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Donnerstag, 30. Januar 2020 Ein Känguru boxt sich durch den Kiez Zum Wochenabschluss eine “Work in Progress”-Kopie DIE KÄNGURU-CHRONIKEN (1:1.85, 5.1) Verleih: X Verleih (Warner) Land/Jahr: Deutschland 2020 Regie: Dani Levy Darsteller: Dimitrij Schaad, Rosalie Thomass, Henry Hübchen Kinostart: 05.03.2020
Ein wenig ambitionierter Künstler und sein Mitbewohner, ein Känguru, nehmen den Kampf gegen einen
rechtspopulistischen Immobilienhai auf, der ihren geliebten Kreuzberger Kiez radikal umgestalten will... Nach seinem
erfolgreichen Buch kommt jetzt der Mann mit Migränehintergrund auf die Kinoleinwand. Allerdings nicht selbst,
sondern vertreten durch Schauspieler Dimitrij Schaad, der den depressiven Grundcharakter des Kleinkünstlers
Marc-Uwe Kling überzeugend zum Besten gibt. Und das Känguru? Nun, das spielt sich tatsächlich selbst. Natürlich mit
Hilfe zeitgenössischer Visual Effects Software. Dieses freche und vorlaute mannshohe Känguru ist so etwas wie Klings
Alter Ego. Oder so etwas wie James Stewarts Freund Harvey. Nur dass man das Känguru in dieser Geschichte
tatsächlich sehen kann und auch von jedermann gesehen wird. Ist eben was ganz Normales im Berliner Kiez. Nicht
normal hingegen ist die Tatsache, dass deutsches Kino tatsächlich herrlich schräg sein darf und auch kann, wie Dani
Levy mit seiner fulminant gestalteten Komödie zu beweisen vermag. Endlich mal kein öffentlich-rechtlicher Humor, wie
er literweise am Wochenende über die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten gejagt wird. Levys Kino ist richtig frech
und spritzig und tobt sich gestalterisch aus. Da wird dann nicht nur der Titelvorspann zum Erlebnis, sondern alles andere
davor und danach ebenso. Wer mich kennt, der weiß, dass ich nicht über jeden kleinen Witz in unsägliches Gelächter
verfalle. Aber DIE KÄNGURU-CHRONIKEN hat mich wirklich zum Lachen gebracht! Schon alleine der Besuch
von Kling bei seinem Psychiater wegen. Der wird von Paulus Manker gespielt, einem Österreicher (wie könnte es anders
sein), dass es eine wahre Freude ist! Aber eigentlich gilt das für das gesamte Ensemble gleichermaßen. Leider wurde uns
der Film in der heutigen Pressevorführung in einer sogenannten “Work in Progress”-Fassung gezeigt, in der u.a. die
Tonmischung inklusive der Musik noch nicht final war. Angesichts der Tatsache jedoch, dass schon diese unfertige
Version punkten konnte, kann bei der finalen Fassung praktisch nichts mehr schiefgehen. Also nichts wie ab ins Kino!
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Mittwoch, 29. Januar 2020 Stilvoll skrupellos Heute meldete sich Guy Ritchie wieder zurück im Kino THE GENTLEMEN (1:2.35, DD 5.1 + 7.1) OT: The Gentlemen Verleih: Leonine Land/Jahr: USA 2019 Regie: Guy Ritchie Darsteller: Matthew McConaughey, Charlie Hunnam, Henry Golding, Eddie Marsan, Hugh Grant, Colin Farrell Kinostart: 27.02.2020
Als Michael Pearson sein millionschweres Marijuana-Imperium an einen exzentrischen Milliardär verkaufen möchte,
stehen bald schon weitere Interessenten auf der Matte – vom Triadenboss bis hin zum schmierigen Privatdetektiv.
Gemeinsam liefern sie sich ein tödliches Spiel, an dessen Ende nur einer als der Sieger hervorgehen wird... Sie sind zwar
allesamt skrupellose Geschäftemacher und knallharte Gangster, doch Gentlemen bleiben sie trotzdem. Zumindest in Guy
Ritchies extrem unterhaltsamer rabenschwarzer Komödie, bei der der Regisseur und Drehbuchautor so richtig zur
Hochform aufläuft. Und auch er kann es sich nicht verkneifen, wie sein Kollege Quentin Tarantino unlängst in ONCE
UPON A TIME...IN HOLLYWOOD, einen brillant geschnittenen und ebenso brillant vertonten Exkurs in Sachen
35mm einfließen zu lassen. Sozusagen der Film im Film. Das passende Drehbuch liegt natürlich auch sofort auf dem
Tisch – und wird am Ende gar an Miramax (die Filmfirma, die Ritchies Film produzierte) verkauft. “Splendid idea”
würden die Briten mit ihrem unnachahmlichen Akzent dazu sagen. Weshalb man Ritchies Film auch unbedingt im
englischen Original goutieren sollte. Ob Hugh Grant oder Colin Farrell – mit ihrem Englisch geben sie dem vor Plot
Twists nur so triefenden Gangsterfilm erst die richtige Würze. Ganz wichtig: der Body Count kann sich sehen lassen.
Ritchie weiß was seine Fans von ihm erwarten. Hörenswert ist sein Film zudem noch: die kristallklare 7.1 Mischung hat
mächtig Dynamik und fordert auch die Subwoofer. THE GENTLEMEN macht richtig Laune und sorgt für einen
kurzweiligen Kinoabend.
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Dienstag, 28. Januar 2020 Wenn der Schleier fällt Ein optimistisch stimmendes Drama aus Saudi-Arabien eröffnete meine Pressewoche DIE PERFEKTE KANDIDATIN (1:2.35, 5.1) OT: The Perfect Candidate Verleih: Neue Visionen Land/Jahr: Saudi-Arabien, Deutschland 2019 Regie: Haifaa Al-Mansour Darsteller: Mila Al Zahrani, Nora Al Awadh, Dae Al Hilali Kinostart: 12.03.2020
Die junge Maryam arbeitet als Ärztin in der Notaufnahme des örtlichen Krankenhauses in einer kleinen Stadt in
Saudi-Arabien und setzt sich unerlässlich dafür ein, dass der Weg zum Krankenhaus endlich saniert wird. Nur so hätten
Patienten überhaupt eine Chance zur Notaufnahme zu gelangen. Doch die Behörden blockieren. Ihre einzige Chance: sie
muss sich für einen Sitz im Gemeinderat bewerben, um Dinge bewegen zu können. Für eine Frau in Saudi-Arabien ein
Wagnis... Es ist noch nicht lange her, seit Frauen in Saudi-Arabien den Führerschein machen und alleine Auto fahren
dürfen. Jetzt sollte eigentlich der nächste logische Schritt zur Emanzipation der Frauen in der arabischen Welt folgen:
Frauen in die Politik. Damit auch die Straßen gebaut werden, auf denen sie mit dem eigenen Auto fahren können. Bis
dahin jedoch dürfte es in einem Land, in dem sich Frauen nach wie vor verschleiern müssen, noch ein weiter Weg sein.
Das in etwa dürfte die Aussage von Haifaa Al-Mansours neuem Film sein. Hierzulande bekannt geworden ist die
Regisseurin mit DAS MÄDCHEN WAJDA. Wie schon dort so hat sie sich auch jetzt wieder auf eine starke
Frauenfigur konzentriert, die hier von der attraktiven Mila Al Zahrani überzeugend dargestellt wird. DIE PERFEKTE
KANDIDATIN ist ein mutiger Film, an dessen Ende ein Hoffnungsschimmer bleibt.
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Samstag, 25.01.2020 Schwelender Konflikt Ein Drama aus der Türkei beendete die aktuelle Pressewoche für mich BROTHERS (1:2.35, 5.1) OT: Kardesler Verleih: Filmdisposition Wessel Land/Jahr: Türkei, Deutschland, Bulgarien 2019 Regie: Ömür Atay Darsteller: Ege Yazar, Caner Sahin, Gözde Mutluer Kinostart: 09.01.2020
Nach vier Jahren in der Jugendstrafanstalt wird der mittlerweile 17jährige Yusuf entlassen. Sein älterer Bruder nimmt
sich ihm an und gibt ihm einen Job in einem Tankstellen- und Motelbetrieb, bei dem er als Geschäftsführer arbeitet.
Doch die Atmosphäre zwischen Yusuf und seinem Bruder ist nicht sonderlich herzlich. Ein dunkles Geheimnis lastet auf
den Geschwistern... Mit atmosphärisch dichten CinemaScope-Bildern erzählt Regisseur Ömür Atay sein Drama um zwei
Brüder, zwischen denen eine ungesühnte Schuld steht. Erst nach und nach lüftet das Drehbuch das Geheimnis um diese
Schuld, wodurch der Film konsequent spannend bleibt. Atay kann sich hier auf ein beeindruckendes Ensemble
verlassen, das seine Rollen überzeugend angelegt. Filmmusik wird nur ganz sparsam eingesetzt, verstärkt aber dort, wo
sie zu hören ist, den schwelenden Konflikt. Junges türkisches Kino jenseits des Mainstreams.
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Mittwoch, 22. Januar 2020 Wir ziehen in den Krieg Ein Kinoerlebnis der ganz speziellen Art schlug mich in seinen Bann 1917 (1:2.35 bzw. 1:1.90 (IMAX), DD 5.1 + 7.1 + Atmos) OT: 1917 Verleih: Universal Land/Jahr: Großbritannien, USA 2019 Regie: Sam Mendes Darsteller: George MacKay, Dean-Charles Chapman, Daniel Mays, Colin Firth Kinostart: 16.01.2020
6. April 1917. Zwei englische Soldaten erhalten den mörderischen Auftrag: in einem Wettlauf gegen die Zeit sollen sie
tief in Feindesgebiet eindringen, um eine Nachricht zu überbringen, die 1600 Kameraden das Leben retten könnte... Was
Sam Mendes hier auf die große Kinoleinwand bringt, ist ein logistisches Meisterstück. Als “One Take” angelegt, kommt
der Film fast ohne Schnitt aus und lässt die Kinozuschauer damit quasi in Echtzeit an dem Himmelfahrtskommando der
beiden Protagonisten teilnehmen. In farbreduzierten Bildern schildern Mendes und sein kongenialer Kameramann Roger
Deakins damit die Greuel des Ersten Weltkriegs, die hier stellvertretend für alle Kriege stehen. Eine sehr dynamische
Tonmischung, die auch auf leise Töne nicht verzichtet, sowie die grandiose Filmmusik von Mendes‘ Hauskomponist
Thomas Newman machen des Kinoerlebnis auch auf der akustischen Ebene zu einem überwältigenden Erlebnis. Ich
habe mir die Freiheit genommen und mir den Film in beiden Auswertungsformaten angeschaut. Gegenüber der
Standardkinopräsentation im normalen CinemaScope-Format gewinnt die IMAX-Fassung mit ihrem erweiterten
Bildausschnitt deutlich. Das ist vor allem dem Umstand geschuldet, dass Mendes innerhalb der 119 Minuten Spielzeit so
gut wie keinen (erkennbaren) Schnitt ansetzt und man dadurch als Zuschauer wirklich in den Film eintauchen kann –
etwas, was bei sonstigen Blockbustern aufgrund viel zu schneller Schnittfolgen nie gelingt. Es ist eigentlich schade, dass
Mendes seinen Film nicht direkt im originären IMAX-Verfahren aufgenommen hat, denn dann würden auch noch die
jetzt sichtbaren kleinen Balken am oberen und unteren Ende der IMAX-Bildwand verschwinden. Mein persönlicher
Geheimtipp: unbedingt im IMAX-Kino anschauen!
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Dienstag, 21. Januar 2020 #MeToo Wahnsinn – nur eine einzige Pressevorführung in dieser Woche! BOMBSHELL – DAS ENDE DES SCHWEIGENS (1:2.35, 5.1) OT: Bombshell Verleih: Wild Bunch (Central) Land/Jahr: USA, Kanada 2019 Regie: Jay Roach Darsteller: Charlize Theron, Nicole Kidman, Margot Robbie, John Lithgow Kinostart: 13.02.2020
Als sich Nachrichtenmoderatorin Gretchen Carlson weigert, weiterhin die “TV-Barbie” zu geben, wird ihr Vertrag vom
Sender Fox News nicht mehr verlängert. Gretchen entscheidet sich, gegen ihren langjährigen Chef Roger Ailes wegen
sexueller Belästigung zu klagen. Der ist mittlerweile daran, seinen Neuzugang Kayla gefügig zu machen. Und Megyn
Kelly, das Aushängeschild der Fox News, beobachtet das Geschehen aus sicherer Distanz. Vorerst. - In seinem Spielfilm
rückt Regisseur Jay Roach genau jenen Skandal in den Fokus, der 2016 zum Rücktritt von Fox News‘ Senderchef Roger
Ailes führte und der als ein erster Meilenstein in der #MeToo-Debatte gilt. Als Dreh- und Angelpunkt seiner Geschichte
dient ihm Charlize Theron in der Rolle der “First Lady” der Fox News, Megyn Kelly. Er lässt sie nicht nur aus dem Off
erzählen, sondern sich auch direkt an das Kinopublikum wenden. Als quasi Moderatorin erklärt sie die Hierarchien im
Fox News Imperium und warum es so toll ist, dort zu arbeiten. Ihre Mitstreiterinnen in der Sache sind Nicole Kidman
als ihre Kollegin Gretchen Carlson, die ihre Rolle beeindruckend zurückhaltend anlegt, sowie Margot Robbie als
Redakteurin Kayla Pospisil. Letztere stiehlt Theron und Kidman die Schau in Sachen Performance und damit die
Oscar-Nominierung als beste Nebendarstellerin mehr als verdient hat. Bei den männlichen Darstellern überzeugt vor
allem John Lithgow als das Ekel Roger Ailes, eine Rolle für die zu spielen einiges an Mut notwendig ist.
BOMBSHELL ist grandioses Schauspieler-Kino, das vermutlich die #MeToo-Debatte wieder befeuern dürfte.
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Dienstag, 14. Januar 2020 Drei auf einen Streich Das neue Jahr nimmt Fahrt auf: das erste Triple Feature stand heute an ÜBER DIE UNENDLICHKEIT (1:1.85, 5.1) OT: Om Det Ooändliga Verleih: Neue Visionen Land/Jahr: Schweden 2019 Regie: Roy Andersson Darsteller: Mariusz Sus, Lisa Blohm, Pär Fredriksson Kinostart: 17.09.2020
Skurril, grotesk, absurd – die Filme des schwedischen Regisseurs Roy Andersson sind alles andere als Massenware. Mit
denselben Stilmitteln wie in EINE TAUBE SITZT AUF EINEM ZWEIG UND DENKT ÜBER DAS LEBEN
NACH präsentiert er aneinandergereihte Szenen (die nur gelegentlich in Bezug zueinander stehen), die zusammen ein
Kaleidoskop bilden von allem, was ewig menschlich ist. Schönheit, Grausamkeit, Pracht sowie Einfachheit werden so in
statischen, kontrastarmen Bildern gegeneinander gestellt. Da gibt es die schamlose Informationsmanagerin, die vor
einem Fenster posiert; die Mutter mit Kinderwagen, die Probleme mit ihren Absätzen hat; den Führer, für den im Bunker
das letzte Stündlein geschlagen hat; den Mann, der wie Jesus ein schweres Holzkreuz schleppen muss; den Priester, der
seinen Glauben verloren hat und dem Alkohol frönt; drei Mädchen, die sich von einem Song spontan zum Tanz
animieren lassen; den Zahnarzt, dessen Patient auf eine Narkose verzichtet; usw. Andersson erzählt mit einen Bildern in
nur 78 Minuten weit mehr als so mancher Film von zwei Stunden Länge. Dafür aber ist sein Film nicht für jedermann
geeignet. Wer kein Problem damit hat, verwirrt aus dem Kino zu kommen, der sollte sich auf Anderssons Mikrokosmos
einlassen.
ENKEL FÜR ANFÄNGER (1:2.35, 5.1) Verleih: Studiocanal Land/Jahr: Deutschland 2019 Regie: Wolfgang Groos Darsteller: Heiner Lauterbach, Maren Kroymann, Günther Maria Halmer, Barbara Sukowa Kinostart: 06.02.2020
Die quirlige Seniorin Philippa arbeitet begeistert als Leih-Oma. Weil ihre Schwägerin Karin in ihrer Rolle als
Ruheständlerin ganz und gar unzufrieden ist und nie eigene Kinder hatte, überredet sie Philippa kurzerhand, auch als
Leih-Oma zu agieren. Und die wiederum kann ihren alten Bekannten Gerhard dazu überreden, den Leih-Opa zu mimen.
Nach anfänglichen Schwierigkeiten gehen die Leih-Großeltern in ihren Rollen voll auf. Nicht nur ihre Schützlinge
können jetzt viel lernen, auch die alten Herrschaften bekommen einen frischen Blick auf das Leben... Entgegen den
Befürchtungen, die durch den Trailer geschürt werden, erweist sich Wolfgang Groos‘ Generationenkomödie als
durchaus köstlich unterhaltend. Ganz ohne gängige Klischees (wie etwa der Quotenschwule, der hier von Heiner
Lauterbach verkörpert wird) kommt das Drehbuch zwar nicht aus, jedoch wirken diese hier nicht sonderlich erdrückend.
Der Film richtet sich primär an die Seniorengeneration, der hier großes Identifikationspotenzial bereitgestellt wird. Und
was gibt es Schöneres, als über sich selbst zu Schmunzeln. Akzeptable Kinounterhaltung ohne Nebenwirkungen.
DIE HEINZELS – RÜCKKEHR DER HEINZELMÄNNCHEN (1:1.85, 5.1) Verleih: Tobis Land/Jahr: Deutschland 2020 Regie: Ute von Münchow-Pohl Kinostart: 30.01.2020
Um auch endlich die begehrte Zipfelmütze zu bekommen, beschließt das Heinzelmädchen Helvi in die Menschenwelt zu
gehen, um dort ein Handwerk zu lernen. Beim Bäckermeister Theo findet sie gemeinsam mit ihren Freunden Butz und
Kipp Unterschlupf. Weil der jedoch mit seinem Bruder im Streit liegt, laufens eine Geschäfte mehr als schlecht. Wie gut
nur, dass es die Heinzelmännchen gibt... Hier wird geheinzelt was das Zeug hält! In durchschnittlicher
Computeranimationstechnik versucht sich der für kleine Kinder konzipierte Film an einer Geschichte, bei der – so
scheint’s – die UGLY DOLLS Pate standen. In den Mittelpunkt des Films haben die Macher ein Heinzelmädchen
gerückt, das sich bewähren muss. Somit dürfte der Film vor allem kleine Mädchen ansprechen. Einmal mehr überzeugt
die Filmmusik von Alex Komlew, der wie immer mit Orchester arbeitet und damit die Produktion auf ein hohes Niveau
anhebt.
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Montag, 13. Januar 2020 Den Wald vor lauter Bäumen sehen Den Kinofilm zum Sachbuchbestseller gab es heute zur Eröffnung der Pressewoche DAS GEHEIME LEBEN DER BÄUME (1:1.85, 5.1) Verleih: Constantin Land/Jahr: Deutschland 2020 Regie: Jörg Adolph Darsteller: Peter Wohlleben Kinostart: 23.01.2020
Mit seinem 2015 veröffentlichten Sachbuch “Das geheime Leben der Bäume” landete Peter Wohlleben quasi über Nacht
auf der Bestsellerliste. Darin beschreibt der gelernte Förster seine Beobachtungen und Erkenntnisse an Bäumen in
Wäldern. Und die waren sensationell: denn entgegen dem weit verbreiteten Glauben, dass es sich bei diesen Gewächsen
um Einzelgänger ohne Gefühle handelt, entdeckte Wohlleben, dass es sich hier sehr wohl um Wesen handelt.
Solidarisch greifen Bäume ein, wenn es um das Überleben eines Artgenossen geht und unterstützen diesen
gemeinschaftlich, indem sie ihm Wasser und Nährstoffe zukommen lassen. Bäume haben auch Freunde und Verbündete,
wie etwa Pilze, deren unterirdische Vernetzung eine Art Internet für die Pflanzen bildet, über das Informationen
übertragen werden. Wie kein Anderer versteht sich Wohlleben darauf, diese Erkenntnis für jedermann verständlich zu
formulieren. Meist, in dem er einen Vergleich zu ähnlichen Situationen bei den Menschen dafür benutzt. “Wenn Sie
etwas für den Wald tun wollen, können Sie es unterlassen, dort herumzusägen" und “Wenn wir Naturschutz machen,
schützen wir nicht die Natur” sind dabei zwei der Kernaussagen von Wohlleben, der sich dafür einsetzt, den Wald
sich selbst zu überlassen. Denn nur so könnte überhaupt gutes Holz entstehen. Gut Ding braucht eben Weile – was
freilich im krassen Gegensatz zu unserer Lebensweise steht. Für den nach dem Buch inspirierten Dokumentarfilm liefert
der Naturfilmer Jan Haft atemberaubende Bilder. Haft, der selbst schon einige wunderbare Naturfilme auf die Leinwand
brachte (darunter auch einen über den Wald!), verwendet für seine Aufnahmen neueste Technik, die es erlaubt, in
grandiosen Zeitrafferaufnahmen selbst kleinste Details wachsender Pilze sichtbar zu machen. Es sind Bilder, die nicht
nur Naturliebhaber begeistern werden und die von Franziska Henkes Filmmusik einfühlsam unterstützt werden. Leider
hat der Film aber auch ein “Gschmäckle”: zu oft wird die Person Peter Wohllebens in den Mittelpunkt gerückt. Man
sieht ihn in Talkshows, in Radio-Interviews, als Redner auf Demos. Sogar die Seiten seines Bestsellers werden in
Großaufnahme auf der Leinwand ausgebreitet. Das riecht dann doch alles etwas zuviel nach PR für den Bestseller und
seinen Autor. Schaut man sich den Trailer zum Film an, so ahnt man von dieser PR-Show absolut nichts. Und das ist –
gelinde ausgedrückt – dann doch etwas perfide.
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Freitag, 10. Januar 2020 Na dann Prost! Ein interessanter Dokumentarfilm über den Umstand, dass Alkohol nicht als Droge gilt ALKOHOL – DER GLOBALE RAUSCH (1:1.85, 5.1) Verleih: Tiberius Film (24 Bilder) Land/Jahr: Deutschland 2019 Regie: Andreas Pichler Kinostart: 09.01.2020
Eigentlich sind die Fakten glasklar und nicht zu widerlegen: Alkohol in jeglicher Form und Menge ist als Droge
einzustufen! Warum aber ist das Teufelszeug nach wie vor nicht auf der Liste verbotener Substanzen gelandet und
genießt stattdessen international ein hohes Ansehen? In seiner Dokumentation versucht der Filmemacher Andreas
Pichler diesen Widerspruch zu ergründen. Wissenschaftler, Ärzte, Psychologen, Hersteller und sogar Alkoholiker, die
inzwischen trocken sind, holt Pichler vor die Kamera. Da ist die junge Frau aus Liverpool, die davon berichtet, was der
Alkohol mit ihr anstellte. Oder der Journalist, für den Alkohol quasi zum Berufsbild mit dazugehörte und der ganz
allmählich zum Problemtrinker wurde. Da ist das Geständnis eines ehemaligen Mitarbeiters der Firma Heineken, der
davon erzählt, dass sein Arbeitgeber in Afrika Prostituierte einsetzte, um den Mannsbildern den Alkohol schmackhaft zu
machen. Bis auf Carlsberg war kein Alkoholhersteller dazu bereit, vor die Kamera zu treten. Das lässt tief blicken.
Alkohol ist eine salonfähige Droge, die vom Staat geduldet wird, weil damit Geld verdient werden kann und auf diese
Weise für die Staatseinnahmen nützlich ist. Doch die Kehrseite der Medaille wird gerne verschwiegen: denn den
Steuereinnahmen aus Alkoholverkäufen steht ein wesentlich höherer Kostenfaktor entgegen – nämlich jener, der
beispielsweise im Gesundheitswesen durch die Folgen des Alkoholmissbrauchs Jahr für Jahr entstehen. Dass es auch
anders geht, zeigt der Film am Beispiel Islands, wo alles dafür getan wird, um Menschen über die dunkle Seite des
Alkohols aufzuklären und gleichzeitig solche Angebote zu schaffen, die den Menschen auf natürliche Weise genau die
Körperstoffe und –reaktionen gibt, die sie sonst nur durch schädlichen Alkoholkonsum erhalten würden. Pichlers Film
ist eine lohnenswerte Doku, die ohne den erhobenen Zeigefinger zum Nachdenken auffordert.
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Donnerstag, 09. Januar 2020 Im Schmelztiegel der Gewalt Frankreichs Oscar-Beitrag stand heute auf der Tagesordnung DIE WÜTENDEN – LES MISÉRABLES (1:2.35, 5.1) OT: Les Misérables Verleih: Wild Bunch (Central) Land/Jahr: Frankreich 2019 Regie: Ladj Ly Darsteller: Damien Bonnard, Alexis Manenti, Djibril Zonga Kinostart: 23.01.2020
Polizist Stéphane wird den erfahrenen Kollegen Chris und Gwada als dritter Mann zur Seite gestellt. Gemeinsam fahren
sie Streife im Schmelztiegel Montfermeil, einem Vorort von Paris mit hohem Migrationsanteil und Spannungen
zwischen rivalisierenden Gangs. Als das Löwenbaby aus einem von Zigeunern betriebenen Zirkus gestohlen wird, droht
eine Eskalation. Um das zu verhindern, machen sich die Polizisten auf die Suche nach dem Löwenbaby. Als sich die
Situation zuspitzt und sich ein Schuss löst, bringt das die Polizisten in arge Bedrängnis: eine Drohne hat die unschöne
Szene aufgenommen... Ein Zitat aus Victor Hugos “Les Misérables” steht am Ende von Ladj Lys Actiondrama: “Merkt
Euch, Freunde! Es gibt weder Unkraut noch schlechte Menschen. Es gibt bloß schlechte Gärtner”. Alles was der
Regisseur mit seinem Film vermitteln möchte, wird damit auf den Punkt gebracht. Und Ly weiß wovon er erzählt,
stammt er doch selbst aus Montfermeil, jenem Pariser Vorort, in dem seine Geschichte spielt. Es ist ein Pulverfass, das
jeden Moment zu explodieren droht und für das sich die Politik trotz der massiven Ausschreitungen im Jahre 2005 nicht
wirklich interessiert. Hier treffen die unterschiedlichsten Ethnien aufeinander, herrscht Armut und sozialer Notstand.
Ganz behutsam führt Ly die Zuschauer in dieses von Migranten bevölkerte Banlieu ein. Gemeinsam mit dem Neuen an
Bord des zivilen Polizeiwagens schickt er seine CinemaScope-Kamera auf Tauchstation in diesen brodelnden
Untergrund. Und für Schwarzweißmalerei ist in dieser Welt kein Platz. Nicht nur bei den Bewohnern gibt es Gut und
Böse, auch die Polizisten sind davor nicht gefeit – die Gewalt, der sie tagtäglich begegnen, färbt auf sie selber ab. Lys
Film gibt sich insgesamt sehr authentisch, was zum großen Teil an der Besetzung der Kleinrollen mit Laiendarstellern
liegt. Eine wirklich gute Figur machen auch die professionellen Darsteller, die die drei Polizisten mimen. Auch ihr Spiel
wirkt extrem glaubwürdig. Ebenfalls bemerkenswert: der Film bricht mit dem Klischee, einen derartigen Film mit
Rap-Musik zuzudröhnen. Stattdessen gibt es nur spärlich eingesetzte Filmmusik. Der Schnitt und die nicht immer
sauberen Bilder unterstreichen das pseudo-dokumentarische Feeling des Films, den Frankreich ins Oscar-Rennen
geschickt hat. Sehenswertes Kino mit Anspruch.
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Mittwoch, 08. Januar 2020 Ein Amerikaner in Rom Startschuss für ein hoffentlich reichhaltiges Pressevorführungsjahr TOMMASO UND DER TANZ DER GEISTER (1:2.35, 5.1) OT: Tommaso Verleih: Neue Visionen Land/Jahr: Italien, Großbritannien, USA, Griechenland 2019 Regie: Abel Ferrara Darsteller: Willem Dafoe, Cristina Chiriac, Anna Ferrara Kinostart: 13.02.2020
Der amerikanische Filmemacher Tommaso ist nach Rom ausgewandert, wo er mit seiner wesentlich jüngeren
Lebensgefährtin und der gemeinsamen kleinen Tochter lebt. Der Alltag bestimmt sein Leben, das alles andere als
aufregend scheint und von Beziehungsproblemen überschattet wird... Das Beste am Film ist die darstellerische Wucht
eines Willem Dafoe, die den gesamten Film trägt. Perfekt zeigt der Mime eine Gradwanderung zwischen Normalität und
Wahnsinn und dürfte damit wohl so etwas wie das Alter Ego von Regisseur Abel Ferrara verkörpern. Der zwischen
Realität, Trugbildern und Träumen mäandernde Film setzt auf eine agile digitale Handkamera mit anamorphotischen
Linsen und schafft damit interessante Kinobilder. Allerdings sollte man die Hände von diesem Film lassen, wenn man
auf der Suche nach ansprechender Unterhaltung ist. Ferraras Film ist verkopftes Kino, das sich nicht jedermann
erschließen will (und möchte).
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