Wolfram Hannemann
Filmkritiker / Freelance Journalist / Filmemacher

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Mittwoch, 27. März 2025
Martial Arts Kämpferin, Burrneshas und ein Sänger
Ein Triple aus dem Netz

MOND (1:1.85, 5.1)
Verleih: Grandfilm
Land/Jahr: Österreich 2024
Regie: Kurdwin Ayub
Darsteller: Florentina Holzinger, Andria Tayeh, Celina Antwan, Nagham Abu Baker
Kinostart: 27.03.2025

Nach dem Ende ihrer Karriere als Mixed Martial Arts Kämpferin nimmt die Österreicherin Sarah ein lukartives Angebot aus Jordanien an. Dort soll sie die drei Töchter einer sehr wohlhabenden Familie privat trainieren. Dort angekommen muss sie jedoch feststellen, dass die Schwestern kaum Interesse an dem Sport haben. Auch werden sie auf Schritt und Tritt unter Fführung ihres Bruders strengstens überwacht. Und es gibt ein wohl gehütetes Geheimnis in dem riesigen Haus, dem Sarah versucht, auf den Grund zu gehen... Regisseurin Kurdwin Ayub bricht bewusst mit sogenannten ”White Savior Stories” und Soap Opera Prämissen, um ihren als Thriller angelegten Film auf die Leinwand zu bringen. Sie selbst sagt darüber: ”Es geht um Schwestern, egal woher sie kommen, und um Käfige, egal wo sie stehen. Käfige, die man verlassen möchte und solche, in die man sich zurück wünscht.” Sarah verlässt ihren Käfig, nämlich die Kampfsportarena, nur um in einem anderen Käfig zu landen, nämlich den der drei Schwestern. Wird Sarah die Mädchen aus ihrem Käfig befreien? Welhes Geheimnis birgt die Villa? Viele Fragen stellen sich den Zuschauenden, viele bleiben unbeantwortet. Hämmernde Technorythmen nehmen die Tonspur ein und eine kühle distanzierte Optik beherrscht die Bilder. Dann ein offenes Ende. Oder vielleicht nicht? Ayubs Film dürfte danach für angeregte Diskussionen sorgen.

WO/MEN (1:1.85, 5.1)
Verleih: missing films
Land/Jahr: Deutschland 2024
Regie: Kristine Nrecaj, Birthe Templin
Kinostart: 15.05.2025

Im Mittelpunkt ihres Dokumentarfilms stehen sechs Burrneshas, die Kristine Nrecaj und Birthe Templin mit ihrer Kamera begleiten, sie bei Alltäglichkeiten beobachten und sie über ihre selbst gewählte Rolle als Mann erzählen lassen. Alle sechs stammen aus Albanien und haben sich aus unterschiedlichen Gründen dazu entschlossen, ein Leben als Burrnesha zu führen. Dabei bedeutet ”Burr” Mann und ”neshe” ist die weibliche Endung. Rein äüßerlich lassen sie sich auf den ersten Blick nicht von Männern unterscheiden, kleiden sich wie diese, tragen die Haare wie diese und benehmen sich wie diese. Doch ihre feminine Seite haben sie nicht ganz abgelegt, geben sich gütig und verständnisvoll, wenn es gilt Menschen zu helfen.Ihren Entschluss haben sie gefasst, um patriarchalische Strukturen zu umgehen oder frauenfeindlichen Übergriffen zu entgehen, aber auch um die Familie wirtschaftlich zu unterstützen sowie um eine Ehe zu vermeiden, um frei zu sein. Die Protagonistinnen sprechen über Freiheit und Unterdrückung und darüber, wie sie die Geschlechterschranken durchbrechen, indem sie entscheiden, wie sie leben wollen und vor allem dass sie leben wollen. In ihrem Film stellen die Regisseurinnent Stereotype und gängige Geschlechterdebatten auf den Kopf und zeigten dass das Leben als Frau noch immer als weniger wertvoll gilt. Ganz deutlich wird dies in einer Szene, in der eine der Burrneshas mit einem Mann über das Fremdgehen diskutiert und der Mann vehement die wesentlich größere Schuld hierfür bei der Frau sieht. Von der Gleichstellung der Geschlechter sind wir noch weit entfernt, wie der Film sehr deutlich macht.


STELIOS (1:2.35, 5.1)
OT: Stelios
Verleih: Kinostar
Land/Jahr: Griechenland 2024
Regie: Yorgos Tsemberopoulos
Darsteller: Christos Mastoras, Klelia Renesi, Asimenia Voulioti
Kinostart: 03.04.2025

In Griechenland ist er zur Legende geworden: Stelios Kazantzidis, der berühmteste Sänger des Landes. In den 1960er Jahren feierte er mit seinen Liedern, die von den Nöten der Menschen, aber auch von der Liebe erzählten, triumphale Erfolge. Dass Stelios bis heute nicht vergessen wurde, beweist Yorgos Tsemberopoulos’ Biopic, der zum erfolgreichsten Film Griechenlands wurde. In nostalgischer Farbgebung erzählt er den Aufstieg Stelios’ vom einfachen Arbeiter zum gefeierten Musikstar. Dabei dient als Roter Faden ein Interview, das der Sänger 1978 einem Musikjournalisten gibt. Der sich anfangs verschlossen gebende Stelios gibt erst nach und nach auch sein Privatleben preis. In Rückblenden erfahren wir von den Lieben seines Lebens, den Brüchen in seinen Beziehungen und den inneren Dämonen, die ihn ständig begleiten. Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Musik, der Tsemberopoulos viel Raum gibt. Trotz der Länge von über zwei Stunden erweckt der Film an ein paar Stellen den Eindruck, als sei er gekürzt worden. An solchen Stellen wirkt die Dramaturgie dann leider etwas holprig. Der Film richtet sich vor allem an Fans des großen Sängers, der 2001 im Alter von 70 Jahren verstarb.

Dienstag, 25. März 2025
Tief in den Karpaten
Fantasy-Unterhaltung am frühen Morgen

DIE LEGENDE VON OCHI (1:1.78, 5.1 + 7.1 + Atmos)
OT: The Legend Of Ochi
Verleih: Plaion Pictures
Land/Jahr: USA, Finnland, Großbritannien 2024
Regie: Isaiah Saxon
Darsteller: Helena Zengel, Willem Dafoe, Emily Watson, Finn Wolfhard
Kinostart: 01.05.2025

Irgendwo am Schwarzen Meer in der Karpaten. Schon immer haben sich die Menschen hier gegen die Ochis gewehrt, seltsame Tierwesen, die die Menschen angreifen und vernichten wollen. Die junge Yuri jedoch macht eine ganz andere Erfahrung, als sie einem Baby-Ochi hilt. Fortan stellt sie alles in Frage, was bislang überliefert wurde. Sie beschließt gegen den Willen ihres strengen Vaters das Baby zu seiner Mutter zurückzubringen... Ob der Film nun tatsächlich DIE LEGENDE VON OCHI heisst oder etwa DIE LEGENDE DER OCHI bleibt ein Rätsel. Vermarktet wird er als DIE LEGNEDE VON OCHI. In der deutschen Fassung, die wir heute in der Pressevorführung hatten, wurde der Originaltitel THE LEGEND OF OCHI mit DIE LEGENDE DER OCHI untertitelt. Wie auch immer – es spielt keine Rolle. Der Fantasyfilm vermengt kunterbunt Versatzstücke aus anderen bekannten Fantasyfilmen wie z.B. E.T. oder GREMLINS. Auch werden Erinnerungen an Yoda aus der STAR WARS Saga wach. Die putzigen Gurgellaute der Ochi-Wesen erinnern auf jeden Fall an den Mogwai aus den GREMLINS. Die Story ist etwas wirr, kann aber mit sehr atmosphärischen Bildern punkten. Trotzdem bleibt der Film überwiegend sehr düster, was jüngere Zuschauer beängstigen könnte. Ein offenbar großes Budget gab es für die Filmmusik (komponiert von David Longstreth), die mit großem Orchester und Chor aus dem Vollen schöpfen darf. Hauptdarstellerin Helene Zengel, deren Karriere mit SYSTEMSPRENGER an Fahrt aufnahm, hat im Film leider nicht viel zu tun. Sie wirkt bisweilen so, als wäre sie die Falsche am richtigen Ort. Bemerkenswert: die Effekte sind Old School, also weitestgehend ohne CGI. Man verlässt den Film mit einem zwiespältigen Eindruck. Weder Fisch noch Fleisch. Das Bildformat suggeriert, dass der Film fürs Fernsehen gemacht wurde. CinemaScope-Optik würde dem Werk bei einer Kinoauswertung weit besser zu Gesicht stehen.
Freitag, 21. März 2025
Spieglein, Spieglein, zeig mir wo Vera rennt
Heute gleich zwei Nachsitzterimine en bloc

SCHNEEWITTCHEN (1:2.35, 5.1 + 7.1 + Atmos)
OT: Snow White
Verleih: Disney
Land/Jahr: USA 2025
Regie: Marc Webb
Darsteller: Rachel Zegler, Gal Gadot, Emilia Faucher, Andrew Burnap, Andrew Barth Feldman, Tituss Burgess, Martin Klebba, Jason Kravits, George Salazar, Jeremy Swift, Andrew Grotelueschen
Kinostart: 20.03.2025

Weil ein magischer Spiegel ihr verrät, dass nicht sie die Schönste im ganzen Land ist, sondern ihre Stieftochter Schneewittchen, schmiedet eine böse Königin einen finsteren Plan, um sie umzubringen. Doch Schneewittchen findet freundliche Helfer. Nicht nur sieben grundverschiedene Zwerge, sondern auch einen feschen Prinzen... Mit SCHNEEWITTCHEN hat das Disney-Studio einen weiteren seiner berühmten Animationsklassiker als Live-Action-Film realisiert. Und de rist durchaus gelungen. Hübsch aufwändig in Szene gesetzt mit überbordenden visuellen Effekten und viel Musik. Zwei Songs wuden dabei aus dem 1937er Original übernommen, die weiteren Songs für den neuen Film eigens vom Duo Benj Pasek und Justin Paul (GREATEST SHOWMAN) komponiert. Die Geschichte vom Guten, das über das Böse siegt, ist hierzulande ohne Altersbeschränkung freigegeben, könnte aber mit der Sequenz, in der Schneewittchen allein im Wald umherirrt, kleine Kinder ziemlih erschrecken. Dank Dolby Atmos kann sich der Musikscore frei und sehr dynamisch entfalten, was den Eindruck in einem Konzertsaal zu sitzen vermttelt.

KÖLN 75 (1:1.85, 5.1)
Verleih: Alamode Film
Land/Jahr: Deutschland, Polen, USA 2024
Regie: Ido Fluk
Darsteller: Mala Emde, John Magaro, Alexander Scheer, Ulrich Tukur, Jördis Triebel, Susanne Wolff
Kinostart: 13.03.2025

Entgegen dem ausdrücklichen Wunsch (oder eher Befehl) ihres Vaters, weigert sich Teenagertochter Vera vehement, so wie er auch eine Laufbahn in der Zahnmedizin einzuchlagen. Heimlich beginnt die jazzvernarrte Vera als Veranstalterin Jazz-Konzerte zu organisieren. 1975 gelingt es ihr, den legendären Jazz-Pianisten Keith Jarrett für ein Solo-Konzert in der Kölner Oper zu engagieren. Und das auf eigenes Risiko. Doch bevor es soweit ist, müssen etliche Hürden genommen werden, die Vera fast an den Rand der Verzweiflung bringen. Doch Vera ist eine Kämpferin – und aufgeben ist keine Option... Unter Jazzliebhabern genießt Keith Jarretts ”The Köln Concert” Kultstatus. Der Live-Mitschnitt des 1975 in der Kölner Oper aufgenommenen einstündigen Improvisationskonzert wird sogar von vielen als eines der populärsten Kunstwerek des 20. Jahrhunderts angesehen. Was kaum jemand weiß: bis zu letzt drohte dieses Konzert zu scheitern. Ido Fluks erzählt in seinem Film die Geschichte, die dahinter steckt. Und er macht das phänomenal gut! Keine langweilige Abhandlung über die Geschehnisse an jenem denkwürdigen Abend, sondern ein extrem flott inszeniertes, gut gespieltes und wahnsinnig gut vertontes Stück deutsches Kino ist daraus geworden. Immer wieder wird die Handkung dadurch sehr unterhaltsam unterbrochen, dass die Schauspieler mit ihren Rollen direkt das Kinopublikum ansprechen. In einer Szene schreibt Vera alias Mala Emde sogar ihr tatsächliches Alter aufs Objektiv: eine 16 steht da, weit entfernt von ihren zuvor behaupteten 25. Vera macht damit das Publikum zu ihrem Komplizen. In ähnlicher Weise verfährt der Jazzjournalist Michael Watts (dargestellt von Michael Chernus), der dem Publikum erst mal eine schnelle Einführung in die verschiedenen Jazz-Variationen gibt – inszeniert als eine Art Erklärvideo. Das ist alles so unglaublich wohltuend anders als man das von deutschen Filmen kennt. Man ist fast geneigt, den Film in ”Vera rennt” umzutiteln, in Anlehnung an Tom Tykwers LOLA RENNT, der seinerzeit den deutschen Film herrlich aufgefrischt hat. Und die gute Vera rennt tatsächlich viel in diesem Film, um ihr Konzert entgegen aller Widrigkeiten zum Erfolg zu verhelfen. KÖLN 75 ist witzig, extrem unterhaltsam und fördert ein Stück Zeitgeschichte zutage, das vielen vollkommen unbekannt ist. Mein Tipp: wenn Sie deutsches Kino in Hochform erleben möchten, dann führt kein Weg an diesem Film vorbei.
Dienstag, 18. März 2025
Spurlos verschwunden
Nette Thriller-Unterhaltung am Dienstagmorgen und Rocklegenden am Nachmittag.

ISLANDS (1:2.35, 5.1)
Verleih: Leonine Studios
Land/Jahr: Deutschland 2025
Regie: Jan-Ole Gerster
Darsteller: Sam Riley, Stacy Martin, Jack Farthing, Dylan Torrell
Kinostart: 08.05.2025

Eigentlich ist Tom eine gebrochene Existenz. In einem Touristenhotel auf Fuerteventura unterrichtet er als Tennislehrer nervende Touristen, abends lässt er sich in der Disco von weiblichen Touristen für One Night Stands abschleppen und zwischendrin vertreibt er sich die zeit mit dem Griff zur Flasche. Alles ändert sich als Anne und Dave mit ihrem 7jährigen Sohn Anton im Hotel aufschlagen. Tom soll den Jungen im Tennis unterrichten. Anne, nach außen hin eine unnahbare Schönheit, hat es Tom sofort angetan. Auch Anne scheint nicht abgeneigt. Nach einer durchzechten Nacht, in der Tom Annes Mann begleitet, ist dieser am nächsten Morgen plötzlich spurlos verschwunden. Und mehr noch: Annes Verhalten gibt Tom Rätsel auf. Ein Verdacht keimt in ihm auf... Bei dem Mystery-Thriller von Jan-Ole Gerster haben Patricia Highsmith und Alfred Hitchcock Pate gestanden. Inszeniert in bester Old School Manier und unterlegt mit einem Herrmanneskem Score (Komponistin: Dascha Dauenhauer), entwickelt sich ganz allmählich eine geheimnisvolle Story, Puzzle-Teile fügen sich nach und nach ineinander. Oder vielleicht doch nicht? Das ist ja gerade das Schöne an Gersters Film: man kann hier Vieles nur erahnen und sucht nach Hinweisen, um die eigene Theorie zu unterstützen. Die werden häppchenweise so geschickt eingestreut, dass man keinesfalls auch nur eine Minute des Films verpassen möchte. Dass der Film, eingebunden in schöne Locations, knapp üer zwei Stunden dauert, fällt gar nicht auf. Fazit: Gute Kinounterhaltung garantiert.

BECOMING LED ZEPPELIN (1:1.85, 5.1)
OT: Becoming Led Zeppelin
Verleih: Sony Pictures
Land/Jahr: Großbritannien, USA 2025
Regie: Bernard MacMahon
Kinostart: 18.03.2025

Jimmy Page, Robert Plant, John Paul Jones und John Bonham sind Legenden der britischen Rockmusik. Als ”Led Zeppelin” absolvierten sie Ende der 1960er Jahre einen kometenhaften Aufstieg in den Zenit des Rock-Himmels. Filmemacher Bernard MacMahon hat nun einen Dokumentarfilm über diese Rock-Legenden geschaffen und Page, Plant und Jones vor seine Kamera geholt. Bonham starb bereits 1980 und ist in MacMohans Doku nur in historischen Tonaufnahmen zu hören. Mit großer Freude erzählen die verbliebenen drei Musiker über ihre musikalischen Wurzeln und wie sie sich als Band gefunden haben. Es gibt viel zu Schmunzeln, wenn diese alten Herren mit hohem Sympathiefaktor aus dem Nähkästchen plaudern. Die aktuellen Interviews werden ergänzt durch sehr viel Archivmaterial, das die Zuschauenden auf eine Zeitreise mitnimmt. Hautnah kann hier nochmals miterlebt werden, wie aus Led Zeppelin eine Legende wurde. Natürlich kommt auch die Musik nicht zu kurz. Einige Songs der Band werden in voller Länge präsentiert, ton- und bildtechnisch neu aufbereitet. Etwas schade dabei ist die Tatsache, dass der Film mit den Erfolgen von 1969/1970 endet und man nicht erfährt, wie es mit der Band weitergegangen ist. Aber schaut man auf den Titel des Films, dann sollte das wohl genau so sein.
Sonntag, 16. März 2025
Der Alptraum einer ganzen Nation
Heute ein weiterer ”Oscar”-Nachsitztermin

FÜR IMMER HIER (1:1.85, 5.1)
OT: I’m Still Here / Ainda Estou Aqui
Verleih: DCM Filmdistribution GmbH
Land/Jahr: Brasilien, Frankreich, Spanien 2024
Regie: Walter Salles
Darsteller: Fernanda Torres, Selton Mello, Fernanda Montenegro
Kinostart: 13.03.2025

Die erste halbe Stunde von Walter Salles mit dem Oscar ausgezeichnetes Drama zeigt das unbeschwerte Leben der Familie Palva, die 1970 in Rio de Janeiro lebt. Ihre fünf Kinder genießen das Leben am Strand und moderne Musik, Mutter Eunice verwöhnt sie mit ihrem berühmten Soufflé. Und Vater Ruben, ein Architekt, muss man einfach gern haben. Er kümmert sich liebevoll um die Kinder und auch seine Frau. Doch die Harmonie wird durch äüßere Einflüsse getrübt. Überall Militärfahrzeuge und Soldaten. Alles ist in Ordnung, bis eines Tages an die Tür der Palvas geklopft wird: Militärs in Zivil nehmen Vater Ruben mit. Für eine Befragung, wie es heisst. Dass er danach nie wieder auftauchen wird, weiß die Familie zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Auch Eunice und ihre älteste Tochter werden abgeholt und kräftezehrenden Verhören unterzogen. Für den Rest ihres Lebens wird sich Eunice von nun an auf die Suche nach ihrem spurlos verschwundenen Mann machen. Es handelt sich um eine wahre Geschichte, die stellvertretend für die zig Schicksale steht, die während der Militärdiktatur in Brasilien ereignet haben. Die Ungewissheit darüber, was mit den vielen Verschwundenen passiert ist, riß tiefe Wunden in die Gesellschaft. Mit einer derart quälenden Ungewissheit war es den Angehörigen nicht möglich, Abschied zu nehmen, ihre Trauer zu bewältigen. In der Rolle der Mutter läuft Schauspilerin Fernanda Torres zu Hochform auf und lässt die Zuschauenden unmittelbar teilhaben an dem grausamen Schicksal der Palvas. Es ist ein Stück brasilianischer Geschichte, das gerne unter den Teppich gekehrt wird. Salles holt es mit seinem beeindruckenden, schnörkellosen Film ins Gedächtnis zurück.

ICH WILL ALLES. HILDEGARD KNEF (1:1.85, 5.1)
Verleih: Piffl Medien
Land/Jahr: Deutschland 2025
Regie: Luzia Schmid
Kinostart: 03.04.2025

Mit ihrem Dokumentarfilm ICH WILL ALLES. HILDEGARD KNEF hat Filmemacherin Luzia Schmid quasi eine Art von Autobiographie der bekannten deutschen Schauspielerin und Sängerin geschaffen. Anhand von historischen Interviewausschnitten und aus dem Off eingesprochenen Texte der Knef beleuchtet Schmid die Höhen und Tiefen, die Knefs Leben prägten. Passend dazu gibt es immer wieder Knefs selbstreflektierende Lieder zu hören. Ein Zeichen dafür, dass sich Hildegard Knef immer wieder von Neuem mit ihrer persönlichen Situation auseinandergesetzt hat. Der Film thematisiert auch Knefs innere Zerrissenheit. Einerseits genoss sie den Ruhm, das Stehen in der Öffentlichkeit, andererseits aber hasste sie genau das. Wie ein Stehauffrauchen hat sie sich aus allen schwierigen Lebenslagen befreit, hat sich mehrmals neu erfunden – und das mit Erfolg. Einziges nicht aus Archiven stammendes Material sind Interviews mit Knefs drittem Ehemann und ihrer Tochter, die ihre persönlichen Erfahrungen mit der Ausnahmekünstlerin schildern. Eine sehr sehenswerte Dokumentation ohne viel Schnickschnack, die nicht nur für Fans der Knef von Interesse sein dürfte. Schlussbemerkung: es ist erstaunlich wie viel damals (ca. 1960 bis 1980) noch geraucht wurde!

Samstag, 15. März 2025
Arche ohne Noah
Der heutige Nachsitztermin entpuppte sich als ein filmisches Highlight

FLOW (1:2.00, 5.1 + 7.1)
OT: Flow
Verleih: MFA+ FilmDistribution
Land/Jahr: Lettland, Frankreich, Belgien 2024
Regie: Gints Zilbalodis
Kinostart: 06.03.2025

Eigentlich lebt es sich für die kleine schwarze Katze mit den großen Augen ganz schön in der Natur. Tagein und tagaus geht sie unbekümmert ihren Ritualen nach: sie bringt sich vor angriffslustigen Hunden in Sicherheit, fängt Fische im Bach und nächtigt in einem verlassenen Haus irgendwo im Wald. Das alles ändert sich abrupt, als sich eines morgens eine riesige Flutwelle Bahn bricht und alles unter sich begräbt. Die Katze flieht auf den höchst gelegenen Punkt, doch das Wasser steigt und steigt. Im letzten Moment kann sie sich auf ein verlassenes Segelboot retten, das im Wasser treibt. Doch so verlassen ist das Boot gar nicht. Denn schon bald teilt sie es mit einem schläfrigen Wasserschwein, einem gutmütigen Labrador, einem diebischen Äffchen und einem stolzen Sekretärvogel. Gemeinsam stellen sich die tierischen Freunde den Herausforderungen der neuen Welt... Ganz dem Filmtitel enstprechend bewegt sich die Kamera oft in fließender Bewegung durch den Film. Fast so, als hätte jemand mit seiner Digitalkamera die ganze Zeit mitgefilmt. Der computeranimierte Film erhält dadurch einen unglaublichen Realismus. Gints Zilbalodis’ oscarprämierter Fabel kommt vollkommen ohne Dialoge aus und funktioniert damit unverändert in allen Teilen der Welt. Auch Menschen kommen im Film zu keiner Zeit vor – nur die von Menschenhand erschaffenen Statuen oder Häuser, deren gerade Spitzen noch aus dem Wasser ragen. Es ist eine Art Arche ohne Noah, die sich da durch die versunkenen Häuserfluchten bewegt. Ein bunt gemischter Haufen von Tieren, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Doch um zu Überleben müssen sie eine Solidargemeinschaft eingehen. Denn nur gemeinsam können sie es schaffen nicht unterzugehen. Eine Botschaft, die keiner Worte bedarf und die jeder verstehen wird – ob Groß oder Klein. FLOW ist ein Kinoerlebnis der ganz besonderen Art, das man sich nicht entgehen lassen sollte.

Freitag, 07. März 2025
Ein Klon zuviel
Ein weiterer Nachsitztermin im Dolby Cinema

MICKEY 17 (1:1.85, 5.1 + 7.1 + Atmos)
OT: Mickey 17
Verleih: Warner Bros.
Land/Jahr: Südkorea, USA 2024
Regie: Bong Joon Ho
Darsteller: Robert Pattinson, Naomie Ackie, Steven Yeun, Toni Collette, Mark Ruffalo
Kinostart: 06.03.2025

Der etwas dumpfbackige Mickey meldet sich freiwillig als sogenannter ”Expendable” für eine Weltraummission, deren Ziel es ist, einen Eisplaneten zu kolonialisieren. Als Expendable wird mIckey für gefährliche Aufgaben eingesetzt. Stirbt er, so wird er einfach geklont. Und Mickey stirbt viele Tode. Doch bei seinem letzten Einsatz wird ein neuer Klon bereits produziert, als Mickey noch gar nicht tot ist. Damit fangen die eigentlichen Probleme erst an... Rabenschwarzer Humor gepaart mit sarkastischer Sozialkritik bestimmen Bong Joon Hos Blockbuster, der – wenn man so möchte – eine Art komödiantische Antwort auf DUNE darstellt. Dank perfekter visueller Effekte gibt es hier Robert Pattinson gleich in einer Doppelrolle zu sehen. Und er füllt die beiden sehr unterschiedlichen Charaktere mit Leben aus. Überhaupt sind die visuellen Effekte sehr überzeugend. Was allerdings etwas schockiert ist die FSK-Freigabe des Films. Den haben die Juroren bereits ab 12 Jahren freigegeben. Das bedeutet, dass auch Kinder ab 6 Jahren in Begleitung Erwachsener diesen Film besuchen dürfen. Angesichts abgeschnittener Ohren und Füße sowie einer Sprache, die weit unter die Gürtellinie zielt, eine rechts fragwürdige Entscheidung. Mit 137 Minuten Lauflänge hat Bong Joon Ho den Bogen leider etwas überspannt. 20 Minuten weniger hätte dem Film gut zu Gesicht gestanden. Die Präsentation im Dolby Cinema war in Bild (Dolby Vision) und Ton (Dolby Atmos) exzellent.
Donnerstag, 06. März 2025
Aus dem Ruder gelaufen
Zur Entspannung heute mal ein Kinderfilm

DER PRANK – APRIL, APRIL! (1:2.35, 5.1)
Verleih: Port Au Prince
Land/Jahr: Deutschland, Schweiz 2025
Regie: Benjamin Heisenberg
Darsteller: Noèl Gabriel Kipp, Max Zheng, Maïmouna Rudolph– Mbacké, Laura Tonke, Mehdi Nebbou, Jana McKinnon, Cedric Eich, Die P, Silla, NNOC.
Kinostart: 13.03.2025

Als sich Austauschschüler Xi Zhôu (12) einen Aprilscherz erlaubt, bringt er damit sich und seinen Gastgeber Lucas (12) in eine brenzlige Situation: die beiden Schüler haben bald schon eine Verbrecherbande an ihren Fersen kleben... Mit DER PRANK – APRIL, APRIL! hat Regisseur und Drehbuchautor Benjamin Heisenberg einen actionreichen Kinderfilm inszeniert. Heisenberg darf sich auf ein spielfreudiges Ensemble verlassen, bei dem vor allem die Kinder zu Hochtouren auflaufen können. Flott in Szene gesetzt, mit fetziger Musik unterlegt und perfekt in CinemaScope eingefangen sorgt der aus dem Ruder laufende Aprilscherz dabei allerdings nicht nur für spaßige Momente, sondern kann insbesondere auch für kleinere Kinder recht beängstigend werden. Die FSK-Freigabe ab 6 Jahren ist grenzwertig.

Mittwoch, 05. März 2025
Ärger im Paradies
Die zweite und gleichzeitig letzte Pressevorführung in dieser Woche hatte mal wieder einen Film Ron Howard im Köcher

EDEN (1:2.35, 5.1)
OT: Eden
Verleih: Leonine Studios
Land/Jahr: USA 2024
Regie: Ron Howard
Darsteller: Jude Law, Ana de Armas, Vanessa Kirby, Daniel Brühl, Sydney Sweeney, Felix Kammerer
Kinostart: 03.04.2025

Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin wagt der deutsche Arzt und Philosoph Friedrich Ritter in den 1930er Jahren einen Neuanfang. Dem düsteren deutschen Regime der Rücken kehrend siedeln sie sich auf der unbewohnten Insel Floreana auf den Galapagos-Inseln an. Hier will Ritter ungestört an einem philosophischen Buch arbeiten. Einige Zeit später kommen auch die Wittmers auf die Insel, inspiriert durch die Zeitungsberichte über Ritters Experiment. Ritter sind die Wittmers ein Dorn m Auge, man meidet sich so gut es geht. Als dann jedoch auch noch eine kapriziöse Baronin samt Entourage anrückt, beginnen die Dinge ganz allmählich aus dem Ruder zu laufen... Auch wenn er sich noch so weit von der Zivilisation entfernt – der Mensch kann sich nicht selbst entkommen. Das Experiment, das Friedrich Ritter in den 1930er Jahren begann, scheiterte grandios. Mit sicherer Hand inszeniert Ron Howard die auf wahren Ereignissen beruhende Geschichte des Versuchs, ein Leben jenseits zivilisatorischer Konventionen zu beginnen. Ganz allmählich offenbaren sich die Abgründe der menschlichen Natur. Unterlegt mit einer unheilschwangeren Musik von Hans Zimmer wird das Tropenparadies zu einer selbstgemachten Hölle. Der Film spart auch nicht an Härten, die nicht leicht zu ertragen sind. Zart Besaitete sollten den Film meiden. Für alle anderen bietet der Film spannende 129 Minuten.
Dienstag, 04. März 2025
Regierende allein im Wald
Passend zu Faschingsdienstag gab es heute eine Polit-Satire

TANZ DER TITANEN (1:1.78, 5.1)
OT: Rumours
Verleih: Plaion Pictures
Land/Jahr: Großbritannien, USA, Kanada, Deutschland, Ungarn 2024
Regie: Guy Maddin, Evan Johnson, Galen Johnson
Darsteller: Cate Blanchett, Charles Dance, Alicia Vikander, Denis Ménoche
Kinostart: 15.05.2025

Aufgrund einer Krise treffen sich die Regierungschefinnen und –chefs der sieben bedeutendsten Industriestaaten – Deutschland, Frankreich, USA, Japan, Kanada, Großbritannien und Italien – im deutschen Dankerode, um zu beraten. Als man gerade dabei ist, sich um ein gemeinsame Erklärung zu bemühen, müssen die Regierenden feststellen, dass außer ihnen niemand mehr anwesend ist – weder Personal noch Assistenten. Alleingelassen müssen sie bei einbrechender Nacht mitten in einem Waldstück allerlei Hindernisse überwinden, die sich jeglicher Diplomatie entziehen... Die Absicht ist zweifelsohne zu erkennen, doch die Umsetzung mag nicht so recht überzeugen. Gleich drei Regisseure hat der Film zu bieten und alle haben gemeinsam das Drehbuch geschrieben. Vielleicht lag es genau daran. Denn zu viele Köche verderben der Brei, heisst es. Den Filmemachern gelingen punktuell ein paar feine Gags, doch dazwischen gibt es einfach zuviel Füllmaterial. Immerhin überzeugt der Film handwerklich. Mit einer Ausnahme: die Filmmusik von Kristian Eidnes Andersen versucht ihn größer zu machen als er ist. Sein Score stünde einem echten Horrorfilm gut zu Gesicht, nicht aber einer Polit-Satire wie dieser. Das freilich ist eine künstlerische Entscheidung und ich kann hier nur meine persönliche Meinung äüßern. Von Cate Blanchett in der Rolle der deutschen Bundeskanzlerin hätte ich mir persönlich einen richtig deutschen Akzent gewünscht. Immerhin passt ihr Jacket in der Farbgebung. Der Film dürfte im Fernsehen gut aufgehoben sein, ins Kino lohnt der Gang nicht unbedingt.
Sonntag, 02. März 2025
Bombastische Architektur
Mein Sonntagsausflug in die Karlsruher Schauburg

DER BRUTALIST (1:1.66, 5.1)
OT: The Brutalist
Verleih: Universal
Land/Jahr: USA, Großbritannien, Ungarn 2024
Regie: Brady Corbet
Darsteller: Adrien Brody, Felicity Jones, Guy Pearce, Joe Alwyn
Kinostart: 30.01.2025

Nach den Schrecken des Zweiten Weltkriegs sucht der jüdisch ungarische Architekt László Toth in den USA eine neue Heimat. In dem reichen Industriellen Harrison Lee Van Buren findet er einen Partner, der Toths Talent erkennt und ihn anheuert, ein Mammutprojekt zu bauen. Im Brutalismus findet Toth den künstlerischen Ausdruck für seine zerrissene Seele... Ich habe mit diesem Film ganz bewusst solange gewartet, bis ich ihn mir in der vom Regisseur favorisierten 70mm-Fassung anschauen konnte. Immerhin wude er in VistaVision auf Negativfilm aufgenommen, also mit einer horizontal laufenden Kamera mit 8 Perfos breiten Bildern. Alfred Hitchcock hatte dieses Aufnahmeverfahren bei einigen seiner wichtigsten Filme in den 1950er Jahren eingesetzt. Danach kam VistaVision eigentlich nur noch für VFX zum Einsatz. Zum 70. Geburtstag von VistaVision hat jetzt also Regisseur Brady Corbet diese antike Technik wieder für einen ganzen Spielfilm eingesetzt und ließ das Ergebnis dann auf 70mm umkopieren. Eigentlich sollte man meinen, dass mit modernem Filmmaterial damit nun eine atemberaubende Bildqualität erzielt wird. Ich wurde leider grandios enttäuscht! Wieder nur bis hin zu Schwarzweiß farbentsättigte Bilder mit gelegentlichen Farbkleksen. Nicht einmal das Schwarz war richtig schwarz. Die Bilder hatten zwar eine gewisse Schärfe, doch das Herumfuchteln mit der Kamera hat dies sabotiert. Zudem vermute ich stark, dass die Umkopierung auf 70mm mittels einer digitalen Zwischenstufe, einem DI, erfolgte, wodurch Qualität verloren geht. Zu guter Letzt ließ Corbet den Film im Format 1.66:1 kadrieren, so dass links und rechts auf der 70mm Bildwand schwarze Balken zu sehen sind. Das 70mm-Erlebnis wurde damit ad absurdum geführt. Für mich unverständlich, dass ausgerechnet dieser Film auch noch den Oscar für die beste Kameraarbeit erhalten hat. Aber wie immer in eine solchen Fall gilt: ich habe vermutlich eines der größten Meisterwerke neuzeitlicher Filmgeschichte nicht erkannt. Auch der Oscar für die beste Filmmusik bringt mich ins Grübeln. ”Not my Cup of Tea” würden die Engländer sagen. Gerechtfertigt aus meiner bescheidenen Sicht hingegen der Oscar für Adrien Brody, der den Architekten mitsamt starkem ungarischem Akzent absolut souverän spielt. Übrigens Hut ab vor Brady Corbet, der es tatsächlich geschafft hat, seinen fast vierstündigen Film mit einer offiziellen Pause auszustatten.
Samstag, 01. März 2025
Arbeit am Limit
Nachsitztermin für ein starkes Stück Kino aus deutsch-schweizerischer Produktion

HELDIN (1:2.00, 5.1)
Verleih: Tobis
Land/Jahr: Schweiz, Deutschland 2025
Regie: Petra Volpe
Darsteller: Leonie Benesch, Jasmin Mattei, Alireza Bayram, Sonja Riesen, Jürg Plüss
Kinostart: 27.02.2025

Als Fiona wie jeden Tag zur Spätschicht im Krankenhaus antritt, erfährt sie, dass eine Kollegin ausgefallen ist und sie deshalb nur zu zweit den dritten Stock betreuen müssen. Und alle Zimmer sind natürlich voll ausgelastet. Nichts Neues für Fiona, die ihren Job vorbidlich erledigt. Doch der Stresspegel nimmt an diesem Abend stetig zu. So sehr, dass sich Fiona bald einem nervenzerrenden Wettlauf mit der Zeit ausgesetzt sieht... Mit Fiona gibt Drehbuchautorin und Regisseurin Petra Volpe den Tausenden von Pflegekräften, die tagaus tagein in Krankenhäusern ihren Dienst tun, ein Gesicht und eine Stimme. Sie alle leisten Tag für Tag fast Übermenschliches – und das bei geringer Bezahlung. Volpe folgt ihrer Protagonistin (fulminant dargestellt von Leonie Benesch) durch die Spätschicht, bleibt ihr Dank Kamerafrau Judith Kaufmann immer ganz dicht auf den Fersen. Sie zeigt ihren getakteten Arbeitsablauf in allen Einzelheiten. Dabei ist der Arbeitsablauf nicht vorhersehbar. Fionas Arbeit wird immr wieder unterbrochen, sie hetzt von einer Patientin zur nächsten, von einem Patienten zum nächsten, ohne Pause, ohne Durchatmen. Das ist so phantastisch inszeniert, dass man alleine vom Zuschauen fast schon Schnappatmung bekommt! Und ganz großen Respekt vor dieser Pflegefachkraft, die nicht nur Dienst nach Plan macht, sondern immer wieder auch ein Ohr für die großen und kleinen Sorgen ihrer Patienten hat, ja sogar einer dementen alten Frau ein Abendlied singt, um diese wieder zu beruhigen. Als Zuschauer ist man ganz dicht bei Fiona, weiß um ihren Stress und versteht ihren Wutausbruch angesichts eines Privatpatienten, der meint er sei der König. Nach DAS LEHRERZIMMER sieht man Leonie Benesch jetzt wieder in einer ebenso fordernden Rolle, in der sie abermals brilliert. Da wirkt nichts gespielt oder gestellt – Benesch verschmilzt mit ihrer Rolle. Ein unglaublich starkes Stück Kino, das von Authentizität geprägt ist. Am Ende hofft man dann, dass eine solche Fiona beim eigenen Krankenhausaufenthalt zur Schicht eingeteilt ist. Ene Heldin eben.

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