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Freitag, 27. April 2018 Wenn die eigene Biografie infrage gestellt wird Zum Wochenausklang gab es heute gleich zwei Filme mit der Musik von Max Richter VOM ENDE EINER GESCHICHTE (1:2.35, 5.1) OT: The Sense Of An Ending Verleih: Wild Bunch (Central) Land/Jahr: Großbritannien 2017 Regie: Ritesh Batra Darsteller: Jim Broadbent, Matthew Goode, Charlotte Rampling Kinostart: 14.06.2018
Der glücklich geschiedene Rentner Tony Webster erhält Nachricht, dass er das Tagebuch seines alten Kommilitonen
Adrian geerbt hätte, das sich im Besitz von Veronicas Mutter befand, jenem Mädchen, mit dem Tony während seiner
Studentenzeit liiert war und die er an Adrian verlor. Warum sich Adrian damals das Leben nahm, hat er nie erfahren.
Auch hatte er seither nie wieder Kontakt zu Veronica. Doch die unerwartete Erbschaft macht ihn mehr als neugierig und
lässt ihn die längst vergessenen Erinnerungen wieder ausgraben... Ritesh Batras Drama nach dem gleichnamigen Roman
von Julian Barnes erzählt davon, wie man sich die eigene Biografie im Laufe der Zeit zurechtrückt und so lange
verändert, bis man sie zum Schluss selbst glaubt. Es geht um Verdrängung, Liebe, Betrug und Täuschung, die Batra auf
mehreren Zeitebenen thematisiert und dadurch zu einem spannenden Film verdichtet. Dabei kann er sich auf grandiose
Darsteller verlassen, allen voran Jim Broadbent, der in der Rolle des Tony Webster einmal mehr zeigen darf, dass er zu
den besten Schauspielern Englands gehört. Charlotte Rampling mimt die gealterte Veronica als unnahbare,
geheimnisvolle Frau – eine Rolle, die sie perfekt ausfüllt. Kino mit Anspruch.
FEINDE – HOSTILES (1:2.35, DD 5.1 + 7.1 + Atmos) OT: Hostiles Verleih: Universum Film (Central) Land/Jahr: USA 2017 Regie: Scott Cooper Darsteller: Christian Bale, Rosamund Pike, Wes Studi Kinostart: 31.05.2018
New Mexico 1892. Ausgerechnet Captain Joseph Blocker erhält den Auftrag, den todkranken Cheyenne-Häuptling
Yellow Hawk mitsamt dessen Familie aus ihrer Gefangenschaft in Fort Berringer in ihre Heimat nach Montana
zurückzuführen. Blocker und Yellow Hawk sind Todfeinde, seit sie in einer Schlacht gegeneinander gekämpft haben.
Seither hasst Blocker alle Indianer. Widerwillig nimmt er den Auftrag an. Auf ihrem gefahrvollen Weg treffen sie auf
die Witwe Rosalie Quaid, deren Familie von blutrünstigen Komantschen umgebracht wurde. Sie schließt sich dem
Trupp auf seiner Reise durch unwegsames Gelände an... Cowboys sind gut, Indianer sind böse. So war das einmal im
amerikanischen Western bis in die Neuzeit. Doch damit ist jetzt ein für alle mal Schluss. Hollywood ist dabei, dieses
Bild zu korrigieren und zu zeigen, dass die Arroganz der westlichen Eindringlinge dazu führte, dass den indianischen
Ureinwohnern das Land weggenommen wurde. Der von Christian Bale mit minimalistischer Mimik dargestellte Captain
Joseph Blocker ist einer von denen, die im Auftrag der Regierung die Indianer bis aufs Blut bekämpft. Doch im Verlauf
des Films muss auch er erkennen, dass den Indianern Unrecht widerfahren ist und es in beiden Lagern gute und böse
Menschen gibt. Masanobu Takayanagis prächtige CinemaScope-Panoramen erinnern an die großen Edelwestern der
50er- und 60er-Jahre. Doch es ist dieses Mal etwas anders: die Musik. Statt der gewohnten pathetisch wirkenden großen
Orchestermusik ist sie verhalten und düster. Max Richter liefert hier genau die richtige Stimmung, um die grandiosen
Bilder weniger grandios erscheinen zu lassen. Wenn sich Blocker am Ende des Films gar auf die Seite der Indianer
stellt, so ist dies eine Geste der Wiedergutmachung. Das mag man als etwas aufgesetzt kritisieren, doch es ist der gute
Wille der zählt. Wer episch erzähltes Kino mag, wer sich für Western begeistert und wer zudem Tiefgang bei der
Geschichte schätzt, dem dürfte FEINDE – HOSTILES gefallen.
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Donnerstag, 26. April 2018 Eine Seele, viele Körper Ein amerikanisches Romantikdrama nach einem Bestseller stellte sich heute zur Begutachtung LETZTENDLICH SIND WIR DEM UNIVERSUM EGAL (1:2.35, 5.1) OT: Every Day Verleih: Splendid (24 Bilder) Land/Jahr: USA 2018 Regie: Michael Sucsy Darsteller: Angourie Rice, Justice Smith, Debby Ryan Kinostart: 31.05.2018
Mit ihren 16 Lenzen steckt die hübsche Rhiannon mitten im Teenagerdasein, das von Liebeskummer, Unsicherheit und
Gefühlschaos dominiert wird. Ausgerechnet jetzt begegnet sie einem einfühlsamen Menschen oder vielmehr einer Seele,
die jeden Tag im Körper einer anderen Person erwacht. Um die zwischen beiden von Anfang an herrschende Zuneigung
zu behalten, müssen sie sich jeden Tag aufs Neue finden... Gleich vorweg: den stumpfsinnigen deutschen Titel sollte
man einfach ignorieren. Viel treffender ist da der Originaltitel: Every Day, was soviel heißt wie “Jeden Tag” oder “Jeder
Tag”. Eben so wie diese Person, die sich selbst “A” nennt, jeden Tag in einem anderen Körper aufwacht. “Würdest Du
Dich als Junge oder als Mädchen bezeichnen” fragt Rhiannon den körperwechselnden A. Die Antwort darauf ist ein
einfaches “Ja”. Michael Sucsys Verfilmung des Bestsellers von David Levithan rollt die inzwischen allgegenwärtige
Gender-Thematik von einer ganz neuen Seite auf und zeigt dem Zuschauer, dass es letztendlich keine Rolle spielt, in
welcher Gestalt man von der echten, wahren Liebe erwischt wird. Es kommt einzig auf die Gefühle an, die man
füreinander empfindet. So wechselt Rhiannons große Liebe zwar immer wieder mal das Geschlecht, nicht aber die
Gefühle für sie. Leider gelingt es der Inszenierung nicht zur Gänze, die auf der Leinwand dargestellten großen
Emotionen in den Zuschauerraum zu transportieren – man steht der Geschichte recht emotionslos gegenüber. Dass die
Protagonistin am Ende einen gutaussehenden Partner abkriegt, ist dabei fast schon schade, da zu banal und klischeehaft.
Genau hier fehlt dem Film die Ehrlichkeit, die man eigentlich erwartet hätte – etwa in Gestalt eines korpulenten
Gefährten oder vielleicht sogar einer Gefährtin.
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Dienstag, 24. April 2018 Britisches Doppel Dass uns britische Komödien gleich im Doppelpack präsentiert werden, ist eher die Ausnahme. HALALELUJA – IREN SIND MENSCHLICH! (1:2.35, 5.1) OT: Halal Daddy Verleih: Koch Films (Filmagentinnen) Land/Jahr: Deutschland, Irland 2017 Regie: Conor McDermottroe Darsteller: Nikesh Patel, Colm Meaney, Art Malik Kinostart: 21.06.2018
Pakistani Ragdan lebt seit Jahren schon bei seinem Onkel in einem kleinen Kaff in Irland, weil er von Zuhause Reißaus
genommen hat, um den traditionellen Hochzeitsplänen seines Vaters zu entkommen. Der aber steht vollkommen
überraschend auf der Matte, als Ragdan seinen Geburtstag feiern will. Und nicht nur das: er hat auch ein
Geburtstagsgeschenk für seinen Sohn – eine abgewirtschaftete Schlachterei, die er zusammen mit ihm zu einem
Halal-Betrieb umbauen will... Leider fehlt es Conor McDermottroes Culture-Clash-Komödie an richtig würzigen
Zutaten, um sie fürs Publikum appetitlich zu machen. Da gibt es zwar Irlands Vorzeigedarsteller Colm Meaney, dem wie
keinem Anderen die Rolle des kleinen Mannes im Blut liegt, doch hält ihn das Drehbuch von McDermottroe und Mark
O’Halloran stets in Schach und lässt ihn gar nicht erst so richtig zum Zuge kommen. Viel zu sehr konzentriert sich die
Geschichte auf Ragdan und seinen Vater – die zudem alles andere als originell ist. Traurig auch, dass es im ganzen Film
fast immer nur dieselbe Landschaftsaufnahme in der Totalen zu sehen gibt. Vielleicht ein Indiz dafür, dass das Budget
zu klein war? HALALELUJA ist kein richtig schlechter Film, wohlgemerkt, doch ein richtig guter eben auch nicht. Da
sollten bei einem Kinobesuch schon etwas mehr Emotionen herausspringen.
SWIMMING WITH MEN (1:2.35, 5.1) OT: Swimming With Men Verleih: Alamode (Filmagentinnen) Land/Jahr: Großbritannien 2018 Regie: Oliver Parker Darsteller: Rob Brydon, Rupert Graves, Adeel Akhtar Kinostart: 07.06.2018
Eric befindet sich in der Midliefe Crisis. Der gewissenhafte Buchhalter fühlt sich ausgepowert und leer. Als seine Frau
plötzlich Karriere in der Lokalpolitik macht, überreagiert der Ärmste und sieht in ihrem Chef gar einen Nebenbuhler und
beschließt, erst einmal Zuhause auszuziehen. Einzig im Schwimmbecken findet er Ruhe und Zufriedenheit. Dort stößt er
zufällig auf eine Gruppe anderer Schwimmer, die sich als ein Club von Synchronschwimmern erweist. Wie Eric selbst
sind die diese Schwimmer auch Männer, die sich in Krisen befinden. Und weil sich Eric als Buchhalter outet, ist er
sofort als neues Mitglied im Club engagiert. Denn schließlich braucht es ja fürs Synchronschwimmen ein bisschen
Mathematik... Mit seiner Komödie beweist Regisseur Oliver Parker wieder einmal vortrefflich, dass sich die Briten
vorzüglich auf jene Art von Gute-Laune-Filme verstehen, die nicht nur an der Oberfläche bleiben, sondern auch noch
etwas in die Tiefe gehen. Parker inszeniert seine Geschichte über Midlife-Crisis-geplagte Männer mit sicherem Gespür
für tolle Bilder (Kamera: David Raedeker), interessante Schnittfolgen (beispielsweise gleich zu Beginn, wenn Häuser
und Landschaften im Sekundentakt “vorbeifliegen” – eben der Blick aus dem Vorortzug) und auch bewussten Einsatz
von Zeitraffer. Mit letzterem Stilmittel beschreibt er auf wunderbare Weise den Zustand von Eric, der sich eigentlich nur
nach Ruhe sehnt, diese jedoch inmitten der pulsierenden Arbeitswelt nicht findet. Diesem Stress entkommt er nur im
Schwimmbecken, wenn er sich langsam hinabsinken lässt und die Ruhe auf dem Grund genießt. Wie Eric so haben auch
die anderen Mitglieder des Synchronschwimmclubs ihre ganz eigenen Probleme, die sie jedoch nicht in die Gruppe
hineintragen, sondern bewusst ausklammern. “Was ins Becken geht, bleibt im Becken” lautet denn auch die erste Regel
des Clubs. Und die wird parodistisch überhöht, wenn die Truppe ausgerechnet bei einer Kindergeburtstagsfeier eine
Kostprobe ihres Könnens gibt und plötzlich ein großer Haufen Sch**** im Becken auftaucht! Alle Mann raus, heisst es
jetzt, so als wäre der weiße Hai aufgetaucht. Gekonnt nimmt Charlie Mole mit seiner Filmmusik die Herrenriege in
Badehose aufs Korn, indem er die männliche Gemeinschaft und deren Zusammenhalt mit Italo-Western-Klängen
unterlegt. “Embrace the Chaos” heisst es an einer Stelle des Films, was soviel bedeutet wie “Umarme das Chaos”. Alle
Männer der Truppe müssen lernen, mit dem Chaos umzugehen, sich dem Leben neu zu stellen und ihre vielfältigen
Ängste zu überwinden. Ähnlich wie im Klassiker GANZ ODER GAR NICHT geht es in Parkers Film um Männer, die
über ihren eigenen Schatten springen müssen, auch wenn sie sich damit alles andere als männlich verhalten. Dank seines
vortrefflichen Darstellerensembles wird man als Zuschauer geradezu mit ins Schwimmbecken gerissen! Leider verpasst
Parkers Film das perfekte Ende um ein paar Minuten. Aber diesen Wermutstropfen nimmt man angesichts des ansonsten
wirklich großartigen Films gerne in Kauf.
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Montag, 23. April 2018 Mit Tanz und Gesang in die neue Woche Feiner britischer Humor und arabisch angehauchtes Arthouse-Kino standen heute auf meinem Stundenplan TANZ INS LEBEN (1:2.35, 5.1) OT: Finding Your Feet Verleih: Entertainment One (Fox) Land/Jahr: Großbritannien 2017 Regie: Richard Loncraine Darsteller: Imelda Staunton, Joanna Lumley, Timothy Spall Kinostart: 31.05.2018
Ausgerechnet an dem Tag, als ihr Gemahl in den Ruhestand verabschiedet wird, entdeckt Sandra (die sich erst seit
kurzem sogar “Lady”nennen darf), dass ihr Gatte schon seit vielen Jahren ein Verhältnis mit ihrer besten Freundin
pflegt. Hals über Kopf verlässt die verwöhnte Lady ihr ausladendes Haus und quartiert sich in der Londoner Wohnung
ihrer Schwester Bif ein, die sie seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr gesehen hat. Bif, von ganz anderem
Temperament als Sandra, nimmt sich ihrer Schwester an und lädt sie zu ihrem Seniorentanzkreis ein. Dort lernt Sandra
den charmanten Charlie kennen... Besonders originell ist die Story in Richard Loncraines Dramödie zwar nicht, doch die
handverlesene britische Schauspielerriege holt das Beste aus ihr heraus. Ähnlich gestrickte Filme gab es in den letzten
Jahren schon eine ganze Reihe. Da geht es um das Älterwerden, um Abschied zu nehmen, aber auch einen Neuanfang zu
wagen, für den man nie zu alt ist. Was den besonderen Charme in diesem Film ausmacht, sind Charakterdarsteller wie
Timothy Spall oder Imelda Staunton, die natürlich ganz besonders im englischen Original zur Hochform auflaufen. Und
hier dürfen diese älteren Herrschaften sogar zu Rock’n Roll tanzen! Ob als Flash Mob oder auf der Bühne – hier
versprüht das reife Ensemble wahrhaftig gute Laune. Britischer Humor gepaart mit viel Gefühl – das geht immer.
AUF DER SUCHE NACH OUM KULTHUM (1:1.85, 5.1) OT: Looking For Oum Kulthum Verleih: NFP (Filmwelt) Land/Jahr: Deutschland, Österreich, Marokko, Italien 2018 Regie: Shirin Neshat, Shoja Azari Darsteller: Neda Rahmanian, Yasemin Raeis, Mehdi Moinzadeh Kinostart: 07.06.2018
Die iranische Regisseurin Mitra inszeniert in Ägypten einen Film über die Sängerin Oum Kulthum, eine der
herausragendsten Künstlerinnen in der arabischen Welt. Während den Dreharbeiten erhält Mitra die Nachricht, dass ihr
Sohn verschwunden sei. Die Sorge um ihn und die zunehmende Schwierigkeit, den Mythos Oum Kulthum sowie die
Frau und Künstlerin dahinter zu ergründen, führen letztlich zu Mitras emotionalem und künstlerischem
Zusammenbruch... Ein Film im Film. Immer wieder spielt Shirin Neshat in ihrem Film mit dem Zuschauer, in dem sie
ihn oft nicht wissen lässt, ob er Zeuge bei Dreharbeiten ist oder ob er dokumentarisches Material zu sehen bekommt. So
vermengen sich die Geschichten ihrer Filmregisseurin Mitra und der “Maria Callas des Orients”, wie man die arabische
Sängerin Oum Kulthum auch bezeichnete, zu einer einzigen Geschichte. Was optisch (Kamera: Martin Gschlacht) und
filmmusikalisch (Musik: Amin Bouhafa) durchaus beachtlich ist, gerät jedoch mit der Zeit zu einem mehr als
verwirrenden Konstrukt, dessen Entschlüsselung sicherlich nicht einfach ist. Das mag vor allem wohl daran liegen, dass
man mit den politischen und gesellschaftlichen Verhältnissen zu Zeiten der Kultsängerin viel zu wenig vertraut ist und
der Film dazu nur spärlich Informationen beisteuert. Ein Film mit Anspruch, der aber verstanden werden will.
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Dienstag, 17. April 2018 Sympathisanten, Gartenzwerge und geräuschempfindliche Aliens Mein Tagesmotto: hüte Dich vor der Sonne – verbringe den Tag im Kino! SYMPATHISANTEN – UNSER DEUTSCHER HERBST (1:1.85, 5.1) Verleih: NFP (Filmwelt) Land/Jahr: Deutschland 2018 Regie: Dr. Felix Moeller Kinostart: 24.05.2018
In Interviews mit seiner Mutter Margarete von Trotta und seinem Stiefvater Volker Schlöndorff sowie weiteren
Zeitzeugen wie Marius Müller-Westernhagen oder Christof Wackernagel geht Regisseur Felix Moeller der Frage nach,
welche Rolle sogenannte Sympathisanten während der Baader-Meinhoff-Ära gespielt haben. Was ist überhaupt ein
Sympathisant? Woher stammt der Begriff? Antworten geben unter anderem die privaten Tagebücher Margarete von
Trottas, die einen lebendigen Einblick in jene “bleierne Zeit” geben, die Moeller neben den aktuellen Interviews mit
einer Fülle von Archivmaterial kombiniert und so eine spannende Rekapitulation eines der schwärzesten Kapitel des
Nachkriegsdeutschlands entwirft. Wer diese Zeit nicht mehr parat hat oder gar erst viel später geboren wurde, der wird
sich hier leider nicht richtig zurechtfinden, da Moeller fast vollständig auf Hintergrundinformationen zu den einzelnen
Personen verzichtet.
SHERLOCK GNOMES (1:2.35, DD 5.1 + Atmos) OT: Sherlock Gnomes Verleih: Paramount Land/Jahr: USA 2018 Regie: John Stevenson Kinostart: 03.05.2018
Als in London immer mehr Gartenzwerge auf mysteriöse Weise verschwinden, ruft das den berühmten Detektiv
Sherlock Gnomes un seinen Kollegen Dr. Watson auf den Plan. Auch Gnomeo und Julia wollen auf eigene Faust
ermitteln – und haben prompt ihren ersten Streit... Sieben Jahre ist es bereits her, dass Kelly Asburys
Computeranimationsfilm GNOMEO UND JULIA in die Kinos kam, der durch seine vielen Filmzitate und guten
Pointen vortrefflich unterhielt. Mit SHERLOCK GNOMES kommt nun die Fortsetzung in die Kinos. Allerdings eine
Fortsetzung, die an das Original bei Weitem nicht mehr heranreicht. So gibt es jetzt richtig witzige Einlagen nur ganz
spärlich. Das Hauptaugenmerk liegt hier auf der Action, die sich jedoch recht einfallslos und geradezu beliebig gibt. Die
Vielfalt der Charaktere aus dem ersten Film sucht man hier vergebens. Speziell Kinder könnten mit dem Film etwas
überfordert sein, da sich ihnen die Figuren des Sherlock Gnomes und Dr. Watson ohne Vorkenntnis nicht erschließen
werden. Und die extrem psychopathischen Züge eines Moriarty dürften die Kleinen ziemlich verstören.
A QUIET PLACE (1:2.35, DD 5.1 + Atmos) OT: A Quiet Place Verleih: Paramount Land/Jahr: USA 2018 Regie: John Krasinski Darsteller: Emily Blunt, John Krasinski, Noah Jupe Kinostart: 12.04.2018
Irgendwann, irgendwo in einem wenig besiedelten Gebiet der USA. Aggressive Aliens haben das Land heimgesucht und
erhaschen jeden, der ein Geräusch produziert. So hat sich die vierköpfige Familie Abbott penibelst darauf gedrillt, keine
Geräusche zu verursachen und sich nur per Gebärdensprache mitzuteilen. Dass Teenager-Tochter Regan taub ist, ist
dabei eher unvorteilhaft. Und durch die Schwangerschaft ihrer Mutter ist ein hohes Risiko, von den Aliens entdeckt zu
werden, bereits vorprogrammiert... John Krasinkis Alien-Horror-Thriller ist ein exzellentes Beispiel dafür, dass man mit
nur wenigen Mitteln spannungsgeladenes Kino inszenieren kann. Auch wenn der Film fast über gar keine Dialoge
verfügt und große Teile der Handlung mit einer mörderisch stillen Tonkulisse unterlegt sind, bildet gerade die Tonspur
den dramaturgischen Dreh- und Angelpunkt. Die Platzierung von Geräuschen im Kinoraum, das dumpfe Grummeln,
wenn die Tonspur die Perspektive der tauben Regan einnimmt oder die punktuell aufflammende Dynamik sind das A
und O in diesem Film. Ergänzt wird die Tonebene durch eine exzellente Filmmusik von Marco Beltrami. Allerdings
hätte man sich beim Drehbuch ein paar wenige Nachbesserungen gewünscht. So sind einige Ereignisse recht schnell
vorhersehbar, was insbesondere bei einem Thriller natürlich zu Lasten der Spannung geht. Dennoch: Chapeau für diesen
nicht langweilenden Neunzigminüter.
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Freitag, 13. April 2018 Ein Staplerfahrer verliebt sich Zum Abschluss der Pressewoche gab es intime Einblicke in die Motorik eines Großmarktes IN DEN GÄNGEN (1:1.78, 5.1) Verleih: Zorro (24 Bilder) Land/Jahr: Deutschland 2018 Regie: Thomas Stuber Darsteller: Sandra Hüller, Franz Rogowski, Peter Kurth Kinostart: 24.05.2018
Der introvertierte, wortkarge Christian kommt als “Frischling” in die Mannschaft, die einen Großmarkt am Laufen hält.
Eingewiesen wird er von Bruno, der nach außen etwas schroff wirkt, jedoch einen gütigen Kern hat. Zum Team gehört
auch Marion, die es dem Neuling gleich von Anfang angetan hat. Und so sucht der Schüchterne zwischen Süßwaren und
Getränkekisten den Kontakt zu seiner Flamme... Der Mikrokosmos des Großmarktes bedeutet für die Protagonisten in
Thomas Stubers Drama die ganze Welt. Hier sind sie sicher, fühlen sich geborgen, sind unter ihres Gleichen. Die
endlosen Gänge inmitten der Hochregale ist für Christian, Marion und Bruno zur Heimat geworden. Zuhause schlägt
sich jeder von ihnen mit seinen ganz eigenen Problemen herum, über die aber niemand spricht. Wenn zu Beginn des
Films “An der schönen blauen Donau” auf der Tonspur erklingt und die Gabelstapler wie in einem Ballett durch die
frühmorgendlichen Gänge schweben, denkt man instinktiv an jene Szene aus Kubricks 2001: ODYSSEE IM
WELTRAUM, in der sich Raumschiffe zu eben dieser Musik in den unendlichen Weiten des Weltalls bewegen. Auch
ein Hinweis darauf, dass die Angestellten hier ihr ganz persönliches Universum eingerichtet haben. Stubers Drama
enthält neben diesem hübschen Einfall auch noch andere komödiantische Einfälle, wenn auch nur sehr wenige. So
kommt in einer Szene, in der Christian die Schulbank drückt, um den Gabelstaplerschein zu machen, der
Splatter-Klassiker STAPLERFAHRER KLAUS zum Einsatz, der den Schülern zum Abschluss vom Lehrer gezeigt
wird (was im Übrigen in mancher Staplerschule tatsächlich so gemacht wird!). Optisch dominiert im Film die
Einsamkeit: leere Gänge im Halbdunkel, in sich gekehrte Menschen. Doch genau hier entsteht etwas, das man als
Menschlichkeit bezeichnen könnte. IN DEN GÄNGEN ist ein Film der leisen Töne mit exzellenten Darstellern bis in
die Nebenrollen.
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Donnerstag, 12. April 2018 Die Frau, die keine Diva sein wollte Zur heutigen Pressematinee gab es mal wieder eine interessante Dokumentation MARIA BY CALLAS (1:1.85, 5.1) OT: Maria By Callas Verleih: Prokino (24 Bilder) Land/Jahr: Frankreich 2017 Regie: Tom Volf Darsteller: Maria Callas Kinostart: 17.05.2018
Die 1977 im Alter von gerade einmal 53 Jahren verstorbene Maria Callas zählt auch heute noch zu den besten
Opern-Sängerinnen der Welt. In seinem ausschließlich mit historischen Filmaufnahmen bebilderter Dokumentation
nähert sich Regisseur Tom Volf jener Frau mit den zwei Gesichtern – einem für die Operndiva Callas und einem für die
ganz normale Maria. Als roter Faden durch den Film, der insgesamt 10 Arien der Callas in voller Länger präsentiert,
dient ein Fernsehinterview, in dem die Sängerin sehr persönliche Auskünfte zu ihrem Leben gibt – einem Leben, das sie
als Frau so nie wollte, aber als Operndiva genoss. Anfangs zumindest. Denn sie wurde von Publikum und Presse
angegriffen, als sie eines Tages ein ausverkauftes Konzert in Rom aufgrund einer Bronchitis absagen musste. Seit jenem
Tag schien nichts mehr so wie es einmal war. Volf gelingt ein sehr intimes Porträt einer Frau, die zwischen Privatleben
und Karriere hin- und hergerissen war. Ein Film, der nicht nur für Opernfreunde von Interesse sein dürfte.
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Dienstag, 10. April 2018 Flugzeugentführer und Romanautorin Der Titel des zweiten Films heute passte eigentlich ganz gut zum ersten Film 7 TAGE IN ENTEBBE (1:2.35, DD 5.1) OT: 7 Days In Entebbe Verleih: Entertainment One (Fox) Land/Jahr: USA, Großbritannien 2018 Regie: José Padilha Darsteller: Daniel Brühl, Rosamund Pike, Eddie Marsan Kinostart: 03.05.2018
Im Juli 1976 entführen Deutsche und Palästinenser eine Air France Maschine mit über 200 Passagieren an Bord, um so
die Freilassung inhaftierter Genossen zu erzwingen. Während die Entführer mit ihren Geiseln in Entebba ausharren,
bereitet Israel einen Befreiungsschlag vor... Die Stärke von José Padilhas Film liegt darin, dass er die wahre Geschichte,
die sich 1976 ereignete und die Welt in Atem hielt, nicht etwa als reißerisches Actionkino inszeniert, sondern lotet die
Ereignisse jener Zeit psychologisch aus. Sowohl die Entführer als auch die Männer vom israelischen Militärkommando
werden differenziert betrachtet und nicht als bloße Schablonen präsentiert.
NACH EINER WAHREN GESCHICHTE (1:2.35, 5.1) OT: D'Après Une Histoire Vraie Verleih: Studiocanal Land/Jahr: Frankreich, Belgien, Polen 2017 Regie: Roman Polanski Darsteller: Emmanuelle Seigner, Eva Green, Vincent Perez Kinostart: 17.05.2018
Eine erfolgreiche Romanautorin lernt eine Ghostwriterin kennen, mit der sie sich auf Anhieb gut versteht. Nach und
nach übernimmt die Unbekannte immer mehr Aufgaben für die Autorin. Als diese schließlich feststellt, dass ihr die
Kontrolle entgleitet, beginnt ein gefährliches Spiel... Roman Polanski kann also auch Schlaftabletten inszenieren. Denn
sein neuer Film ist alles andere als spannend und nicht nur für geübte Augen von Anfang bis Ende vorhersehbar. Das ist
umso enttäuschender, da er mit Emmanuelle Seigner und Eva Green ein starkes Frauen-Duo in den Hauptrollen
präsentiert. Zudem liefert Alexandre Desplat für Polanski hier eine recht abgedroschene “Hitchcock”-Musik, die
ebenfalls nicht auf Spannung setzt. So bleibt NACH EINER WAHREN GESCHICHTE am Ende leider eine
Vergeudung von Talent und damit ein ärgerlicher Kinobesuch.
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Montag, 09. April 2018 Von Hunden und Tibetern Mein Montagsdoppel hatte immerhin ein Highlight zu bieten ISLE OF DOGS – ATARIS REISE (1:2.35, 5.1) OT: Isle Of Dogs Verleih: Fox Land/Jahr: USA, Deutschland 2018 Regie: Wes Anderson Kinostart: 10.05.2018
Als ein japanischer Diktator alle Hunde auf eine unzugängliche und als Mülldeponie genutzte Insel verbannen lässt,
macht sich dessen 12jähriges Mündel Atari auf die Suche nach seinem geliebten Hund Spots, der einst sein Leibwächter
war und der erste Hund, der in die Verbannung geschickt wurde... Wer die Filme von Wes Anderson mag, der wird von
diesem Stop-Motion-Film absolut begeistert sein. Wie immer ist Andersons Stil unverkennbar: der Mann hat eine große
Schwäche für Strukturen! So ist ISLE OF DOGS von Anfang bis Ende durchstrukturiert und wirkt schon alleine
dadurch höchst skurril. Alles andere ergibt sich natürlich durch die abstruse Handlung, die als Metapher für autoritäre
Staaten verstanden werden kann. Mit hanebüchenem Witz und jeder Menge absonderlicher Einfälle (so wird etwa in
einer Sequenz eine Nierentransplantation aus der Vogelperspektive gezeigt oder – und dies aus der Perspektive des
Kochs – ein quicklebendiges Sushi zubereitet!) erweist sich der in Handarbeit entstandene Film zu keiner Sekunde
langweilig. Strukturiert auch die Filmmusik von Alexandre Desplat, der seinen Fokus auf asiatisches Percussion legt und
so den Rhythmus des Films vorgibt. Fazit: unbedingt anschauen!
Noch ein Hinweis zur heutigen Vorführung: gezeigt wurde uns ein DCP, bei dem das Original-Filmbild im Format 1:2.35 in einem sogenannten “Flat-Container” verstaut wurde, um die deutschen Untertitel in einem schwarzen Balken unterhalb des Filmbilds präsentieren zu können. Das hat zwar bei den Untertiteln zu einer erhöhten Lesbarkeit geführt, war jedoch für die künstlerische Intention kontraproduktiv, da das 1:2.35-Bild auf der Leinwand nach oben geschoben und nicht mittig war. PAWO (1:2.35, 5.1) Verleih: Busch Media Group (Camino) Land/Jahr: Deutschland, Indien 2016 Regie: Marvin Litwak Darsteller: Shavo Dorjee, Rinchen Palzom, Tenzin Gyaltsen Kinostart: 19.04.2018
Nach dem Tod seines Vaters schließt sich der junge Tibeter Dorjee der Protestbewegung an, die gegen die chinesische
Vorherrschaft in Tibet aufbegehren. Als er von der Polizei verhaftet wird und ins Gefängnis kommt, wird er durch seine
Mutter freigekauft. Die Familie hinter sich lassend verlässt er auf abenteuerliche Weise das Land – eine Reise, die ihn
über das Himalaya-Gebirge bis nach Indien führt. Während sich andere Tibeter mit ihrem Schicksal im Exil arrangieren,
kann Dorjee jedoch seine Heimat nicht vergessen... “Pawo” bedeutet auf Tibetisch soviel wie “Held”. Marvin Litwaks
Film basiert auf dem Leben des Tibeters Jamphel Yeshi, der sich im Jahre 2012 selbst verbrannte, um gegen die
chinesischen Invasoren zu protestieren. Was am Ende von Litwaks Epos wirklich im Gedächtnis bleibt, sind die
gewaltigen Bilder seines Kameramanns Amin Oussar, die auf spektakuläre Weise die atemberaubende Landschaft Tibets
und der angrenzenden Länder auf die CinemaScope-Bildwand zaubern. Der Film selbst wirkt leider recht zäh in seiner
Inszenierung. Auch fällt es schwer, als Zuschauer eine Verbindung zum Protagonisten aufzubauen, da er meist wie nicht
von dieser Welt wirkt. Viele der Kommentare, die Dorjee aus dem Off gibt, beschreiben zudem genau das, was bereits
im Bild zu sehen ist, so dass sich hier eine Redundanz ergibt. Durch die fehlende emotionale Bindung an den Helden
lässt auch sein selbstgewählter Tod recht gleichgültig.
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Freitag, 06. April 2018 Abtauchen in die virtuelle Welt Was gibt es Besseres, als bei schönem Wetter einen Betriebsausflug ins Kino zu machen READY PLAYER ONE (1:2.35, 3D, DD 5.1 + 7.1 + Atmos) OT: Ready Player One Verleih: Warner Land/Jahr: USA 2018 Regie: Steven Spielberg Darsteller: Tye Sheridan, Olivia Cooke, Simon Pegg, Ben Mendelsohn, Mark Rylance Kinostart: 05.04.2018
Im Jahre 2045 ist das wirkliche Leben fast unerträglich geworden und so flüchten sich die meisten Menschen in die
“Oasis”, eine Virtual Reality Welt. Auch der junge Wade mag die künstliche Welt viel lieber als die Wirklichkeit und
verbringt Stunden in ihr. Als der Erfinder von “Oasis” stirbt, hinterlässt er allen Spielern eine Aufgabe: wer zuerst alle
drei in der virtuellen Welt versteckten Schlüssel findet, erhält sein millionenschweres gesamtes Vermögen. Wade nimmt
die Herausforderung an – und bekommt es bald schon mit einem mächtigen Gegenspieler zu tun... Man mag Steven
Spielbergs Verfilmung des Bestsellers von Ernest Cline vielleicht vorwerfen, dass er bestimmten Klischees erliegt
(beispielsweise stellt sich Wades virtuelle Freundin auch in der Realität hübsch!), doch macht ihn das keinesfalls zu
einem schlechten Film. Ganz das Gegenteil ist der Fall: READY PLAYER ONE ist fulminantes Popcorn-Kino vom
Feinsten und leistet einen diskussionswürdigen Beitrag zur stetig zunehmenden Virtualisierung unseres Lebens. Eine
entfesselte Kamera (Janusz Kaminski), die orchestrale Filmmusik, spektakuläre visuelle Effekte und ein bombastischer
Sound halten den Zuschauer von der ersten bis zur letzten Minute auf Trab und überwältigen insbesondere in der
IMAX-Fassung. Spielbergs Film spielt gekonnt mit den Möglichkeiten einer “Virtual Reality”, in der jeder sein kann
was er will. Dort gibt es keine Grenzen – weder beim Geschlecht noch beim Aussehen und schon gar nicht bei den
atemberaubenden Spielen. Der Film ist auch ein wahres Fest für Filmfans, baut er doch ständig Referenzen zu
Klassikern der 1980er Jahre auf. Als ein Höhepunkt ist zweifelsfrei jene Sequenz zu betrachten, in der die Protagonisten
in der virtuellen Welt Teil des Kubrick-Films SHINING werden. Wer also sein Wissen über die Filme jener Zeit auf die
Probe stellen möchte, der sollte die READY PLAYER ONE Challenge ergreifen und sich den Film anschauen. Aber
auch allen Anderen, die sich für ganze 140 Minuten aus der Realität ausklinken wollen, sei Spielbergs Blockbuster
wärmstens empfohlen.
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Donnerstag, 05. April 2018 Wenn das Leben zum Gefängnis wird Die einzige Pressevorführung in dieser Woche EIN LEBEN (1:1.33, 1.0) OT: Une Vie Verleih: Film Kino Text (Filmagentinnen) Land/Jahr: Frankreich, Belgien 2016 Regie: Stéphane Brizé Darsteller: Judith Chemla, Jean-Pierre Darroussin, Yolande Moreau Kinostart: 24.05.2018
Die Normandie zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Jeanne wächst als Tochter wohlhabender Eltern in wohlbehüteten
Verhältnissen auf. Ihnen zuliebe heiratet sie den mittellosen Nachbarn Julien und bezieht mit ihm das Landgut ihrer
Eltern. Doch ihr Gatte hintergeht Jeanne schon nach kurzer Zeit mit der Magd. Jeanne muss erkennen wie naiv sie die
Welt bisher gesehen hat... Frei nach dem gleichnamigen Roman von Guy de Maupassant erzählt Regisseur Stéphane
Brizé die tragische Geschichte einer Frau, die nicht länger mit all den Lügen um sie herum leben kann und der keine
wahre Liebe zuteil wird. Der mit einem handverlesenen Ensemble besetzte Film vermischt geschickt Gegenwart und
Vergangenheit und visualisiert immer wieder Jeannes Erinnerungen an glückliche Tage. Brizé setzt dabei ganz bewusst
auf das beengende Stummfilmformat 1:1.33 und unterstreicht damit Jeannes Welt, die ihr wie ein Gefängnis erscheint.
Ihr fast ohne Ausnahme freudloses Leben spiegelt sich auch in der Tonspur wider, die entgegen modernen
Hörgewohnheiten nicht stereophon, sondern ausschließlich monophon ertönt. EIN LEBEN ist ein sehr ruhiger, dafür
aber umso deprimierender Film, nach dessen Besuch man die eigene Misere vermutlich als Lappalie abtun wird.
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Sonntag, 01. April 2018 Einmal quer durch Amerika und von Lummerland ans Ende der Welt Meine Strategie, um Aprilscherzen nicht auf den Leim zu gehen: eisern Filme schauen THE KING – MIT ELVIS DURCH AMERIKA (1:2.35, 5.1) OT: The King Verleih: Arsenal Land/Jahr: USA 2017 Regie: Eugene Jarecki Kinostart: 19.04.2018
Was ist aus dem amerikanischen Traum geworden? Ist aus dem Traum vielleicht schon ein Alptraum geworden? In
seinem dokumentarischen Roadtrip quer durch die Vereinigten Staaten versucht Filmemacher Eugene Jarecki Amerika
zu entdecken – im Rolls Royce von Elvis, der Rock’n Roll Legende, der wie kein anderer vor ihm dieses Land geprägt
hat. Auf der Rückbank der Nobelkarosse nehmen nicht nur Promis wie Alec Baldwin oder Ethan Hawke Platz, sondern
auch Weggefährten des “King” und sinnieren über Elvis und über das Land, in dem er zu dem wurde was er war. Mit
einem wahren Füllhorn an Archivmaterial und Filmausschnitten lässt Jarecki noch einmal Aufstieg und Fall des Elvis
Presley Revue passieren und etabliert damit eine Metapher für den gegenwärtigen Zustand seines Landes, das mit der
Ära Trump in eine ziemlich prekäre Zukunft abzudriften droht. Mit wuchtigen Bildern wie geschaffen für die
CinemaScope-Bildwand und einer Auswahl an musikalischen Darbietungen auf dem Rücksitz von Elvis‘ Royce lässt
Jarecki noch einmal die vergangenen 70 Jahre im Schnelldurchlauf aufleben. Sein Dokumentarfilm hat echte Power,
bietet viel Emotionen und bereitet dadurch großen Spaß. Unbedingt im Kino anschauen! JIM KNOPF UND LUKAS DER LOKOMOTIVFÜHRER (1:2.35, DD 5.1 + 7.1 + Atmos) Verleih: Warner Land/Jahr: Deutschland 2018 Regie: Dennis Gansel Darsteller: Solomon Gordon, Henning Baum, Annette Frier, Christoph Maria Herbst, Uwe Ochsenknecht, Rick Kavanian Kinostart: 29.03.2018
Das dunkelhäutige Findelkind Jim Knopf macht sich gemeinsam mit Lukas und dessen Lokomotive Emma auf den Weg,
um das Geheimnis um Jims Herkunft zu lüften... “Wenn das zwei Lokomotivführer nicht fertigbringen, wer dann?” fragt
der kleine Jim Knopf seinen großen Freund Lukas, den Lokomotivführer – und schon stecken die beiden im größten
Abenteuer ihres Lebens! Ach was haben wir als Kinder in den 1960er Jahren mitgefiebert, als die Augsburger
Puppenkiste sich daran machte, Michael Endes Fantasyroman in kleinen Portionen über die deutschen Bildschirme zu
jagen. Grund genug, sich jetzt die Live Action Verfilmung reinzuziehen. Dennis Gansel, bekannt für deutsches
Genre-Kino a la WIR SIND DIE NACHT, hat sie groß in Szene gesetzt – in Deutschland, Australien und Südafrika –
und wird der Vorlage im Kern gerecht. Mit erheblichem tricktechnischen Aufwand sind so Lummerland, Mandala,
Kummerland oder auch Drachendame Frau Mahlzahn entstanden – zum Greifen nah. Natürlich ist das jetzt so viel
realistischer (und daher vielleicht für kleine Kinder manchmal fast schon zu gruselig!), aber für Phantasie, wie sie bei
der Inszenierung mit den Augsburger Marionetten gefordert wird, ist sehr viel weniger Platz. Mit 110 Filmminuten
schießt das Werk am Ende gar übers Ziel hinaus. Der Film beginnt extrem behäbig zu werden, es fehlt ihm an Pep. Mit
Solomon Gordon und Henning Baum hat Gansel aber auf jeden Fall ein tolles Protagonistenduo gefunden, das den Film
trägt. In technischer Hinsicht enttäuscht die Tonspur leider ein wenig. Sie nutzt viel zu selten die Möglichkeiten, die das
neue Dolby Atmos Tonsystem bietet. Insbesondere auszumachen an der Filmmusik, der die räumliche Plastizität fehlt.
Aber vielleicht war dies auch erklärte Absicht, um die zumeist jungen Zuschauer nicht zu überfordern.
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