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Samstag, 31. Oktober 2020 Knallharte Ladies Einen Bullen reiten oder im Dreck liegen – die Mädchen meiner heutigen Doku kennen beide Gefühle nur allzu gut GLITZER & STAUB (1:1.85, 5.1) Verleih: Port-au-Prince (24 Bilder) Land/Jahr: Deutschland 2020 Regie: Anna Koch, Julia Lemke Kinostart: 29.10.2020
Ins tiefste Amerika sind Anna Koch und Julia Lemke für ihren Dokumentarfilm gereist. Denn genau dort, jenseits großer
Metropolen mit ihren überbordenden Unterhaltungsmöglichkeiten, regiert die staubige Welt des Rodeo. Gleich vier
Mädchen im Alter von 9 bis 17 Jahren und unterschiedlichem kulturellen Hintergrund porträtieren die beiden
Filmemacherinnen und zeigen damit, dass Rodeo schon längst nicht mehr alleinige Männersache ist. “You ride like a
Girl” gilt bei diesen Mädels nicht als Beleidigung, sondern als Kompliment! Die Kamera bleibt nah dran am Geschehen
und zeigt den Sport so wie er ist: gnadenlos und brutal. Da gehören blaue Flecke zum guten Ton. “Die Leute wollen was
geboten bekommen. Am besten krepiert der Reiter dabei. Aber nur fast!”, sagt der Vater eines der Mädchen. “Eigentlich
habe ich mir einen Sohn gewünscht, aber jetzt habe ich halt nur ein Mädchen”, erklärt er vor der Kamera. Welche
Motivation die Cowgirls haben, ihr Leben auf dem Rücken eines Bullen zu riskieren, erzählen sie freimütig vor der
Kamera des Duos. Ob beim knallharten Training oder beim Mittagstisch auf der Ranch – die Filmemacherinnen folgen
ihren jungen Protagonistinnen auf Schritt und Tritt und liefern damit eine unglaubliche Fülle an Bildern, die mit
schnellem Schnitt und unkommentiert präsentiert werden. Was so für viel Authentizität sorgt, ist leider gleichzeitig auch
von Nachteil, weil man unheimlich gerne das ein oder andere dieser vielen Bilder mit einem Kommentar unterfüttert
hätte sehen wollen. So aber fühlt man sich als Zuschauer etwas alleine gelassen. Leider stellte der Filmverleih für die
Sichtung des Films nur eine Fassung mit deutschem Voice-Over zur Verfügung, die dem Original nicht sonderlich nahe
kommt und allenfalls liebgewonnene Fernsehgewohnheiten unterstützt. Durch die überlagerten deutschen Stimmen
entsteht ein Wirrwarr an Tönen, die den Film ziemlich konfus erscheinen lassen. Von dieser Fassung sei dringend
abgeraten. Wenn möglich, sollte die Doku im Original mit deutschen Untertiteln goutiert werden.
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Donnerstag, 29. Oktober 2020 Ein Stück bayerisches Volkstheater In der letzten Pressevorführung vor dem zweiten Lockdown gab es heute Joseph Vilsmaiers letztes Werk zu sehen DER BOANDLKRAMER UND DIE EWIGE LIEBE (1:2.35, 5.1) Verleih: Leonine Land/Jahr: Deutschland 2020 Regie: Joseph Vilsmaier Darsteller: Michael Bully Herbig, Hape Kerkeling, Hannah Herzsprung, Sebastian Bezzel Kinostart: 14.05.2021 (Amazon Prime Video)
Als sich der Boandlkramer, der personifizierte Tod, in die schöne Gefi verguckt, ist es um ihn geschehen: er hat sich
Hals über Kopf verliebt. Um ihr seine Liebe offenbaren zu können, geht er einen Pakt mit dem Teufel ein. Das hätte er
aber lieber bleiben lasen sollen... In seinem letzten Film widmet sich Regisseur Joseph Vilsmaier (im Februar 2020 mit
81 Jahren verstorben) der volkstümlich bayerischen Komödie. Reich bebildert und in aufwändiger Ausstattung
inszeniert er ein Stück, das durchaus der Theaterbühne hätte entspringen können. Tatsächlich jedoch handelt es sich um
einen Originalstoff, der nach einer Idee von Michael Bully Herbig entstand, der hier seine Rolle aus Vilsmaiers DIE
GESCHICHTE VOM BRANDNER KASPAR wiederholt und damit einmal mehr in das dunkle Gewand des Todes
schlüpft. “Overacting” würde man das wohl nennen, was Herbig mit der Rolle macht im Gegensatz zu seinen
Mitspielern (fast der gesamte Cast aus den Eberhofer-Krimis ist hier vertreten!), die mit den Füßen auf dem Boden
bleiben. Das alles in bayerischem Dialekt, damit der volkstümliche Charakter noch volkstümlicher erscheint. Richtig
lustig ist das alles nicht wirklich, doch wird es mit Sicherheit auch Zuschauer geben, die genau das Gegenteil empfinden.
Immerhin dauert das Ganze nur 87 Minuten und lässt den Corona-Alltag für kurze Zeit vergessen. Besonders
erwähnenswert ist die orchestrale Filmmusik von Ralf Wengenmayr und Marvin Miller.
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Dienstag, 27. Oktober 2020 Mutige Kinder und starke Pferde Das Dienstags-Presse-Doppel hatte eine Doku und einen Spielfilm im Körbchen MORGEN GEHÖRT UNS (1:2.35, 5.1) OT: Demain Est A Nous Verleih: Neue Visionen Land/Jahr: Frankreich 2019 Regie: Gilles de Maistre Kinostart: 15.07.2021
Kinder sind unsere Zukunft. Sie müssen in einer Welt zurechtkommen, die ihre Eltern vermutlich nicht mehr erleben
werden. Und viele Kinder weltweit haben bereits erkannt, dass man etwas ändern muss, um die Welt weiterhin
lebenswert zu machen. In seinem Dokumentarfilm porträtiert Gilles de Maistre bemerkenswerte Kinder aus Peru,
Frankreich, Bolivien, Indien, Guinea und den USA, die mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln zu helfen
versuchen. So etwa der kleine José Adolfo, der in Peru eine Bank für Kinder ins Leben gerufen hat, die Geld durch das
Sammeln von Altpapier generiert. Oder Aïssatou, die sich in Guinea gegen die Kinderehe stark macht und damit auch
Erfolge erzielt. Oder der hoch sensible Arthur, der mit dem Erlös seiner selbstgemalten Bilder Obdachlosen auf der
Straße hilft. All das sind Beispiele mit Vorbildcharakter, präsentiert in geschöntem CinemaScope, die zeigen, dass auch
Kinder ernst genommen werden müssen und manchmal einfach die besseren Ideen liefern, um unsere Welt ein Stück
besser zu machen. Der einzige Schwachpunkt in de Maistres Film ist die Filmmusik, was mir als bekennendem
Filmmusikfan schwerfällt zu sagen. So gut die Musik von Marc Demais für sich gesehen auch ist – sie passt nicht in
diese Dokumentation, schürt viel zu viele Emotionen und verweichlicht damit das Anliegen des Films. Etwas weniger
Musik hätte dem Film gut gestanden.
OSTWIND – DER GROSSE ORKAN (1:2.35, DD 5.1 + Atmos) Verleih: Constantin Land/Jahr: Deutschland 2020 Regie: Lea Schmidbauer Darsteller: Hanna Binke, Luna Paiano, Amber Bongard, Tilo Prückner, Cornelia Froboess Kinostart: 29.07.2021
Als Mika Gestüt Kaltenbach für einen Monat verlässt, um in Kanada Urlaub zu machen, vertraut sie Ari ihren geliebten
Ostwind an. Ausgerechnet jetzt gastiert eine Artistentruppe in der Nähe, deren Hauptattraktion der Hengst “Großer
Orkan” ist. Bei genauem Hinsehen jedoch wird klar, dass das Pferd schon sehr alt ist und eigentlich geschont werden
muss. Doch der Chef der Truppe ist eisenhart und verlangt, dass der große Orkan weiter zur Verfügung steht. Mit Hilfe
des jungen Carlo, dem Sohn eines der Artisten, schmiedet Ari ein Plan, um dem großen Orkan zu helfen... Wir sind
bereits zum fünften Mal zu Gast im Gestüt Kaltenbach. Doch anders als in den bisherigen Filmen geht es dieses Mal
nicht um den Erhalt desselben, sondern um das Suchen und Finden der eigenen Bestimmung. Wie immer aber
ausgeschmückt mit breiten Bildern, unterlegt mit der nicht mehr wegzudenkenden Filmmusik von Annette Focks, die
auch jetzt wieder das emotionale Grundgerüst für die Pferdegeschichte bildet. Mit Luna Paiano und Hanna Binke hat die
Geschichte ihre beiden Heldinnen, die genau die Altersspanne ihres Zielpublikums abdecken dürfte. Große Gefühle,
tolle Bilder, eine zarte Liebesgeschichte und sogar ein wenig Spannung garantieren hier perfekte Kinounterhaltung für
Teens (und auch Erwachsene!).
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Sonntag, 18. Oktober 2020 Straßenköter Eine beeindruckende Doku hat es mir heute angetan SPACE DOGS (1:2.35, 5.1) Verleih: RealFiction Land/Jahr: Deutschland, Österreich 2019 Regie: Elsa Kremser, Levin Peter Kinostart: 24.09.2020
Die CinemaScope-Kamera bleibt stets auf Augenhöhe mit den herumstreunenden Straßenhunden in Moskau, folgt ihnen
überall hin, fast schwebend. Und die Hunde scheinen sie erst gar nicht zu bemerken. Bei Tag und bei Nacht beobachtet
sie die Kamera – ob sie nun eine Katze reißen oder Autos anzuknabbern versuchen. Elsa Kremsers und Levin Peters
dokumentarischer Film besticht durch seine Kameraarbeit (Yunus Roy Immer) mit ihrer exzellenten Farbgebung und
Kadrage. Aus dem Off ist ertönt die sonore Stimme von Alexey Serebryakov, der die Geschichte der Versuchstiere
erzählt, die sowohl in der Sowjetunion als auch in den Vereinigten Staaten von Amerika für Weltraummissionen
missbraucht wurden. Laika hieß die Hündin, die von der Straße weg als erstes Lebewesen von russischn
Wissenschaftlern in eine Erdumlaufbahn geschickt wurde und noch starb, bevor die Kapsel wieder zur Erde
zurückkehrte und dort verglühte. Seither, so heisst es, weilt Laika als Geist auf der Erde. Ihren Film haben Kremser und
Levin mit historischem Archivmaterial ausgestattet, das teils nur schwer zu ertragen ist und auf knallharte Art und Weise
vermittelt, was den Moskauer Straßenhunden in den Anfängen der sowjetischen Raumfahrt angetan wurde. Ein Film der
unter die Haut geht und einen nicht mehr loslassen wird.
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Freitag, 16. Oktober 2020 Der Dschungel-Rebell Ein Biopic hielt mich heute auf Trab DIE STIMME DES REGENWALDES (1:2.35, 5.1) OT: Bruno Manser – Die Stimme des Regenwaldes Verleih: Camino Land/Jahr: Schweiz 2019 Regie: Niklaus Hilber Darsteller: Sven Schelker, Elizabeth Ballang, Nick Kelesau Kinostart: 22.10.2020
Im Jahre 1984 kehrt der Schweizer Bruno Manser der modernen Zivilisation den Rücken und sucht sein Glück im
Dschungel von Borneo. Dort stößt er auf den Nomadenstamm der Penan, die ihn als ihren Sohn in ihrer Mitte
aufnehmen. Doch das Glück hält nur wenige Jahre an: profitgierige Konzerne beginnen den Regenwald zu roden und
damit den Lebensraum der Nomaden zu zerstören. Unter Führung von Manser bieten die Penan den brutalen Holzfällern
die Stirn... Regisseur Niklaus Hilber inszenierte die wahre Geschichte des Schweizers, der in den Dschungel zog und
zum Fürsprecher gefährdeter Eingeborenenstämme wurde. Mit imposanten Bildern ausstaffiert bietet sein Film große
Schauwerte inklusive einer Liebesgeschichte, verliert aber nie sein Anliegen aus den Augen: ein Plädoyer zu sein für
den Erhalt des lebenswichtigen Regenwaldes und seiner Ureinwohner, die im Einklang mit der Natur leben und damit
modernen Zivilisationen weit voraus sind. Der Score von Gabriel Yared sorgt dabei für das emotionale Gerüst, ohne das
der Film nahezu wirkungslos wäre. In der Hauptrolle ist Sven Schelker zu sehen, der anfangs noch den Naivling gibt,
sich später aber zum überzeugten Aktivisten wandelt.
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Mittwoch, 07. Oktober 2020 Auf Augenhöhe mit Bären Mein heutiger Film entführte mich an einen magischen Ort, den es tatsächlich gibt DER BÄR IN MIR (1:1.85, 5.1) Verleih: MFA (Filmagentinnen) Land/Jahr: Schweiz, USA 2019 Regie: Roman Droux Darsteller: David Bittner Kinostart: 15.10.2020
Mit spektakulären Bildern der berauschenden Wildnis Alaskas hat Filmemacher Roman Droux seinen Dokumentarfilm
über Bären ausstaffiert. Gemeinsam mit dem Schweizer Bären-Forscher David Bittner verbrachte er drei Monate an der
Südküste Alaskas, um Bären in freier Wildbahn zu beobachten. Ein nicht ganz ungefährliches Unterfangen, wie Droux
bald feststellen muss. Denn ein paar dieser Bären sind wahrhaftig angsteinflößend. Der mit einem Regie-Kommentar aus
dem Off (eingesprochen von Marcus Signer) versehene Film zeigt ein Stück unberührter Natur, das es zu erhalten gilt.
Doch es beginnt bereits zu bröckeln. Denn durch die Überfischung des Wildlachses vor Alaskas Küste droht die
Hauptnahrungsquelle der Bären zu versiegen. Droux‘ Film zeigt die Bären als gleichberechtigte Bewohner der Erde –
eine Tatsache, die immer dann vergessen wird, wenn Profite winken. Damit empfiehlt sich DER BÄR IN MIR nicht
nur als Film für Natur- und Tierliebhaber, sondern für jedermann.
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Dienstag, 06. Oktober 2020 Sie heiratet sich selbst Mit einer zarten spanischen Komödie endete heute die Pressewoche ROSAS HOCHZEIT (1:2.35, 5.1) OT: La Boda De Rosa Verleih: Piffl Land/Jahr: Spanien 2020 Regie: Icíar Bollaín Darsteller: Candela Peña, Ramón Barea, Paloma Vidal Kinostart: tba
Rosa, Mitte 40 und Kostümbildnerin, ist immer da wenn man sie braucht. Ob im Job oder für ihren Bruder, für den sie
Kinder hüten soll oder für ihre Freundin, die Ihr ihre Katze in Obhut gibt. Als eines Tages plötzlich ihr verwitweter
Vater bei ihr einziehen will, hat Rosa die Schnauze voll. Sie packt ihre Sachen und verlässt Valencia, um den alten
Schneiderladen ihrer Mutter zu übernehmen und sich damit selbst zu verwirklichen... Iciar Bollain gibt all jenen Frauen
eine Stimme, die sich stets um die vielen Anderen kümmern und ihre eigenen Wünsche und Bedürfnisse hinten anstellen
oder gar komplett aus den Augen verlieren. Eingekleidet wird das in eine charmante kleine Komödie, die sich
vollkommen unspektakulär gibt und dafür auf einer einzigen Idee förmlich herumreitet: die Hauptdarstellerin möchte
jenen Menschen heiraten, den sie in den vergangenen Jahren vollkommen aus dem Blickwinkel verloren hat – nämlich
sich selbst! Was eine herrlich witzige Screwball-Komödie hätte werden können, vermag leider nur ganz dezent zu
unterhalten. Da hätte man sich schon etwas mehr Pfeffer in der Inszenierung gewünscht. Immerhin liefert Candela Peña
als Rosa eine schöne Darstellerleistung ab.
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Montag, 05. Oktober 2020 Drogen und Muttererde Mit unbequemen Themen begann meine neue Woche PLATZSPITZBABY (1:1.66, 5.1) Verleih: Alpenrepublik Land/Jahr: Schweiz 2020 Regie: Pierre Monnard Darsteller: Luna Mwezi, Sarah Spale-Bühlmann, Anouk Petri, Jerry Hoffmann Kinostart: 18.11.2021
Im Frühling 1995 wird die offene Drogenszene in Zürich aufgelöst und die 11jährige Mia und ihre drogensüchtige
Mutter Sandrine in ein kleines Kaff im Oberland umgesiedelt. Doch bald schon wird Sandrine auch dort von ihrem
Laster heimgesucht. Mia, ganz auf sich alleine gestellt, flüchtet sich in eine Traumwelt. Erst als sie eine Freundesclique
findet, schöpft sie Hoffnung, sich von ihrer Mutter lösen zu können... Wer auf der Suche nach entspannender
Unterhaltung ist, dem sei geraten, um Pierre Monnards Drama einen großen Bogen zu machen. PLATZSPITZBABY
schildert das Drogenproblem aus der Sicht einer Heranwachsenden, die hin und hergerissen ist zwischen der Liebe zu
ihrer Mutter und ihren ganz eigenen Bedürfnissen, die genau durch diese Liebe blockiert werden. Ihr einziger Ausweg
ist die Flucht in eine Phantasiewelt, in der sie einen virtuellen Freund hat, der mit seiner Gitarre und seinem Gesang
wieder etwas mehr Fröhlichkeit in ihr Leben zaubert. Die Bilder in Monnards Film sind kalt und eng, oft verwackelt und
entbehren fast jeder Freude. Mit Luna Mwezi in der Rolle der kleinen Mia hat der Film einen Glücksgriff getan. Sie
versteht es aufs Beste, den Widerstreit in ihrem Inneren nach außen zu tragen. Mwezi zeigt Mia als kleine
Überlebenskünstlerin wider Willen und gibt dem Film damit am Ende einen Hoffnungsschimmer.
UNSER BODEN, UNSER ERBE (1:1.78, 5.1) Verleih: W-film Land/Jahr: Deutschland 2019 Regie: Marc Uhlig Kinostart: 08.10.2020
In seinem Dokumentarfilm beleuchtet der Karlsruher Filmemacher Marc Uhlig die Bedeutung des Ackerbodens, des
Humus um genauer zu sein. Er zeiht sich wie eine dünne Hautschicht um die ganze Erde und sorgt dafür, dass Nahrung
entsteht. Doch geht Jahr für Jahr immer mehr Mutterboden verloren. Sei es durch Bebauung, durch den durch
Klimawandel entstehenden zunehmenden Starkregen oder durch falsche Landwirtschaft. In diversen Studien wird davon
ausgegangen, dass der Boden nur noch Nahrung für 60 bis maximal 100 Jahre hervorbringen wird. Daher ist eine
sofortige Umkehr vom Raubbau an der Muttererde geboten. Uhlig lässt in seinem Film Biobauern sowie konventionelle
Bauern ebenso zu Wort kommen wie Wissenschaftler, die ihre Sichtweise auf dieses Thema darlegen. Unisono ist man
sich klar: es ist fünf vor Zwölf! Uhligs schön bebilderter Film, der den Zyklus eines Jahres umfasst, versucht
aufzurütteln und ein Verständnis für die prekäre Lage zu erzeugen. Gleichzeitig wird klar, dass es höllisch kompliziert
ist, aus dieser Misere unbeschadet herauszukommen. Ein sehenswerter und diskussionswürdiger Dokumentarfilm.
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Donnerstag, 01. Oktober 2020 Schöne Landschaften Wow! Ein Presse-Doppel! Kudos an die Filmverleiher, die den Pressestandort Stuttgart noch nicht aufgegeben haben DIE ADERN DER WELT (1:2.00, 5.1) Verleih: Pandora Land/Jahr: Deutschland, Mongolei 2020 Regie: Byambasuren Davaa Darsteller: Bat-Ireedui Batmunkh, Enerel Tumen, Yalalt Namsrai Kinostart: 29.07.2021
Der 12jährige Amra hat einen großen Traum: er möchte bei “Mongolia’s Got Talent” im Fernsehen auftreten. Wenn er
nicht gerade träumt, hilft er seinen Eltern, mit denen er in der mongolischen Steppe ein Nomadendasein führt, durch den
Verkauf von Käse auf dem Markt. Der Gewinn reicht gerade so zum Überleben. Da scheint das Angebot eines Konzerns
recht lukrativ, der nach Gold schürfen möchte und deshalb alle Nomaden umsiedeln möchte. Armas Vater, der Tradition
verpflichtet, ist strikt dagegen. Da kommt die Botschaft gerade recht, dass Amras Schule ihn beim Talentwettbewerb
anmeldet. Doch dann geschieht ein Unglück, das Amras Leben auf den Kopf stellt... Bildgewaltig gibt sich
Byambasuren Davaas neuer Film, der eine klare Botschaft spricht: Raubbau an der Natur zum Zwecke der Profitgier
großer Konzerne darf es auch in der Weite der Mongolei nicht geben. Mit ihrer Besetzung verleiht die Regisseurin dem
Film große Authentizität und gibt dem Zuschauer so genügend Identifikationsmöglichkeiten. Die Filmmusik von John
Gürtler und Jan Miserre tut ein Übriges dazu, dem Film seine grandiose Wirkung zu verleihen. Arthouse-Kino, das auch
nach dem Verlassen des Kinos nachhallt.
MEIN LIEBHABER, DER ESEL & ICH (1:2.35, 5.1) OT: Antoinette Dans Les Cévennes Verleih: Wild Bunch (Central) Land/Jahr: Frankreich 2020 Regie: Caroline Vignal Darsteller: Laure Calamy, Benjamin Lavernhe, Olivia Côte Kinostart: 22.10.2020
Antoinette freut sich schon riesig auf den gemeinsamen Wanderurlaub mit ihrem Lover. Der aber zieht Ehefrau und
Tochter vor und gibt ihr eine Abfuhr. Doch die junge Frau gibt so schnell nicht auf und begibt sich auf eigene Faust auf
Wanderschaft. Natürlich in der Hoffnung, ihren Geliebten dort zu treffen. Die wandermäßig vollkommen unerfahrene
Antoinette weiß nicht, auf was sie sich einlässt, als sie sich einen Esel als Wanderbegleiter mietet. Und der ist noch
störrischer als sie selbst... Nach den ersten dreißig Minuten des Films hat Regisseurin Caroline Vignal vermutlich den
Großteil ihrer Zuschauer verloren – so zäh entwickelt sich das kleine Road-Movie. Zäh wie ein Esel möchte man fast
sagen, um im Bild zu bleiben. Und das ist sehr schade, gewinnt Vignals Film erst kurz vor seinem Ende! Gewiss: ihre
Hauptfigur Antoinette, von Laura Calamy gespielt, ist auf Dauer etwas nervtötend, erfüllt aber gleichzeitig das Klischee
der verliebten jungen Grundschullehrerin ganz gut. Die Bilder im CinemaScope-Format laden den Zuschauer zum
Schwelgen ein und man verspürt schon nach kurzer Zeit Sehnsucht nach einem Wanderurlaub in Frankreich. Warum
auch nicht – genau dafür gibt es Kino. Und solche Filme wie diesen (mit einem etwas holprigen deutschen Titel).
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