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Montag, 29. Januar 2018 Von Zebras bis Eintagsfliegen Die einzige Pressevorführung in dieser Woche! Quo Vadis Filmverleiher? UNSERE ERDE 2: SO HABEN SIE DIE WELT NOCH NIE ERLEBT! (1:1.85, DD 5.1 + Atmos) OT: Earth: One Amazing Day Verleih: Universum Film (Walt Disney) Land/Jahr: Großbritannien, VR China 2017 Regie: Richard Dale, Peter Webber, Fan Lixin Kinostart: 15.03.2018
Im Verlauf eines einzigen Tages werden seltene Schönheiten der Tierwelt sowie Flora und Fauna unseres Planeten an
den unterschiedlichsten Orten gezeigt. Von Afrika bis Nordamerika und von Europa bis China werden Exoten der Tier-
und Pflanzenwelt vorgestellt mit dem Ziel zu zeigen, wie wunderbar die Erde doch ist. Mit modernster Technik (u.a.
Phantom Flex 4K Kamera, Octocopter, Jib-Arm mit 3-Achsen-Gyroskop-Stabilisierung) gelingen atemberaubende
Bilder von Tieren in freier Wildbahn bis hin zu Hochgeschwindigkeitsaufnahmen von Eintagsfliegen. Absolut
spektakulär: die Flucht von eben geschlüpften Echsen auf Galapagos vor einem ganzen Schwarm von
Galapagos-Nattern. Das ist ganz schön gruselig und man ist versucht, die Füße vom Boden zu lösen! Diese recht
ausgedehnte Sequenz könnte vor allem Kindern Angst bereiten. Wer mich kennt, der weiß inzwischen, wie sehr ich
sinfonische Filmmusik liebe – je größer das Orchester, desto besser. Wen dann auch noch die musikalischen Themen
ansprechend gestaltet sind, hat die Musik schon gewonnen. Das ist auch im Fall der britisch-chinesischen Doku
UNSERE ERDE 2 der Fall. Allerdings eigentlich nur dann, wenn man die Musik von den Bildern trennt! Denn
Komponist Alex Heffes dreht leider mit seinem riesigen Orchester und einem Chor derart groß auf, dass alles nur noch
pathetisch-kitschig wirkt! Das ist etwas zuviel des Guten. Günther Jauch, der die Erzählerstimme von Robert Redford in
der deutschen Fassung ersetzt, tut sein Bestes, um einigermaßen sachlich zu bleiben. Was allerdings stört ist der Hall,
mit dem seine Stimme aufgenommen wurde. Oder lag es vielleicht nur an der Tontechnik des Kinosaals, in dem uns die
heutige Pressevorführung präsentiert wurde?
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Montag, 22. Januar 2018 Übersinnlich Nur eine einzige Pressevorführung in dieser Woche! Trauen sich die Filmverleiher etwa nicht mehr im Schwabenland ihre Produkte der Presse zu zeigen? THELMA (1:2.35, 5.1) OT: Thelma Verleih: Koch Films (Filmagentinnen) Land/Jahr: Norwegen, Frankreich, Dänemark, Schweden 2017 Regie: Joachim Trier Darsteller: Eili Harboe, Kaya Wilkins, Henrik Rafaelsen Kinostart: 22.03.2018
Die Begegnung mit Kommilitonin Anja löst bei der schüchternen Thelma aus streng konservativem Elternhaus
ungeahnte Gefühle aus. Doch mit ihren starken Gefühlen treten plötzlich auch epileptische Anfälle auf, die in Thelma
offenbar übernatürliche Fähigkeiten freisetzen... Filme wie CARRIE haben vermutlich Pate gestanden bei Joachim
Triers ambitioniertem Mystery-Thriller über eine junge Frau, die außerordentliche Fähigkeiten besitzt. Eili Harboe spielt
diese Thelma, die streng religiös aufgewachsen ist und sich deshalb nicht nur mit Alkohol schwer tut, sondern auch mit
ihrer eigenen Sexualität. Ein frisches, neues Gesicht ist immer ein großer Pluspunkt in einem Mystery-Thriller, kann mit
ihm doch schlichtweg alles passieren. Und genau das macht ein ohnehin schon ziemlich beanspruchtes Genre wieder
richtig interessant. Beeindruckend: die Kameraarbeit (Jako Ihre) und das Sound Design. Fazit: brauchbare Kinokost.
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Freitag, 19. Januar 2018 Ein Abschied mit einem Lächeln Ein kleiner melancholischer Film mit einem großen Schauspieler stand heute am Ende der Pressewoche LUCKY (1:2.35, 5.1) OT: Lucky Verleih: Alamode (Filmagentinnen) Land/Jahr: USA 2017 Regie: John Carroll Lynch Darsteller: Harry Dean Stanton, David Lynch, Ron Livingston, Ed Begley Jr., Tom Skerritt Kinostart: 08.03.2018
Sein altes Leben verläuft nach genau abgestimmten Ritualen: Lucky ist ein Eigenbrötler, wie er im Buche steht. Jeder
Tag verläuft genau gleich. Alle kennen den Einzelgänger in dem kleinen Dorf, das irgendwo im amerikanischen Westen
liegt, umgeben von karger Kakteenlandschaft. Als Lucky eines Tages ohne ersichtlichen Grund umfällt, beginnt er über
sein Leben zu sinnieren... Es heisst Abschied nehmen von einem großartigen Schauspieler, der Filmfans über viele
Jahrzehnte begeistert hat: Harry Dean Stanton, der im September 2017 im Alter von 91 Jahren starb. In seinem Film
LUCKY zelebriert Regisseur John Carroll Lynch (der eigentlich Schauspieler ist) diesen Abschied auf rührende Weise.
Der Film wirkt wie ein letztes “Get Together” der Freunde und Wegbegleiter von Harry Dean Stanton. Es passiert nicht
viel in dem kleinen Städtchen, in dem Lucky lebt, aber doch genügend, um darüber zu reflektieren und auch über das
Leben, das leider endlich ist. Von Tim Suhrstedt mit wundervollen CinemaScope-Bildern ausgestattet, entfaltet
LUCKY ein wehmütiges Feeling. Doch wenn Stanton am Ende lächelnd in die Kamera blickt, weiss man: alles wird
gut.
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Donnerstag, 18. Januar 2019 Mit Josef Hader durch die Nacht Das erste Triple-Feature des Jahres bot viel Interessantes DAS SCHWEIGENDE KLASSENZIMMER (1:2.35, 5.1) Verleih: Studiocanal Land/Jahr: Deutschland 2018 Regie: Lars Kraume Darsteller: Leonard Scheicher, Tom Gramenz, Anna Lena Klenke, Isaiah Michalski, Jonas Dassler, Ronald Zehrfeld, Jördis Triebel, Florian Lukas, Burghart Klaußner, Michael Gwisdek Kinostart: 01.03.2018
1956. Die Abiturienten Theo und Kurt sehen bei einem Ausflug nach Westberlin eine Wochenschau im Kino, in der
vom Aufstand der Ungarn in Budapest berichtet wird. Wieder zurück in ihrer Heimat Stalinstadt entsteht die spontane
Idee, in der Klasse eine Schweigeminute für die Opfer des Aufstands abzuhalten – eine Aktion, die ungewollt weite
Kreise zieht und die Schüler schließlich in die politischen Mühlen der noch jungen DDR treibt...
Spätestens mit DER STAAT GEGEN FRITZ BAUER hat Regisseur Lars Kraume bewiesen, dass er mit historischen
Stoffen umzugehen weiß. Nach dem missglückten FAMILIENFEST wendet er sich mit seinem neuen Film wieder
einem historischen Stoff zu, der auf einer wahren Geschichte beruht. Mut ausstattungstechnisch großem Aufwand
versetzt er den Zuschauer zurück ins Jahr 1956, als es die Berliner Mauer noch nicht gab. Um Verrat geht es da und um
Solidarität sowie um Familiengeheimnisse, die ganz allmählich aufgedeckt werden. Kraumes Film ist hochemotional,
was der orchestralen Filmmusik von Christoph M. Kaiser und Julian Maas zu verdanken ist (kleiner Diskurs: ein Thema
erinnerte mich an John Barrys Hauptthema aus YOU ONLY LIVE TWICE – Zufall oder bewusste Entscheidung?) und
natürlich auch dank des überwiegend jungen Ensembles, das eine reife Leistung abliefert. Kameramann Jens Harant
setzt auf das CinemaScope-Format und erzeugt mit der Farbgebung exzellentes Zeitkolorit. DAS SCHWEIGENDE
KLASSENZIMMER ist packendes Kino mit Tiefgang.
ARTHUR & CLAIRE(1:2.35, 5.1) Verleih: Universum Film (24 Bilder) Land/Jahr: Deutschland, Österreich, Niederlande 2018 Regie: Miguel Alexandre Darsteller: Josef Hader, Hannah Hoekstra Kinostart: 08.03.2018
Seine Reise von Wien nach Amsterdam hat nur einen einzigen Zweck: Arthur will sterben. Alle Vorkehrungen für die
Todesspritze sind schon längst getroffen, es bleibt ihm noch genau eine Nacht im Hotel. Gerade als er seinen
Abschiedsbrief schreiben will, wird er durch lautstarke Musik aus dem Nebenzimmer gestört. Dort ertappt er schließlich
die junge Claire, die gerade im Begriff ist, eine Überdosis Schlaftabletten zu schlucken. Der Beginn einer wunderbaren
Freundschaft... Alleine schon die Ausgangssituation trieft nur so von schwarzem Humor: ein Selbstmörder hält eine
Selbstmörderin von ihrer Tat ab. Noch komischer wird die ganze Situation, wenn man einen Schauspieler wie Josef
Hader dafür engagiert. Als Arthur gibt er wieder einmal sein Bestes – einen Man, der sich bereits von der Welt
verabschiedet hat, den nur noch alles nervt (wie das ungestüme Kind, das im Flugzeug dafür sorgt, dass der Inhalt seines
Champagnerglases auf seiner Hose landet). Seinen herrlich lakonisch-pessimistischen Sprüchen lauscht man immer
wieder gerne. Ihm zur Seite steht die junge Hannah Hoekstra, die ihn mit ihrem netten niederländischem Akzent immer
wieder aus der Reserve lockt. Es ist ein schönes Gespann, das da gemeinsam durch das wunderbar fotografierte
nächtliche Amsterdam wandelt und über das Leben und den Tod sinniert. Beide haben ihr Päckchen zu tragen, wie wir
im Laufe des Films erfahren, doch gemeinsam fällt die Last nicht so schwer. Regisseur Miguel Alexandre hat die
Theatervorlage von Stefan Vögel gemeinsam mit Josef Hader so für die Kinoleinwand adaptiert, dass das Theaterhafte
kaum noch spürbar ist. Eine Filmempfehlung nicht nur für Hader-Fans.
DIE BIENE MAJA – DIE HONIGSPIELE (1:1.85, 5.1) Verleih: Universum Film (Walt Disney) Land/Jahr: Deutschland, Australien 2018 Regie: Alex Stadermann, Noel Cleary Kinostart: 01.03.2018
Zusammen mit ein paar tapferen Kameraden wird die fröhliche Biene Maja zu den sogenannten Honigspielen geschickt.
Ihre Aufgabe: die Spiele gewinnen, um so ihren Bienenstock davor zu bewahren, dass der ohnehin schon knappe Honig
an die Bienenkaiserin abgetreten werden muss... Der in deutsch-australischer Koproduktion entstandene
Computeranimationsfilm richtet sich insbesondere an kleine Kinder, für die Maja eine Art Vorbildfunktion einnimmt. So
lernen die kleinen Zuschauer etwas über Ehrlichkeit, Loyalität, das sich Entschuldigen, Freundschaft und Solidarität.
Alles natürlich verpackt in rasante Action, die viel Spaß bereitet. Die Animation lässt sich durchaus sehen, auch wenn
sie nicht mit Pixar Stand halten kann – was sie aber auch gar nicht möchte. Beachtlich: die Filmmusik aus der Feder von
Ute Engelhardt, die auch schon den ersten Kinofilm mit der flotten Biene vertonte.
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Mittwoch, 17. Januar 2018 Das schwarze Schaf Zur Wochenmitte war Lachen angesagt. Leider hat es nicht geklappt DOCTEUR KNOCK – EIN ARZT MIT GEWISSEN NEBENWIRKUNGEN (1:2.35, 5.1) OT: Knock Verleih: Wild Bunch (Central) Land/Jahr: Frankreich 2017 Regie: Lorraine Levy Darsteller: Omar Sy, Ana Girardot, Alex Lutz Kinostart: 22.02.2018
Frankreich in den 1950er Jahren. Auf der Flucht vor seinen Häschern entwischt der Kleinganove Knock mittels eines
Kreuzfahrtschiffes, auf dem der Filou als Schiffsarzt anheuert – natürlich ohne je Medizin studiert zu haben. Hier
kommt er auf den Geschmack als er merkt, dass man mit Medizin gutes Geld verdienen kann. Fünf Jahre später schlägt
er nach erfolgreichem Medizinstudium in einem kleinen Dorf auf, um dort die Praxis des scheidenden Arztes zu
übernehmen. Doch die Dorfbevölkerung ist einfach zu gesund – niemand benötigt seine Dienste. Doch Knock hat einen
Plan: die Menschen dort wissen nur noch nicht, dass sie krank sind. Die große Kunst ist es, für jeden die richtige
Krankheit zu finden! Bald floriert sein Geschäft. Dem Pfarrer ist der große schwarze Mann von Anfang an suspekt. Als
plötzlich einer von Knocks Häschern bei ihm auftaucht, sieht sich der Pfarrer bestätigt... Mit ZIEMLICH BESTE
FREUNDE wurde Omar Sy quasi über Nacht zu Frankreichs neuem Superstar. Entsprechend hoch sind dadurch
inzwischen die Erwartungen an jeden neuen Film mit dem Charmeur par excellence. Doch bislang wurden diese
Erwartungen nicht mehr erfüllt. So auch nicht mit dem von Lorraine Levy inszenierten Film, der irgendwo zwischen Komödie
und Drama mäandert, ohne sich je richtig festlegen zu wollen. Zweifelsfrei präsentiert sich Sy hier wieder von seiner
Schokoladenseite und mimt den Filou Dr. Knock mit Bravour. Wenn nur das Drehbuch und die Inszenierung dieses
Potenzial auch aufgreifen würden! Relativ häufig sitzt man da im Kinosessel und beginnt sich zu langweilen. Klar gibt
es da den ziemlich schusseligen Briefträger auf dem Fahrrad, für den ganz sicher Jacques Tati Pate gestanden hat und
der praktisch den Dorftrottel gibt. Doch nicht einmal, wenn er durch Unachtsamkeit im Dorfbrunnen landet, kann man
lachen. Das ist einfach nur blöd und passt nicht so recht in den Rest vom Film. Der übrigens so ziemlich jedes Klischee
des kleinkarierten Dorflebens im Frankreich der 1950er/60er-Jahre bedient – und damit alles andere als originell
unterhält (dazu gehören der intrigante Priester, die Nymphomanin und der ewige Stotterer). Wenn sich am Ende dann
sogar das ganze Dorf hinter seinen Arzt stellt – einen Arzt wohlgemerkt, der nichts anderes als Profit im Sinn hat und
dem dafür jedes Mittel recht war – dann ist das eine recht fragwürdige Botschaft, die da von der Leinwand in die Welt
geschickt wird. Zu allem Überfluss passt die Filmmusik von Cyrille Aufort überhaupt nicht zum Film. Als Musik ist sie
zwar schön anzuhören, wirkt aber im Kontext der Dramödie ziemlich überzogen. Fast so, als gelte es, einen etwas
verunglückten Film großartiger erscheinen zu lassen.
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Dienstag, 16. Januar 2018 Das letzte Labyrinth Zum Aufwachen gab es heute vollen Adrenalinschub MAZE RUNNER – DIE AUSERWÄHLTEN IN DER TODESZONE (1:2.35, DD 5.1 + 7.1 + Atmos) OT: Maze Runner: The Death Cure Verleih: Fox Land/Jahr: USA 2018 Regie: Wes Ball Darsteller: Dylan O'Brien, Kaya Scodelario, Thomas Brodie-Sangster Kinostart: 01.02.2018
Angeführt von Thomas will die tapfere Gruppe der “Gladers” in die hermetisch abgeriegelte letzte Stadt auf Erden
eindringen, um ihre Freunde zu befreien. Ein gefährliches Unterfangen, das sich als ebenso tödlich entpuppt wie die
einstigen Erkundungsläufe im Labyrinth und das nicht nur unverhoffte Wiedersehen mit sich bringt, sondern auch
traurige Abschiede... Warum der Fox-Verleih den Stuttgarter Journalisten nur Teil 1 und Teil 3 der MAZE RUNNER
Trilogie gezeigt und Teil 2 ausgespart hat, bleibt ein Geheimnis. Fakt ist jedoch, dass zumindest ich den 2015 in die
Kinos gekommenen zweiten Teil nicht gesehen habe und mir damit natürlich einiges an Wissen fehlt, um die Trilogie
insgesamt und Teil 3 im Besonderen beurteilen zu können. So musste ich bei der heutigen Pressevorführung
“interpolieren”, wie man so schön sagt. Aber ganz ehrlich: ein Problem hatte ich damit ganz und gar nicht. Denn man
wächst ziemlich schnell hinein in dieses Spektakel, das den Kreis schließt und die Serie damit zu einem Ende bringt.
Obgleich man so etwas heutzutage gar nicht mehr mit Sicherheit sagen kann. Wenn Teil 3 zu einem Megaerfolg werden
sollte, dann hat Hollywood natürlich gleich findige Autoren zur Hand, die den Stoff weiterentwickeln und gerne auch
tote Figuren wieder reanimieren. Aber das ist jetzt reine Spekulation. Konzentrieren wir uns auf das Gesehene von
heute. Und das startete mit einer fulminanten Action-Ouvertüre ganz im Stile der MAD MAX-Filme: da fährt ein Zug
durch eine öde Landschaft, gefolgt von zwei Geländewagen in hoher Geschwindigkeit. Während der eine sich auf die
Höhe der Lok schafft und seine Insassen auf deren Führer zu schießen beginnen, flanscht sich das andere Auto an das
Ende des Zuges. Ziel der Operation ist die Befreiung der im Zug befindlichen Gefangenen, die allesamt Kinder und
Jugendliche sind. Bei dieser Sequenz stimmt einfach alles: Kameraarbeit, Schnitt, Filmmusik und Sounddesign treiben
den Adrenalinspiegel im Körper des Zuschauers bis zum Anschlag hoch. Wes Ball, der auch die ersten beiden Teile
inszeniert hat, erweist sich hier als wahrer Meister des Action-Kinos. Und das bleibt so den ganzen Film über, wenn
auch nicht mehr mit derselben Intensität wie in der Eröffnungssequenz. Dass bei derlei grandiosen Schauwerten die
Geschichte etwas oberflächlich ausfällt, war zu erwarten. Das stört allerdings auch nicht sonderlich, kann man sich als
Zuschauer dem Spektakel so – bewaffnet mit Popcorn und Softdrink - richtig hingeben. Am besten im IMAX-Format.
Was allerdings wirklich stört: der extrem in die Länge gezogene Schluss. Gerade wenn man glaubt, dass das jetzt das
Ende sei, setzt der Film dem Ganzen noch eins drauf. Und noch eins. Und noch eins. Kein Wunder beläuft sich die
Spielzeit auf knappe 140 Minuten!
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Montag, 15. Januar 2018 Ben Stiller in der Midlife-Crisis Eine volle Pressewoche hatte heute gleich zwei Attraktionen im Körbchen IM ZWEIFEL GLÜCKLICH (1:1.85, 5.1) OT: Brad’s Status Verleih: Weltkino Land/Jahr: USA 2017 Regie: Mike White Darsteller: Ben Stiller, Austin Abrams, Michael Sheen, Luke Wilson Kinostart: 29.03.2018
Wenn einer richtig glücklich sein könnte, dann Brad. Mit 47 hat er alles, was man sich wünschen kann: eine eigene
Firma, eine liebende Ehefrau und einen begabten Sohn. Doch misst er sich mit seinen früheren Studienkollegen, sieht er
sich auf ganzer Linie als ein Versager. Als er mit seinem Sohn zusammen die Ostküste der USA bereist, um ihm das
geeignetste College auszusuchen, kommt es zu einem Treffen mit Craig, einem alten Freund. Der hat es als Buchautor
ganz nach oben geschafft und ist in aller Munde, was Brad seinen Mittelklassestatus schmerzlich vor Augen führt. Doch
er hat eine Lektion zu lernen. Denn ein erfolgreiches Leben ist nicht zwangsläufig auch ein glückliches Leben... Wer
beim Lesen von Ben Stillers Namen gleich wieder eine unterhalb der Gürtellinie angesiedelte Komödie denkt, ist bei
diesem Film auf dem Holzweg. Denn Stiller ist hier Star einer Komödie mit Tiefgang, die sich insbesondere an Männer
im besten Alter richtet. Midlife-Crisis ist das Zauberwort. Mit einem oft desillusionierten, in sich gekehrten Blick bringt
Stiller dieses melancholisch-depressive Lebensgefühl wunderbar zum Ausdruck. Immer wieder visualisiert der Film
Brads Gedanken, die er sich über die Kommilitonen von einst, die es alle (vermeintlich) geschafft haben, etwas aus
ihrem Leben zu machen. Oder er zeigt uns Brads eigene Wünsche (eine eigene Insel und Mädchen in beiden Armen)
und auch Ängste (der eigene Sohn macht ihn in einer Talkshow lächerlich). Wie in einer Art Selbsttherapie hören wir zu
den Bildern auch immer Brads Stimme aus dem Off, die ihre Sicht der Dinge schildert. Mike White hat einen
bemerkenswert ruhigen, unspektakulären Film geschaffen, der am Ende nicht in bodenlose Depression abrutscht,
sondern auf intelligente Weise Hoffnung schöpfen lässt. Eine perfekte Gebrauchsanweisung dafür, wie man die eigene
Midlife-Crisis meistert.
ALLES GELD DER WELT (1:2.35, DD 5.1) OT: All The Money In The World Verleih: Tobis Land/Jahr: USA 2017 Regie: Ridley Scott Darsteller: Michelle Williams, Christopher Plummer, Mark Wahlberg, Romain Duris, Timothy Hutton Kinostart: 15.02.2018
Rom 1973. Auf offener Straße wird Paul Getty, Enkel des Ölmagnaten J. Paul Getty, entführt. Die Entführer fordern 17
Millionen Dollar Lösegeld von Pauls Mutter, die sie sich von ihrem Schwiegervater J. Paul besorgen soll. Der aber ist
nicht gewillt auch nur einen Cent zu bezahlen. Alle Versuche, den alten Herrn umzustimmen, schlagen fehl... J. Paul
Getty könnte man als eine Art “Real Life”-Version des “Scrooge” charakterisieren. Ein Mann, dem Reichtum weitaus
mehr bedeutete als ein Menschenleben – und sei es das seines Enkels! Mit einigen künstlerischen Freiheiten hat nun
Ridley Scott jenen spektakulären Entführungsfall aus dem Jahre 1973 verfilmt, der damals für Schlagzeilen sorgte und
die Welt in Atem hielt. Spektakulär deshalb, weil Großvater J. Paul Getty, der mit Abstand reichste Mann auf Erden,
sich weigerte, Lösegeld für seinen Enkel zu bezahlen. Mit großem Aufwand in ausstattungstechnischer Hinsicht gelingt
Scott eine präzise Zeichnung der Zeit der 1970er Jahre. Ursprünglich stand Kevin Spacey als der milliardenschwere
Ölmagnat vor Scotts Kameras. Doch der kürzlich durch die Medien gegangene Skandal, der Spacey als Kinderschänder
outete, sorgte für ein abruptes Ende seiner Anstellung bei Scott. Ein Glücksfall für den Film, denn Christopher Plummer
gibt einen alleine schon altersmäßig weitaus passenderen J. Paul ab! Allerdings schießt der Film mit seinen 132 Minuten
Spielzeit (inklusive einer ziemlich unappetitlichen Szene) etwas über das Ziel hinaus. So nimmt das Thriller-Drama
leider erst im letzten Drittel richtig Fahrt auf.
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Samstag, 13. Januar 2018 Wie der Buddhismus die Welt eroberte Nicht jede Dokumentation ist unbedingt sehenswert. Die heutige aber ganz gewiss. HANNAH – EIN BUDDHISTISCHER WEG ZUR FREIHEIT (1:1.78, 5.1) OT: Hannah: Buddhism's Untold Journey Verleih: W-film Land/Jahr: Großbritannien, Spanien, Nepal, Indien, Ungarn, Hongkong, China, Deutschland, Dänemark 2014 Regie: Adam Penny, Marta György-Kessler Kinostart: 18.01.2018
In ihrer eindrucksvollen Dokumentation zeigen die Filmemacher Adam Penny und Marta György-Kessler, wie der
Buddhismus die Welt eroberte. Dreh- und Angelpunkt war dabei Hannah Nydahl, eine junge Frau aus Dänemark, die in
den 1970er-Jahren gemeinsam mit ihrem Mann Ole nach Tibet reiste und dort vom 16. Karmapa erleuchtet wurde. Der
Film dokumentiert in chronologischer Reihenfolge den Werdegang Hannahs und ihre vielen Stationen auf der Welt, zu
denen sie den Buddhismus brachte. Illustriert wird die sehr gefühlvolle wie ergreifende Geschichte mit Archivmaterial
sowie aktuellen Interviews mit Angehörigen, Freunden und Wegbegleitern der Nydahls. Alleine schon das Sichten des
gesamten Materials dürfte eine Herkulesaufgabe gewesen sein. Ergänzt werden die Bilder durch ganz subtile
Spielszenen, die hervorragend in die dokumentarische Bildästhetik eingepasst wurden. Man erfährt viel über die
buddhistische Lehre und ihre gesamte Historie, ohne dass der Film je zu einer Art Schulunterricht wird. Ganz das
Gegenteil ist der Fall: HANNAH ist spannend erzählt und gleichzeitig aufwühlend und mach großen Appetit darauf,
sich mit dem Buddhismus und der Meditation auseinanderzusetzen. Großen Anteil an der beeindruckenden Wirkung des
Films hat die Filmmusik von Tom Hickox und Chris Hill, deren Score sich vom Klangteppich anderer Dokus deutlich
abhebt. Es gehört zwar nicht unmittelbar zum Porträt von Hannah Nydahl, doch wird man als Zuschauer bei diesem
Film neugierig, wovon denn die Nydahls eigentlich gelebt haben und wie sie ihre teuren Reisen überhaupt finanziert
haben. Denn alleine durch Meditation und Glauben wird man nicht satt – zumindest nicht körperlich. Leider erfährt man
in Adam Pennys und Marta György-Kesslers Doku nichts darüber.
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Freitag, 12. Januar 2018 Einem Schneider werden die Flügel gestutzt Die letzten beiden Filme der Pressewoche hielten mich in Atem WIND RIVER (1:2.35, 5.1) OT: Wind River Verleih: Wild Bunch (Central) Land/Jahr: USA 2016 Regie: Taylor Sheridan Darsteller: Jeremy Renner, Elizabeth Olsen, Jon Bernthal Kinostart: 08.02.2018
Als der Wildschützer Cory mitten im verschneiten Indianerreservat in Wyoming ein ermordetes Mädchen entdeckt, sind
sofort wieder die Erinnerungen an seine eigene Tochter präsent, die vor drei Jahren den Tod fand. Gemeinsam mit einer
FBI-Agentin macht er sich daran, den oder die Täter zu finden... Taylor Sheridans Thriller ist Kino wie ich es mag: tolle
Bilder, atmosphärische Filmmusik, unwirkliche Locations, dynamische Tonspur und glaubwürdige Charaktere. Dazu
spannend erzählt und mit Tiefgang, bei dem um Trauerbewältigung geht. WIND RIVER ist kein “Film von der
Stange”, sondern einer für Film-Gourmets, der den Gang ins Kino durchaus lohnt.
DER SEIDENE FADEN (1:1.85, DD 5.1, auch 70mm) OT: Phantom Thread Verleih: Universal Land/Jahr: USA 2017 Regie: Paul Thomas Anderson Darsteller: Vicky Krieps, Daniel Day-Lewis, Lesley Manville Kinostart: 01.02.2018
London in den Nachkriegsjahren. Die gesamte Hochprominenz lässt sich ihre Kleider bei niemand anderem als
Reynolds Woodcock schneidern, einem wahren Meister der Modekunst. Gemeinsam mit seiner Schwester Cyril leitet er
sein Atelier. Frauen kommen und gehen im Leben des exzentrischen Schneiders. Sie dienen ihm als Inspiration bis sie
wieder durch eine andere ersetzt werden. Als jedoch die junge Alma in sein Leben tritt, beginnt sich sein
maßgeschneidertes Leben allmählich aufzulösen... Einfach nur großartig verkörpert Daniel Day-Lewis den
Modeschöpfer Reynolds Woodcock, der - um es gelinde auszudrücken – alles andere als normal ist. Wenn man sich ihm
nicht unterordnet, hat man von Anfang an verloren. Alles, was nicht nach seinem Willen ist, empfindet er als einen
Angriff. Dazu gehören auch Geräusche, die seine Muse Alma beim Essen macht. Alles Störfaktoren, die ihn beim
Denken und Arbeiten behindern. Vicky Krieps spielt diese Muse, die in Woodcocks Leben tritt und damit die vorherige
Muse ablöst. Doch was muss eine Frau tun, die nicht immer ein Anhängsel bleiben, sondern den Modezar ehelichen
möchte? Die willensstarke Alma weiß sich zu helfen – und greift zu einer drastischen Methode. Dass aber genau dies
dem Modeschöpfer gefällt, wirkt extrem verstörend in Paul Thomas Andersons auf 35mm-Material gedrehten Film.
Seine Bilder sind geradezu berauschend. Kein Wunder, dass der Film in einigen Kinos der USA mit 70mm-Kopien zum
Einsatz kommt. Übrigens stand der Meister dieses Mal selbst an der Kamera! Störend wirkt allerdings die Musik im
Film: sie ertönt fast Non-Stop und ist damit viel zu viel. Was genau das künstlerische Konzept dahinter ist, hat sich
zumindest mir nicht erschlossen.
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Donnerstag, 11. Januar 2018 Zerstörtes Familienidyll Genrekino aus Deutschland ist selten genug. Da freut man sich über jeden Neuzugang LUNA (1:2.35, 5.1) Verleih: Universum Film Land/Jahr: Deutschland 2017 Regie: Khaled Kaissar Darsteller: Lisa Vicari, Carlo Ljubek, Branko Tomovic, Rainer Bock Kinostart: 15.02.2018
Als die 17jährige Luna gemeinsam mit ihrer kleinen Schwester und ihren Eltern Urlaub in den Bergen macht, wird sie
Zeuge, wie ihre Familie von Russen brutal ermordet wird. In letzter Sekunde gelingt ihr die Flucht und schwebt fortan in
Lebensgefahr. Der undurchsichtige Hamid rettet sie schließlich vor einer falschen Polizistin. Er gibt sich Luna
gegenüber als Freund ihres Vaters aus und eröffnet dem Teenager, dass ihr Vater als russischer Spion tätig war.
Eigentlich will Hamid das Mädchen ins sichere Ausland schmuggeln, doch Luna will die Mörder ihrer Familie zur
Strecke bringen... In gewisser Weise ist Khaled Kaissars Langfilmdebüt etwas schlicht geraten: die Bad Guys sehen wie
solche aus, der BND hat eine undichte Stelle (wer es ist, weiß der Zuschauer sofort!) und Lunas Trauer verfliegt binnen
Minuten. Inspiriert durch den wahren Fall eines russischen Agentenpaares, das 20 Jahre lang als Familie getarnt in
Baden-Württemberg lebte und deren Tochter keine Ahnung von der Tätigkeit der Eltern hatte, konzentriert sich der
exzellent fotografierte Thriller (Kamera: Namche Okon) ganz auf seine Hauptdarstellerin und versucht zu erkunden, was
in einem 17jährigen Mädchen vorgeht, dessen heile Welt von einem Moment zum anderen plötzlich nicht mehr existiert
und sie das bisherige Familienidyll als Lüge herausstellt. Von Lisa Vicari zwar überzeugend gespielt, vollzieht sich die
Wandlung vom unsicheren Teenager hin zu einer selbstbewussten jungen Frau dann doch etwas zu schnell – was
natürlich der dankbaren Spielzeit von nur 90 Minuten geschuldet ist. Allerdings sollte man das jetzt nicht alles
überbewerten und vielmehr Kaissars Film als eine Art Fingerübung im Genre-Kino betrachten. Und die ist abgesehen
von Logikschwächen überwiegend gelungen.
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Mittwoch, 10. Januar 2018 Zwei Freiheiten Im ersten Film ging es heute um Pressefreiheit, im zweiten um persönliche Freiheit DIE VERLEGERIN (1:1.85, 5.1 + 7.1) OT: The Post Verleih: Universal Land/Jahr: USA 2017 Regie: Steven Spielberg Darsteller: Tom Hanks, Meryl Streep, Alison Brie Kinostart: 22.02.2018
1971. Unter der Führung von Katharine Graham steht die Washington Post kurz vor dem Börsengang. Schon allein das
ist für die bodenständige Frau eine große Herausforderung. Als dann auch noch ihrem Chefredakteur brisante
Unterlagen zugespielt werden, die einen gigantischen Vertuschungsskandal im Weißen Haus dokumentieren, kommt es
zu einem nervenzerreissenden Kampf zwischen der Regierung und der Zeitung, bei dem es um nichts Geringeres als die
Pressefreiheit geht... Die Vorgeschichte zur Watergate-Affäre bildet in Steven Spielbergs neuem Film den Hintergrund,
vor dem er das Porträt einer extrem mutigen Amerikanerin entwirft: Katharine “Kay” Graham, Herausgeberin der
Washington Post. Meryl Streep schlüpft in diese Rolle und zeigt eine unsichere, ängstliche und scheue Frau, die den
Sprung ins kalte Wasser wagt und damit Geschichte schreibt. Was sich ziemlich lange als Politdrama hinzieht, gerät erst
gegen Ende zu einem patriotischen Film, wie ihn nur Amerikaner inszenieren können. Unterstützt von John Williams‘
Score macht Spielberg aus Kay eine amerikanische Heldin, die erstaunlicherweise von Streep mit großer Zurückhaltung
gespielt wird. Wer sich für amerikanische Politik interessiert, dem dürfte der Film noch am ehesten gefallen.
FREIHEIT (1:2.35, 5.1) Verleih: Film Kino Text Land/Jahr: Deutschland, Slowakei 2017 Regie: Jan Speckenbach Darsteller: Johanna Wokalek, Hans-Jochen Wagner, Inga Birkenfeld Kinostart: 08.02.2018
Philip kann es noch immer nicht fassen: seine Frau Nora hat ihn und die beiden Kinder wortlos verlassen. Während sich
Philip ständig Gedanken darüber macht, was mit Nora passiert sein könnte, eilt Selbige von einem Ort zum anderen auf
der Suche nach einem Leben in Freiheit... Jan Speckenbachs Drama über eine Frau, die alles hinter sich lässt, um
Freiheit zu erlangen und damit gleichzeitig ihren Ehemann zu einem Gefangenen werden lässt, ist ein ziemlich
depressiver Film. Ständig wechselt die Erzählperspektive zwischen Nora und Philip, ohne dass sich der Film in
irgendeine Richtung entwickelt. Sehr spät zeigt der Regisseur dem Publikum, warum Nora aus ihrem gewohnten Leben
ausbricht. Allerdings macht sie ihre neue gewonnene Freiheit auch nicht viel glücklicher. Denn ob es der schnelle Sex
mit einem jungen Mann in Österreich oder die Bekanntschaft mit einer Sex-Darstellerin in Bratislava sind – viel Freude
scheinen ihr diese neuen Erfahrungen nicht gerade zu machen. Im Pressetext zum Film heisst es unter anderem: “Jan
Speckenbachs Film ist kein Feelgood-Movie, aber ein einmalig konsequentes Filmkunstwerk, eine Spiegelung der
Gesellschaft, die mehr Fragen aufwirft als sie beantwortet.” – Meine Empfehlung daher: nehmen Sie keinesfalls Ihr Date
mit in den Film.
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Dienstag, 09. Januar 2018 Kleider machen Leute Einmal mehr gab es heute wieder Kriegsgreuel auf der Leinwand DER HAUPTMANN (1:2.35, 5.1) Verleih: Weltkino Land/Jahr: Deutschland, Frankreich, Polen 2017 Regie: Robert Schwentke Darsteller: Max Hubacher, Frederick Lau, Milan Peschel, Alexander Fehling Kinostart: 15.03.2018
Der Zweite Weltkrieg liegt in den letzten Zügen. Auf seiner Flucht vor seinen brutalen Kameraden findet der Gefreite
Willi Herold eine Hauptmannsuniform. Ohne lange zu überlegen zieht er sie an und schlüpft willig in die Rolle des
Hauptmann Herold mit direktem Auftrag vom Führer. Bald schon hat er eine kleine Gruppe versprengter Soldaten um
sich geschart und verfällt zunehmend dem Rausch der Macht... Was im HAUPTMANN VON KÖPENICK von Carl
Zuckmayer noch satirisch daherkommt, ist im Fall des Gefreiten Willi Herold brutale Realität. Denn den Gefreiten, der
sich mittels einer Uniform zum Hauptmann macht, hat es tatsächlich gegeben. Im Alter von 21 Jahren wurde er 1946 mit
sechs seiner Gefolgsleute für die Ermordung von 125 Menschen hingerichtet. Auf die Frage, warum er seinen Film in
Schwarzweiß gedreht hat, antwortete Regisseur Robert Schwendtke mit einem Zitat von Michael Powell. Der sagte zu
Martin Scorsese nach Sichtung von Farbtestmaterial zu WIE EIN WILDER STIER: “Du kannst diesen Film mit all
dem Blut nicht in Farbe machen. Die Menschen werden nicht in der Lage sein, an all dem Blut vorbeizuschauen, an dem
Rot. Du musst diesen Film in Schwarzweiß drehen!”. Nachdem man Schwendtkes Film durchgestanden hat, wird sofort
klar, was damit gemeint war. Denn DER HAUPTMANN ist aufgrund seiner grausamen Brutalität ein kaum zu
ertragender Film. Das Einzige was es in Farbe gibt ist der Anfangs- und die Endtitel – natürlich in Rot. Max Hubacher
spielt den Hochstapler Herold mit beängstigender Kaltschnäuzigkeit, Milan Peschel dessen Leibdiener Freytag mit
großer Angst im Gesicht. Die Szenerie wirkt oft surreal und extrem verstörend (Kamera: Florian Ballhaus), was durch
Martin Todsharows höchst ungewöhnlicher, oft brutaler Filmmusik noch verstärkt wird. Ein fröhlicher Kinoabend wird
das ganz bestimmt nicht, aber ein sehr bedrückender. Insbesondere dann, wenn Schwendtke das “Schnellgericht Willi
Herold” während des Abspanns durch heutige Städte rollen lässt.
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Montag, 08. Januar 2018 Der Kiemenmann ist zurück! Mit einem starken Double Feature wurde heute das Pressejahr 2018 eröffnet. SHAPE OF WATER – DAS FLÜSTERN DES WASSERS (1:1.85, 5.1) OT: The Shape Of Water Verleih: Fox Land/Jahr: USA 2017 Regie: Guillermo Del Toro Darsteller: Sally Hawkins, Michael Shannon, Richard Jenkins, Octavia Spencer Kinostart: 15.02.2018
Elisa arbeitet als Putzfrau in einem amerikanischen Versuchslabor. Als unter strenger Geheimhaltung ein
Amphibienwesen dort zu Forschungszwecken eingesperrt wird, entwickelt sich eine Freundschaft zwischen der
schüchternen und stummen Elisa sowie dem Amphibienmann... Erinnern Sie sich noch an die Filme mit dem
Kiemenmenschen? Jack Arnold hatte sie in den 1950er Jahren in aufwändigem 3D gedreht und damit nicht nur damals,
sondern auch heute noch Gänsehaut produziert. Guillermo Del Toros Film versteht sich ganz im Geiste dieser
CREATURE FROM THE BLACK LAGOON Filme, allerdings bereichert um märchenhafte Züge. Hier sind es zwei
Außenseiter der Gesellschaft, die sich ineinander verlieben – eine stumme Putzfrau und ein geheimnisvolles Wesen aus
dem Amazonas. Die Schöne und das Biest sozusagen. Del Toro geht sogar noch einen Schritt weiter: die beiden haben
tatsächlich Sex miteinander! Das läuft allerdings derart harmonisch und wunderschön ab, dass man sich als Zuschauer
kaum daran stören wird. Was in seinem Film insbesondere beeindruckt ist das perfekte Zeitkolorit: Del Toro lässt das
Amerika der 1950er-Jahre wieder auferstehen, jene Zeit, in der sich das Kino mit überbreiten Bildern gegen die
Konkurrenz durch das Fernsehen zur Wehr setzte. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass der Regisseur seine Schöne
in eine Wohnung direkt über einem riesigen Kino einquartiert. Ein Kino, in dem quasi unter Ausschluss der
Öffentlichkeit mit THE STORY OF RUTH ein monumentales Bibelepos zu sehen ist. Aber auch sonst trifft Del Toro
die Zeit perfekt. Und er hat famose Darsteller. Hier gibt nicht nur Sally Hopkins als stumme Elisa ihr Bestes, auch
Octavia Spencer glänzt in ihrer Rolle als Elisas Kollegin derart, dass man geneigt ist zu glauben, Spencer habe noch nie
etwas anderes gemacht als zu putzen. Brillant: Michael Shannon als Bad Guy Richard Strikland, ein Sadist, wie er im
Buche steht. Und nicht zu vergessen Richard Jenkins als Elisas Freund und Wohnungsnachbar Giles – eine wunderbare
Rolle. SHAPE OF WATER ist wohltuend anders als zeitgenösssicher Splatter-Horror und setzt ganz auf Atmosphäre,
die durch die Kameraarbeit von Dan Laustsen und den Score von Alexandre Desplat erzeugt werden. Wer also
Gänsehaut-Kino mit Wohlfühleffekt mag, dem sei Del Toris neuer Fantasy-Film ans Herz gelegt.
THE FLORIDA PROJECT (1:2.35, 5.1) OT: The Florida Project Verleih: Prokino (Fox) Land/Jahr: USA 2017 Regie: Sean Baker Darsteller: Willem Dafoe, Brooklynn Kimberly Prince, Valeria Cotto Kinostart: 15.03.2018
Die sechs Jahre alte Moonee wächst im “Magic Castle Motel” auf, einem Hotel für Minderbemittelte, gelegen an einem
Highway nur wenige Meilen von Disneyworld in Orlando, Florida, entfernt. Ihre junge Mutter lebt von der Stütze und
hat ein vorlautes Mundwerk, das das Töchterchen bereits übernommen hat. Gemeinsam mit anderen Kindern aus dem
Motel verwandelt Moonee die Gegend um das Motel in einen großen Abenteuerspielplatz... Sean Bakers Film glänzt mit
breiten Weitwinkelaufnahmen im CinemaScope-Format sowie seinen Bonbonfarben – ein Look, der auf den ersten Blick
ganz im Gegensatz zu der Geschichte des Films steht, der sich aber bei genauerem Hinschauen als die Perspektive der
Kinder entpuppt. Für sie ist die Welt um sie herum nichts weiter als ein riesiger Spielplatz, auf dem sie sich austoben
können. Beschreiben lässt sich die Story des Films als eine Aneinanderreihung von Momentaufnahmen aus dem Leben
der Kinder, die in ärmlichen Verhältnissen aufwachsen und mit allerlei Dummheiten ihre Zeit genießen. Dass Moonees
Mutter während dieser Zeit einen extremen sozialen Abstieg absolviert, weiß die Kleine natürlich nicht. Wenn es mal
Probleme gibt, ist stets Bobby zur Stelle, der von Willem Dafoe mit bestem Understatement dargestellte Hotelmanager,
der mehr als nur einmal als Mittler zwischen Moonees Mutter und der Jugendbehörde fungiert. THE FLORIDA
PROJECT fühlt sich echt an und zeigt ein Stück Amerika, das man nicht unbedingt im Kino sehen möchte. Bis auf den
Schluss – und der ist einer der schönsten seit langer Zeit! – verzichtet der Film auf Filmmusik und lässt ihn dadurch
noch realer erscheinen. Große Klasse sind die Kinderdarsteller in diesem Film, allen voran Brooklynn Kimberly Prince
in der Rolle der Moonee. Mit ihrer Energie erinnert sie an Quvenzhane Wallis, die als Hushpuppy BEASTS OF THE
SOUTHERN WILD zu einem Erlebnis machte. Sean Bakers Film wird voraussichtlich nicht das ganz große Publikum
finden, aber empfiehlt sich als anspruchsvolle (und harte!) Sozialstudie.
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Samstag, 06. Januar 2018 Paradiese mit Nebenwirkungen Urlaubszeit – Nachholzeit! Endlich habe ich es geschafft, zwei weitere Filme nachzusitzen, die mir im letzten Jahr von den Filmverleihern vorenthalten wurden MOTHER! (1:2.35, DD 5.1 + 7.1 + Atmos) OT: mother! Verleih: Paramount Land/Jahr: USA 2017 Regie: Darren Aronofsky Darsteller: Jennifer Lawrence, Javier Bardem, Michelle Pfeiffer, Ed Harris, Domhnall Gleeson, Brian Gleeson, Stephen McHattie, Kristen Wiig, Stefan Simchowitz, Jovan Adepo, Robert Higden Kinostart: 14.09.2017
Ein Paar lebt in einem riesigen Holzhaus auf einer kleinen Lichtung inmitten eines Waldes. Er ist ein Schriftsteller auf
der Suche nach Ideen, sie renoviert das Haus und wünscht sich nichts sehnlicher als ein Kind. Eines Tages klopft es
plötzlich an die Tür dieses kleinen Paradieses auf Erden: ein Fremder steht vor der Tür und möchte in Zimmer mieten.
Sehr zum Missfallen seiner Frau nimmt der Autor den Fremden auf. Bald schon steht auch noch dessen Frau vor der
Tür. Auch wird Einlass gewährt. Die junge Frau des Künstlers wird zunehmend fremdbestimmt. Als dann auch noch die
beiden Söhne des Fremden auftauchen, ist es vorbei mit Frieden und Behaglichkeit. Dann geschieht ein Mord...
Ausnahmeregisseur Darren Aronofsky lässt den Zuschauer ziemlich lange an der Angel zappeln, bis er endlich seine
Geschichte preisgibt. Irgendwann wird schließlich klar, um wen es sich bei dem von Javier Bardem dargestellten
Kreativen handelt: um den Schöpfer höchstpersönlich! Der suhlt sich weit mehr in der Zuwendung und Begeisterung,
die er von wildfremden Menschen erfährt, als um die Zuneigung durch seine Frau, dargestellt von Jennifer Lawrence,
die sich hier in einer wahrhaften “Tour-de-Force”-Performance wiederfindet. Mit einem sensationellen Sound Design
sowie einem beklemmenden visuellen Konzept befindet sich Aronofsky mit seiner Horrormär (die einen besonders
bösen Gegenpol zu Jaco van Dormaels schwarzer 2015er-Komödie DAS BRANDNEUE TESTAMENT darstellt)
einmal mehr auf künstlerisch höchstem Niveau. Leider ist der Film mit seinen 121 Minuten wesentlich zu lang geraten
und ergeht sich in der zweiten Hälfte an Wiederholungen. Dennoch ist MOTHER! ein Film, dessen alptraumhaftem
Charakter man sich nur schwer entziehen kann.
GET OUT (1:2.35, DD 5.1) OT: Get Out Verleih: Universal Land/Jahr: USA 2017 Regie: Jordan Peele Darsteller: Daniel Kaluuya, Allison Williams, Catherine Keener Kinostart: 04.05.2017
Was als Antrittsbesuch bei den Eltern seiner weißen Freundin Rose beginnt, entwickelt sich für den jungen Schwarzen
Chris zu einem Alptraum... Die vielversprechenden guten Ansätze seines Thrillers macht Regisseur Jordan Peele leider
viel zu früh dadurch zunichte, dass man als Zuschauer recht bald schon das Geheimnis von Roses Elternhaus gelüftet
hat. Bis zu diesem Zeitpunkt jedoch schafft Peele eine irgendwie beunruhigende Atmosphäre, die nach außen hin extrem
freundlich wirkt, gleichzeitig jedoch das Schlimmste vermuten lässt. Das Ganze erinnert ein wenig an STEPFORD
WIVES und könnte einmal mehr eine Episode der TWILIGHT ZONE sein. Mit seinen Darstellern hat Peele einen
Glücksgriff getan. Denn mit Unbekannten ist weitaus mehr möglich als mit altbekannten Stars! Neben der
bemerkenswerten Kameraarbeit (Toby Oliver) beeindruckt auch die Filmmusik (Michael Abels). Eines dürfte sicher
sein: von Regie-Neuling Jordan Peele kann man zukünftig noch viel erwarten.
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