines Kindes, weshalb sein Spitzname “Simpel” ist. Auch muss sich Ben, der sich ohne festen Job ist, um die
todkranke Mutter kümmern. Der Vater hat sich schon vor 15 Jahren aus dem Staub gemacht. Als die Mutter stirbt, soll
Simpel in ein Heim eingewiesen werden. Doch Ben möchte das nicht zulassen. Der einzige Mensch, der den Beschluss
jetzt noch rückgängig machen kann, ist der Vater der beiden Söhne. So schnappt sich Ben kurzerhand Simpel und
beginnt mit ihm eine abenteuerliche Reise nach Hamburg, wo sich der Vater aufhalten soll... Die Bilder zu Markus
Gollers Road-Movie liefert der Schweizer Kameramann Ueli Steiger, mit dem der Regisseur schon seit FRIENDSHIP!
(2010) zusammenarbeitet. Sie sind alles andere als geschönt und strahlen mehr Kälte als Wärme aus. Das trifft leider
auch auf die Darsteller zu. Frederick Lau, einer der begabtesten deutschen Schauspieler der Gegenwart, gelingt es nicht,
die starken Gefühle die er einem Filmbruder gegenüber zu hat, nachvollziehbar in den Kinosaal zu transportieren. So
fragt man sich ziemlich schnell, warum Ben seinen Bruder Simpel nicht einfach in ein Heim gibt, wo er ganz sicher
besser aufgehoben wäre. Auch Emilia Schüle kann ihre Rolle der als Sanitäterin arbeitenden Medizinstudentin Aria
nicht ausfüllen – man nimmt sie ihr einfach nicht ab. Ganz anders bei David Kross, der sich voll in die Rolle des geistig
Behinderten begibt und sowohl verbal als auch mit unglaublicher Gestik und Mimik seiner Rolle mehr als gerecht wird.
Ganz neu ist so etwas freilich nicht, haben doch Darsteller wie Leonardo DiCaprio genau mit solchen Rollen von sich
Reden gemacht. Überraschend auch Axel Stein, den man bestens aus unter die Gürtellinie zielenden deutschen
Komödien kennt, der hier als Arias Kollege Enzo eine höchst authentische Figur liefert. Ganz zu schweigen natürlich
von Devid Striesow, der auf seine unverwechselbar arrogante Art den Vater von Ben und Simpel gibt. Das Road Movie
lässt dann leider auch kein Klischee aus, das nicht schon längst mit Filmen vom Kaliber eines RAIN MAN oder
GILBERT GRAPE abgehandelt worden wäre. Ob Simpel unfreiwillig eine Küche in Brand setzt oder ganz auf sich
gestellt plötzlich in einer S-Bahn sitzt und sich irgendwann auf dem Dach eines Kaufhauses wiederfindet. Die Frage, ob
er springen wird oder nicht, stellt sich bei dieser Inszenierung erst gar nicht. Für seinen Film hat Goller zusammen mit
Dirk Ahner die Romanvorlage von Marie-Aude Murai adaptiert, die bereits Grundlage für einen französischen TV-Film
war. Interessant wäre hier der direkt Vergleich, der möglicherweise in der französischen Version mehr Gefühle zu bieten
hat als SIMPEL.
GAUGUIN (1:2.35, 5.1) OT: Gauguin – Voyage De Tahiti Verleih: Studiocanal Land/Jahr: Frankreich 2017 Regie: Edouard Deluc Darsteller: Vincent Cassel, Tuhei Adams, Malik Zidi Kinostart: 02.11.2017
1891 verlässt der erfolglose Kunstmaler Paul Gauguin seine Frau und Kinder, um sich fernab seiner französischen
Heimat und fern jeder gesellschaftlichen Zwänge auf Tahiti voll und ganz der Malerei zu widmen. Eines Tages lernt er
die schöne Eingeborene Tehura kennen und lieben. Eine Liebe, die ihn jedoch auf Dauer nicht glücklich machen wird...
In seinem Film zeichnet Edouard Deluc einen kleinen, aber wichtigen Lebensabschnitt des berühmten französischen
Malers Paul Gauguin. Der wird großartig verkörpert von Vincent Cassel, der damit einmal mehr beweist, dass er einer
der Besten seines Fachs ist. Vor exotischer Kulisse zeigt er Gauguins Besessenheit durch die Malerei, die seiner
Überzeugung nach immer nur aus einem Menschen selbst herauskommen muss und sich nie dem Kommerz unterordnen
darf. Eine Ansicht, die ihn Jahre später bettelarm sterben lässt.
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Samstag, 16. September 2017 Fleischlos glücklich? Zur Abwechslung habe ich mir heute mal wieder eine Doku gegönnt THE END OF MEAT (1:2.35, 5.1) Verleih: mindjazz Land/Jahr: Deutschland 2017 Regie: Marc Pierschel Kinostart: 14.09.2017
In seinem neuen Dokumentarfilm stellt sich Filmemacher Marc Pierschel (LIVE AND LET LIVE) die Frage, was
passieren würde, wenn wir überhaupt kein Fleisch mehr essen würden. Dazu gibt es erst einmal einen Exkurs über den
Fleischkonsum und Fleischherstellung, der den Zuschauer vom Kühlregal zum Schlachthof führt. Experten erklären, was
Massentierhaltung für die Ökologie bedeutet. Schließlich wendet sich der Film den Tieren selbst zu. Können wir
Menschen nicht einfach mit Tieren zusammenleben, ohne sie gleich essen zu müssen? Juristen fordern sogar die
gleichen Rechte für die Tiere. Was für Alternativen gibt es dann aber zum Fleisch? Es werden vegetarische und vegane
Möglichkeiten erörtert. Da gibt es tatsächlich künstliches Fleisch aus dem Reagenzglas, ebenso künstlichen Käse, der
ohne tierische Produkte hergestellt werden kann. Derlei Möglichkeiten präsentiert der Filmemacher als eine Art
Allheilmittel. Dabei klammert er leider wichtige Aspekte komplett aus, wie z.B. die Frage danach, ob eine vegane
Ernährung oder eine Ernährung mit Fleischersatz auf Dauer tatsächlich gesund ist. Hier bleibt Pierschels Film, der gut
fotografiert und montiert ist, alles andere als neutral und vertritt die Interessen der alternativen
Lebensmittelproduzenten, die selbstverständlich auch ein großes kommerzielles Interesse haben und nicht selbstlos
agieren. Dennoch liefert der Film viele interessante Aspekte, die diskussionswürdig sind.
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Donnerstag, 14. September 2017 Von Pornosüchtigen und Königsmännern Wochenabschluss im Doppelpack FIKKEFUCHS (1:1.78, 5.1) Verleih: Alamode (Filmagentinnen) Land/Jahr: Deutschland 2017 Regie: Jan Henrik Stahlberg Darsteller: Jan Henrik Stahlberg, Franz Rogowski, Susanne Bredehöft Kinostart: 16.11.2017
Nach einer versuchten Vergewaltigung landet der pornosüchtige Thorben in einer psychiatrischen Anstalt. Dort hält er
es allerdings nicht aus und büxt aus. Unterschlupf erhofft er sich bei Rocky in Berlin, der angeblich sein Vater ist, der
aber nichts von einem Sohn weiß. Rocky hatte schon immer Schlag bei den Frauen – und soll jetzt Thorben beibringen,
wie man Frauen herumkriegt... Pornographie trieft aus jeder Pore dieses Machwerks, das vermutlich witzig sein möchte,
es aber nicht ist. Wer auf ziemlich ordinäre Kost steht, dem dürfte der Film durchaus gefallen.
KINGSMAN: THE GOLDEN CIRCLE (1:2.35, DD 5.1 + 7.1 + Atmos) OT: Kingsman: The Golden Circle Verleih: Fox Land/Jahr: Großbritannien 2017 Regie: Matthew Vaughn Darsteller: Taron Egerton, Mark Strong, Channing Tatum, Halle Berry, Sophie Cookson, Pedro Pascal, Jeff Bridges, Colin Firth, Julianne Moore, Poppy Delevingne Kinostart: 21.09.2017
Um einer Drogenbaronin das üble Handwerk zu legen, müssen die Kingsmen Eggsy und Merlin mit der amerikanischen
Geheimorganisation “Statesmen” zusammenarbeiten – und entdecken dabei Harry, der offenbar noch lebt, aber sein
Gedächtnis verloren hat... Die Fortsetzung zu KINGSMAN setzt genau dort an, wo der erste Film aufhört. Und er
macht genauso weiter, wie man das aus dem ersten Teil gewohnt ist: Gentlemen-like. Denn die Kingsmen sind mehr
Bond als jeder Bond. So erklären die Herren im Maßanzug beispielsweise den Amis, dass sich ein richtiger Whisky
nicht mit “e” schreibt! Mit einer virtuosen Kameraarbeit, die insbesondere bei den Fights regelrecht durch die Räume
wirbelt, wird aus der atemlosen Action erst richtige Action! Und ganz nebenbei gibt es noch eine Hommage an die
berühmte Gondelszene aus IM GEHEIMDIENST IHRER MAJESTÄT. Chapeau! Eine erstklassige Tonspur,
abgemischt in Dolby Atmos, gibt dabei noch das Sahnehäubchen. Mit der bewährten Besetzung aus dem ersten Teil
sowie Julianne Moore als Neuzugang in der Rolle der bösen Poppy macht der Film wirklich Laune und hält das über die
gesamten 141 Minuten. Als besonderes Schmankerl darf sogar Elton John einen Part übernehmen. Das hat was!
KINGSMAN: THE GOLDEN CIRCLE ist Popcorn-Kino wie es sein soll.
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Dienstag, 12. September 2017 Tennisschläger und Vampire Ein gemischtes Doppel war heute angesagt BORG/MCENROE – DUELL ZWEIER GLADIATOREN (1:2.35, 5.1) OT: Borg/McEnroe Verleih: Universum Film (24 Bilder) Land/Jahr: Schweden, Dänemark, Finnland 2017 Regie: Janus Metz Darsteller: Shia LaBeouf, Sverrir Gudnason, Stellan Skarsgård Kinostart: 19.10.2017
1980 treten die Tennisprofis Björn Borg und John McEnroe zum ersten Mal bei den Wimbledon Chamionships
gegeneinander an. Für beide Männer steht viel auf dem Spiel: Borg hofft auf seinen fünften Wimbledon-Sieg, McEnroe
darauf, den Champion zu schlagen. Die Gegner stehen unter Strom... Die gute Nachricht: auch wenn Sie sich überhaupt
nicht für Tennis interessieren sollten, wird Sie dieser Film packen! Denn das Drehbuch von Ronnie Sandahl stellt die
psychologischen Aspekte dieses Duells der Gladiatoren in den Mittelpunkt und nicht die sportlichen. Mit Shia LaBeouf
als Herausforderer John McEnroe und Sverrir Gudnason als Champion Björn Borg inszeniert Regisseur Janus Metz den
Schlagabtausch zwischen den Kontrahenten so spannend wie eine Krimi. Mit schnellen Schnitten und einem
hämmernden Sounddesign geht es beim Finale in Wimbledon zur Sache. Dieses Spiel dient dem Regisseur als roter
Faden durch seinen Film, der immer wieder geschickt durch Rückblenden unterbrochen wird und den Werdegang der
beiden Tennisstars zeichnet. Da uns in der heutigen Pressevorführung nur eine unfertige Fassung des Films gezeigt
wurde, die in Bild, Ton und Musik noch nicht finalisiert war, darf diese Kurzrezension nur als vorläufig betrachtet
werden.
DER KLEINE VAMPIR (1:2.35, 5.1) OT: The Little Vampire Verleih: Universum Film (Walt Disney) Land/Jahr: Niederlande, Deutschland, Dänemark 2017 Regie: Karsten Kiilerich, Richard Claus Kinostart: 26.10.2017
Um seine Sippe vor dem Vampirjäger Geiermeier und seinem Gehilfen Manni zu schützen, lässt sich ein kleiner Vampir
auf die Freundschaft zu einem normalen Jungen ein... Schon mal eine Vampirkuh gesehen? Falls nein, dann könnte das
DER KLEINE VAMPIR ändern! Denn die vom kleinen Vampir gebissene Kuh, die zum Vampir wird und fortan durch
die Lüfte schwebt, ist nur einer von vielen witzigen Einfälle, mit denen Karsten Kiilerich und Richard Claus ihren
computeranimierten Film ausgestattet haben. Erstklassig in Szene gesetzt, vermittelt der für Kinder geeignete Film, um
was es bei Freundschaft geht und dass jeder für den anderen einsteht. Das alles mit abwechslungsreicher, rasanter Action
kombiniert ergibt einen Film, der wirklich Spaß macht. Ein weiteres Novum bietet der Film im Abspann: da verbeugt
sich das gesamte computeranimierte Ensemble wie bei einer Theateraufführung – echt super nett!
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Montag, 11. September 2017 Und die ganze Welt schaut zu Ein Dokumentarfilm mit Sprengkraft eröffnete den Pressereigen in dieser Woche HUMAN FLOW (1:1.85, 5.1) Verleih: NFP (Filmwelt) Land/Jahr: Deutschland 2017 Regie: Ai Weiwei Kinostart: 16.11.2017
Der weltbekannte chinesische Aktionskünstler und Regimekritiker Ai Weiwei präsentiert mit HUMAN FLOW einen
weltumspannenden Dokumentarfilm zur Flüchtlingsthematik. Unkommentiert, dafür mit kurzen Interviews von
Betroffenen und Helfern sowie führenden Politikern, versucht der Film das gesamte Ausmaß dieser humanitären
Katastrophe zu zeigen. Dabei stehen weniger die Ursachen im Mittelpunkt als vielmehr das Schicksal der Flüchtlinge,
das in einigen europäischen Ländern kaum zu ertragen ist. Trotz der vielen unschönen Bilder findet der Künstler auch in
den schlimmsten Katastrophe noch poetische Bilder mit teils hypnotischer Kraft. Und so sind die 142 Minuten
Lauflänge zu keiner Zeit langweilig. Sieht man sich das ganze Elend dann gemütlich vom Kinosessel aus an, kommt
man als Zuschauer in Gewissenskonflikte. Darf man sich das einfach so anschauen oder sollte man nicht lieber handeln?
Verlässt man den Kinosaal mit einem Gefühl der Betroffenheit, hat Ai Weiwei vielleicht schon das erreicht, was er mit
seinem Film erreichen will.
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Freitag, 08. September 2017 Kunst vs Armut Wochenabschluss mit dem Cannes-Gewinner THE SQUARE (1:1.85, 5.1) OT: The Square Verleih: Alamode (Filmagentinnen) Land/Jahr: Schweden, Deutschland, Frankreich, Dänemark 2017 Regie: Ruben Östlund Darsteller: Claes Bang, Elisabeth Moss, Dominic West Kinostart: 19.10.2017
Der Kurator eines renommierten Kunstmuseums in Stockholm gerät unter Beschuss, als er eine anstößige
Werbekampagne für ein neues Kunstobjekt lanciert. Mit seinem Film gewann Regisseur Ruben Östland auf den
diesjährigen Filmfestspielen von Cannes die “Goldene Palme” und lieferte damit wohl einen der skurrilsten und
schrägsten Filme der Saison ab. In seinem absurden Humor erinnert der Film immer wieder an Jacques Tati, wobei
Östlund mindestens zwei Schritte weitergeht: sein Humor kann einem schon im Halse stecken bleiben. Denn THE
SQUARE funktioniert als Metapher auf unsere heutige Zeit, in der Millionen für Kunst ausgegeben wird (z.B. für fein
säuberlich aufgestellte Dreckhaufen!) und offenbar kein Geld da ist, um das Leid vieler Obdachloser zu lindern. Trotz
seiner Lauflänge von 142 Minuten nicht einen Augenblick langweilig. Arthouse-Kino, das man nicht verpassen sollte.
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Donnerstag, 07. September 2017 Superheld in Unterwäsche Ein Animationsfilm der etwas anderen Art beschäftigte mich in der heutigen Pressevorführung CAPTAIN UNDERPANTS – DER SUPERTOLLE ERSTE FILM (1:1.85, 3D, DD 5.1 + 7.1 + Atmos) OT: Captain Underpants: The First Epic Movie Verleih: Fox Land/Jahr: USA 2017 Regie: David Soren Kinostart: 12.10.2017
Die Grundschüler George und Harold lieben es, in ihrem gemeinsamen Baumhaus ihre eigenen Comic zu zeichnen. Und
sie freuen sich immer wieder, wenn sie in der Schule lustige Streiche anstellen. Doch Rektor Krupp hat dafür kein
Verständnis: er will die beiden trennen und in verschiedene Klassen stecken. Die beiden Comic-Fans sehen ihre
Freundschaft gefährdet und greifen zu einer List: sie hypnotisieren den Rektor, der alsbald als Superheld in Unterhosen
durch die Lüfte fliegt... Mit CAPTAIN UNDERPANTS entfacht Regisseur David Soren ein Feuerwerk
unterschiedlicher Animationstechniken: ob traditionelle 2D-Zeichnungen, animierte Sockenpuppen oder hochmoderne
Computeranimation – sie alle vereint er in dieser Geschichte einer Freundschaft. Und er bricht mit der konventionellen
Erzähltechnik animierter Filme: immer wieder lässt er seine beiden Protagonisten direkt mit dem Publikum sprechen.
Wer sich sein kindliches Gemüt noch bewahrt hat, gewinnt mit George und Harold zwei äußerst kreative
Identifikationsfiguren. Theodore Shapiro liefert zur rastlosen Action in diesem Abenteuer einen fulminanten Score und
verleiht dem Film damit Größe. Über den breit gestreuten Pennälerhumor lässt sich freilich streiten, aber er hält sich hier
in erträglichen Grenzen.
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Mittwoch, 06. September 2017 Ein Zigeuner macht Musik Kein richtiges Biopic, aber einen kurzen Ausschnitt aus einem bewegten Leben gab es heute in der Presse zu sehen DJANGO – EIN LEBEN FÜR DIE MUSIK (1:2.35, 5.1) OT: Django Verleih: Weltkino Land/Jahr: Frankreich 2017 Regie: Etienne Comar Darsteller: Reda Kateb, Cécile de France, Àlex Brendemühl Kinostart: 26.10.2017
1943. Während Frankreich von den Deutschen besetzt ist, ist der Jazzgitarrist Django Reinhardt auf dem Gipfel seines
Erfolges. In Paris füllt er die Konzertsäle und die Menschen sind ganz verrückt nach seinem unverkennbaren
Gypsy-Swing. Sogar die Deutschen. Ein Umstand, durch die sich der gebürtige Sinti in Sicherheit wiegen kann – im
Gegensatz zu seinen Landsleuten, die von den Nazis gnadenlos verfolgt werden. Als die Nazis ihn jedoch für ein
Konzert nach Deutschland holen wollen, weigert er sich. Mit Hilfe seiner Geliebten flüchtet er mit seiner Frau und
seiner Mutter an die Schweizer Grenze in der Hoffnung, sich in die Schweiz absetzen zu können... Insbesondere der
deutsche Titel des Films generiert – ob bewusst oder unbewusst – eine gewisse Erwartungshaltung. “Django - Ein Leben
für die Musik” klingt nach einem Jahrzehnte umspannenden Biopic über einen der begnadetsten Jazzgitarristen der
Welt, Django Reinhardt. Doch in dieser Hinsicht enttäuscht Etienne Comars Blick auf den Künstler. Denn er zeigt uns
lediglich eine winzig kleine Episode aus dem bewegten Leben dieses Musikers. Eine Episode, die sich zuträgt, als er
bereits auf dem Höhepunkt seiner Karriere ist. Nachdem fast schon die Hälfte des Films vergangen ist, beginnt man sich
zu fragen, ob sich dieses Leben tatsächlich für einen Film eignet. Denn es passiert einfach zu wenig: Django gibt
Konzerte im von Deutschen besetzten Paris, hat eine außereheliche Affäre, hört sich Instruktionen an bzgl. der
anstehenden Tournee nach Deutschland. Gewiss: der Einstieg in den Film gibt der Musik dadurch breiten Raum. Schon
alleine das sehr ausführlich inszenierte Konzert, zu dem der Freigeist auch noch zu spät kommt, wird Fans von Django
Reinhardts unverkennbarem Gitarrenanschlag und dem in Mark und Bein gehenden Rhythmus begeistern. Reda Kateb
spielt diesen Gitarrenmeister so gut, dass man nie daran zweifelt, dass es sich nicht um den echten Django handele. Erst
als Django mit seiner schwangeren Frau und seiner alten Mutter am Genfer See untertaucht, kommt Comars Film
allmählich in die Gänge und wechselt die Tonart. Allerdings lässt er einige Fragen offen: warum zögern Django und
seine Freunde wochenlang, bevor sie die Chance ergreifen, in die Schweiz zu flüchten? Was hat es mit seiner Geliebten
(Cécile de France) auf sich, die offensichtlich inzwischen die Seiten gewechselt hat? Immerhin gibt es hier dann eine
kleine, jedoch wunderbar umgesetzte Szene, die Djangos Angst zum Ausdruck bringt: um etwas Geld zu verdienen,
musiziert er zusammen mit anderen Musikern, wo man ihn (hoffentlich) nicht kennt. Um nicht aufzufallen, sitzt er ganz
versteckt hinter den anderen Musikern. Erst durch die Kamerabewegung wird er für den Zuschauer sichtbar. Seine
Gitarrenklänge jedoch sind auch dort unverkennbar. So verlässt man den Kinosaal etwas unbefriedigt, weil man gerne
noch etwas mehr über diesen Menschen erfahren hätte, der am Ende sogar noch ein sinfonisches Werk zum Gedenken
an die ermordeten Sinti komponiert und nach Kriegsende zur Aufführung bringt. Doch sowohl dieses ungewöhnliche
Musikstück als auch der “Django Reinhardt”-typische Gypsy-Swing entschädigen für die fehlenden Antworten.
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Montag, 04. September 2017 Ein Gewitter zieht auf Ungewöhnliches deutsches Arthouse-Kino stand zum Wochenbeginn auf meinem Stundenplan SOMMERHÄUSER (1:1.85, 5.1) Verleih: Prokino (Fox) Land/Jahr: Deutschland 2017 Regie: Sonja Maria Kröner Darsteller: Laura Tonke, Günther Maria Halmer, Ursula Werner Kinostart: 26.10.2017
Es ist der schwül-heisse Sommer des Jahres 1976. Nach der Beerdigung von Oma Sophie trifft sich die gesamte Familie
inklusive Enkel und Urenkel in Sophies großem Garten in der Nähe von München. Wie schon die vielen anderen Jahre
zuvor will die Großfamilie auch diesen Sommer wieder gemeinsam im Grünen verbringen. Während die Kinder den
riesigen Garten mitsamt den angrenzenden Grundstücken als großen Abenteuerspielplatz für sich entdecken, streiten
sich die Erwachsenen über den Verkauf des Grundstücks. Im Radio macht derweil die Nachricht über ein vermisstes
Mädchen die Runde... Wie einst Maren Ade in ALLE ANDEREN, so beobachtet auch Sonja Maria Kröner sehr präzise
Personen und Situationen, die sich während der Sommerferien im ausgedehnten Garten einer Familie aufhalten bzw.
entstehen. Mit einer schnörkellosen Kamera und einer minimalistischen, extrem selten eingesetzten Filmmusik mutet das
Drama fast schon wie eine Dokumentation an. Die Dialoge fühlen sich echt an, weil sie oft die eigenen Erinnerungen an
ähnliche Situationen spiegeln. Mit ganz wenigen Sätzen macht die Regisseurin dem Zuschauer beispielsweise klar, wie
es um das Verhältnis zwischen Eva und Gitti, der Frau ihres Bruders, steht. “Ich habe das erstbeste Kleid angezogen, das
ich gefunden habe”, sagt Gitti zu ihrer Schwägerin Eva, worauf Eva erwidert “Dann hast Du ja Glück gehabt, dass die
erstbesten Schuhe zum Kleid passen!”. Oder meint Gitti “Ein alter Verehrer holt mich gleich ab.” – “Die sind doch alle
alt”, kommentiert Eva. Wie ein heranziehendes Sommergewitter baut sich ganz langsam eine latente Bedrohung auf, die
sich kunstvoll durch die Tonspur manifestiert: ein Rascheln, ein Grummeln im Unterholz. Hat der seltsame Nachbar, der
nie anwesend scheint, etwas mit dem vermissten Mädchen zu tun? Was ist unter dem merkwürdigen Erdhaufen
vergraben? Mit kindlicher Neugier gehen die Urenkel auf die Pirsch – und bereiten damit in bester Haneke-Manier dem
Zuschauer Unbehagen. Und dann sind da noch die Wespen, die sich nicht nur über den Kuchen hermachen. Auch ihr
Surren verbreitet ganz allmählich schleichendes Unbehagen bis hin zur nackten Panik. Ein überzeugendes Ensemble und
handwerkliches Können zeichnen Kröners Debütfilm aus und es bleibt zu hoffen, dass man künftig noch weitere Filme
von ihr sehen darf.
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Freitag, 01.09.2017 Eine Frau sieht rot Frauenpower in historischem Gewande – ein perfekter Wochenabschluss LADY MACBETH (1:2.35, 5.1) OT: Lady Macbeth Verleih: Koch Films (Filmagentinnen) Land/Jahr: Großbritannien 2016 Regie: William Oldroyd Darsteller: Florence Pugh, Christopher Fairbank, Bill Fellows Kinostart: 02.11.2017
England 1856. Als Gattin an der Seite von Alexander fristet die schöne Katherine ein freudloses Dasein ohne Liebe.
Auch ihr Schwiegervater Boris behandelt Katherine sehr grob. Als Alexander wie so oft auf Reisen ist, verliebt sich
Katherine in den Stallburschen Sebastian, der ihr alles gibt, was sie in ihrer Ehe vermisst. Und damit das auch so bleiben
kann, ergreift die junge Frau extreme Maßnahmen. Diesen fällt zuerst Boris zum Opfer, der plötzlich an einer
Pilzvergiftung stirbt. Als Alexander schließlich heimkehrt und seine Frau zur Rede stellt, greift der zweite Teil von
Katherines Plan... Bei William Oldroyds Drama handelt es ausnahmsweise nicht um eine Shakespeare-Verfilmung,
sondern um die filmische Adaptation der Novelle von Nikolai Leskov. Aber das macht den Film nicht etwa schlechter –
vielmehr liefert uns Oldroyd hier das fulminante Porträt einer Frau, die alles für ihre Liebe tut. Gespielt wird diese
Power-Frau, die für ihre liebe über Leichen geht, von Florence Pugh mit einer solchen Intensivität, das es einem heiss
und kalt über den Rücken läuft. Die Eiseskälte, mit der sie Schwiegervater und Ehegatten ermordet, lässt einem das Blut
in den Adern gefrieren. Das hervorragende Szenenbild von Jacqueline Abrahams fängt Kameramann Ari Wegner
perfekt im Scope-Format ein. Bis auf ganz wenige Ausnahmen ist die Filmmusik abwesend und vermittelt gerade
dadurch den extrem tristen und langweiligen Alltag einer jungen Frau, deren Gemahl ihr praktisch alles verbietet – nicht
einmal ins Freie darf sie gehen. Ganz allmählich baut der Film damit beim Zuschauer ein großes Verständnis für Lady
Macbeths extremes Handeln auf, an dessen Ende man sogar ihre Morde an zwei höchst abscheuliche Männer mit
Genugtuung beobachtet. Wer intensives Drama auf 89 Minuten komprimiert mag, der sollte sich den Film unbedingt
anschauen.
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