Wolfram Hannemann
Filmkritiker / Freelance Journalist / Filmemacher

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Dienstag, 30. August 2022
Geschichten aus 1001 Nacht
Wow - ein Pressedoppel! Es gibt noch Hoffnung...

RIMINI (1:1.85. 5.1)
Verleih: Neue Visionen
Land/Jahr: Österreich, Frankreich, Deutschland 2022
Regie: Ulrich Seidl
Darsteller: Michael Thomas, Tessa Göttlicher, Hans-Michael Rehberg, Georg Friedrich
Kinostart: 06.10.2022

Richie Bravo hat seine besten Tage schon lange hinter sich. Jetzt beglückt er im Winter ein paar wenige Zuschauerinnen in den Clubs in Rimini und frischt seine Finanzen mit Liebesdiensten auf. Als eines Tages plötzlich seine 18jährige Tochter vor ihm steht und Wiedergutmachungsgeld von ihm fordert, kommt der abgehalfterte Schlagersänger in arge Nöte... Eigentlich ist die an der italienischen Adriaküste gelegene Stadt Rimini für ihre vielen Nachtclubs am Strand bekannt. Und sicherlich floriert hier das Geschäft in den Sommermonaten. Filmemacher Ulrich Seidl zeigt uns aber ein ganz anderes Rimini: nämlich das im kalten Winter. Seidl findet damit die perfekten Bilder für den Seelenzustand seines ganz unten angekommenen Protagonisten. Michael Thomas verkörpert ihn – stets gekleidet in einem Pelz, der vermutlich schon viele Jahrzehnte auf dem Buckel hat. So wie die Karriere des Richie Bravo, der zu oft dem Alkohol frönt und sich für Sex mit alten Damen bezahlen lässt, die ihn sicher noch aus seinen guten Tagen kennen. Richie ist ein Ritter der traurigen Gestalt, der einzig noch vom einstigen Ruhm zehrt. Die Charakterzeichnung gelingt Seidl extrem gut. So gut, dass man sich als Zuschauer für Richie fast schon fremdschämt. Mit seinen 114 Minuten Spielzeit ist der Film allerdings etwas zu lange geraten: er ergeht sich in zu vielen Wiederholungen. Wer Kino fernab des Mainstreams mag, wird mit dem Ergebnis aber dennoch zufrieden sein. Ein echter Seidl eben.

THREE THOUSAND YEARS OF LONGING (1:2.35, 5.1 + 7.1 + Atmos)
OT: Three Thousand Years Of Longing
Verleih: Leonine
Land/Jahr: Australien, USA 2022
Regie: George Miller
Darsteller: Tilda Swinton, Idris Elba, Kaan Guldur
Kinostart: 01.09.2022

Dr. Alitheia Binnie ist Gelehrte der Erzähltheorie. Bei einem Aufenthalt in Istanbul findet sie in einem Basar eine kleine Flasche. Wieder zurück in ihrem Hotel entpuppt sich die Flasche als das Zuhause eines Djinns, der ihr im Gegenzug für seine Freiheit drei Wünsche erfüllen will. Alithea zögert. Mit phantastischen Geschichten aus seinem Leben versucht der Djinn, die Gelehrte für sich zu gewinnen... George “Mad Max” Miller erfindet sich neu: Abkehr vom Action-Film, Vorhang auf für 1001 Nacht. Mit THREE THOUSAND YEARS OF LONGING liefert er ein superb fotografiertes (Kamera: John Seale) Märchen ab, das nicht nur das Geschichtenerzählen zelebriert, sondern auch die Liebe. Mit überbordender Phantasie und visuellen Einfällen lädt er seine Zuschauer ein, sich auf ungewöhnliche Geschichten einzulassen, deren verbindendes Element stets die Liebe ist. Und er mahnt: Be Careful What You Wish For! Kino für alle Sinne – mit atemberaubendem Sounddesign.
Donnerstag, 25. August 2022
Neues von der Wintersteinschule
Wochenabschluss mit einem Kinderfilm

DIE SCHULE DER MAGISCHEN TIERE 2 (1:2.35, 5.1)
Verleih: Leonine
Land/Jahr: Deutschland 2022
Regie: Sven Unterwaldt
Darsteller: Lilith Julie Johna, Loris Sichrovsky, Emilia Maier, Leonard Conrads, Emilia Pieske, Nadja Uhl, Justus von Dohnányi, Heiko Pinkowski, Milan Peschel
Kinostart: 29.09.2022

Zum 250jährigen Bestehen der Wintersteinschule sollen die Schüler ein Musical einstudieren. Die perfekte Plattform für Oberzicke Helene, sich mit ihren Freundinnen in Szene zu setzen. Die schüchterne Anna-Lena tut alles dafür, auch zu Helenes Dunstkreis zu gehören. Doch Ida erkennt Anna-Lenas Talent und möchte ihr helfen. Dabei hat sie ihre ganz eigene Probleme: sie ist in Jo verknallt, den auch Helene umgarnt. Und dann gibt es da zwei neue magische Tiere: den Pinguin Juri, der für Jo bestimmt ist, und das Chamäleon Caspar, das sich Anna-Lena annimmt... Vielleicht liegt es ja an der Hormonumstellung, die man im Alter erfährt, dass mir Teil 2 der Saga um die magischen Tiere besser gefallen hat als der erste Teil. Und das obgleich nach wie vor vollkommen unklar bleibt, was es mit diesen magischen Tieren nun auf sich hat. Aber derlei Fragen stellen sich Kinder, also das Zielpublikum, vermutlich gar nicht. Einer der Nachteile erwachsen zu sein. Auch sehen nach wie vor die computergenerierten magischen Tiere wie Plastikspielzeug aus. Feine Strukturen oder liebevolle Details gibt es da aus Kostengründen nicht. Warum also hat mir Teil 2 nun besser gefallen? Möglicherweise liegt es einfach daran, dass ich mich nach dem Schock des ersten Teils inzwischen einfach an die benannten Unzulänglichkeiten gewöhnt habe. Auch die Kinderdarsteller fand ich jetzt nicht mehr so untalentiert wie im ersten Teil. Aber die sind ja alle in einem Alter in dem eine Weiterentwicklung ziemlich rasant verläuft. Hier beeindruckte mich insbesondere die Darstellerin der Anna-Lena, Lilith Johna, die ihre Rolle absolut überzeugend spielt. Ihre Rolle ist Dreh- und Angelpunkt des Subtextes der Geschichte, in dem es darum geht, nicht immer unsichtbar zu blieben, sondern auch einmal aus dem Schattendasein herauszutreten und aller Welt zu zeigen, was in einem steckt. Da passt dann auch das magische Tier, das Anna-Lena erhält, wunderbar: ein Chamäleon. Was die Filmmusik angeht, so leistet Dominik Giesriegl wieder ganze Arbeit und liefert einen fulminanten orchestralen Score, der zwar immer wieder an Vorbilder aus Hollywood erinnert, aber dennoch eine beachtliche Leistung darstellt. Vor allem deswegen, weil sie im deutschen Film so selten zu finden ist. Neben dem Score gibt es natürlich auch wieder ein paar hübsche Lieder im Film, von denen besonders Anna-Lenas Solo berührt und – gewollt oder nicht – ziemlich an (Everything I Do) I Do It For You aus Kevin Costners Robin-Hood-Film erinnert.
Mittwoch, 24. August 2022
Liebe in der Endlosschleife
Gerade als man denkt, dass es nun endlich vorbei ist...

AFTER FOREVER (1:2.35, 5.1)
OT: After Ever Happy
Verleih: Constantin
Land/Jahr: USA 2022
Regie: Castille Landon
Darsteller: Josephine Langford, Hero Fiennes Tiffin, Carter Jenkins
Kinostart: 25.08.2022

Nachdem Hardin seinen richtigen Vater nun kennt, werden die Karten neu gemischt. Hardin gibt sich wieder dem Alkohol hin, Tessa möchte ihn wider alle Vernunft wieder retten... Herzlich willkommen in der Endlosschleife Es ist wieder soweit! Bereits zum vierten Mal dürfen wir der abgründigen Liebe zwischen Tessa und Hardin beiwohnen. Ein ständiges Auf- und Ab, wie man es eigentlich nur von den Telenovelas kennt. Gäbe es diesen Film auf Rezept, könnte man ihn direkt als Schlafmittelersatz verschreiben. Wie schon in Teil 3 so sind auch hier die “Fancy Locations” nur Stock Footage, das von der Produktion eingekauft wurde. Gedreht wurde in Bulgarien. Und wieder gibt es zwei weichgespülte “amerikanische” Sexszenen, die leider ins Leere laufen und dem Unterhaltungswert des Films nicht förderlich sind. Wie immer wird unglaublich viel Dummes Zeug geschwatzt. Kino zu Abgewöhnen. Allerdings mit einem echten Schockeffekt: am Ende steht da zu lesen “Fortsetzung folgt”!
Dienstag, 23. August 2022
Von der Standbohrmaschine auf den Laufsteg
Die erste von gleich drei Pressevorführungen in einer Woche – das bin ich gar nicht mehr gewohnt!

IN EINEM LAND, DAS ES NICHT MEHR GIBT (1:2.35, 5.1)
Verleih: Tobis
Land/Jahr: Deutschland 2022
Regie: Aelrun Goette
Darsteller: Marlene Burow, David Schütter, Sabin Tambrea, Claudia Michelsen, Jördis Triebel, Helene Grass, Sven-Eric Bechtolf, Bernd Hölscher
Kinostart: 06.10.2022

DDR, Sommer 1989. Weil man bei einer Kontrolle Orwells Roman 1984 bei ihr findet, fliegt Suzie von der Schule und muss als Zerspanungsfacharbeiterin in der sozialistischen Produktion arbeiten. Durch Zufall landet ein Foto von ihr in der angesagten ostdeutschen Modezeitschrift “Sibylle” und öffnet ihr eine vollkommen neue Perspektive für ihr Leben: Suzie beschließt Model zu werden. Sie freundet sich mit dem schwulen Rudi an, der ihr den “aufrechten Gang” beibringt und geht eine Liaison mit dem rebellischen Fotografen Coyote ein. Doch die Reise in die schillernde Subkultur des Ostberliner Undergrounds hat auch ihre Schattenseiten... Basierend auf wahren Begebenheiten gewährt Aelrun Goettes Film einen Einblick in die Modewelt der ehemaligen DDR. Erzählt am Schicksal der jungen Susanne, die von allen nur Suzie genannt wird als Referenz zu Suzie Quattro, die durch ihren Einstieg ins Model-Business gleichzeitig die unliebsame Bekanntschaft mit der Stasi macht und bald nicht mehr weiß, wer Freund oder Feind ist. Marlene Burow spielt diese Suzie mit Bravour, anfangs komplett verunsichert und ihren eigenen Gefühlen nicht trauend, am Ende zu einer starken und mutigen Persönlichkeit gereift. Auch wenn so mancher Schnitt im Film nicht richtig sitzt und die ein oder andere Szene etwas unbeholfen wirkt (als Beispiel sei hier die Liebesszene zwischen Suzie und Coyote erwähnt, die an die Schmuddelfilme der 1970er Jahre erinnert), so nimmt der Film den Zuschauer weitestgehend für sich an. Das dürfte zum größten Teil an der Filmmusik von Boris Bojadzhiev liegen, die der Dramatik der Geschichte und den damit verbundenen Gefühlen den perfekten Unterbau liefert. Die CinemaScope-Kamera von Benedict Neuenfels fängt exzellent das Zeitkolorit ein und gibt den Protagonisten viel Raum, um sich zu entfalten. Fazit: Bewegendes Kino mit kleineren Abstrichen.
Samstag, 20. August 2022
Klein, gelb und süß
Nachdem ich leider den IMAX-Einsatz der Minions verpasst habe, habe ich den Film heute in der regulären Fassung nachgesessen

MINIONS – AUF DER SUCHE NACH DEM MINI-BOSS (1:2.35, 5.1 + 7.1 + Atmos)
OT: Minions: The Rise of Gru
Verleih: Universal
Land/Jahr: USA 2021
Regie: Kyle Balda, Brad Ableson, Jonathan del Val
Kinostart: 30.06.2022

Wir schreiben die 1970er-Jahre. Afro-Look und Disco ist angesagt. In der Schule träumt der kleine Gru davon, später einmal zum fiesesten Bösewicht aller Zeiten aufzusteigen. Als er unverhofft eine Einladung zum Vorstellungsgespräch bei den “Fiesen 6”, der fiesesten Truppe von Bösewichtern, erhält, rückt sein Ziel in greifbare Nähe. Doch alles kommt anders und Grus kleine loyale Mannschaft der Minions muss zu Hilfe eilen... Da sind sie wieder, diese süßen Minions, die gleichermaßen Kinder wie Erwachsene mit ihren manchmal etwas derben Späßen unterhalten. Dieses Mal allerdings weit weniger derb als gewohnt, sozusagen “bereinigt”. Nur ganz selten, d.h. konkret in einer oder vielleicht auch zwei kurzen Szenen, flammt diese Derbheit noch kurz auf. Das ist natürlich extrem schade, werden die gelben Eierköpfe damit doch ihrer wesentlichsten Eigenschaft beraubt. Alles weitere in diesem perfekt computeranimierten Film wirkt recht oberflächlich und ist nur auf rasante Action mit viel Krawall und Bumm Bumm ausgelegt. Man wird nahezu erschlagen von den quietschbunten, überfrachteten Bildern. Die Minions haben längst ihren Zenit erreicht, der neuen Film ist als reine Gelddruckmaschine einzuordnen. Für kleiner Kinder könnten die brutalen Szenen etwas verstörend wirken.
Samstag, 13. August 2022
Das Grauen wartet im Niemandsland
Mein Ausflug zum IMAX-Kino in Karlsruhe hat sich gelohnt

NOPE (1:2.20 & 1:1.44, 5.1 + 7.1 + Atmos)
OT: Nope
Verleih: Universal
Land/Jahr: USA 2022
Regie: Jordan Peele
Darsteller: Daniel Kaluuya, Keke Palmer, Steven Yeun
Kinostart: 11.08.2022

Weit draußen im amerikanischen Niemandsland liegt die Farm der Familie Haywood, auf der Hollywood-Filmpferde gezüchtet werden. Nach dem schrecklichen Tod des Vaters betreiben OJ und seine Schwester Em die Farm in Eigenregie. Eines Tages beobachten die beiden unerklärliche Phänomene, die sich kurze Zeit darauf nur als die Vorboten eines grauenerregenden Geheimnisses entpuppen... NOPE, was man auf Deutsch mit einem einfachen “Nö” übersetzen würde, ist einer der ungewöhnlichsten und damit interessantesten SciFi-Filme mit Horrorelementen der letzten Jahre. Jordan Peele beweist hier aufs Neue sein Gespür für alptraumhafte Atmosphären. In Grundzügen an UNHEIMLICHE BEGEGNUNG DER DRITTEN ART erinnernd, versteht es Peele aufs Vortrefflichste, eine latent unheimliche Stimmung aufzubauen. Dafür benötigt er fast keine Dialoge, sondern bedient sich vielmehr eines ausgefeilten Sounddesigns. “Waren das menschliche Schreie, die da gerade durch die Luft wirbelten?”, fragt sich da so mancher Zuschauer. Lange lässt Peele seine Zuschauer zappeln, verrät ihnen nicht, wohin die Reise führt. Dadurch erzeugt er eine hochexplosive Spannung, die er mit atemberaubenden Bildern unterfüttert. Wer die Möglichkeit hat, den Film in einem richtigen IMAX-Kino zu sehen, das in der Lage ist, das klassische 1:1.44-Format zu spielen, wird hier seine wahre Freude erleben. Die gigantisch großen und qualitativ hervorragenden Aufnahmen machen das Kinoerlebnis weitaus intensiver als in herkömmlichen Kinos. Und Peele, der seinen Film komplett analog drehen ließ (mit 65mm Panavision- sowie IMAX-Kameras) baut in seinen Thriller sogar noch einen kleinen Exkurs in Sachen Filmemachen ein, indem er die Unzulänglichkeiten der digitalen, batteriebetriebenen Aufnahmen der analogen auf Negativfilm und mit Handkurbel gedrehten Großformataufnahmen gegenüberstellt. Umso enttäuschender natürlich die Tatsache, dass sich der Filmverleih offensichtlich gegen die Auswertung des Films mit analogen 70mm-Kopien und analogen IMAX 15/70 Kopien entschieden hat. Neben dem exzellenten Sounddesign (Atmos-Häuser dürfen sich freuen!) sind auch die fulminante Filmmusik von Michael Abels (mit großem Orchester und Chor) sowie die extrem überzeugenden visuellen Effekte erwähnenswert. Was die Entscheidung der FSK angeht, den Film ab 12 Jahren freizugeben, so bleibt diese eine extrem grenzwertige Angelegenheit. Denn es gibt im Film eine Passage, die an die Nieren geht und Kindern mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit schlaflose Nächte bereiten wird. Eine Einstufung des Films ab 16 Jahren wäre hier sicherlich zielführender. Fazit: wer genug hat vom Getöse der Marvel-Filme, dem sei NOPE ans Herz gelegt. Denn es bedarf nur weniger Gesten und Geräusche, um Spannung pur zu erzeugen. Und Jordan Peele zeigt wie es geht.
Freitag, 12. August 2022
Am Ende der Welt
Was gibt es Besseres als sich bei sommerlichen Temperaturen einen Film anzuschauen, der auf einer Polarinsel spielt?

WETTERMACHER (1:2.35, 5.1)
Verleih: W-film
Land/Jahr: Deutschland 2021
Regie: Stanislaw Mucha
Kinostart:18.08.2022

Mit grandiosen CinemaScope-Bildern zeigt Filmemacher Stanislaw Mucha die Arbeit dreier Meteorologen auf einer Wetterstation in absoluter Isolation – auf der russischen Polarinsel Chodowaricha. Was sind das für Menschen, die sich freiwillig in die komplette Isolation geben, wo sie Naturgewalten und Eisbären ausgeliefert sind? Im Laufe des Films erfährt man mehr über Alexander und seine Frau Sascha sowie deren Chef Wladimir. Jeder von ihnen hat gute Gründe hier in dieser Ödnis zu sein – und die haben weniger mit Freiwilligkeit zu tun als “Entsorgung” aus der Gesellschaft. Auch der einzige Nachbar der Meteorologen, der alte Wassili, hat der Zivilisation den Rücken gekehrt, um an den Ort seiner Geburt zurückkehren. Hier ist er ungestörter Herr eines maroden Leuchtturms. Immer wieder meldet sich Regisseur Mucha aus dem Off und kommentiert die unterschiedlichen Situationen mit teils unterschwelligem Humor. Ganz unaufdringlich zeigt er, was mit Menschen passiert, die in vollkommener Einsamkeit, zusammengepfercht auf engstem Raum und nur einem Minimum an Privatsphäre, Tag für Tag und Nacht für Nacht leben müssen. Wer in einer solch unwirtlichen Umgebung festsitzt und bangen muss, dass die Vorräte ausgehen noch bevor Nachschub geliefert wird, der wird verrückt oder ist es schon. Ein visuell betörender und gleichzeitig ein wenig unheimlicher Dokumentarfilm, den man sich unbedingt im Kino anschauen sollte.

Dienstag, 09. August 2022
Stelldichein der Killer
Heute habe ich mir mal wieder Popcorn-Kino auf der größten IMAX-Bildwand der Welt gegönnt

BULLET TRAIN (1:2.35, 5.1 + Atmos)
OT: Bullet Train
Verleih: Sony Pictures
Land/Jahr: USA 2022
Regie: David Leitch
Darsteller: Brad Pitt, Sandra Bullock, Zazie Beetz, Joey King, Aaron Taylor-Johnson, Michael Shannon
Kinostart: 04.08.2022

Klingt eigentlich ganz einfach: Profikiller Ladybug soll einen Geldkoffer im Schnellzug von Tokyo nach Kyoto bringen. Was er aber noch nicht weiß: im Zug befinden sich weitere Profikiller, die ebenfalls Interesse an dem Koffer haben. Die Party kann beginnen! – Mit viel schwarzem Humor und überbordender Action präsentiert Regisseur David Leitch sein Stelldichein der Profikiller, von denen einige ganz gewiss aus dem Quentin Tarantino Universum entsprungen sind. Insbesondere die “Zwillinge” erinnern nicht nur äußerlich an die beiden Killer aus PULP FICTION, sondern auch in ihren absurden Dialogen. Kunstvoll werden mehrere Geschichten ineinander verwoben, alle getrieben von Rache. Dass die Buchvorlage von einem Japaner stammt wundert nicht, kennt man doch derlei prolongierte und verschachtelte Rachegeschichten speziell aus asiatischen Ländern. BULLET TRAIN ist spektakuläres, witziges und deftiges Kino für Genre-Fans, das man unbedingt in einem tontechnisch vorzüglichen Saal inhalieren sollte. Kleine Randnotiz: in Leitchs Film bekommt sogar eine ganz normale Wasserflasche ihre eigene Geschichte. Wirklich hübsch!

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