Wolfram Hannemann
Filmkritiker / Freelance Journalist / Filmemacher

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Montag, 11. Dezember 2023
Fake News im Zweiten Weltkrieg
Die letzte Pressevorführung in diesem Jahr

FÜHRER UND VERFÜHRER (1:2.35, 5.1)
Verleih: Wild Bunch Germany
Land/Jahr: Deutschland, Slowakien 2023
Regie: Joachim A. Lang
Darsteller: Robert Stadlober, Fritz Karl, Franziska Weisz
Kinostart: 11.07.2024

Aufgrund einer Sperrfristvereinbarung gibt es die Kurzkritik zu diesem Film erst ab 01.07.2024 an dieser Stelle
Freitag, 08. Dezember 2023
Schokolade und Musik
Heute mal wieder zwei Nachsitztermine

WONKA (1:2.35, 5.1 + 7.1 + Atmos)
OT: Wonka
Verleih: Warner Bros. Pictures Germany
Land/Jahr: USA, Großbritannien 2023
Regie: Paul King
Darsteller: Timothée Chalamet, Calah Lane, Keegan-Michael Key, Paterson Joseph, Matt Lucas, Mathew Baynton, Sally Hawkins, Rowan Atkinson, Jim Carter, Olivia Colman, Hugh Grant
Kinostart: 07.12.2023

Willy Wonka hat einen großen Traum: der weitgereiste Jungunternehmer will seine magische Schokolade im angesagtesten Ladenviertel des Stadt verkaufen. Doch der Gutgläubige wird nicjt nur von seiner Zimmerwirtin über den Tisch gezogen, sondern auch von drei skrupellosen Konkurrenten. Doch jemand wie Willy Wonka gibt nicht so schnell auf. Schon gar nicht, wenn er damit auch Anderen aus der Patsche helfen kann... Wer schon immer einmal wissen wollte, wie Willy Wonka zum größten Schokoladenfabrikant der Welt wurde, ist in Paul Kings Musical bestens aufgehoben. Mit viel Liebe zum Detail und noch viel mehr Magie präsentiert er den jungen Willy Wonka als eine Art Oliver Twist, dessen Gutgläubigkeit auf das Schlimmste ausgenutzt wird. Die vielen phantasievollen Einfälle machen den Film zu einem echten Hingucker, der nicht nur kleine Zuschauer, sondern auch Erwachsene beglücken dürfte – zumindest sofern diese sich ihr kindliches Gemüt bewahrt haben. Was die deutsche Fassung des Films angeht ist es etwas schade, dass auch alle Lieder eingedeutscht wurden. Das klingt manchmal dann etwas holprig und nimmt einem auch das Vergnügen, Timothée Chalamet und Kolleg*innen im Original singen zu hören.

MAESTRO (1:2.35, 5.1 + 7.1 + Atmos)
OT: Maestro
Verleih: Netflix International
Land/Jahr: USA 2023
Regie: Bradley Cooper
Darsteller: Bradley Cooper, Carey Mulligan, Matt Bomer, Vincenzo Amato
Kinostart: 06.12.2023

Im New York der 1940er Jahre lernt der Komponist und Dirigent Leonard Bernstein seine zukünftige Ehefrau kennen, die Bühnenschauspielerin Felicia Montealegre Cohn. Ihre Ehe, aus der drei Kinder entspringen, wird durch Bernsteins Homosexualität jedoch immer wieder auf schwere Proben gestellt... Das von Hauptdarsteller Bradley Cooper inszenierte Biopic dürfte einer der heissesten Anwärter bei der nächsten Oscar-Verleihung sein. Nicht nur liefern Cooper und seine Schauspiel-Partnerin Carey Mulligan absolute grandiose Performances ab, auch die Kameraarbeit von Matthew Libatique, der auf Film gedreht hat, raubt einem den Atem mit ihrer entfesselten, fliegenden Kamera. Und ob das nicht schon genug wäre, setzt die Tonmischung von Tom Ozanich und Dean A. Zupancic mit ihrer gigantischen Dynamik und der allumhüllenden Musik von Leonard Bernstein dem Ganzen noch eines drauf. Es ist bemerkenswert, dass für MAESTRO kein amerikanischer Filmverleih verantwortlich zeichnet, sondern wieder einmal der Streamingdienst Netflix, der den Film mit einem vierwöchigen Auswertungsfenster in die Kinos bringt (um sich für die Oscars zu qualifizieren!), bevor der Film dann von Jedermann gestreamt werden kann. Es ist geradezu erscheckend zu sehen, dass sich offenbar kein alteingesessener Verleiher gefunden hat, um das Bernstein Biopic und damit einen verdammt guten Film ins Kino zu bringen.
Dienstag, 05. Dezember 2023
Ein Underdog wird zum Tiger
Morgen eröffnet die Filmschau Baden-Württemberg mal wieder ihre Pforten. Ich habe mir den Eröffnungsfilm angesehen

ROXY (1:2.35, 5.1)
Verleih: Across Nations
Land/Jahr: Deutschland, Belgien, Zypern 2022
Regie: Dito Tsintsadze
Darsteller: Devid Striesow, Camilla Borghesani, Vakho Chachanidze, Ivan Shvedoff, Thorsten Merten, Sandro Kekelidze, Raphael Zhambakiyev
Kinostart: 25.01.2024

Als Taxifahrer Thomas eines Tages seltsame Typen mitsamt eiem Kampfhund vom Bahnhof mitnimmt, weiß er noch nicht, dass diese Begegnung sein Leben konsequent verändern wird. Seine Gäste heuern ihn für weitere Fahrten an und entpuppen sich als Russen auf der Flucht. Auch die attraktive Liza und ihr kleiner Sohn gehören zu der Clique. Thomas soll ihnen falsche Pässe besorgen... Mit souveränem Understatement mimt Devid Striesow den Taxifahrer Thomas. Nicht aufzufallen, das hat der stille ruhige Mann schon mit der Muttermilch aufgesogen und pendelt seither in einer Endlosschleife – beruflich und privat. Und Unordnung mag er überhaupt nicht. Die Begegnung mit den recht zwielichtigen Russen ist der willkommene Störfaktor, der Thomas aus seinem Kreisverkehr wirft und ganz allmählich über sich selbst hinauswachsen lässt. Der exzellent fotografierte Film (Notker Mahr) orientiert sich in Sachen Skurrilität an amerikanischen Vorbildern, verzichtet aber dankenswerterweise auf die Brutalitäten, die in solchen Filmen gerne ausgespielt werden. Mit leicht schwarzem Humor inszeniert der in Georgien geborene Regisseur Dito Tsintsadze seinen Film ROXY sehr souverän und beweist, dass Genre-Kino auch in Deutschland möglich ist. Zumindest ansatzweise. Warum der Film ausgerechnet den Namen des Kampfhundes als Titel trägt, bleibt indes ein wenig rätselhaft.

Sonntag, 03. Dezember 2023
Wo mit Orangen auf Tauben geschossen wird
Neues aus der Welt des Dokumentarfilms im Doppelpack

KASH KASH (1:1.78, 5.1)
Verleih: Camino Filmverleih
Land/Jahr: Deutschland 2022
Regie: Lea Najjar
Kinostart: 07.12.2023

”Kash Hamam” nennt sich das Spiel, das über den Dächern der libanesichen Hauptstadt Beirut von Taubenzüchtern gespielt wird. Es geht darum, die Tauben des jeweiligen Gegenspielers dem eigeben Schwarm einzuverleiben. Die Züchter dirigieren dabei ihre Vogelschwärme mittels einem langen Stock, an dessen Spirtze sich ein weißes Stück Stoff befindet. Durch Zwitschern und Rufe versuchen sie ihren Taubenschwarm zu kontrollieren. Auch werfen sie teilweise Orangen in die Luft, um den Schwarm in eine bestimmte Richtung zu dirigieren. Filmemacherin Lea Najjar, die selbst Wurzeln im Libanon hat, beobachtet mit ihrer Kamera drei solcher Kash Hamam Spieler und lässt sie ihre Sicht auf die Dinge erzählen. Dabei wird klar, dass ihr Spiel lediglich eine Ablenkung von den tagtäglichen Problemen eines Landes ist, das durch korrupte Politiker herabgewirtschaftet wurde und von einer Inflation von noch nie dagewesener Dimension beherrscht wird. Einer der Spieler erklärt das so im Film: ”Die weißen Tauben stehen für den Frieden. Ich habe viele Arten mitgebracht, die verschiedene Gruppen repräsentieren. Sie alle essen, trinken und schlafen unter einem Dach. Sie streiten sich nie. Wenn wir sie freilassen, fliegen sie alle in dieselbe Richtung. Wir wollen keine Spaltung mehr. Ich will mein Kreuz nicht mehr verstecken müssen, wenn ich in einem anderen Viertel bin oder besorgt um meine Schwestern sein. Ich will nicht, dass Shia Moslems ihre religiösen Symbole verstecken, wenn sie meine Nachbarschaft besuchen. Ich will kein Sektierertum mehr. Ich will eine friedliche Revolution. Friedlich wie diese Tauben. Ich habe die Nase voll vom Sektiererwesen. Die Menschen sind wirklich müde. Von ganz oben bis unten, sollten sie alle zur Rechenschaft gezogen werden. Wenn sich einer von ihnen als unschuldig herausstellt, dann verstehe ich nichts mehr im Leben.” Najjars Film reicht bis zur großen Explosion im Hafen von Beirut, die zum Symbol für die Konflikte im Libanon wird. Ein beeindruckender Dokumentarfilm jenseits des Mainstream.


LIVING BACH (1:1.78, 5.1)
Verleih: Weltkino Filmverleih
Land/Jahr: Deutschland 2023
Regie: Anna Schmidt
Kinostart: 30.11.2023

Was verbindet einen IT-Spezialisten in Südafrika mit einer Palliativkrankenschwester in den USA? Bach natürlich! Für keinen anderen Komponisten gibt es weltweit derart viele Chor- und Musikervereinigungen, die sich seinem Werk verschrieben haben. Einmal im Jahr gibt es in Leipzig, also jenem Ort, wo Bach hauptsächlich wirkte, ein großes Fest zu Ehren seiner Musik, an dem Menschen aus aller Welt teilnehmen. 2022 gab es dort zum ersten Mal die ”We are Family”-Veranstaltung, zu der sich Amateurmusiker*innen aus der ganzen Welt zusammenfanden, um gemeinsam eines der Stücke von Bach aufzuführen. Filmemacherin Anna Schmidt hat einige dieser Teilnehmer mit ihrer Kamera beobachtet – und das schon lange bevor sie sich auf ihre jeweilige Reise nach Leipzig gemacht haben. Da gibt es einen Singer-Songwriter aus Paraquay, eine Apothekerin aus Japan, einen IT-Techniker aus Südafrika, eine Architektin aus Malaysia, eine Palliativkrakenschwester aus den USA, eine Lehrerin aus Australien und zwei Zwillingsschwestern aus der Schweiz. Sie alle erzählen – manchmal vor der Kamera, oft aus dem Off – was Bachs Musik für sie bedeutet. Da geht es unter anderem um Heilung, um das sich selber Finden, um Entspannung nach der Arbeit oder um das Gemeinschaftsgefühl beim gemeinsamen Musizieren. Schnell wird klar, dass für diese Menschen die Musik von Bach mehr ist als nur Töne und Harmonien – sie ist wesntlicher Bestandteil ihres Lebens und macht sie zu besseren Menschen. Der weltumspannende und exzellent fotografierte und montierte Film gibt tiefe Einblicke in das Wesen ungewöhnlicher Persönlichkeiten, für die Johnann Sebastian Bachs Musik Lebenselexier ist. Auch wenn man seine Musik nicht unbedingt mag, so versteht es der Film dennoch, dessen Bedeutung für die Protagonisten auf sehr sympathische Weise zu vermitteln.


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