Wolfram Hannemann
Filmkritiker / Freelance Journalist / Filmemacher

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Montag, 31. Januar 2022
Wenn ein Ex-Astronaut mit seiner Ex die Welt rettet
Nach dem Weltkriegsspektakel MIDWAY widmet sich Roland Emmerich in seinem neuen Film wieder dem Science-Fiction-Genre

MOONFALL (1:2.35, DD 5.1 + 7.1 + Atmos)
OT: Moonfall
Verleih: Leonine
Land/Jahr: USA 2022
Regie: Roland Emmerich
Darsteller: Halle Berry, Patrick Wilson, Donald Sutherland, Michael Pena
Kinostart: 10.02.2022

Als der Mond durch eine fremde Kraft aus seiner gewohnten Umlaufbahn geworfen wird, droht er auf die Erde zu stürzen. Ein Ex-Astronaut und seine Ex-Frau sowie ein Raumfahrt-Nerd sind jetzt die einzigen Menschen, die mittels eines Höllenfahrtskommandos die gesamte Menschheit retten können. Wird es ihnen gelingen? - In den 1950er-Jahren hätte man die Grundidee von Roland Emmerichs SciFi-Film ganz sicher als originell und womöglich extrem spannend empfunden. In die heutige Zeit allerdings mag das Werk nicht mehr so recht hineinpassen. Denn SciFi hat sich in den letzten 50 Jahren deutlich weiterentwickelt. Intelligentes SciFi ist heuer angesagt. Und Trash gibt es eigentlich nur noch um des Trashes Willen. Emmericha Film gehört dabei zu keiner der beiden Unterkategorien. Ein Film sozusagen “aus der Zeit gefallen”, in dem der gebürtige Schwabe (wieder einmal) sein gesamtes Repertoire an Filmen verarbeitet, die er von Kindesbeinen an gesehen hat. Man könnte vermutlich schon fast für jede Einstellung in seinem Film ein Vorbild aus der Filmgeschichte finden. So erklärt sich auch, warum in MOONFALL ein Klischee das andere jagt. Wirklich spannend ist das alles nicht, was der in Hollywood ansässige Sindelfinger mit viel Wumms da auf die große Leinwand zaubert. Die visuellen Effekte sind exzellent, die Darsteller hingegen Abziehbilder ohne Tiefgang. Da wundert es kaum, dass es einem als Zuschauer einfach nicht gelingt, sich mit dem einen oder anderen Charakter zu identifizieren und mitzufiebern. Kleiner Tipp: achten Sie mal darauf, wie Emmerich das Problem einer Patchworkfamilie auf einfachste Art und Weise löst: er entledigt sich auf elegante Weise des Stiefvaters. Die Harmonie ist wieder hergestellt. Alle leben weiter. Bis zum nächsten Emmerich-Film.
Dienstag, 25. Januar 2022
Frauenpower
Heute stand mal wieder ein Dokumentarfilm auf meinem Stundenplan

THE OTHER SIDE OF THE RIVER – NO WOMEN, NO REVOLUTION (1:1.78, 5.1)
Verleih: JIP Film
Land/Jahr: Deutschland, Finnland 2021
Regie: Antonia Kilian
Kinostart: 27.01.2022

Die andere Seite des Flusses – damit ist der Euphrat gemeint, jenen Fluss, den die 19jährige Hala überquerte, um einer Zwangsehe zu entkommen. Dort, eben auf der anderen Seite, fand sie bei einer kurdischen Frauenverteidigungseinheit ein neues Zuhause. Für die Frauen dieser Einheit ist nicht nur der IS der Feind, sondern insbesondere das Patriarchat im Allgemeinen, mit der Zwangsehe als ultimative Unterdrückungsinstitution. Regisseurin Antonia Kilian beobachtet und begleitet die willensstarke junge Frau, die sich vorgenommen hat, auch ihre 10 Schwestern aus den Klauen des Patriarchats zu befreien. Sie zeigt sie von ihrer militärischen Ausbildung bis hin zu ihrem Einsatz als Polizistin. Auch Halas Eltern holt die Filmemacherin vor die Kamera und lässt sie zu Wort kommen. Kilian verzichtet dabei leider auf die Erklärung politischer Hintergründe, so dass die Zusammenhänge für unbedarfte Zuschauer nicht ganz nachzuvollziehen sind. Dennoch beeindruckt ihr Dokumentarfilm, weil er eine Protagonistin zeigt, die ihren eigenen Weg geht in einem Land, in dem dies alles andere als gewollt ist.

Samstag, 22. Januar 2022
Wenn aus Freundschaft Liebe wird
Heute war es soweit: mein erstes richtiges Kino-Highlight des Jahres 2022

LICORICE PIZZA (1:2.35, 5.1 / Auch in 70mm & 35mm)
OT: Licorice Pizza
Verleih: Universal
Land/Jahr: USA 2021
Regie: Paul Thomas Anderson
Darsteller: Alana Haim, Cooper Hoffman, Sean Penn
Kinostart: 27.01.2022

Als sie sich Anfang der 1970er-Jahre kennenlernen ist er gerade mal 15, sie bereits in den Mittzwanzigern: Gary, ein stabil gebauter Kinderstar, und Alana, eine hochgewachsene junge Dame. Garys extrem charmantes und ungehemmtes Auftreten imponiert Alana. Die beiden werden trotz aller Unterschiede zu “Best Friends”. Doch sind die beiden wirklich nur gute Freunde oder gibt es da noch mehr...? - Eigentlich ist er für seine Dramen bekannt, doch für seinen neunten Kinofilm wechselte er nun ausnahmsweise in das Genre der Komödie: Paul Thomas Anderson, Kult-Regisseur von Filmen wie MAGNOLIA, THE MASTER und DER SEIDENE FADEN. Dass er auch die Komödie souverän beherrscht, beweist er mit LICORICE PIZZA ganz vorzüglich. Im Stil von Filmen wie AMERICAN GRAFFITTI oder jüngst ONCE UPON A TIME IN HOLLYWOOD entfaltet er ein Kaleidoskop der ausgehenden 1960er- und der beginnenden 1970er-Jahre. Mit vielen Referenzen zu Hollywood-Persönlichkeiten, die mal mit richtigem Namen (wie Jon Peters) oder auch mit Phantasienamen (wie Jack Holden, einer Anspielung auf William Holden) im Film auftreten, erzählt Anderson in lose zusammenhängenden Episode und Episödchen über mehrere Jahre die Geschichte einer Freundschaft, aus der ganz langsam Liebe entsteht. Den beiden extrem sympathischen Hauptdarstellern Alana Haim und Cooper Hoffman ist es zu verdanken, dass diese Geschichte so wunderbar funktioniert. Der von viel Zeitkolorit geprägte visuelle Stil des Films entfaltet sich speziell in der 70mm-Fassung des Films. Hier sei den Mitlesenden ganz besonders die Präsentation in der Karlsruher Schauburg empfohlen, auf deren gekrümmter Bildwand Andersons Film sein ganzes Potenzial entfalten darf. Wie in vielen seiner Filmen setzt der Regisseur auch in LICORICE PIZZA auf viele Plansequenzen, durch die man als Zuschauer voll in den Film hineingesogen wird. Abgerundet wird der nostalgische Hollywood-Trip durch eine sehr präzise Tonspur, die nur so gespickt ist von den Hits der 1970er-Jahre. Immer wieder lässt Anderson Dialoge und Geräusche ausblenden und den ein oder anderen Song in entsprechender Lautstärke die jeweilige Szene übernehmen. LICORICE PIZZA (wohl eine Anspielung auf eine Kette von Schallplattenläden, die es zu jener Zeit überall gab) gelingt es, jenen Moment exakt einzufangen, in dem aus Freundschaft Liebe wird. Ich garantiere Ihnen, dass Sie den Kinosaal mit einem Hochgefühl verlassen werden! Mein definitiver Geheimtipp für Februar.
Dienstag, 11. Januar 2022
Der Championsmacher
Der Pressevorführungsauftakt im neuen Jahr begann mit einem Biopic

KING RICHARD (1:2.35, 5.1 + Atmos)
OT: King Richard
Verleih: Telepool (Paramount)
Land/Jahr: USA 2021
Regie: Reinaldo Marcus Green
Darsteller: Will Smith, Saniyya Sidney, Demi Singleton
Kinostart: 24.02.2022

Dass er als Farbiger mit seiner vielköpfigen Familie ein kleines Haus in Compton, Kalifornien, bewohnt, wäre eigentlich schon mehr als genug. Doch Richard Williams hat einen Masterplan, an den er und seine Familie sich strikt zu halten haben: aus seinen Töchtern Venus und Serena sollen die weltbesten Tennis-Champions werden! - In seinem 144 Minuten langen Spielfilm erzählt Regisseur Reinaldo Marcus Green die wahre Geschichte hinter den extrem erfolgreichen Tennis-Profis Venus und Serena Williams. Ein sichtlich gealterter Will Smith schlüpft hier in die Rolle des Vaters der beiden Tennis-Schwestern, der alles dafür tut, um seinen lange gehegten Plan in die Tat umzusetzen, um aus seinen beiden Töchtern Weltklasse-Spielerinnen zu machen. Ein Mann, der von seinen Kindern stets Demut und Bescheidenheit einfordert, selbst aber nicht immer merkt, dass er selbst sich oft gar nicht an diese Tugenden hält. Höhepunkt im Film ist das Match zwischen Venus Williams und Jennifer Capriati, das extrem spannend in Szene gesetzt ist und bei dem der Score von Kris Bowers für die emotionalen Akzente sorgt. Insbesondere ist der Film natürlich für Tennisfans von Interesse, doch bietet er auch eine größere, allgemeinere Botschaft: mit den richtigen Förderern kannst Du im Leben alles erreichen.
Samstag, 08. Januar 2022
Agentinnen retten die Welt
Ein enttäuschender Kinobesuch – zumindest für mich

THE 355 (1:2.35, 5.1 +7.1 + Atmos)
OT: The 355
Verleih: Leonine
Land/Jahr: USA 2020
Regie: Simon Kinberg
Darsteller: Diane Kruger, Penélope Cruz, Jessica Chastain, Lupita Nyong'o, Bingbing Fan, Sebastian Stan, Édgar Ramírez
Kinostart: 06.01.2022

Als ein skrupelloser Geschäftsmann eine Hightech-Waffe erwerben möchte, die ihm grenzenlose Macht verleiht, müssen sich drei konkurrierende Geheimagentinnen und eine Psychotherapeutin unfreiwillig zusammenschließen, um die Welt zu retten... Simon Kinbergs Actionthriller ist so etwas wie die weibliche Antwort auf James Bond. Bedarf es bei Letzterem nur eines einzigen Agenten, setzt Kinberg hier gleich auf ein weibliches Quartett, das am Ende sogar auf ein Quintett erweitert wird. Allerdings ohne Wirkung. Denn das Agentenspektakel ist leider von Anfang an auf Langeweile programmiert. Nimmt man Diane Kruger und Jessica Chastain ihre Rollen als (fast) unfehlbare Agentinnen noch ab, erweist sich Penélope Cruz als klassische Fehlbesetzung. Die Weiblein bieten kaum Identifikationspotenzial und Humor bleibt sowieso auf der Strecke. Dass Frauenpower hervorragend funktionieren kann, bewies unlängst GUNPOWDER MILKSHAKE ziemlich deftig und mit viel Witz und Ironie. Was hätte THE 355 werden können, hätte man etwas mehr Ironie und Spannung in die Story gekippt. Schade um die vertane Zeit im Kino.

Freitag, 07. Januar 2022
Agenten retten die Welt
Mein erster Kinobesuch im neuen Jahr erwies sich als Glücksgriff

THE KING’S MAN - THE BEGINNING (1:2.35 & 1:1.90, 5.1 + 7.1 + Atmos)
OT: The King’s Man
Verleih: Walt Disney
Land/Jahr: Großbritannien, USA 2020
Regie: Matthew Vaughn
Darsteller: Ralph Fiennes, Gemma Arterton, Rhys Ifans, Matthew Goode, Tom Hollander, Harris Dickinson, Daniel Brühl, Djimon Hounsou, Charles Dance
Kinostart: 06.01.2022

Als zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Tyrannen und kriminellen Superköpfe der Welt zusammenschließen, um sich die Menschen Untertan zu machen, macht ein Mann mobil um dies zu verhindern: Orlando Oxford. Gemeinsam mit seinen getreuen Bediensteten sowie seines Sohnes Conrad macht er sich auf den Weg, um im Verborgenen gehen die Tyrannen aufzubegehren... Mit dem dritten Teil der KINGSMAN-Reihe liefert Regisseur Matthew Vaughn nicht nur die Vorgeschichte zu dem Geheimbund, sondern auch absolut perfektes Popcorn-Kino! Augenzwinkernd und auch gerne mal etwas brutal präsentiert er eine zwar hanebüchene Geschichte, die dafür aber umso amüsanter und voller überraschender Wendungen ist. Kameramann Ben Davis komponiert atemberaubende Bilder, die insbesondere in der IMAX-Fassung mit erweitertem Bildformat ihre volle Wirkung entfalten können. Der Dreikampf mit Rasputin, das surreale Schlachtfeld des Krieges oder der Absturz mit einem Flugzeug sind geniale Höhepunkte in diesem rasant geschnittenen Comic-Streifzug durch die Anfänge des Ersten Weltkriegs. THE KING’S MAN wartet zudem mit einer fulminanten Tonmischung auf, die begeistert: satte Bässe bei Schüssen und spürbarer Tiefstbass bei der Explosion einer Handgranate. Ganz zu schweigen vom Flugzeugabsturz, der das gesamte tontechnische Register zieht, um beim Zuschauer Schnappatmung zu erzeugen. Wer die Möglichkeit hat, den Film in einem tontechnisch vorzüglichen Kino bei richtiger Lautstärke zu erleben, darf sich glücklich schätzen. Der Score von Dominic Lewis und Matthew Margeson mit dem erhabenen KINGSMAN-Motiv trägt den gesamten Film, der wahrhaftig nach einer Fortsetzung schreit.

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