Wolfram Hannemann
Filmkritiker / Freelance Journalist / Filmemacher

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Dienstag, 26. März 2024
Ein Mann bezwingt die Natur
Ein Historiendrama aus Dänemark stand heute auf dem Programm

KING’S LAND (1:2.35, 5.1)
OT: Bastarden
Verleih: Plaion Pictures
Land/Jahr: Dänemark, Deutschland, Schweden 2023
Regie: Nikolaj Arcel
Darsteller: Mads Mikkelsen, Amanda Collin, Simon Bennebjerg, Melina Hagberg, Felix Kramer
Kinostart: 06.06.2024

1756 ruft Dänemarks König zur Erschließung der wilden Heide Jütlands auf. Ein Unterfangen, das bislang noch niemandem gelang ob der erbarmungslosen Natur. Der ehemalige Hauptmann Ludwig Kahlen will es trotzdem versuchen und handelt einen Deal aus: gelingt es ihm, das Land urbar zu machen, erhält er Adelstitel und Ländereien. Doch Kahlen macht die Rechnung ohne den machthunrigen Gutsherrn De Schinkel, der alles dafpür tut, selbst das Land zu erhalten... In zumeist düstere Bilder kleidet Regisseur Nikolaj Arcel sein Historienepos, in dem einmal mehr Dänemarks Exportschlager Mads Mikkelsen als Gallionsfigur fungiert. Mit einigen extremen Härten, die eine Freigabe ab 18 Jahren sinnvoll erscheinen lassen, erzählt Arcel die Geschichte eines an Recht und Ordnung glaubenden Helden und Pioniers, der sich nicht unterkriegen lässt. Einer der sich gegen Natur und böse Gutsherren zur Wehr setzt und in all dem Trubel sogar noch die Liebe findet. Annehmbare Unterhaltung.
Donnerstag, 14. März 2024
Amy Forever
Heute gab es mal wieder ein Biopic in der Pressevorführung.

BACK TO BLACK (1:1.85, 5.1 + Atmos)
OT: Back To Black
Verleih: Studiocanal
Land/Jahr: USA, Frankreich, Großbritannien 2024
Regie: Sam Taylor-Johnson
Darsteller: Marisa Abela, Jack O'Connell, Eddie Marsan, Lesley Manville, Juliet Cowan, Sam Buchanan
Kinostart: 11.04.2024

Aufstieg und Fall der britischen Jazz-Ikone Amy Winehouse, deren Leben ebenso beispiellos war wie ihre Karriere. Ganz konventionell und ohne Schnickschnack inszeniert Regisseurin Sam Taylor-Johnson ihr Biopic über die legendäre Amy Winehouse, die 2011 im Alter von nur 27 Jahren im Londoner Stadtteil Camden Town an einer tödlichen Mischung aus Alkohol und Drogen starb. Dabei stand die begnadete Jazz-Sängerin zu diesem Zeitpunkt in ihrem künstlerishen Zenith. Doch der Schmerz aus der toxischen Beziehung zu ihrer großen liebe Blake Fielder-Civil schwebte wie ein Schatten über ihrem Leben. Porträtiert wird die fragile Sängerin von Marisa Abela, die hier wohl die beste Performance ihrer noch jungen Karriere abliefert. Nicht nur spielt sie die Rolle der Amy Winehouse sehr überzeugend, sie singt alle Songs sogar selbst! Was für ein Talent. Alleine deswegen lohnt sich der Film. Ganz zu schweigen von den großartigen Liedern, die Winehouse schrieb und die jetzt den Film akustisch aufwerten. Kleiner Tipp: unbedingt in der Originalfassung anschauen!
Montag, 11. März 2024
Familie im Delirium und Lesben auf Tour
Trotz der insgesamt 267 Filmminuten war es für mich kein angenehmer Kinotag

STERBEN (1:2.35, 5.1)
Verleih: Wild Bunch Germany
Land/Jahr: Deutschland 2024
Regie: Matthias Glasner
Darsteller: Lars Eidinger, Corinna Harfouch, Lilith Stangenberg, Anna Bederke, Ronald Zehrfeld, Hans Uwe Bauer, Robert Gwisdek, Saskia Rosendahl, Nico Holonics
Kinostart: 25.04.2024

Eine Familie waren sie einmal: Mutter Lissy, Vater Gerd, Sohn Tom, Tochter Ellen. Erst als der Papa mit fortgeschrittener Demenz ins Heim kommt und bald sterben wird, kommt die Familie wieder zusammen. Gezwungenermaßen. Tom unterbricht die Proben als Dirigent für ein Stück seines depressiven Freundes Bernard und Ellen versucht aus ihren Alkoholexzessen auszusteigen, indem sie sich mir einem verheirateten Zahnarzt einlässt... Am Ende des Films steht geschrieben: ”Für meine Familie, die Lebenden und die Toten”. Was suggeriert, dass sich Regisseur und Drehbuchautor Matthias Glasner möglicherweise von wahren Begebenheiten hat inspirieren lassen. Oh weh, kann man da nur sagen. Wer möchte achon Teil einer solchen Familie sein? Einer Familie, die sich quasi selbst zerfleischt und in der man das Schöne mit einer Lupe suchen muss. Mit teilweise absurden Einfällen führt Glasner in fünf Kapiteln und einem Epilog den Leidensweg einer Familie vor. Natürlich nicht den ganzen, sondern erst ab dem letzten Kapitel der Eltern. Mit einem exzellent agierenden Ensemble entwirft er eine Art Psychogramm der Beziehungen der Familienmitglieder untereinander und im Wechselspiel mit Außenstehenden, wie Freunde oder Verflossene. Was das alles soll erschließt sich den Zuschauenden leider nicht leicht, zudem der Film mit 183 Minuten Laufzeit auch noch sehr strapaziert. Menschen mit Zahnarztphobie sollten tunlichst ihre Finger von dem Film lassen. Klarer Höhepunkt im Film ist die Musik von Lorenz Dangel. Es ist keine Filmmusik im eigentlichen Sinn, da sie nicht zur Untermalung der Bilder verwendet wird, sondern immer nur dann zu hören ist, wenn Lars Eidinger als Dirigent das Stück mit einem Orchester einstudiert oder vor Publikum aufführt. Ein imposanter Score.

DRIVE-AWAY DOLLS (1:1.85, 5.1 + 7.1)
OT: Drive-Away Dolls
Verleih: Universal Pictures Germany
Land/Jahr: USA, Großbritannien 2024
Regie: Ethan Coen
Darsteller: Margaret Qualley, Geraldine Viswanathan, Beanie Feldstein, Matt Damon, Pedro Pascal
Kinostart: 07.03.2024

Um aus dem tristen Alltag auszubrechen, lassen sich zwei Freundinnen darauf ein, ein Auto von Philadelphia an seinen Zielort in Florida zu überführen. Was die Ladys nicht wissen: im Kofferraum liegt eine brisante Ladung. Und auf die haben es ein paar hartgesottene Kerle abgesehen. Und natürlich läuft ab jetzt alles schief was nur schieflaufen kann... Was für ein geschwätziger Film! Ethan Coen, einer der beiden Coen-Brüder, setzt hier leider viel zu sehr auf Non-Stop-Dialoge und vernachlässigt dafür Situationskomik. Am Ende fühlt sich der 84-Minüter wie ein Zweieinhalbstünder an, der zudem haarscharf am Lesben-Porno vorbeischrammt. Da fallen dann die zwei oder drei schwarzhumorigen Gags nicht mehr ins Gewicht, denn bis es soweit ist, hat der Film die Zuschauenden bereits verloren.
Mittwoch, 06. März 2024
Satire und Emotionen
Filme im Doppelpack gab es bei unseren Pressevorführungen sch

IRDISCHE VERSE (1:2.35 & 1:1.37, 5.1)
OT: Ayeh Haye Zamini
Verleih: Neue Visionen
Land/Jahr: Iran 2023
Regie: Ali Asgari, Alireza Khatami
Darsteller: Bahram Ark, Arghavan Shabani, Servin Zabetian
Kinostart: 11.04.2024

Der Titel des iranischen Films dürfte eine Art provokativer Gegenentwurf zu den ”Satanischen Versen” sein, die in dem streng religiösen Land verboten sind. Mit starren Einstellungen schildern Ali Asgari und Alireza Khatami in neun Episoden den alltäglichen Wahnsinn, dem brave Bürger in Teheran bei der Konfrontation mit Staatsdienern ausgesetzt sind. Im Dialog dieser braven Bürger mit dem Beamtenappart führen die Regisseure immer wieder die Absurdität der vielen streng religiös verwurzelten Vorschriften vor Augen. Vorschriften, die es schier unmöglich machen, ein normales Leben zu führen. Ob es um die Wahl des Namens eines neugeborenen Kindes geht, die Aushändigung eines Führerscheins oder die ordentliche Schulkleidung – jede der Episoden schlägt dem Fass den Boden aus. Die Regisseure über ihren Film: ”Letztendlich untersucht IRDISCHE VERSE die Konzepte von Bio-Politik und Bio-Macht auf eine sehr filmische Weise und beleuchtet, wie wichtig es ist, zwei unschätzbare Facetten der menschlichen Existenz – Individualität und Freiheit – gegen totalitäre Regime zu verteidigen.”

WHITE BIRD (1:2.35, 5.1 + Atmos)
OT: White Bird
Verleih: Leonine Studios
Land/Jahr: USA 2024
Regie: Marc Forster
Darsteller: Ariella Glaser, Orlando Schwerdt, Gillian Anderson, Helen Mirren, Bryce Gheisar
Kinostart: 11.04.2024

Weil ihr Enkel Julian wegen Mobbing gegen einen Mitschüler die Schule wechseln musste, fühlt sich seine Großmutter Sara in der Pflicht, ihm ihre Lebensgeschichte zu erzählen, um ihm so verständlich zu machen, was er getan hat. Saras Geschichte führt zurück in ein kleines Dorf im besetzten Frankreich. Da sie und ihre Eltern Juden sind, wird die Lage immer brenzliger. Als die Nazis alle jüdischen Schülerinnen und Schüler abholen, gelingt Sara die Flucht. Ausgerechnet der gehbehinderte Julian, der von der ganzen Klasse gemobbt wird, ist es, der Sara hilft und ihr Unterschlupf in einer Scheune gewährt. Die Scheune wird für Sara und Julian zu einem magischen Zufluchtsort un die beiden werden beste Freunde... Mit WHITE BIRD hat der in Deutschland geborene Marc Forster den gleichnamigen Bestsellerroman von R.J. Palacio für die große Leinwand umgesetzt. Auch wenn die Geschichte im Grunde genommen nur eine Variation vom ”Tagebuch der Anne Frank” ist, ist sie dennoch sehr berührend und zu Herzen gehend. Das ist neben den gut besetzten Jungdarstellern vor allem der Filmmusik von Thomas Newman zu verdanken, der es wie kein Anderer versteht, mit nur wenigen Noten die Gefühle der Protagonisten in den Kinosaal zu transportieren. Forster thematisiert Ausgrenzung und Antisemitismus auf anschauliche Weise und versucht mit der Klammergeschichte, in der Helen Mirren als Großmutter ihrem Enkel ihre Kriegsgeschichte erzählt, eine Brücke in die Gegenwart zu schlagen, in der es um Mobbing geht. Das wirkt leider etwas holprig, vor allem auch deswegen, weil der Film auch ohne diese Klammergeschichte funktioniert. Gefühlsbetontes Kino mit einer klaren Botschaft. Obacht: Taschentücher einpacken!

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