Wolfram Hannemann
Filmkritiker / Freelance Journalist / Filmemacher

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Donnerstag, 25. Mai 2023
Under the Sea
Heute bin ich abgetaucht

ARIELLE, DIE MEERJUNGFRAU (1:2.35, 1:1.90 (IMAX), 5.1 + 7.1 + Atmos)
OT: The Little Mermaid
Verleih: Walt Disney Studios Motion Pictures Germany
Land/Jahr: USA 2023
Regie: Rob Marshall
Darsteller: Halle Bailey, Daveed Diggs, Jacob Tremblay, Awkwafina, Jonah Hauer-King, Art Malik, Noma Dumezweni, Javier Bardem, Melissa McCarthy
Kinostart: 25.05.2023

Die wissbegierige und abenteuerlustige Meerjungfrau Arielle schlägt etwas aus der Art, weil sie sich für alles Menschengemachte interessiert. Als der junge Eric mit seinem Schiff kentert, rettet sie ihn nicht nur, sondern verliebt sich auch noch in den Schönling. Das ruft die böse Krakentante Ursula auf den Plan, die Arielle einen Pakt mit dem Teufel vorschlägt... Mit ARIELLE hat Regisseur Rob Marshall einen weiteren Animationsklassiker von Disney in ein Live-Action-Abenteuer voller visueller Effekte umgesetzt. Auch wenn ARIELLE nicht dieselbe emotionale Kraft versprüht wie DIE SCHÖNE UND DAS BIEST, so ist der Film aufgrund der grandiosen Unterwasseraufnahmen sehenswert. Es ist atemberaubend, wie sich die Kamera durch Korallenriffe und Schiffswrack hindurchschlängelt, fast so, als wäre man persönlich dabei. Einen Pluspunkt stellt natürlich auch der Score von Alan Menken dar, der mit großem Orchester arbeitet und jede Menge Songs liefert. Für den Spaßfaktor im Film sorgen die kleinen Meeresbewohner Flounder, ein Fisch, sowie Sebastian, ein Krebs. Kleinere Zuschauer könnten am Anfang des Films Angst bekommen, wenn Arielle von einem riesigen, bösen Hai gejagt wird.
Dienstag, 23. Mai 2023
Extremsituaton Urlaub
Passend zum heutigen trüen Vormittag habe ich mir ein Drama gegönnt.

FUCKING BORNHOLM (1:2.35, 5.1)
OT: Fucking Bornholm
Verleih: Arsenal Filmverleih
Land/Jahr: Polen 2022
Regie: Anna Kazejak
Darsteller: Agnieszka Grochowska, Maciej Stuhr, Jasmina Polak, Grzegorz Damiecki
Kinostart: 01.06.2023

Traditionell verbringen zwei Familen aus Polen ihren Kurzurlaub gemeinsam mit ihren Kindern im Wohnwagen und Campingmobil auf der dänischen Insel Bornholm. Ein Vorfall zwischen den Kindern zieht schon bald Kreise und führt nicht nur zu Verstimmungen zwischen den befreundeten Paaren, sondern auch zwischen den Paaren selbst... Mit FUCKING BORNHOLM liefert die polnische Regisseurin Anna Kazejak ein perfektes Psychogramm eines recht labilen Beziehungskonstrukts. In der Extremsituation ”Urlaub” kommen all die unschönen Dinge zur Sprache, die während des Alltags im Verborgenen bleiben. Kazejak kann sich hier auf einen Cast verlassen, der die Geschichte sehr authentisch erscheinen lässt. Die schönen CinemaScope-Bilder (Kamera: Jakub Stolecki) und der barocke Streicher-Score (Musik: Jerzy Rogiewicz) bilden dabei die ästhetisch schöne Oberfläche, die im Kontrast zu den sich entwickelnden Konflikten steht. FUCKING BORNHOLM ist kein Wohlfühl-Kino, sondern handfestes Drama, das so oder ähnlich im wahren Leben immer wieder passiert. Für Zuschauer*innen mit entsprechendem Erfahrungsschatz bietet der Film viel Identifikationspotenzial,
Freitag, 19. Mai 2023
Von der Schule in die Stadtverwaltung
Mein heutiges Double Feature huldigte offenbar dem Stummfilmbildformat

DAS LEHRERZIMMER (1:1.37, 5.1)
Verleih: Alamode Film
Land/Jahr: Deutschland 2022
Regie: Ýlker Çatak
Darsteller: Leonie Benesch, Michael Klammer, Rafael Stachowiak, Eva Löbau
Kinostart: 04.05.2023

In ihrer Schule ist Lehrerin Carla Nowak allseits beliebt – bei ihren Schülern ebenso wie beid en Kollegen. Eine echte Vorzeigelehrerin. Als es zu Diebstählen an der Schule kommt, stellt Carla auf eigene Faust Ermittlungen an, bringt sich damit in Teufels Küche und droht daran zu zerbrechen... Können nicht alle deutschen Filme derart spannend sein wie Ilker Çataks Schuldrama? Mit einer zur Höchstform aufspielenden Leonie Benesch sowie dem bis in die kleinsten Rollen handverlesenen Cast fühlt sich der Schul-Thriller wahrhaft authentisch an. Hier wirkt nichts gestellt oder verkünstelt. Durch Judith Kaufmanns extrem agile Kameraführung verleiht dem Film trotz des auf 4x3 eingeengten Bildformats eine bemerkenswertee Dynamik. Marvin Millers exzellente Filmmusik verstärkt den Thriller-Charakter der Geschichte, ohne jedoch zu plakativ zu werden. Çatak liefert mit DAS LEHRERZIMMER wirklich beeindruckendes deutsches Kino, das bis zur letzten Minute fesselt. Ein Beweis dafür, dass ein Film auch ohne aufwändige visuelle Effekte funktioniert, wenn nur das Drehbuch stimmt. Ein Geheimtipp.

LIVING – EINMAL WIRKLICH LEBEN (1:1.48, 5.1)
OT: Living
Verleih: Sony Pictures
Land/Jahr: Großbritannien, Japan, Schweden 2022
Regie: Oliver Hermanus
Darsteller: Bill Nighy, Tom Burke, Aimee Lou Wood, Alex Sharp
Kinostart: 18.05.2023

London 1953. Mr. Williams ist ein Beamter wie er im Buche steht: extrem penibel, in sich gekehrt, freudlos. Als ihm sein Arzt eines Tages die tödliche Diagnose stellt, dass er nur noch wenige Monate zu leben habe, beginnt Williams ganz allmählich aus dem schönden Alltag auszubrechen... Die Engstirnigkeit, mit der in der Stadtverwaltung gearbeitet wird, manifestiert sich bildtechnisch in dem engen, fast quadratischen Bildformat, das Regisseur Oliver Hermanus für sein Remake des japanischen Klassikers ”Ikiru” von Akira Kurosawa verwendet. Durch die ungewöhnliche Farbgebung sowie die perfekt integrierten historischen Aufnahmen von London zu Beginn der 1950er-Jahre erhält der Film ein faszinierendes Zeitkolorit. Man könnte fast meinen, es handele sich um einen Film aus genau dieser Zeit, was sich durch die altmodische Filmmusik oder dem nostalgischen Titelvorspann verstärkt. Selbst die Tonspur des Films klingt etwas altertümlich. Dreh- und Angelpunkt in dieser Welt bildet Bill Nighy, der in der Rolle des Todeskandidaten einmal mehr durch sein Understatement brilliert. Als Beamter ist er festgefahren in den Strukturen des Verwaltungsapparats, den man zu keiner Zeit infrage stellen darf. Die tödliche Diagnose, die alles ändert, lässt ihn noch einmal zur Hochform auflaufen. Ein schöner, aber auch trauriger Film der die Erkenntnis vermittelt, dass das Leben viel zu kurz ist um nicht richtig gelebt zu werden.
Dienstag, 16. Mai 2023
Ich heirate eine Familie
Eine Culture Clash Komödie aus den UA stand heute auf dem Programm

UND DANN KAM DAD (1:2.35, 5.1)
OT: About My Father
Verleih: Leonine Studios
Land/Jahr: USA 2023
Regie: Laura Terruso
Darsteller: Sebastian Maniscalco, Robert De Niro, Kim Cattrall, Leslie Bibb
Kinostart: 25.05.2023

Als Sebastian und Ellie zum allerersten Mal gemeinsam zu Ellies Eltern in die ferne Heimat eingeladen werden, ist die Freude groß. Denn offenbar ist es endlich soweit, dass die beiden dort als Paar akzeptiert werden. Und Sebastian möchte gleich noch einen Schritt weitergehen und seiner Freundin dort einen Heiratsantrag machen. Dazu bedarf es allerdings des Rings, den sein Vater, ein sizilianischer Einwanderer, für ihn bislang aufbewahrt. Und der stellt sofort eine Bedingung: Sebastian bekommt den Ring nur dann, wenn Dad den Eltern der Braut direkt in die Augen sehen kann. Und so nehmen die Eheleute in spe Dad mit auf die Reise. Leider... In ihrem Film nimmt sich Regisseurin Laura Terruso auf komödiantische Weise einem Trauma an, von dem Generationenn von Liebenden ein Lied singen können: die Familie. Um es zu präzisieren: dem Verschmelzen zweier Familien, die eigentlich ganz und gar nicht zusammenpassen. Aber wie heisst es doch so schön: was nicht passt, wird passend gemacht. Im Fahrwasser von Filmen wie MEINE BRAUT, IHRE SCHWIEGERELTERN UND ICH versucht sich UND DANN KAM DAD an einer humoristischen Betrachtung zweier Welten, die aufeinanderprallen, als sich hier zwischen Ellie und Sebastian eine Hochzeit anbahnt. Und da Amerikaner ja zumeist für ihren großschlächtigen Humor bekannt sind, landen hier leider wieder sehr viele Gags unterhalb der Gürtellinie. Das muss man natürlich mögen, ansonsten wird der Film nicht gefallen. Ebenfalls typisch für US-Komödien: alle Charaktere sind überzeichnet, laut und schrill. Auf feine Nuancen wird weitestgehend verzichtet. Der Film zielt auf voll besetzte Kinosäle, wo man bei Popcorn und Softdrinks im XXL Format laut mitlachen kann, wenn plötzlich ein paar Hoden an der Fensterscheibe kleben. Dabei hat vor vielen jahren bereits MY BIG FAT GREEK WEDDING auf wunderbare Weise gezeigt, wie eine Culture Clash Komödie tatsächlich funktionieren kann.
Donnerstag, 11. Mai 2023
Die Gallier und ein Traumatisierter
Meine heutigen Kinogänge waren mal wieder ein Fest der Kontraste

ASTERIX & OBELIX IM REICH DER MITTE (1:2.35, 5.1 + 7.1 + Atmos)
OT: Astérix & Obélix: L’Empire Du Milieu
Verleih: Leonine Studios
Land/Jahr: Frankreich 2023
Regie: Guillaume Canet
Darsteller: Guillaume Canet, Gilles Lellouche, Marion Cotillard, Vincent Cassel, Pierre Richard, Zlatan Ibrahimoviæ
Kinostart: 18.05.2023

Weil ihre Mutter, die Kaiserin von China, nach einem Staatsstreich in Gefangenschaft gerät, flüchtet sich Prinzessin Wun Da zusammen mit ihrer Leibwächterin nach Gallien. Dort nehmen sich Asterix und Obelix den beiden an und beschließen, ihnen zu helfen. Wäre doch gelacht, wenn es die beiden tapferen Krieger dank des Zaubertranks nicht mit der gesamten chinesischen Armee aufnehmen könnten... Guillaume Canet inszeniert seine ”Asterix & Obelix”-Version nicht als Animations-, sondern als Realfilm. Und das mit ziemlich großem Aufwand. Herausgekommen ist dabei eine Art NACKTE KANONE mit herrlich vielen Verweisen auf andere Filme und witziger Interpretationen gängiger Film-Klischees. Nicht jeder Gag zündet hier (vor allem werden nicht alle zu Ende geführt!), aber ein paar tun das tatsächlich. Wie etwa die Brieftauben, deren Gurren dem Vibrationsalarm von Handys angepasst ist. Filmmusikalisch lässt insbesondere Ennio Morricone grüßen, dessen ”The Ecstasy of Gold” bei der großen Schlacht im Film sehr prominent eingesetzt wird. Aufgrund der vielen Filmzitate richtet sich der Film an ein älteres Publikum, das damit etwas anzufangen weiß.

BEAU IS AFRAID (1:1.85, 5.1 + 7.1 + Atmos)
OT: Beau Is Afraid
Verleih: Leonine Studios
Land/Jahr: Kanada, Finnland, USA 2023
Regie: Ari Aster
Darsteller: Joaquin Phoenix, Nathan Lane, Amy Ryan, Stephen McKinley Henderson, Hayley Squires, Denis Ménochet, Kylie Rogers, Parker Posey, Patti LuPone
Kinostart: 11.05.2023

Eigentlich will Beau nach langer Zeit endlich wieder seine Mutter besuchen. Doch sein übermächtiges Angstsyndrom kommt ihm in die Quere, so dass er seinen Flug verpasst. Als er seiner Mutter das Missgeschick telefonisch mitteilen möchte, sagt ihm der UPS-Bote am anderen Ende der Leitung, dass diese offenbar bei einem schrecklichen Unfall ums Leben gekommen ist. Beau dreht vollkommen durch, rennt auf die Straße und wird angefahren. Als er wieder zu sich kommt, liegt er im Bett eiens ihm völlig fremden Hauses... Wer in einen Ari Aster Film geht, der weiß inzwischen, dass ihm Einiges bevorstehen wird. Nach HEREDITARY und MIDSOMMAR schlägt Aster jetzt mit BEAU IS AFRAID ein drittes Mal im Kino zu. Was seine Filme von der Masse an US-Produktionen unterscheidet ist die Tatsache, dass hier absolut nichts vorhersehbar ist. BEAU IS AFRAID mit einem auf Hochtour agierenden Joaquin Phoenix (dessen Rolle ein bisschen als die aus A BEAUTIFUL DAY erinnert) gibt sich skurril, absurd, beklemmend und ironisch zugleich. Mit unglaublichen Bildern und einer atemberaubenden Tonspur (unbedingt in Dolby Atmos anhören!) legt er zumindest in den ersten beiden Stunden des dreistündigen Films ein imposantes Tempo vor und führt damit das von abnornalen Ängsten dominierte Leben des Protagonisten vor Augen. Zu entscheiden, was hier echt ist und was nur ein Trugbild aus der traumatisierten Psyche von Beau, bleibt den Zuschauern überlassen. Leider zieht sich die letzte Stundes des Films ziemlich, so dass einiges von dem, was zuvor an Boden gewonnen wurde, wieder etwas zunichte gemacht wird. Nichtsdestotrotz lohnt der Gang in ein gutes Kino, denn etwas Originelleres wid man so schnell nicht wieder finden.
Donnerstag, 04. Mai 2023
Ein Tänzchen zur Versöhnung
Komödienlieferant Nummer 1, Frankreich, lockte mich in die heutige Pressevorführung

DIE RUMBA-THERAPIE (1:2.35, 5.1)
OT: Rumba La Vie
Verleih: Neue Visionen
Land/Jahr: Frankreich 2022
Regie: Franck Dubosc
Darsteller: Franck Dubosc, Louna Espinosa, Michel Houellebecq
Kinostart: 22.06.2023

Eigentlich wollte Tony vor vielen Jahren schon als Cowboy in Amerika sein Glück versuchen. Doch seine Ehe ist gescheitert, seine Tochter hat er nie gesehen und der Franzose hat es nur zum Schulbusfahrer gebracht. Als er eines Tages einen Herzinfarkt erleidet, nimmt er sich vor, seine Tochter kennenzulernen, um sich mit ihr auszusöhnen. Die unterhält in Paris eine Tanzschule. Tony meldet sich im Kurs an, gibt sich aber nicht zu erkennen... Franck Duboscs gefühlvoller Film gehört zu den besseren Komödie, mit denen Frankreich seit vielen Jahren schon die Kinolandschaft versorgt. Er versteht es sehr gut, die Balance zwischen Anspruch und Klamauk zu halten und hat mich – unglaublich, aber wahr – tatsächlich an mindestens zwei oder drei Stellen zum Lachen animiert! Es stimmt natürlich, dass es immer wieder Filme zum Thema Vater/Tochter gibt und sich daher gewisse Klischees etabliert haben, doch Francks Film versteht es, nicht alle Klischees zu bedienen und das Thema nie ins Lächerliche abdriften zu lassen, wie das oft in amerikanischen Filmen passiert. Die Charaktere wirken natürlich und die Harmonie zwischen ihnen stimmt. Unbeschwerter Kinobesuch gewünscht? Dann ist das Ihr Film!

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