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Montag, 30. September 2019 Eine Star-Architektin tickt aus Vielleicht haben wir heute schon gleich einen Oscar-Kandidaten gesehen... BERNADETTE (1:1.85, DD 5.1) OT: Where’d You Go, Bernadette Verleih: Universum Film (DCM) Land/Jahr: USA 2019 Regie: Richard Linklater Darsteller: Cate Blanchett, Billy Crudup, Kristen Wiig Kinostart: 21.11.2019
Einst war Bernadette die ungekrönte Star-Architektin, jetzt ist sie auf die Rolle von Hausfrau und Mutter geschrumpft.
Ein Umstand, unter dem insbesondere ihre Psyche leidet. Das wiederum färbt sich auf ihren Mann und die gemeinsame
Tochter ab. Dennoch unterstützt Letztere ihre Mutter nach wie vor mit Inbrunst. Als die Situation zu eskalieren beginnt
und Bernadette vorübergehend in eine Anstalt eingewiesen werden soll, ist sie plötzlich verschwunden. Doch unbeirrt
weiß ihre Tochter sofort, wo sie gemeinsam mit ihrem Vater auf die Suche gehen muss... Mit wirklich glänzenden
Darstellern erzählt Regisseur Richard Linklater die Geschichte einer Familie, die auseinanderzubrechen droht.
Insbesondere die Darstellerleistung von Cate Blanchett sticht heraus, die damit einen Oscar-Anspruch in den Ring wirft.
In der Rolle der Heldin, die dem Familienalltag entflieht und die sich in der Antarktis neu finden möchte, spielt sie
absolut souverän. Auch Neuentdeckung Emma Nelson als ihre Tochter begeistert und macht damit klar, dass man in
Zukunft noch mehr von ihr sehen wird. Dass es in Linklaters Film nicht beim vollkommen depressiven Drama bleibt,
sondern dieses durch einen ganz feinsinnigen Humor aufgebrochen wird, ist die große Stärke von Drehbuch und
Inszenierung. Obendrein liefert Shane F. Kelly im letzten Drittel beeindruckende Bilder vom ewigen Eis und beweist
auch sonst ein gutes Händchen für die Optik. Drama, Witz, Gefühl – Linklater packt alles in diesen kleinen, aber feinen
Film, den man sich am besten im englischen Original anschauen sollte.
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Mittwoch, 25. September 2019 Unsere Fehler machen uns einzigartig Ein schönes Doppelprogramm zum Abschluss der Presse-Woche DIE SCHÖNSTE ZEIT UNSERES LEBENS (1:2.35, 5.1) OT: La Belle Époque Verleih: Constantin Land/Jahr: Frankreich 2019 Regie: Nicolas Bedos Darsteller: Daniel Auteuil, Guillaume Canet, Fanny Ardant, Dora Tillier Kinostart: 28.11.2019
Victor ist genau das, was man unter einem “Grumpy Old Man” versteht: ewig mürrisch, freudlos, desillusioniert. Kein
Wunder, dass ihn seine Frau Marianne auf die Straße setzt. Um ihm zu helfen, hat Sohn Maxime eine Idee: er schenkt
seinem Vater einen Gutschein für eine “Zeitreise”. Die wird im gigantischen Studio seines Freundes Antoine realisiert,
der dort zahlungskräftigen Kunden eine Reise zurück in der Zeit ermöglicht. Victor lässt sich darauf ein und weiß auch
schon genau, wohin er reisen möchte: zu genau jenem Tag im Jahre 1974, an dem er die Liebe seines Lebens traf...
Nicolas Bedos Romantikkomödie zeichnet sich nicht nur durch seien hübsche Grundidee der Zeitreise aus, sondern auch
durch die pointierten Dialog-Duelle, die sich die Protagonisten gegenseitig an den Kopf werfen. Längst verschüttete
Gefühle werden wieder reaktiviert, womit der Film ein ganz klein wenig an Douglas Trumbulls SciFi-Thriller
OPERATION BRAINSTORM erinnert. Daniel Auteuil läuft zur Hochform auf, wenn er sich allmählich vom
Miesepeter wieder in den charmanten Beau verwandelt, der er einst war. Mit einer jungen Schönheit wie Dora Tillier in
der Rolle der Margot an seiner Seite ist das auch kein Wunder! Genau der richtige Film für ein etwas reiferes Publikum,
das den Reiz der Romantik noch nicht verlernt hat.
UGLYDOLLS(1:1.85, 5.1) OT: UglyDolls Verleih: Tobis Land/Jahr: China, Kanada, USA 2019 Regie: Kelly Asbury Darsteller: Lizzo, Adam Fogelson Kinostart: 03.10.2019
UglyVille ist ein wahrhaftig bunter Ort mit wahrhaftig schillernden Bewohnern. Die wissen allerdings nichts davon, dass
sie allesamt Ausschussware der Puppenindustrie sind. So träumt die pinkfarbene Moxy schon immer davon, eines Tages
endlich in den Armen eines Kindes zu landen, das sie innig lieben wird. Es vergeht Tag um Tag, ohne dass Moxys
Wunsch in Erfüllung geht. Eines Tages beschließt die mutige Moxy, die Sache selbst in die Hand zu nehmen.
Gemeinsam mit ein paar Freunden machen sich die Kuscheltiere auf den Weg in die weite Welt. Der führt sie durch eine
lange dunkle Röhre in das “Institut der Perfektion”, wo sie es mit dem Puppenschönling Lou zu tun bekommen...
“Unsere Fehler sind es, die uns einzigartig machen!”, sagt die zahnlückenbehaftete Moxy einmal während des Films und
fasst damit sehr schön zusammen, um was es eigentlich geht. Diversität ist gefragt und nicht die auf optische Perfektion
getrimmte äußere Hülle, hinter der sich Viele verstecken. Diese schöne Botschaft gibt der Film ganz behutsam an seine
kleinen (und auch großen!) Zuschauer weiter. Natürlich vermengt mit der notwendigen Action, um das Publikum auch
bei Laune zu halten. Dazu gibt es fetzige Songs, die Kelly Asburys Computeranimationsfilm fast schon zu einem
Musical werden lassen. Die Orchestermusik von Christopher Lennertz mit großem Chor und Orchester liefert dazu Film
den perfekten emotionalen Unterbau. Es gibt nur eine Sequenz, die für kleinere Kinder zu heftig sein könnte: wenn
Moxy und ihre Freunde im Schredder landen! Diese Szene wurde für die deutsche Fassung in der Tonmischung
abgemildert, um eine möglichst tiefe FSK-Einstufung zu erhalten, wie uns die nette Dame vom Filmverleih erzählte.
Tonpuristen sei daher schon jetzt die amerikanische Originalversion des Films empfohlen, die vermutlich nicht in
deutschen Kinos zu sehen sein wird, aber spätestens mit der DVD- bzw. Blu-ray-Veröffentlichung zur Verfügung steht.
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Dienstag, 24. September 2019 Die Mutter des Pianisten Heute gab es den neuen Film vom OH BOY Regisseur zu sehen LARA (1:2.35, 5.1) Verleih: Studiocanal Land/Jahr: Deutschland 2019 Regie: Jan-Ole Gerster Darsteller: Corinna Harfouch, Tom Schilling, André Jung Kinostart: 07.11.2019
Es ist Laras 60. Geburtstag. Die von ihrem Mann getrennt lebende Frau hat an diesem Tag nur ein Ziel: dafür zu sorgen,
dass das Konzert ihres Sohnes am selben Abend ein Erfolg wird. So kauft sie beispielsweise alle noch verfügbaren
Tickets auf und verschenkt sie wahllos – an ehemalige Kolleginnen oder an vollkommen fremde Personen. Nach und
nach wird jedoch klar, dass ihr Beweggrund ein ganz anderer ist. Nicht ohne Grund ist ihr Sohn aus der Wohnung
ausgezogen und hat Unterschlupf bei ihrer Mutter gefunden... Sie wacht auf. Der Morgen ist gerade angebrochen. Sie
schaut aus dem Fenster, öffnet es, holt einen Stuhl, steigt hinauf und setzt zum Sprung an. Just in dem Moment klingelt
es an Laras Wohnungstür: es ist die Polizei. Jedoch nicht wegen ihr, sondern weil sie bei einer Wohnungsdurchsuchung
nebenan als Zeugin beiwohnen soll. Mit dieser wunderbaren Eröffnungssequenz meldet sich Regisseur Jan-Ole Gerster
wieder auf der Leinwand zurück, wo er sieben Jahre zuvor mit seinem Film OH BOY einen grandiosen Erfolg feierte.
War es seinerzeit eher noch eine Komödie, so handelt es sich jetzt um ein echtes Drama. Zentrale Figur ist die von
Corinna Harfouch exzellent dargestellte Lara, Mutter eines Pianisten, der kurz vor dem großen Durchbruch steht. Etwas
was ihr damals nicht gelungen ist. Denn auch sie wollte einst eine große Pianistin werden, scheiterte jedoch letztendlich
an ihren eigenen Ansprüchen. Und genau das möchte sie ihrem begabten Sohn (perfekt zurückhaltend von Tom
Schilling gespielt) ersparen. Oder besser: ihm soll auch nicht gelingen, was ihr nicht gelang! Lara hat sich durch ihre
Verhaltensweise voll ins Abseits gestellt, was Harfouch mit einem zutiefst verhärmten Gesicht widerspiegelt. Oft rücken
sie die CinemaScope-Bilder von Frank Griebe in vollkommene Isolation (beispielsweise wenn sie mit der Rolltreppe
fährt), wodurch ihr Gemütszustand unterstrichen wird. Auch die Nebenrollen hat Gerster mit wunderbaren, sehr
authentisch agierenden Darstellern besetzt. So entsteht das Psychogramm einer nicht sonderlich liebenswerten Mutter,
von Corinna Harfouch mit dem Mut zur Hässlichkeit grandios verkörpert. Sehenswertes Arthouse-Kino.
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Montag, 23. September 2019 Wir brauchen neue Lebenskonzepte! Zur Einstimmung in die Woche ein Dokumentarfilm, der Denkanstöße liefert BUT BEAUTIFUL – NICHTS EXISTIERT UNABHÄNGIG (1:1.85, 5.1) Verleih: Pandora Land/Jahr: Österreich 2019 Regie: Erwin Wagenhofer Kinostart: 14.11.2019
Ist Geld wirklich alles? Oder gibt es noch andere Möglichkeiten zu existieren? In seinem neuen Dokumentarfilm
konzentriert sich Filmemacher Erwin Wagenhofer auf positive Beispiele die zeigen, das es durchaus andere
Lebenskonzepte gibt, die sich mehr am Menschen und seiner Umwelt orientieren als am Konsum und die dazu noch so
angelegt sind, dass das Wohlbefinden für Mensch und Natur gleichermaßen funktioniert. Da gibt es beispielsweise die
“Solar-Moms”, die ohne Schulbildung trotzdem Solaranlagen für Dörfer auf der ganzen Welt bauen (“Man braucht kein
Stück Papier, das man sich an die Wand hängt und das einem sagt, dass man Ingenieur ist!”). Oder das Ehepaar Graf,
das aus einem Ödland auf La Paloma eigenhändig in eine blühende Landschaft verwandelt haben und die ihnen
inzwischen alles liefert, was sie für ihren eigenen Bedarf benötigen. Oder jener Förster aus Leidenschaft, der gemeinsam
mit einem Team Holzhäuser ohne jegliche Chemie herstellt – Häuser, die keine Heizung benötigen. Auch Musiker
gehören zu Wagenhofers filmischem Mikrokosmos, vermitteln sie doch den Klang der Schönheit. Einen ganz
prominenten Zeitgenossen hat er ebenfalls vor die Kamera geholt: den Dalai Lama, der mit dem Schalk im Nacken
weise Worte spricht: “Wir müssen unsere Denkweise grundlegend ändern!”. Wagenhofers Film gibt dazu positive
Anstöße zum Nachdenken.
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Donnerstag, 19. September 2019 Von Schuld und Vergebung Zum Wochenabschluss gab es Ware aus China BIS DANN, MEIN SOHN (1:1.85, 5.1) OT: Di Jiu Tian Chang Verleih: Piffl Land/Jahr: China 2019 Regie: Wang Xiaoshuai Darsteller: Yong Mei, Wang Jingchun Kinostart: 14.11.2019
Das Leben zweier befreundeter Familien wird aus der Bahn geworfen, als der Sohn der einen Familie bei einem Unfall
ums Leben kommt, an dem der gleichaltrige Sohn der anderen Familie beteiligt war... In epischer Breite (185 Minuten
Spielzeit!) und nichtlinear erzählt Wang Xiaoshuais Film von Schuld und Vergebung und davon, wie Schicksalsschläge
das gesamte Leben beeinflussen können. Gleichzeitig schildert er aber auch die gesellschaftlichen und politischen
Umbrüche, die China im Verlauf von drei Jahrzehnten durchläuft. Bewegendes, sehr gut besetztes Kino, das einen nicht
kalt lässt.
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Mittwoch, 18. September 2019 Macht was aus Eurem Leben! Wochenmitte = Komödienzeit BOOKSMART (1:2.35, DD 5.1) OT: Booksmart Verleih: Weltkino Land/Jahr: USA 2019 Regie: Olivia Wilde Darsteller: Beanie Feldstein, Kaitlyn Dever, Billie Lourd Kinostart: 14.11.2019
Am Vorabend ihres Highschool-Abschlusses müssen die besten Freundinnen und Klassenbeste Molly und Amy
erkennen, dass vor lauter Bücher büffeln ganz vergessen haben zu leben. Also beschließen die beiden Teenager, alles
Verpasste in einer einzigen Nacht nachzuholen... FERRIS BUELLER’S DAY OFF trifft auf ADVENTURES IN
BABY-SITTING – so in etwa lässt sich Olivia Wildes Regiedebüt umreissen. Für einen amerikanischen Film ist ihre
Komödie sehr offen und fortschrittlich, hat sie doch tatsächlich mit der Figur der Amy ein lesbisches Mädchen in eine
der beiden Hauptrollen gesteckt. Bei allen guten Ansätzen, die Wildes Komödie mit sich bringt, ist es jedoch schade,
dass allzu oft unter die Gürtellinie geschossen wird. Vermutlich aber trifft sie damit den Geschmack der heutigen
Generation, die kein Blatt mehr vor den Mund nimmt. “Macht was aus Eurem Leben, bevor es zu spät ist!”, lautet die
unmissverständliche Botschaft dieser oft sehr überdrehten Komödie, die von zwei wunderbaren Darstellerinnen getragen
wird.
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Dienstag, 17. September 2019 Der zornige alte Mann Erstes Pressedoppel der neuen Woche ZWISCHEN UNS DIE MAUER (1:1.85, 5.1) Verleih: Alpenrepublik Land/Jahr: Deutschland 2019 Regie: Norbert Lechner Darsteller: Lea Freund, Tim Bülow, Franziska Weisz Kinostart: 03.10.2019
1986 lernen sich die 17jährige Anna aus Westdeutschland und der rebellische Pfarrerssohn Philipp aus Ostdeutschland
beim Begegnungstreffen zweier Jugendgruppen in Ost-Berlin kennen und verlieben sich ineinander. Ihr gemeinsames
Glück wird jedoch durch die innerdeutsche Mauer auf schwere Bewährungsproben gestellt... Ob das Budget für diesen
Liebesfilm tatsächlich so klein war, dass immer nur dieselbe Straße für Ost-Berlin herhalten musste? Etwas mehr
Abwechslung hätte dem Film ganz sicher gut gestanden. Aber auch sonst lässt er zu wünschen übrig: die Filmmusik
versucht ständig, auch noch die allerletzte Träne aus den Augen der Zuschauer zu drücken. Das ist ziemlich penetrant
und macht das deutsch-deutsche Liebesabenteuer dadurch recht nervig. Wenigstens geben Lea Freund und Tim Bülow
in den Rollen der Liebenden ihr Bestes, um überzeugend zu sein, was man von ihren Film-Eltern nicht unbedingt
behaupten kann. Auch erscheint die wenig differenzierte Darstellung der “Bösen” etwas zu flach. Wer dramatische
Teenager-Liebesfilme zu Zeiten der DDR mag, dem könnte Norbert Lechners Film vielleicht tatsächlich gefallen. Allen
anderen sei er nicht unbedingt empfohlen.
RAMBO: LAST BLOOD (1:2.35, DD 5.1 + 7.1 + Atmos) OT: Rambo: Last Blood Verleih: Universum Film (Walt Disney) Land/Jahr: USA 2019 Regie: Adrian Grunberg Darsteller: Sylvester Stallone, Paz Vega, Sergio Peris-Mencheta Kinostart: 19.09.2019
Als seine Ziehtochter in die Hände eines äußerst brutalen mexikanischen Mädchenhändlerrings gerät, kennt John Rambo keine
Gnade mehr. Ein letztes Mal werden die Messer gewetzt... Mit 73 will er es nochmals wissen: zum fünften Mal
schlüpft Sylvester Stallone in jene Rolle, die ihn unsterblich machte – John Rambo, der gebrochene Vietnamveteran.
Letzteres aber hat er spätestens mit dem zweiten Teil abgelegt, als es nur noch darum ging, niedere Instinkte beim
Publikum anzusprechen und Gewaltorgien in den Fokus zu rücken. Auch Teil 5 bildet hier keine Ausnahme. Es tut fast
schon weh mit anzuschauen, wie sich Stallone alias John Rambo in der ersten halben Stunde des Films als perfekten
Gutmenschen inszenieren lässt, der sich nur um seine Ziehtochter sorgt. Natürlich mit der Absicht, dass die
nachfolgende Gewaltorgie vollkommen gerechtfertigt ist! “John Rambo makes America great again”, hört man den
amerikanischen Präsidenten in Gedanken sagen. Ja, das würde Stallone sicher gefallen. RAMBO: LAST BLOOD hat
verdammt viele Gewaltspitzen, die schamlos ausgekostet werden. Ob es nun das gebrochene Schlüsselbein ist, mit dem
Rambo sein Opfer quält oder das herausgeschnittene und mit bloßen Händen herausgerissen Herz seines Widersachers
ist – die Kamera hält wirklich lange drauf! Abgesehen von der bombastischen Tonspur gibt es in diesem Film nur noch
ein Highlight: Jerry Goldsmiths Originalthema wird von Komponist Brian Tyler in seinem Score für dieses Machwerk
aufgegriffen. Zu hoffen bleibt, dass der zornige alte Mann jetzt endlich in den wohlverdienten Ruhestand abschwirrt!
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Donnerstag, 12. September 2019 Barbie-Elfen im Kampf um Gut gegen Böse Die einzige Pressevorführung in dieser Woche lockte mich ins Reich der Elfen BAYALA – DAS MAGISCHE ELFENABENTEUER (1:1.85, 5.1) OT: Bayala Verleih: Universum Film (Walt Disney) Land/Jahr: Deutschland, Luxemburg 2019 Regie: Aina Järvine, Federico Milella Kinostart: 24.10.2019
Bayala war einst ein wundervolles Elfenreich, in dem Elfen und Drachen in friedlicher Koexistenz lebten. Doch dann
übernahm eine böse Schattenelfe das Ruder und das Land beging zu welken, die Drachen verschwanden. Als jedoch
plötzlich wieder ein Drachen gefunden wird, schöpfen die guten Elfen Hoffnung und setzen nun alles daran, die
Schattenelfe zu entthronen... Das sich an Kinder im Grundschulalter richtende computeranimierte Märchen um den
Kampf von Gut gegen Böse überzeugt insbesondere durch seine ambitionierte Filmmusik, die die technischen
Unzulänglichkeiten der Animation mehr als wett macht. Dass die im teils recht spannend erzählten Abenteuer
auftretenden weiblichen Elfen stets wie Barbie-Puppen aussehen, stößt etwas negativ auf. Damit wird dem Zielpublikum
leider wieder einmal eine recht zweifelhafte Botschaft geschickt. Die Filmindustrie zeigt sich hier entwicklungsresistent.
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Montag, 09. September 2019 Mädchenfreundschaft Heute war mal wieder Streaming-Time... SCHWIMMEN (1:2.35, 5.1) Verleih: UCM.ONE Land/Jahr: Deutschland 2018 Regie: Luzie Loose Darsteller: Stephanie Amarell, Lisa Vicari, Alexandra Finder Kinostart: 12.09.2019
Ausgerechnet im Duschraum des Hallenbads wird die 15jährige Elisa von einer Ohnmacht befallen. Ihre Mitschüler
nutzen ihre hilflose Lage schamlos für Handyfotos aus. Einzig die 16jährige Anthea eilt ihr zu Hilfe. Die beiden
Mädchen werden zu besten Freundinnen und beschließen, sich für die Fotoaktion zu rächen – mit denselben Mitteln.
Dadurch aber setzen sie ungewollt Ereignisse in Gang, die kein gutes Ende ahnen lassen... Luzie Looses Jugenddrama
führt in die Welt heutiger Teenager, die zu jener Generation gehören, die mit Facebook, Instagram, YouTube und Co.
aufgewachsen sind und sich in der digitalen Welt oft wohler fühlen als in der Wirklichkeit. Für Elisa und Anthea trifft
dies zu: Elisas Eltern leben in Scheidung und Antheas Vater schlägt allzu gern über die Stränge. Trotz der
leinwandfüllenden CinemaScope-Bilder bleibt Kamerafrau Anne Bolick immer ganz dicht bei den Protagonisten, ganz
besonders, wenn sich Elisas plötzliche Ohnmachtsanfälle ankündigen. Dadurch wird eine Intimität geschaffen, die den
Zuschauer zum Komplizen der beiden Mädchen werden lässt. Durch Perspektivwechsel sieht der Zuschauer auch, was
die Mädchen mit ihren Handys aufnehmen. Immer wieder verschmälert sich das breite Bild dafür auf das handytypische
Format. Stephanie Amarell und Lisa Vicari machen ihre Sache großartig. Man nimmt ihnen die beiden Teenager im
aufwühlenden Alter wirklich ab. Eine ganz behutsam eingesetzte Filmmusik unterstreicht das authentische Feeling, das
Looses Film vermittelt. Ein bemerkenswertes Langfilmdebüt.
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Sonntag, 08. September 2019 Neues vom Verlierer-Club Nachsitztermin am Sonntagnachmittag ES: KAPITEL 2 (1:2.35, DD 5.1 + 7.1 + Atmos) OT: It: Chapter Two Verleih: Warner Land/Jahr: USA 2019 Regie: Andy Muschietti Darsteller: Bill Skarsgård, James McAvoy, Jessica Chastain Kinostart: 05.09.2019
27 Jahre nach den Ereignissen in Derry finden sich die Mitglieder des “Verlierer-Clubs”, inzwischen alle erwachsen und
in alle Welt verstreut, wieder in ihrem Heimatort zusammen, um gemeinsam gegen den wieder aktiven Killerclown
Pennywise vorzugehen... Das zweite und letzte Kapitel der Stephen-King-Verfilmung setzt genau 27 Jahre nach dem
ersten Kapitel ein, mit dessen Verfilmung ein imposanter Horrorfilm gelungen war. Leider enttäuscht der
Fortsetzungsfilm in dieser Hinsicht. Effekthascherei und monumentale visuelle Effekte statt Atmosphäre – das kann
nicht gruselig sein! Zudem erscheint der Film mit seiner Spielzeit von 170 Minuten ziemlich in die Länge gezogen. Die
einzig wirklich gelungenen, auch atmosphärisch stimmigen Szenen sind die immer wieder eingestreuten Rückblenden,
die den “Verlierer-Club” in den 1980er-Jahen zeigt. Beeindruckend: Benjamin Wallfischs epischer Score. Relativ
enttäuschend: der “Dolby Atmos”-Mix, der hinter den Erwartungen zurückbleibt.
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Freitag, 06. September 2019 Einmal Neptun und zurück Das Wochenfinale mit einem SciFi-Spektakel AD ASTRA – ZU DEN STERNEN (1:2.35, DD 5.1 + 7.1 + Atmos) OT: Ad Astra Verleih: Fox Land/Jahr: USA, Brasilien 2019 Regie: James Gray Darsteller: Brad Pitt, Tommy Lee Jones, Ruth Negga, Donald Sutherland, Liv Tyler Kinostart: 19.09.2019
In einer nahen Zukunft: Top-Astronaut Roy McBride wird in geheimer Mission von der Erde zum Neptun geschickt, um
dort Kontakt mit seinem verschollenen Vater aufzunehmen. Eine gefährliche Reise durch das Sonnensystem beginnt –
eine Reise, die Roys bisheriges Wissen in Frage stellen wird... James Grays Abenteuer im All dürfte sich einreihen in
intelligente und zeitlose Science-Fiction-Filme wie 2001 – ODYSSE IM WELTRAUM oder INTERSTELLAR,
wenngleich seine Botschaft eine ganz einfache ist und weit weniger verkopft als bei Kubrick und Nolan. Mit
erstklassigen visuellen Effekten im Stil von GRAVITY, einer atemberaubenden Tonspur (hier sollte die Dolby Atmos
Fassung bevorzugt werden), einem sphärischen Soundtrack mit Kompositionen von u.a. Max Richter und einem sehr
überzeugend aufspielenden Brad Pitt ist AD ASTRA ein absolutes Muss nicht nur für Sci-Fi-Fans. Leute, geht ins
Kino!
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Donnerstag, 05. September 2019 Aber bitte mit Sahne! Eine Bestseller-Verfilmung und ein Musical standen heute auf meinem Programm DEM HORIZONT SO NAH (1:2.35, 5.1) Verleih: Studiocanal Land/Jahr: Deutschland 2019 Regie: Tim Trachte Darsteller: Luna Wedler, Jannik Schümann, Luise Befort Kinostart: 10.10.2019
Jessica freut sich auf ihr Leben. Gerade ist sie 18 geworden, hat den Führerschein in der Tasche und einen sicheren Job
in der Catering-Firma ihrer Eltern, als sie zufällig Danny kennenlernt, einen total selbstbewussten, coolen und verdammt
gut aussehenden Typen. Es ist Liebe auf den ersten Blick. Doch unter Dannys makelloser Oberfläche schlummert ein
dunkles Geheimnis... Der auf einer wahren Geschichte beruhende Bestseller von Jessica Koch kommt jetzt auf die große
Leinwand. Tim Trachte hat ihn inszeniert und er könnte so etwas sein wie LOVE STORY 2.0. An ein jugendliches
Publikum gerichtet erzählt er von einer großen Liebe, die vom Schicksal schwer gebeutelt wurde. Mit Luna Wedler (die
bereits in DAS SCHÖNSTE MÄDCHEN DER WELT beeindruckte) und Jannik Schühmann (ebenfalls bereits mit
Kinoerfahrung) hat Trachte eine Traumbesetzung gefunden, mit der sich das Junge (und jung gebliebene) Publikum
identifizieren kann. Mit gut ausgewählten Songs unterlegt und durch eine sehr schöne, instrumentale Filmmusik ergänzt,
vermag der Film in den entscheidenden Szenen emotional anzusprechen. Dabei reicht der Bogen von unbeschwerter
Lebensfreude bis hin zu unendlicher Trauer. Vom Einspielergebnis dieses Films wird es wohl abhängen, ob auch die
beiden anderen Bücher aus der sogenannten “Danny”-Trilogie von Jessica Koch verfilmt werden. Wer
Herz-Schmerz-Kino mag, der dürfte bei dieser wahren Geschichte (mit all ihren Klischees – im positiven Sinn) gut
aufgehoben sein.
ICH WAR NOCH NIEMALS IN NEW YORK (1:2.35, DD 5.1 + 7.1 + Atmos) Verleih: Universal Land/Jahr: Deutschland, Österreich 2019 Regie: Philipp Stölzl Darsteller: Heike Makatsch, Moritz Bleibtreu, Katharina Thalbach, Uwe Ochsenknecht Kinostart: 17.10.2019
Die erfolgsverwöhnte TV-Moderatorin Lisa Wartberg hat nur eins im Sinn: ihre Karriere. So vernachlässigt sie auch
ihre alte Mutter, die nach einem Sturz ihr Gedächtnis verliert und fortan nur eines ganz sicher weiß: dass sie noch
niemals in New York war. Heimlich verlässt sie das Krankenhaus und schmuggelt sich als blinder Passagier auf ein
Kreuzfahrtschiff mit dem Ziel New York. Als man ihre Tochter informiert, setzt die alle Hebel in Bewegung, um Mama
zu finden. Tatsächlich entdecken ihr Maskenbildner Fred und Lisa die alte Dame auf der MS Maximiliane. Als sie mit
ihr von Bord gehen wollen, ist es bereits zu spät: das Schiff hat abgelegt. Als der Kapitän die blinden Passagiere
entdeckt, werden sie zu Putzdiensten verdonnert. Dadurch lernt Lisa den Mathematiker Axel Staudach kennen. Die
Liebe nimmt ihren Lauf... Kann deutsches Kino Musical? Wohl eher nicht, wie man Philipp Stölzls Verfilmung des
Erfolgsmusicals mit Songs von Udo Jürgens leicht ansehen kann. Es gibt zwar gute Ansätze, wie etwa das Duett
zwischen Moritz Bleibtreu und Heike Makatsch, das etwas an Ryan Goslings und Emma Stones Tanznummer aus LA
LA LAND erinnert, doch ansonsten scheint hier alles drunter und drüber zu gehen und wirkt recht konfus. Der gesamten
Inszenierung haftet zudem noch ein Bühnencharakter an, Außenaufnahmen werden alibimäßig einmontiert. In mir
zumindest weckte diese Art der Inszenierung Erinnerungen an die deutsche TV-Serie SERGEANT BERRY mit
Klaus-Jürgen Wussow, in der die Schauspieler vor gefilmten amerikanischen Hintergründen agieren mussten. Die
Aufnahmen in New York, die die letzten 15 Minuten des Films bestreiten, wirken zumindest extrem künstlich. Bleibt
noch anzumerken, dass die Handlung gegenüber der Bühnenversion erheblich verändert wurde. Die Musik indes ist
freilich mitreissend, wenn man die Udo Jürgens Klassiker mag (die man dann auch im Kopf mitsingt!). Ob es daran lag,
dass uns in der heutigen Pressevorführung eventuell nur eine vorläufige Fassung präsentiert wurde, lässt sich nicht
feststellen. Fakt war, dass der Film zumindest in der ersten Hälfte mit massiven Tonproblemen zu kämpfen hatte. Die
Dialoge waren kaum zu verstehen und die Songs nur bedingt. Zu hoffen ist, dass wenigstens die “Dolby Atmos”-Version
besser klingen wird als die 5.1-Abmischung, die uns gezeigt wurde.
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Mittwoch, 04. September 2019 Girls and Sharks Leicht bekleidete Mädchen und bissige Haie – ein todsicheres Rezept? 47 METERS DOWN: UNCAGED (1:2.35, 5.1) OT: 47 Meters Down: Uncaged Verleih: Concorde Land/Jahr: Großbritannien, USA 2019 Regie: Johannes Roberts Darsteller: Sophie Nélisse, Corinne Foxx, Brianne Tju Kinostart: 10.10.2019
Vier weibliche Teenager machen sich auf zu einem einsamen, versteckten Gewässer mitten in einem mexikanischen
Waldgebiet in Küstennähe, um den Nachmittag mit süßem Nichtstun zu genießen. Als eine von ihnen erzählt, dass es
hier den Eingang zu einer Unterwasserhöhle gibt, mittels der Archäologen Zugang zu einer überfluteten Maya-Stadt
gefunden haben, beschließen die Mädchen sich das genauer anzuschauen. Mit den am See deponierten Taucheranzügen
machen sie sich auf in das Unterwasserreich. Was sie allerdings noch nicht ahnen: ein riesiger Hai beansprucht das
Gelände für sich... 2017 gelang Regisseur Johannes Roberts mit 47 METERS DOWN ein beachtlicher
Überraschungserfolg. Denn obwohl sein Film mit massiven Timing-Problemen bestückt war, machte er richtig Kasse.
Damit war es eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis eine Fortsetzung ins Kino kommen würde. Wobei der neue Film
keine direkte Fortsetzung darstellt. Denn außer den Locations (Mexico) und den Haien gibt es hier keine
Gemeinsamkeiten. Und Roberts hat inzwischen offensichtlich dazugelernt. Timing-Probleme dominieren heuer nicht,
jedoch bereitet der Film anderswo Zahnschmerzen. Das Crossover zwischen THE DESCENT und JAWS macht es dem
Zuschauer nicht leicht, etas auf der Leinwand zu erkennen. Das liegt natürlich daran, dass sich der überwiegende Teil
des Films in einer Unterwasserhöhle abspielt. Einzige Lichtquellen sind hier die Taschenlampen der Taucherinnen. Und
Letztere sind gleich das zweite Problem: man weiß einfach nie, wird denn nun wer ist. In schweres Tauchergerät gepackt
sind die vier Mädchen beliebig austauschbar. Allerdings hat man sowieso schon das Interesse an den Schönheiten
verloren, weil deren Charaktere gar nicht erst vertieft werden. So bleiben sie nichts weiter als schöne Oberflächen und
Fischfutter für die Haie. Richtig gruselig wird es aber nie. Die Schockeffekte kündigen sich rechtzeitig an und probieren
holzhammermäßig immer wieder, mittels der Tonspur das Publikum zu erschrecken. Diese ewigen Wiederholungen
stumpfen den Betrachter natürlich schnell ab und so bleibt leider nicht viel übrig was anzuschauen sich lohnen würde.
Ein Hai-Light, jedoch kein Highlight.
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Dienstag, 03. September 2019 Von Cowboys, Hunden und Royals Heute mal wieder ein Triple-Feature – eine gute Vorbereitung für das Fantasy Filmfest, bei dem Triples als die kleinste Einheit gelten BRUDER SCWESTER HERZ (1:2.35, 5.1) Verleih: Kinostar Land/Jahr: Deutschland 2019 Regie: Tom Sommerlatte Darsteller: Sebastian Fräsdorf, Karin Hanczewski, Wolfgang Packhäuser Kinostart: 10.10.2019
Gemeinsam bewirtschaften die Geschwister Franz und Lilly die elterliche Rinderzuchtfarm. Während Franz sein
Cowboy-Dasein liebt, sehnt sich Lilly nach Veränderung. In Chris, dessen Band beim Sommerfest auftritt, sieht sie ihre
Chance auszubrechen. Das aber gefällt Franz gar nicht, der ziemlich eifersüchtig auf ihre Romanze reagiert. Der sich
anbahnende Streit droht die Geschwister zu entzweien... Wie schon in seinem vorherigen Film IM SOMMER
WOHNT ER UNTEN stellt Drehbuchautor und Regisseur Tom Sommerlatte die Beziehung zweier Geschwister in den
Mittelpunkt seiner Geschichte. Waren es seinerzeit zwei zerstrittene Brüder, so sind es jetzt Bruder und Schwester, die
ein Herz und eine Seele sind. Zumindest am Anfang. Ihre Beziehung bekommt einen Knacks, als sich ihre
unterschiedlichen Lebensentwürfe herausschälen. Leider verläuft Sommerlattes Film weitestgehend ohne richtige
Höhepunkte, d.h. es gibt keinen echten Spannungsbogen. So plätschert der Film dahin wie ein lauer Sommertag. Zudem
ergeht sich die Dramödie etwas zu sehr der Cowboy-Romantik. So gewinnt man hier den Eindruck, dass Rinderzucht
mit übermäßigem Whiskey-Konsum zuhause und in der Kneipe einhergeht und die Jungs nach getaner Arbeit Western
im Fernsehen anschauen. Sebastian Fräsdorf und Karin Hanczewski geben zumindest ihr bestes, um das innige
Geschwisterpaar überzeugend darzustellen. Den perfekten Kinoabend bestreitet der Film jedoch nur mit
Einschränkungen.
ENZO UND DIE WUNDERSAME WELT DER MENSCHEN (1:1.85, DD 5.1 + Atmos) OT: The Art Of Racing In The Rain Verleih: Fox Land/Jahr: USA 2019 Regie: Simon Curtis Darsteller: Milo Ventimiglia, Amanda Seyfried, Ryan Kieran Armstrong Kinostart: 03.10.2019
Als sich der aufstrebende Formel-1 Fahrer Denny Swift eines Hundewelpen annimmt, ist dies der Beginn einer
wundervollen Freundschaft, die alle Höhen und Tiefen des Lebens gemeinsam meistern wird. Enzo, so der Name des
Hundes, gehört neben seiner Frau Eve und dem Töchterchen Zoe zu den drei großen Lieben in Dennys aufregendem
Leben, das ähnlich turbulente Zeiten durchleben wird wie Dennys Leben auf der Piste... Hunde sind auch nur Menschen.
So scheint es zumindest in dem von Simon Curtis nach dem Roman von Garth Stein inszenierten Drama, das die Welt
der Menschen aus dem Blickwinkel des Vierbeiners Enzo schildert. Seine Sichtweise auf die Dinge und die sich daraus
ergebenden Fragen über das Leben hören wir als Kommentar aus dem Off (im Original von Kevin Costner
eingesprochen). Wer nah am Wasser gebaut ist, der sollte sich vor dem Kinobesuch mit einem Taschentuch bewaffnen:
es werden Tränen fließen. Bei den Einen vielleicht mehr, bei den Anderen etwas weniger, aber Curtis‘ Dramaturgie kann
sich niemand entziehen. Der Film thematisiert das Leben an sich mit seinen vielen Facetten, auch solchen, in denen es
(im übertragenen Sinn) regnet. Wer die Kunst beherrscht, auch auf nasser Rennstrecke sein Auto zu beherrschen, dem
kann das Leben nichts anhaben. “The Art of Racing in the Rain” lautet daher auch der Originaltitel des Films, der den
Kern der Geschichte wesentlich besser trifft als der deutsche Titel. Gutes Family Entertainment.
DOWNTON ABBEY (1:2.35, DD 5.1 + 7.1 + Atmos) OT: Downton Abbey Verleih: Universal Land/Jahr: Großbritannien 2019 Regie: Michael Engler Darsteller: Hugh Bonneville, Jim Carter, Michelle Dockery, Dame Maggie Smith Kinostart: 19.09.2019
Helle Aufregung im altehrwürdigen Adelssitz Downton Abbey: royaler Besuch hat sich angekündigt! Der König und die
Königin gastieren für einen ganzen Tag im Schlösschen. Und damit auch alles reibungslos verläuft, fallen vorab die
königlichen Diener mitsamt Köchen ein und übernehmen Küche und Organisation. Will man sich im Hause Downton
das etwa gefallen lassen? Mit Nichten! Die Hausdienerschaft rottet sich zusammen und probt den Aufstand... Mit viel
Pomp und Gloria wagt nun das berühmte Schloss in Yorkshire den Sprung vom Fernsehen auf die große Leinwand.
Basierend auf der erfolgreichen TV-Serie und mit denselben Darstellern besetzt, heisst es nun Schwelgen in großartigen
Bildern, Schmunzeln über fiese Intrigen, Mitfiebern bei sich anbahnenden Liebesbeziehungen und Lachen über die
coolen, very britischen Sprüche der Maggie Smith alias Violet Crawley: “Ich streite niemals – ich erkläre!”. Die knapp
über zwei Stunden Spielzeit vergehen wie im Flug. Einzig störend in dem gesamten Mikrokosmos ist die ziemlich
aufgesetzt wirkende Geschichte zweier Diener, die sich als homosexuell outen. Vermutlich musste hier durch die
Produktion eine Quote erfüllt werden. Dass es sich bei diesem Film um eine TV-Vorlage handelt, spürt man in der Dramaturgie, die ständig zwischen den
verschiedenen Sub-Plots hin und her pendelt. Dem Vergnügen tut dies allerdings keinen Abbruch. Da sind schon eher
die vielen handelnden Personen ein Problem. Doch hat man erst einmal einen groben Überblick darüber, wer hier
eigentlich wer ist, beginnt der Genuss
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Montag, 02. September 2019 Deutsches Doppel Der Montag brachte mich zum Lachen und zum Kopfschütteln ZOROS SOLO (1:2.35, 5.1) Verleih: NFP (Filmwelt) Land/Jahr: Deutschland 2019 Regie: Martin Busker Darsteller: Mert Dincer, Andrea Sawatzki, Laurids Schürmann Kinostart: 24.10.2019
Zoro hat einen langen Weg hinter sich. Gemeinsam mit seiner kleinen Schwester und seiner Mutter hat er es in eine
Flüchtlingsunterkunft nach Deutschland geschafft. Sein Vater jedoch blieb an der ungarischen Grenze hängen. Jetzt tut
Zoro alles Legale und auch Illegale, um Geld zu sammeln, damit er seinen Vater auch nach Deutschland holen kann. Als
er erfährt, dass der örtliche christliche Knabenchor zu einem Wettbewerb nach Ungarn fährt, fasst er einen Plan: er will
Mitglied im Chor werden, um bei der Fahrt nach Ungarn seinen Vater einzusammeln. Doch der traumatisierte Zoro eckt
überall an – speziell bei Frau Lehmann, der überehrgeizigen Chorleiterin... Thematisch geht es in Martin Buskers
Spielfilm um die Integration von Flüchtlingen. Im speziellen Fall die Integration des 14jährigen Afghanen Zoro in einen
christlichen Knabenchor irgendwo im Schwäbischen. Was Drehbuch und Regie allerdings aus diesem Ansatz
entwickeln, gerät mehr als nur einmal zur Farce. Möchte der Film nun eine primitive Komödie sein oder eher ein
deprimierendes Drama über ein Flüchtlingsschicksal? Dass Busker in seinem Film beides bedient, zeugt von
Unentschlossenheit. Das führt dazu, dass man das tatsächliche Drama angesichts des sich immer wieder als Klamotte
gebenden Films nicht ernst nehmen kann und will. Zumal die Hauptfigur letztendlich fast alle Klischees auf sich
vereinigt, die man von Flüchtlingskindern haben kann. Damit bei soviel Drunter und Drüber die Emotionen nicht zu
kurz kommen, wird der Film mit großer Orchester- und Chormusik überkleistert. Da gerät dann der vielleicht 15köpfige
Knabenchor akustisch plötzlich zu einem 50-Mann-Chor! Das hier etwas nicht richtig zusammenpassen will, merkt am
Ende nicht nur der Filmkenner. Dabei ist die Musik für sich selbst betrachtet eigentlich exzellent, übererfüllt ihren
Zweck aber zu deutlich. Unabhängig davon ist das Spiel von Mert Dincer als Zoro beeindruckend, insbesondere wenn er
volles Macho-Gehabe auffährt und sich mit jedermann verbal zofft.
PETTING STATT PERSHING (1:2.1, 5.1) Verleih: NFP (Filmwelt) Land/Jahr: Deutschland 2018 Regie: Petra Lüschow Darsteller: Anna Florkowski, Florian Stetter, Christina Große Kinostart: 05.09.2019
Irgendwo in der hessischen Provinz 1983. Die 17jährige Schülerin Ursula möchte keine Jungfrau mehr sein, doch ihre
etwas korpulente Erscheinung hindert sie daran, diese zu verlieren. Nirgends gehört sie richtig dazu – weder in der
Schule noch im Haus ihrer spießigen Eltern. Da taucht ein neuer Stern an ihrem Himmel auf: der charismatische Lehrer
Siegfried Grimm, der Pazifismus predigt, stricken kann und Selbstfindungkurse gibt. Doch Ursula steht damit nicht
allein: Grimm scheint die Zuneigung aller Frauen im Dorf auf sich zu ziehen – und nutzt dies auch schamlos aus. Ursula
reicht’s – sie will jetzt nur noch Rache... Der Mief der 1980er Jahre haftet den Bildern in Petra Lüschows
schwarzhumoriger Spielfilmdebüt an. Mit einem spielfreudigen Ensemble, allen voran Anna Florkowski (die
zwischenzeitlich Anna Hornstein heisst) in der Rolle der Ursula, lässt sie das Jahr 1983 noch einmal auferstehen und
gewinnt ihm viele witzige Situationen ab. Der Nazi-Opa, der charmante junge Lehrer und Frauenversteher, der
fremdgehende Papa, die immer auf ihr Äußeres bedachte Mama und die Kommune, in der alles drunter und drüber geht
– wer die 1980er Jahre miterlebt hat, dem bieten sich hier eine ganze Menge Identifikationsfiguren. Freilich sind die für
diese Komödie überspitzt dargestellt, doch treffen sie in ihrem Kern die Wahrheit. Amüsante Unterhaltung ist garantiert.
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Sonntag, 01. September 2019 Clown sein ist keine Frage des Alters Heute zwar kein Kino, dafür aber einen Film aus dem Netz DIE SPASSMACHER (1:1.85, 5.1) Verleih: Karger Film Kultur und Video Land/Jahr: Deutschland 2019 Regie: Klaus Peter Karger Kinostart: 16.08.2019
“Jetzt bin ich schon genauso lange Buddhist wie ich Clown bin!”, stellt der 61jährige Uwe Spille erstaunt in einer der
Interviewsequenzen in Klaus Peter Kargers Dokumentarfilm fest. Spille ist einer der beiden Clowns, die mit ihrem
“Kakerlaki” Clown-Theater in Villingen-Schwenningen inzwischen 30jähriges Bestehen feiern. Der 60jährige Roland
Kurz alias Clown Beppo ist der andere Mann in dem bewährten Zweier-Team, das Karger in seinem Film porträtiert.
Unterbrochen durch viele Ausschnitte aus den vielfältigen Programmen des “Kakerlaki”-Theaters zeichnet der Film die
unterschiedlichen Lebensentwürfe der beiden Männer: Spille versucht, ohne Festanstellung über die Runden zu
kommen, Kurz unterhält einen gut bezahlten Halbtagsjob als Sozialarbeiter in der Suchtprävention. Die beiden Männer
reden sehr offenherzig über ihre Zusammenarbeit, die offenbar nicht immer einfach war oder ist, schildern ihren
Werdegang, geben ihre Weltanschauungen preis. Beide haben jeweils eine Frau an ihrer Seite, die allerdings nicht vor
die Kamera treten, sondern nur bei Haus- oder Gartenarbeit zu sehen sind. Das ist ein bisschen schade, wäre es doch
hoch interessant zu hören, wie diese Frauen über die Clowntätigkeit ihrer Männer denken. "Wir sind manchmal fast
schon so wie ein altes Ehepaar”, geben Spille und Kurz unumwunden zu, was davon zeugt, dass es dem Filmemacher
gelungen ist, ein sehr gutes Vertrauensverhältnis zu den beiden aufzubauen. Ohne optische Spielereien und mit ganz
wenig Filmmusik bleibt der Film ganz dicht bei den Protagonisten, beobachtet sie bei Proben, bei Auftritten, bei der
Gartenarbeit und sogar beim Meditieren. So entsteht das Porträt zweier Männer, die ganz sachlich und nüchtern den
Beweis liefern, dass Clown sein keine Frage des Alters ist.
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