Wolfram Hannemann | Talstr. 11 | D-70825 Korntal
| Germany | Phone: +49 (0) 711 838 06 49
| Fax: +49 (0) 711 8 38 05 18
e-mail: info (at) wolframhannemann.de |
|
|
Mittwoch, 31.01.2024 Spione unter sich Heute mal wieder eine Stippvisite im regionalen Dolby Cinema ARGYLLE (1:2.35, 5.1 + 7.1 + Atmos) OT: Argylle Verleih: Universal Pictures International Germany Land/Jahr: Großbritannien, USA 2024 Regie: Matthew Vaughn Darsteller: Henry Cavill, Bryce Dallas Howard, Sam Rockwell, Dua Lipa, Bryan Cranston, Catherine O’Hara, John Cena, Samuel L. Jackson, Ariana DeBose, Richard E. Grant, Rob Delaney, Jing Lusi, Sofia Boutella Kinostart: 01.02.2024
Eine erfolgreiche Autorin von Spionage-Thrillern sieht sich plötzlich mit echten Spionen konfrontiert, weil ihre
Bücher offenbar als Blaupause für deren Arbeit dient. Gemeinsam mit ihrer Katze Alfie und einem ihr
wohlgesonnen Agenten mit Katzenhaarallergie erlebt sie haarsträubende Abenteuer, bei deenn sie erfährt,
dass sie gar nicht die ist für die sie sich hält... Die Idee zu Matthew Vaughns ist alles andere als neu. Denn
spätestens seit AUF DER JAGD NACH DEM GRÜNEN DIAMANTEN kennt man die Geschichte einer
erfolgreichen Romanautorin, die gezwungen wird, ihr sicheres Zuhause zu verlassen, um an der Seite eines
gestandenen Kerls zahllose Abenteuer in exotischer Umgebung zu bestehen. Die letzte Variation zu diesem
Thema lieferte THE LOST CITY mit Sandra Bullock. Jetzt istb es Bryce Dallas Howard, die die Unbedarfte
und Unerfahrene mimt. Doch der KING’S MEN erfahrene Vaughn wäre nicht er selbst, würde er nicht mit
einem netten Storytwist aufwarten. Einer? Von wegen: seine Twists scheinen im Viertelstundentakt zu
kommen! Das wird auf die Dauer leider etwas ermüdend und man entwickelt ein sicheres Gespür, welcher
Dialog als nächtes fallen wird und welche Wendung als nächte anstehen wird. Mit 139 Minuten ist das
actionreiche und schön bebilderte Werk auch noch ein Stück zu lange geraten. Aber keine Sorge: das
Sitzenbleiben im Kinosaal wird gegen Ende mit zwei kongenial inszenierten Sequenzen mehr als belohnt: ein
schrill buntes Pas de Deux mit heftigem Geballer und lautstarker Musik (Tipp: unbedingt in Dolby Atmos
anhören!) sowie eine Kür auf dem Eis, das gar keines ist. Mehr sei hier nicht verraten. Insgesamt ist der Film
kein Meisterwerk, versteht sich aber darauf, punktuell zu unterhalten. Und mehr will er auch gar nicht.
|
Dienstag, 23. Januar 2024 Die neue Frau Die ”Montessori”-Methode ist heutzutage ein stehender Begriff. Die Frau dahinter kennt man weniger. Ein Biopic will damit aufräumen MARIA MONTESSORI (1:1.85, 5.1) OT: La Nouvelle Femme Verleih: Neue Visionen Land/Jahr: Frankreich, Italien 2023 Regie: Léa Todorov Darsteller: Jasmine Trinca, Leïla Bekhti, Raffaele Esposito, Rafaelle Sonneville-Caby Kinostart: 07.03.2024
Um 1900 herrscht nach wie vor einen patriarchale Gesellschaft in Italien. Damit sie als Frau überhaupt ein
Medizinstudium absolvieren unsd als Ärztin arbeiten darf, bleibt Maria Montessori nichts anderes übrig, als
ihren unehelichen Sohn, den sie gemeinsam mit ihrem Kollegen hat, zu verleugnen. Um sich ganz auf ihre
Arbeit zu konzentrieren, gibt sie den kleinen Mario in die Obhut einer Amme und sieht ihn nur selten, was sie
sehr schmerzt. Die Heiratsanträge ihres Kollegen lehnt sie ab, weil sie weiterhin als Ärztin tätig sein möchte.
Sie entwickelt vollkommen neue pädagogische Ansätze, um geistig behinderten Kindern Bildung beibringen
zu können... Im Original lautet der Titel von Léa Todorovs Biopic übersetzt ”Die neue Frau” und trifft damit
den Kern des Films wesentlich besser als der deutsche Verleihtitel. Denn es ist die Geschichte einer
Emanzipation. Maria Montessori legt das enge gesellschaftliche Korsett ab, in das sie sich seit ihrer Geburt
zwängen muss. Frauen hatten damals keine Rechte und schon gar kein Geld und waren damit zu Sklavinnen
der Männer verdammt. Montessori war eine der ersten Ärztinnen Italiens. Obwohl sie federführend war bei
der Entwicklung pädagogischer Methoden, mit denen Lehrer ausgebildet werden, um mit behinderten
Kindern umgehen zu können, erhielt sie für ihre Arbeit keine Bezahlung. Stattdessen war sie auf Gedeih und
Verderb von der Gunst ihres Kollegen und Liebhabers abhängig. Erst die schicksalhafte Begegnung mit der
jungen Französin Lilly d’Alengy brachte den entscheidenden Impuls, um sich aus der Umklammerung der
männderdominierten Wissenschaft zu befreien, ein großes Opfer zu bringen und damit eine Frau zu werden,
die auf eigenen Beinen steht. Eine neue Frau eben. Mit einfühlsamen Bildern und glänzenden Darstellern
lässt Regisseurin Todorov diese Zeit des Aufbruchs Revue passieren. Dass dies alles erst etwas mehr als
100 Jahre her ist, verblüfft. Die Tatsache, dass es nach wie vor noch immer Unterschiede in den Löhnen für
Männer und Frauen gibt, verleiht dem Film zusätzlich Aktualität. Es scheint, als ob der Kampf noch nicht
vorbei ist.
|
Montag, 22. Januar 2024 Zu dick aufgetragen Es ist ehrenhaft junge Zuschauer:innen für Umweltthemen begeistern zu wollen. Manchmal geht das aber schief ELLA UND DER SCHWARZE JAGUAR (1:2.35, 5.1 + 7.1) OT: Le Dernier Jaguar Verleih: Studiocanal Land/Jahr: Frankreich, Deutschland, Kanada 2023 Regie: Gilles de Maistre Darsteller: Emily Bett Rickards, Lumi Pollack, Paul Greene, Wayne Baker, Kelly Hope Taylor, Lucrezia Pini Kinostart: 01.02.2024
Teenagerin Ella verbrachte ihre Kindheit zusammen mit ihren Eltern im Amazonasgebiet. Dort freundete sie
sich mit Hope an, einem kleinen schwarzen Jaguar, den sie von klein an aufzog. Als ihre Mutter von
Wilderern ermordet wurde, gingen Ella und ihr Vater wieder in ihre Heimat zurück. Als Ella erfährt, dass es
skrupellose Wilderer jetzt auf die inzwischen ausgewachsene Hope abgesehen haben, kehrt sie heimlich an
den Ort ihrer Kindheit zurück – im Schlepptau ihre an Sozialphobien leidende Biologielehrerin... Es ist ganz
sicher nur gut gemeint, was für eine Geschichte Regisseur Gilles de Maistre hier entspinnt. Da geht es in der
Meta-Ebene um die Zerstörung des Amazonas-Dschungels und dass ein jeder und eine jede ihren Teil dazu
beitragen kann, dies zu ändern. Doch de Maistre macht es sich hier viel zu einfach, wirft Logik und Verstand
über Bord und hofft, damit seine junge Zielgruppe zu motivieren, sich für Umweltthemen einzusetzen.
Emotional wuchtige Musik (Komponist: Armand Amar) und grüne Landschaften in breitem CinemaScope, ein
junges Mädchen, das genau weiß was sie will und alen Widerständen zum Trotz ihr Ding durchzieht – das ist
alles etwas zu viel des Guten um auch nur einen Hauch glaubwürdig zu bleiben. Es ist abzusehen, dass dies
auch der Zielgruppe nicht verborgen bleibt. Die wird sich ohnehin viel mehr für den schwarzen Jaguar
interessieren (”Mami, bekomme ich auch so ein Kätzchen?”).
|
Sonntag, 21. Januar 2024 Frankensteins Monster entdeckt die Sexualität Fiction + Doku = Double Feature POOR THINGS (1:1.66, 5.1 + 7.1 + Atmos) OT: Poor Things Verleih: Walt Disney Studios Motion Pictures GmbH Land/Jahr: Irland, Großbritannien, USA 2023 Regie: Yorgos Lanthimos Darsteller: Emma Stone, Mark Ruffalo, Willem Dafoe, Ramy Youssef, Jerrod Carmichael, Hanna Schygulla Kinostart: 18.01.2024
Ein entstellter, durchgeknallter Chirurg verpflanzt das Gehirn eines ungeborenen Kindes in den Kopf dessen
junger Mutter, die sich das Leben nahm. Das Kind mit dem Körper einer Frau wächst heran und wird bald
zum begehrten Objekt der Männerwelt... Wer sich auf einen Yorgos Lanthimos Film einlässt, darf etwas ganz
Besonderes erwarten. So ist es auch mit POOR THINGS, einer Variation des ”Frankenstein”-Stoffes. Sieht
man aber genauer hin, entpuppt sich das skurril surreale Dram als eine Emanzipationsgeschichte. Hier ist es
Emma Stone in der Rolle der Bella Baxter, die sich ganz allmählich ihrer Macht bewusst wird, mit der sie
Männer manipulieren kann. Und das ist köstlich mit anzuschauen! Es dürfte Stones bislang freizügigste Rolle
sein, eine Rolle, die ihr wirklich alles abverlangt. Und sie liefert. Wie auch Willem Dafoe als
zusammengeflickter Chirurg, der das eigentliche Monster gibt. Lanthimos ließ auf 35mm-Film drehen und
sein Kameramann Robbie Ryan nutzt jede Gelegenheit für einen extrem bizarren, von
Weitwinkelverzerrungen geprägten Look. Dazu die höchst eigenwillige Musik von Jerskin Fendrix, die Dank
Dolby Atmos im Raum zu schweben scheint. ”Gothic” strömt hier aus jeder Pore des Films. Eines Films, der
zwar etwas überlang geraten, aber sich ganz sicher ins Gedächtnis eingraben wird.
JOHNNY & ME (1:1.78, 5.1) Verleih: Real Fiction Land/Jahr: Deutschland, Schweiz, Österreich 2023 Regie: Katrin Rothe Kinostart: 25.01.2024
Grafikdesignerin Stefanie steckt in einer Schaffenskrise: ihre guten Ideen werden von den Vorgesetzten
abgelehnt. Sie nutzt ihre Krise um sich mit Leben und Werk von John Heartfield auseinanderzusetzen, einem
weltberühmten Kollegen, der in den 1930- bis –40-Jahren mit satirischen Fotomontagen Front gegen das
Nazi-Regime machte... Katrin Rothes Dokumentarfilm ist höchst ungewöhnlich, vereint er doch Realszenen
mit Animationen. Stefanie greift zur Schere und bastelt sich einen kleinen John Heartfield, der sodann zu
leben beginnt. Im Dialog mit Ihr lässt Heartfield sein bewegtes Leben Revue passieren. Dabei werden viele
seiner in der damaligen Zeit für Furore gesorgten Fotocollagen gezeigt und damit auch ein direkter Bezug zur
äußerst brisanten Gegenwart hergestellt. Rothes Film ist ebenso amüsant wie bewegend und vor allem
inspirierend. ”Traut Euch!” könnte die Quintessenz ihres sehr kurzweiligen Films lauten.
|
Donnerstag, 11. Januar 2024 Das Grauen hinter der Mauer Die diesjährigen Pressevorführungen eröffnete ein höchst ungewöhnlicher Film THE ZONE OF INTEREST (1:1.78, 5.1) OT: The Zone Of Interest Verleih: Leonine Studios Land/Jahr: USA, Großbritannien, Polen 2023 Regie: Jonathan Glazer Darsteller: Christian Friedel, Sandra Hüller, Johann Karthaus, Luis Noah Witte, Nele Ahrensmeier, Lilli Falk, Anastazja Drobniak, Cecylia Pêkala, Julia Polaczek, Kalman Wilson, Imogen Kogge, Medusa Knop, Zuzanna Kobiela, Martyna Poznañska, Stephanie Petrowitz, Max Beck, Andrey Isaev Kinostart: 29.02.2024
Rudolf und Hedwig Höss samt ihrer Kinder haben sich im riesigen Haus mit noch größerem Garten
eingerichtet. Papa Höss hat es nicht weit bis zur Arbeit: er ist Kommandant des KZ Auschwitz, das
unmittelbar neben seinem Haus steht und nur durch eine hohe Mauer getrennt ist... Noch nie zuvor ist es
einem Film gelungen das furchtbare Grauen der KZs derart schockierend zu vermitteln ohne auch nur eine
einzige Brutalität zu zeigen. Die wahnsinnige Brutalität gibt es in Jonathan Glazers Film einzig im Sound
Design. Ständig gibt es Schüsse und Schreie hinter der Mauer zu hören, die den idyllischen Garten der
Familie Höss von den Greueltaten des KZs trennt. Hinter die Mauer blickt die Kamera nie. Überhaupt ähnelt
die Kameraarbeit von Lukasz Zal mit ihren oft statischen und aus der Entfernung gezeigten Bilder denen von
Überwachungskameras. Großaufnahmen gibt es da nicht. Hin und wieder ertönt eine unheimlich wirkende
elektronische Filmmusik (Komponist: Mica Levi), die den Zuschauer verwirrt und ihn mit einem bedrohlichen
Gefühl zurücklässt. Es passiert nicht viel in Glazers Film, der am wohligen Familienleben der Höss’ festhält
und damit zynischer sein könnte. Ein Film der nachwirkt und sich ins Gedächtnis brennt. Nicht für jedermann
geeignet.
|
Datenschutzerklärung All displayed Logos and Product Names may be ©, TM or ® by their respective rights holding companies. No infringement intended. |