Wolfram Hannemann
Filmkritiker / Freelance Journalist / Filmemacher

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Montag, 21. Oktober 2024
Das Grinsen wird Dir vergehen
Mein heutiges Double Feature war geprägt von Höhen und Tiefen

SMILE 2 – SIEHST DU ES AUCH? (1:2.00, 5.1 + 7.1 + Atmos)
OT: Smile 2
Verleih: Paramount Pictures Germany
Land/Jahr: USA, Kanada 2024
Regie: Parker Finn
Darsteller: Naomi Scott, Rosemarie DeWitt, Lukas Gage, Miles Gutierrez-Riley, Peter Jacobson, Ray Nicholson, Dylan Gelula, Raúl Castillo, Kyle Gallner
Kinostart: 17.10.2024

Als die Pop-Ikone Skye Riley mit ansehen muss, wie sich der Dealer ihres Vertrauens vor ihren Augen grinsend auf bestialische Weise das Leben nimmt, beginnt für sie ein nicht enden wollender Alptraum. Hat ein Dämon Besitz von ihr ergriffen oder leidet sie zunehmend unter Wahnvorstellungen übelster Art? - Was waren das noch für Zeiten, als Parker Finn mit seinem Horrorfilm SMILE – SIEHST DU ES AUCH? einen echten Überraschungshit gelandet hat! Das ist jetzt zwei Jahre her. Und nun folgt die langerwartete Fortsetzung, die gleich zu Beginn klarmacht: ”6 Tage später”. Doch mit der Vorfreude ist es leider ziemlich schnell vorbei. Schon in der ersten halben Stunde des 128 Minuten langen Films wird klar, dass Finn nichts von Timing versteht. Wie Kaugummi zieht sich die Handlung. Überflüssige Sub-Plots werden bis zur Schmerzgrenze ausgereizt, man beginnt im Kinosessel unruhig hin und her zu bewegen und überlegt: wäre es vielleicht besser, in einer Viertelstund enichmal vorbeizuschauen? Finn konnte sich offensichtlich von liebgewonnenen Szenen nicht trennen. Schade. Denn damit sabotiert er den gesamten Spannunsgaufbau und lässt die Zuschauenden in einen Abgrund der Langeweile schauen. Einzig die Tonspur überzeugt in diesem Machwerk. Sie reizt das Potenzial der Dolby Atmos Mischung komplett aus und sorgt so zumindest für ein paar Schreckmomente. Dabei ist die ungewöhnliche Filmmusik von Cristobal Tapia de Veer, der auch schon den ersten Teil musikalisch versorgte, in der Atmos-Auflösung besonders spektakulär. Und sonst? Hauptdarstellerin Naomi Scott mit ihrer feschen Kurzhaarfrisur ist zumindest optisch ein Hingucker. Doch in ihrer Rolle der extrem launenhaften Pop-Ikone nervt sie einfach nur. Wer auf Splatter steht, dem wird in diesem Film freilich geholfen. Allerdings ist mir etwas schleierhaft, warum ausgerechnet dieser Film von der FSK mit dem ”18er Prädikat” veredelt wurde. Schaut man auf die 16er-Freigabe von THE SUBSTANCE so ist diese Frage durchaus legitim. Mein Tipp: wer sich die gute Erinnerung an den ersten SMILE nicht zerstören möchte, sollte auf den Fortsetzungsfilm tunlichst verzichten.

RIEFENSTAHL (1:1.85, 5.1)
Verleih: Majestic
Land/Jahr: Deutschland 2024
Regie: Andres Veiel
Kinostart: 31.10.2024

Die Filmemacherin Leni Riefenstahl ist wohl eine der kontrovers diskutiertesten Frauen im Nachkriegsdeutschland. Von Vielen als Rattenfängerin des Nazi-Regimes bezeichnet, war sie zeitlebens darum bemüht ihre Unschuld zu verteidigen. Nichts habe sie gewusst von den Greueltaten der Nazis und ebenso wenig habe sie ihre filmerische Arbeit von den Nazis instrumentalisieren lassen. Doch was stimmt nun tatsächlich? Wusste sie mehr als sie zugibt? Hat sie zugunsten ihrer Kunst bewusst weggeschaut? Der mehrfach preisgekröhnte Dokumentarfilmer Andres Veiel hat sich jetzt durch Riefenstahls gesamten Nachlass gearbeitet. Anhand von Tonmitschnitten von Interviews und Telefonaten, anhand von Filmausschnitten mitsamt Outtakes von Interviews sowie unzähligen Briefen und Fotos versucht sich Veiel an einem Porträt der Leni Riefenstahl und versucht ihr Geheimnis zu ergründen. Sein Dokumentarfilm wirft gleichzeitig die Frage auf, ob man als Künstler tatsächlich unpolitisch sein kann und darf. Im Falle Riefenstahls darf dies aufgrund ihrer Nähe zu Hitler und Goebbels und weiterer hoher Nazis darf dies bezweifelt werden. Veiel liefert etliche Anhaltspunkte dafür, dass Riefenstahl die Wahrheit immer wieder unter den Teppich gekehrt hat. In der Gestaltung komplex, ist Veiel ein sehr spannender Dokumentarfilm gelungen.

Donnerstag, 10. Oktober 2024
Ehe in der Zerreissprobe
Zum Presseausklang in dieser Woche wieder Komödiantisches aus deutschen Landen

DER VIERER (1:2.35, 5.1)
Verleih: Leonine Studios
Land/Jahr: Deutschland 2024
Regie: Iván Sáinz-Pardo
Darsteller: Florian David Fitz, Julia Koschitz, Friedrich Mücke, Lucía Barrado
Kinostart: 28.11.2024

Ein Vierer soll es sein um das eingeschlafenen Sexualleben von Sophie und Paul wieder zum Leben erwecken. Die beiden haben sich mit einem anderen Paar verabredet in einem Club. Doch just als sie losziehen wollen, kommt ein Ereignis zum anderen und stellt ihre Ehe auf eine Zerreissprobe... Diese Dramödie deht sich genauso in Endlosschleife wie die Protagonisten in ihren Liebensangelegenheiten. Eine Art Gruppentherapie zum Wegschauen. Denn richtig lustig ist das alles nicht wirklich. Eine Revue der Peinlichkeiten, vorgetragen von oft nuschelnden Darstellern (oder lag dies vielleicht an der Arbeitsfassung, die uns heute in der Pressevorführung gezeigt wurde?). Ein Theaterstück auf CinemaScope mit vorhersehbarer Handlung. Wo ist da die Kinoqualität? Zumindest ich war des Öfteren dazu geneigt, schreiend aus der Vorführung zu laufen. Aber dann gilt ja wie immer der Satz: ”Ist es beim Hannemann ein Flop, dann ist es an der Kinokasse topp”. Vermutlich habe ich vor lauter bemühtrm Hinschauen ein Meisterwerk nicht erkannt.
Dienstag, 08. Oktober 2024
Hinter verschlossenen Türen
Glauben und Kirche standen im Mittelpunkt der heutigen Pressevorführung

KONKLAVE (1:2.35, 5.1 + Atmos)
OT: Conclave
Verleih: Leonine Studios
Land/Jahr: USA, Großbritannien 2024
Regie: Edward Berger
Darsteller: Ralph Fiennes, Stanley Tucci, John Lithgow, Isabella Rossellini
Kinostart: 21.11.2024

Der Papst ist tot. Unter der Leitung von Kardinal Lawrence versammeln sich Kardinale aus aller Welt, um hinter verschlossenen Türen ein neues Kirchenoberhaupt zu wählen. Dabei werden nach und nach Intrigen aller Art enttarnt... Mit sicherer Hand inszeniert Edward Berger den Bestseller von Robert Harris. Wie einst in Michael Andersons IN DEN SCHUHEN DES FISCHERS von 1968 blickt der Film hinter die Kulissen des Vatikans und zeigt die Rituale, die bei der Wahl eines neuen Papstes zelebriert werden. Dabei kommen dunkle Machenschaften ans Tageslicht, stets auf kleiner Flamme gehalten von Ralph Fiennes in der Rolle des Kardinal Lawrence. Ihm zur Seite stehen weitere hochkarätige Darsteller wie Stanley Tucci und John Lithgow, die einmal mehr klarmachen, dass sich unter der Haube von Kardinälen einfach nur Menschen befinden, die wie alle anderen darum bemüht sind, ihren persönlichen Vorteil aus der Situation zu schlagen. KONKLAVE ist spannend inszeniert wie ein Krimi und liefert kinogerechte CinemaScope-Bilder (Kamera: Stéphane Fontaine). Die Musik von Volker Bertelmann sowie das ausgezeichnete Sounddesign verleihen Bergers Film den Feinschliff. Ein Geheimtipp!
Montag, 07. Oktober 2024
Joker in Love
Heute ein wahrhaftes Sound-Erlebnis im Dolby Cinema

JOKER: FOLIE À DEUX (1:2.20 & 1:1.37, 5.1 + 7.1 + Atmos)
OT: Joker: Folie à Deux
Verleih: Warner Bros. Pictures Germany
Land/Jahr: USA 2024
Regie: Todd Philips
Darsteller: Joaquin Phoenix, Lady Gaga, Brendan Gleeson, Zazie Beetz
Kinostart: 03.10.2024

Der wegen mehrfachen Mordes inhalftierte Arthur Fleck aiias Joker wartet darauf, endlich vor Gericht gestellt zu werden, als er im Gefängnis eine junge Frau kennenlernt. Lee Quinzel entpuppt sich als des Jokers größter Fan und die beiden entdecken ihre Seelenverwandtschaft... Im lange erwarteten Fortsetzungsfilm zum Kinohit von 2019 schlüpft Ausnahmeschauspieler Joaquin Phoenix noch einmal in die Rolle jener tragischen Figur, die ihm 2020 den Oscar einbrachte: Arthur Fleck, einer durch sein soziales Umfeld zum Psychopathen gewordene Kreatur, die als ”Joker” zum Mehrafchmörder wurde. Wieder hat Todd Philips die Regie übernommen, doch ist es vollkommen anderer Film herausgekommen. Da wird weniger Wert auf Handlung gelegt (die recht schnell erzählt ist) als auf das Innenleben der Hauptfigur. Kongenial demonstriert Phoenix die gesamte Tragik des Fleck/Joker, der sich in Tagträume flüchtet, die Philips als Musicalnummern inszeniert. An Phoenix’ Seite agiert Lady Gaga als Flecks größter Fan, die bald zu seiner Freundin und Verbündeten wird, die ihn aber auch manipuliert. Philips lässt offen, ob die Begegnungen von Fleck und Lee Quinzel (aka Harley Quinn) nur Träume sind oder ob sie wirklich geschehen. Dank der beachtenswerten Kameraarbeit von Lawrence Sher liefert der Film Bilder, die wie geschffen für die große Leinwand sind. Großaufnahmen dominieren und lassen den Zuschauer fast schon direkt in die zerrüttete Gefühlswelt des Jokers eintauchen. Die Musik von Hildur Guðnadóttir sorgt für einen aufregenden Klangteppich, der auf kunstvolle Weise mit den Musicalnummern verschmelzen. Die Musik gepaart mit den Toneffekten machen die Tonspur von JOKER: FOLIE À DEUX zu einer der besten, die in diesem Jahr in den Kinos zu hören sein wird. Wer die Möglichkeit hat, den Film in einem ”Dolby Cinema” zu sehen, sollte die Chance ergreifen. Eine bessere Räumlichkeit und Transparenz bei hohem Pegel – und das vollkommen verzerrungsfrei – hört man nicht alle Tage!

Nachtrag: Ich habe mir den Film mittlerweile auch in der IMAX-Fassung angesehen. Wie schon Regie-Kollege Christoper Nolan, so nutzt auch Todd Philips verschiedene Bildformate, um seine Geschichte zu erzählen: 1:2.20, 1:1.90 und 1:1.43. Letzteres Bildformat füllt die gesamte Bildwand in entsprechend ausgestatteten IMAX-Kinos und macht damit insbesondere die Musiknummern zu etwas ganz Besonderem. Diese setzen sich damit vom Rest des Films komplett ab und verdeutlichen auf diese Weise, dass es sich hier um Hirngespinste des Protagonisten handelt. Was den Ton angeht, so kommt die IMAX 12 Mischung nicht annähernd an die phänomenale Klangwelt der Dolby Atmos Mischung heran.
Freitag, 04. Oktober 2024
Ein Roboter in der Wildnis
Zur Abwechslung heute mal wieder Animation aus dem Hause Dreamworks

DER WILDE ROBOTER (1:2.35, 5.1 + 7.1 + Atmos)
OT: The Wild Robot
Verleih: Universal Pictures International Germany
Land/Jahr: USA 2024
Regie: Chris Sanders
Kinostart: 03.10.2024

Ein weiblicher High-Tech-Roboter stürzt über einer einsamen Insel ab und muss sich in der Natur behaupten. Roz, so sein Name, freundet sich mit den auf der Insel lebenden Tieren an, erlernt ihre Sprache und kann schon bald mit ihnen komunizieren. Als Roz versehentlich eine Gänsefamilie ausrottet, kümmert sie sich fortan um das einzig überlebende Gänseküken... Mit der Story eines gestrandeten Roboters erinnert Chris Sanders’ computeranimiertes Abenteuer ein klein wenig a Pixars WALL-E. Aber eben nur ein klein wenig. In der Meta-Ebene von Sanders’ Film ght es vor allem um den Zusammenhalt einer Gemeinschaft, auch wenn die einzelnen Mitglieder im Grund genommen Todfeinde sind. Denn nur wenn alle an einem Strang ziehen, lassen sich Ziele erreichen, die für jedes Individuum gewinnbringend sind. In Sanders’ Film sind es die Tiere einer Insel, die sich aufgrund ihrer Natur eigentlich gegenseitig auffressen möchten. Doch Roz, dem wilden Roboter, gelingt es, sie zu einer Gemeinschaft zusammenzuschweißen, um ihr Überleben in der Natur zu ermöglichen. Doch es gibt auch noch eine andere Botschaft in dem Film: nämlich die der Liebe. Was ist das überhaupt und wie kommt es zustande? Der Film gibt eine einfach verständliche Antwot darauf, die auch schon ganz junge Zuschauer verstehen werden. Zum Ende hin ergeht sich der Film leider in abgedroschene Klischees, die insbesondere junge Zuschauer beängstigen könnten. In technischer Hinsicht gibt es an dem Film nichts zu mäkeln. Die Animation ist auf höchstem Niveau und das ausgefeilte Sounddesign in Dolby Atmos haucht dem Film richtiges Leben ein. Der Score von Kris Bowers setzt auf Emotionen und sorgt dafür, dass auch das ein oder andere Tränchen beim Zuschauer fließen darf.
Mittwoch, 02. Oktober 2024
In de tiefen Wäldern Oberösterreichs
Kaum zurück aus England gab es für mich gleich wieder ein Presse-Doppel

ALTER WEISSER MANN (1:2.35, 5.1)
Verleih: Leonine Studios
Land/Jahr: Deutschland 2024
Regie: Simon Verhoeven
Darsteller: Jan Josef Liefers, Nadja Uhl, Friedrich von Thun, Michael Maertens, Meltem Kaptan, Elyas M'Barek, Momo Beier, Juri Sam Winkler, Sarah Mahita, Yun Huang, Denise N’Baye, Pierre Besson, Leon Ndiaye, Bruno Alexander
Kinostart: 31.10.2024

Heinz Hellmrich, Chef der Marketingabteilung bei Freifunk, setzt sich unbewusst in die Nesseln, als er einmal mehr völlig unsensible Werbemaßnahmen ergreift. Bei ihm wird weder gegendert noch werden Minderheiten berücksichtigt. Weil ihm jetzt der Jobverlust droht, arrangiert er ein Abendessen in seinem Haus, an dem neben seiner Familie auch die Entscheidungsträger der Firma teilnehmen... Simon Verhoevens Komödie ist mit knapp zwei Stunden definitiv zu lang geraten. Jan Josef Liefers tut sein Bestes, um den ”alten weißen Mann” zu mimen, doch ist man seiner irgendwann einfach überdrüssig. Nach amerikanischem Vorbild läuft hier alles aus dem Ruder, jedoch etwas verhaltener als gewohnt. Es plätschert alles so vor sich hin, als wäre es fürs Fernsehen gemacht und nicht alle Gags wollen zünden. Alles andere als großes Kino. Da uns der Film in der heutigen Pressevorführung nur in einer Arbeitskopie gezeigt wurde, ist eine finale Beurteilung des Films nicht möglich.

DES TEUFELS BAD (1:1.85, 5.1)
Verleih: Plaion Pictures
Land/Jahr: Österreich, Deutschland 2024
Regie: Veronika Franz, Severin Fiala
Darsteller: Anja Plaschg, David Scheid, Maria Hofstätter
Kinostart: 14.11.2024

Die tiefreligiöse und hochsensible Agnes willigt in die Ehe mit Wolf ein, muss aber bald feststellen, dass er alles andere als ein liebevolles Heim bietet. Agnes rutscht immer weiter in eine Depression hinein, aus der es nur einen einzigen Ausweg zu geben scheint... Veronika Franz und Severin Fiala nehmen den Zuschauer mit ins dunkelste Mittelalter in die Wälder Oberösterreichs, wo Aberglauben und Angst die dominierenden Faktoren sind. Franz und Fiala haben für ihren Film die österreichische Vergangenheit recherchiert und sind auf grausame Rituale gestoßen, die sich als perfekt für eine Horrormär eignen. Kameramann Martin Gschlacht gelingt es hervorragend, unheilvolle, beängstigende Bilder zu schaffen. Ob in Nebel gehüllte Wälder oder die dunklen Innenräume der Häuser – über allem liegt subtiles Grauen, das durch den Score von Hauptdarstellerin Anja Plaschg noch verstärkt wird. DES TEUFELS BAD empfiehlt sich nicht für zart Besaitete und geht für Österreich ins Oscar-Rennen.

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